Kapitel 19

 

 

7 Uhr 30 leuchteten die roten Ziffern der Uhr. Die Katzen wurden unruhig, denn sie hatten Hunger. Es war Fressenszeit. Tom schlüpfte barfuss in seine Hausschuhe und stapfte so leise wie möglich die Treppen hinunter und ging in die Küche. Er gab den Katzen Futter, und trank selbst ein eisgekühltes Glas Orangensaft und eines mit Milch, bevor er ins Bad ging und im Spiegel nichts Gutes sah. Er betrachte sich von allen Seiten. Was er sah, erinnerte ihn an ein Segel, in das durch starke Windstöße ein Loch gerissen wurde. Mit kaltem Wasser versuchte er seinem Gesicht wieder Leben einzuhauchen. Was ihn wunderte, er war nicht im geringstem müde. Im Gegenteil, er schwebte wie auf einer Wolke.

Wie würde der Vormittag verlaufen? Nach dieser Nacht, und den Wandlungen von einer ihn liebenden, ihn hassenden, bis hin zu der friedlich ruhenden Donna, wusste er nicht, was geschehen würde. Er sah das Kreuz an, das im Wohnzimmer neben dem Fenster hing, und flüsterte ihm ein kurzes Gebet entgegen. Danach ging er wieder hoch ins Schlafzimmer. Donna schien noch zu schlafen. Sie hatte ihre Position verändert, aber ihre Augen waren weiterhin geschlossen. Er mummte sich wieder in die gelbe Decke ein, und starrte nur noch auf den Wecker. An einschlafen war nicht zu denken.

Vor dem Schlafzimmerfenster zwitscherten die Vögel und die Sonne begann ihr Lächeln aufzusetzen. Er musste doch kurz eingenickt sein, denn als er die Augen öffnete, sahen ihn zwei leuchtende Kulleraugen durchdringend an.

»Du hast wirklich verdammt schöne Augen, Tom. Ich fühle mich darin wohl.«

Er glaubte dem nicht, was er gehört hatte. Mit solch einem ersten Satz hätte er nach dieser Nacht nicht gerechnet. Doch er berief sich darauf, dass Donna zu ihm sprach, und keine Frau, wie man sie im Allgemeinen kannte.

»Deine sind nicht weniger schön, du, mein Traumgeschöpf.«

Sie ließ ihr Gesicht in das Kopfkissen sinken; ein genuscheltes nein war zu vernehmen. Es ging einige Minuten so weiter. Sobald er ihr ein Kompliment machte versteckte sie sich unter der Bettdecke. Nixon, der schwarze Kater, sprang aufs Bett. Er ging auf Donna zu. J. F. K., der weiße Kater, folgte in kurzem zeitlichen Abstand.

»Hey, du kleines Biest«, begrüßte Donna Nixon.

Ihre Stimme klang sehr angenehm.

Ist Sie das jetzt, die wahre Donna?

»Bist du noch müde, Tom?«

»Ich wundere mich über mich selbst. Erstaunlicherweise nicht. Donna, du bist wie eine Droge, die den Schlaf ersetzt.«

»Nun übertreib‘ mal nicht.« Sie lachte.

Ja!

Tom nahm sich vor, kein weiteres Wort über die vergangene Nacht zu verlieren. Es war zu viel Düsteres geschehen, das im Dunkel der Nacht verborgen bleiben sollte. 

»Dein Gesicht ist ein Traum. Ein Bildnis, geschaffen von einem großen Maler, der die Farben richtig einzusetzen wusste«, sagte Tom.

Sie sah ihn lange mit durchdringendem Blicken an.

»Nein?«

»Was?«

»Deine Katzen wollen mit meinen Rastas spielen.«

Die beiden Kater hatten sich auch in Donna verguckt.

Er gab ihr noch einmal einen Kuss. Noch einmal bevor sie ihn für kurze Zeit wieder verließ. Einmal wollte er noch ihre Lippen spüren. Ihre Liebe in sich aufsaugen. Lange davon zehren.

»Donna, jetzt ziehst du dir schnell was an und dann zeige ich dir eine Stelle, hier in der Nähe, die dich begeistern wird. Dort werden wir frühstücken. Okay?«

Sie sah ihn kurz so an, als ob sie nicht verstanden hatte, was er gesagt hatte. »Okay.«

Blätter treiben im Wind
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