Kapitel 14

 

 

Hardwick war eine Kleinstadt im typischen Vermonter Stil. Die weiße Holzkirche als zentraler Mittelpunkt und die kleinen Siedlungen mit den Holzbauten, vorwiegend in weiß, rot, dunkelrot und hellblau gestrichen, war der spezielle Charakter dieser Städtchen. Hardwick hatte einiges zu bieten, nicht nur die Police Station an der Maple Street und die Elementary School am Cannon Hill. Wenn Donna ihr wahres Ich endlich zeigen würde, dann stünde ein traumhafter Tag vor ihnen.

Tom parkte seine Viper in der Nähe des Hazen Union Municipal Forest am Lamoille River.

Er stieg aus und öffnete Donna die Tür. Sie war weiter überrascht von Toms guten Manieren. Noch nie hatte sie einen Mann gekannt, der so zuvorkommend ihr gegenüber war.

Sie gingen ein wenig entlang des Lamoille Rivers. Tom ging einige Minuten hinter ihr her. Sie war in ihrem Auftreten gegenüber ihm immer noch sehr dominant. Warum nur?

Doch Tom war von Donna so angetan, dass er Ungewöhnliches großzügig überging. Ihr zarter Rücken glich einer schönen Insel, die er liebevoll umschließen wollte. Er holte sie wieder ein.

»Was hat deine Tochter gesagt, als du gefahren bist? «, fragte Tom besorgt.

»Sie sagte: Mom, ich wünsch‘ dir viel Spaß und pass gut auf dich auf. Sie sieht das alles nicht so eng, Tom. Glaub mir. Ich will mit dir schöne Stunden verleben und darauf konzentriere ich mich jetzt voll und ganz. Meine Tochter rückt bei mir morgen Nachmittag wieder ins Gedächtnis. Da freue ich mich dann, wenn ich wieder zurück nach Boston fahre.«

»Ich finde das schön von dir. Okay, dann legen wir jetzt richtig los.« Tom berührte Donna kurz am Rücken. Sie sah ihn mit verengten Augen an.

»Hast du deinen Freundinnen erzählt, was du an diesem Wochenende vorhast?«, fragte Tom.

»Ja, ich habe ihnen erzählt, dass ich zwei Tage nach Vermont fahre.«

»Wie viele echte Freundinnen hast du?«

»Zwei. Anne und Michelle.«

»Und, was haben die beiden gesagt?«

»Anne wünschte mir nur viel Glück. Michelle hatte mehr zu sagen.«

Donna erzählte Tom von Michelle und ihres Verdachtes, dass sie immer wieder auf sie eifersüchtig war.

»Sie wird schnell eifersüchtig, wenn ich einen netten und hübschen Mann kennen lerne. Denn sie zieht trotz ihres perfekten Aussehens immer wieder das Gemüse an Land.«

»Wenn sie eine wahre Freundin ist, dann sollte sie das sein lassen und sich einfach nur mit dir freuen«, sagte Tom. Er kannte diesen Typ, egal ob Frau oder Mann. Auf solch eine Freundschaft hatte er oft verzichtet. Viele wollten sich in seinem Antlitz sonnen, weil er ein angesehener Geschäftsmann aus Washington, D.C. war.

»Ich kenne Michelle schon seit ich in Boston lebe. Sie hat viele Fehler. Einer ist wohl der, dass sie sich neben mir immer zurückgesetzt fühlt.«

Donna berichtete von haarsträubenden Vorfällen mit Michelle. Einmal hatte Michelle sie betrunken gemacht, obwohl sie eigentlich nur wenig Alkohol trank, und wollte sich dann an ihr vergehen. Zusammen mit einer anderen legten sie sie auf einen Tisch und leckten sie bereits ab, als ein guter Freund von ihr dem ein Ende machte.

»Und sie wollte dich tatsächlich ...?«

»Ja, sie wollte mich. Mit Haut und Haaren!«

Donna und Tom gingen gerade an der weißen Holzkirche vorüber. Der Pastor hatte gehört, was sie gesagt hatte. Er machte ein sehr ernstes Gesicht, das sich aber in einem Lachen auflöste. Er verschwand in der Kirche. Donna und Tom lachten.

»Und sie ist immer noch eine deiner besten Freundinnen?«, fragte Tom. Er wunderte sich über Donnas scheinbare Geduld mit Michelle.

»Ich verstehe es manchmal selbst nicht. Aber ich mag sie. Männer sind auch nicht besser.«

Sie gingen an zwei jungen Frauen vorüber, die gehört hatten, dass Donna »Männer und nicht besser« gesagt hatte. Sie gaben ihr Recht und fragten, ob der neben ihr in Ordnung sei, oder eher zu den Pflaumen gehöre.

Tom hielt sich vornehm zurück und Donna gab nur, »wird sich herausstellen«, zur Antwort. Tom hätte eine andere erwartet.

Sie waren in der Elm Street angekommen und betraten das Café Hemingway’s. Es war eine absolute Rarität. Eine Theke nahe des Eingangs mit vielen Bildern des Meisters der Erzählkunst ließ bereits beim Betreten ein Wohlgefühl entstehen. Es gab rund zwanzig Tische mit Stühlen und Bänken an den Wänden. An jedem Tisch, der nahe einer Wand stand, waren in den schwarzen Wandvertäfelungen kleine Regale eingearbeitet worden. In diesen standen jeweils fünf Werke von Hemingway. Donna gefiel das Ambiente. Beide bestellten sich ein Mineralwasser.

»Erzähl mir doch ein wenig aus deiner Kindheit, Donna. Ich möchte dich kennen lernen. Die ganze Donna.«

»Wieso?«, fragte sie schroff. »Wir kennen uns doch noch nicht so lange.«

»Wie sollen wir uns kennen lernen, wenn keiner von uns etwas preisgibt. Wir haben schon so viel schöne Dinge in unseren Briefen ausgetauscht, so dass der Sprung zu mehr doch eigentlich sehr gering ist.« Tom merkte es Donna an, dass sie ungern über Vergangenes sprechen wollte. Er ahnte nicht, was er in Kürze erfahren würde.

 

Die Bedienung brachte die bestellten Gläser Mineralwasser.

Beide nahmen einen Schluck. Bei Donna bewirkte er Wunder, so schien es. Sie nahm Toms rechte Hand und umschloss sie mit ihren Händen. Sie streichelte sie kurz. Tom genoss dieses Gefühl, das Spüren von Donnas Gefühlen. Sie war ihm doch so nahe. Er schloss die Augen. Sie ließ seine Hand wieder los.

»Es begann, als ich die Vorschule besuchte. Meine Mutter und mein Vater stritten oft. Zu Anfang ihrer Ehe waren sie ein Traumpaar, sagten alle, die sie kannten. Ich kam so dazwischen, wie später auch mein kleiner Bruder. Meinen Namen habe ich einem Song zu verdanken. Im Krankenhaus lief damals Donna von Ritchie Valens.«

Donna machte eine Pause und atmete tief durch. Dann fuhr sie fort.

»Meine Eltern schlugen mich oft. Immer wenn sie voll mit Drogen waren oder getrunken hatten. Es machte ihnen Spaß, mir weh zu tun. So sehe ich das nun fast dreißig Jahre später. Ein Jahr bevor ich auf die Highschool kam, reichte meinem Vater das nicht mehr. Er versuchte mich zu vergewaltigen. Mittlerweile war er zu einem großen Tier in der New Yorker Unterwelt aufgestiegen. Ich lebte bei meinen Eltern in New York bis zu meinem neunzehnten Lebensjahr. Ich war aber noch lange nicht neunzehn.«

Tom sah Donna entsetzt an.

»Das Vergehen an mir war aber nur der Anfang.«

Tom ahnte nicht im Geringsten, was sich in der Seele dieser besonderen Frau verbarg. Sie wirkte äußerlich doch so stark.

»Meine Mutter war arbeitslos. Klar, als Unterweltbraut, sagte sie, was soll ich mich da abschuften. Sie ließ ihren Elan an mir aus. Und wie! Sie befahl mir Dinge zu tun, die man sich als Mensch nicht vorstellen mag. Mir und meinem Bruder setzte sie zehn Tage faule und bestialisch stinkende Eier vor und befahl, dass wir sie essen sollten. Sonst würde sie uns so verprügeln, dass wir ins Krankenhaus eingeliefert würden. Wir taten es. Danach rannten wir beide sofort auf die Toilette und kotzten was wir nur konnten wieder aus. Fünf Tage Bauchschmerzen waren die Folge. Mit Lebensmitteln machte sie das ansonsten immer wieder gerne. Stinkender Fisch, altes Gemüse und alles was schon riecht wie ... Ich glaube du kannst dir den Rest denken.«

Tom wusste nicht, wie er auf das Gesagte reagieren sollte.

»Als ihr das zu langweilig wurde, sperrte sie mich in ein kleines Zimmer in unserem Loft in New York ein. Ein, zwei, drei Tage. In der Schule sagte sie, ich wäre schwer krank und müsse mich ausruhen. Tom, meine Mutter gab mir nur abgestandenes Wasser zu trinken. Essen gab sie mir keines. Sie sagte, ich müsse abnehmen. Abnehmen, sagte sie. Abnehmen, Tom. Bei mir zeichneten sich damals alle Knochen ab. Und sie sagte, ich müsste abnehmen. Als ihr drei Tage als zu wenig erschienen, erhöhte sie, beim nächsten Lustanfall, auf eine Woche. Das Zimmer hatte nur ein kleines Fenster und ein Bett stand darin. Meine Mutter sagte, dass sie es nur gut mit mir meine. Ich will doch, dass du meine Schöne bleibst.«

Donna setzte ab und sah einigen Frauen hinterher, die das Café verließen.

»Mein Vater ließ sich scheiden, blieb aber noch. Ich dachte, es würde alles besser werden. Doch das war ein Irrtum. Meine Mutter brachte mich bis zur Bulimie. Sie hatte mich seelisch so zerstört, dass ich wild aß, wenn ich alleine war, und danach alles wieder erbrach. Sie hatte mich weiter zugrunde gerichtet. Mit meinem kleineren Bruder machte sie es nicht anders. Wenn sie mich eingesperrt hatten, musste er Seifenlauge trinken und durfte sich danach nicht erbrechen, sonst hätte ihn mein Vater bestraft. Er machte immer mehr Fehler bei seinen Verbrecherfreunden und ließ seinen Frust mit weiteren Vergewaltigungen bei mir aus. Es war so schrecklich, Tom!«

Tom konnte nun erahnen, warum sich Donna manchmal so merkwürdig verhielt.

»Ich musste mir etwas überlegen. Ich war mittlerweile fünfzehn und es hörte nicht auf. Ich wollte nur so schnell wie möglich von zuhause abhauen. Als das nicht sofort gelang, sah ich nur noch die Möglichkeit, mich umzubringen. Ich sperrte mich ins Bad ein. Aus der Küche hatte ich mir das schärfste Messer mitgenommen. Ich sagte meinen Eltern, ich werde mir die Pulsadern aufschneiden, wenn sie mich weiter quälen. Mein Vater sagte darauf nur, dass ich viel zu feige sei, um das zu tun. Er irrte. Wenn nicht mein Bruder weinend vor dem Bad mich gebeten hätte, dass ich es seinetwegen nicht tun soll, dann würde ich jetzt nicht hier sitzen. Er hinderte mich daran. Mein Verhältnis zu meinem Bruder ist seitdem emotional so stark, dass ich es kaum in Worte fassen kann.« Donnas Blicke wirkten niedergeschlagen.

Tom atmete schneller. Seine Blicke zeigten von Satz zu Satz mehr Entsetzen. Warum musste man diesem armen Geschöpf solch Schmerzen zufügen? Wenn er ihren Eltern gegenüber stünde, würde er wohl nicht mehr ruhig bleiben können.

Donna fuhr fort. »Nachdem ich die Highschool ausgezeichnet abgeschlossen hatte und mir alle Wege offen standen auf ein ordentliches College zu gehen, schmiedete ich bereits Pläne, für immer aus New York und von meinen Eltern zu verschwinden. Ich besuchte knapp ein Jahr das St. Joseph’s College in Brooklyn. Bereich Psychologie, wie du weißt interessiert mich das sehr, bevor sich meine Flucht in die Tat umsetzten ließ.«

Tom war wie paralysiert nach Donnas traumatischen Schilderungen.

Es wurde still bevor Donna anfing von ihrem Onkel zu erzählen. Von der schönen Zeit auf dessen Farm, bis zu dem Brief von ihrer Tante, in dem sie ihr schrieb, dass ihr Onkel an einem Herzinfarkt gestorben war. Er erlitt ihn auf der Koppel und wurde erst Stunden später von einem seiner drei Söhne gefunden. Nun war sie ganz alleine auf sich gestellt.

Donna streifte sich durch ihre Rastalocken und nippte am Glas Wasser. Bei den Erzählungen von ihrem Onkel strahlte sie ab und zu, doch dessen Tod traf sie hart. Auch jetzt noch, so viele Jahre später.

Toms Kindheit war auch nicht auf Rosen gebettet. Er wollte nun erzählen. Vielleicht half es, Schmerz mit Schmerz zu bekämpfen.

»Soll ich ein wenig von meiner Kindheit erzählen?«, fragte Tom. »Du musst dich jetzt ausruhen.«

Donna nickte. Ihr Blick war kühl. Sie musste diese grauenhaften Erlebnisse bereits insoweit verarbeitet haben, dass diese an ihrem Äußeren keine Wunden mehr aufrissen.

Tom begann, seine Leidensgeschichte zu erzählen. »Ich war als Kind immer ein Außenseiter gewesen. Aufgewachsen in einer nicht armen Familie, aber mit körperlichen Problemen. Ich stotterte und war sehr mager. Ich war Schlachtfutter für meine Klassenkameraden. Jeden Tag, in dem ich in unserem ach so sauberen Washington die Schule betrat, begann ein Spießrutenlauf. Die Stärkeren in unserer Klasse, praktisch alle, taten sich immer zusammen, und verprügelten mich. Und das täglich. Nur da, wo nicht sofort blaue Flecken auf der Haut zu sehen waren. Bauch, Rücken, Beine. Es war schrecklich. Alle schlossen sich an. Sogar die Mädchen ließen ihre Wut an mir aus. Ich war alleine und hatte keine Freunde. Und die, die es behaupteten zu sein, schlugen auch auf mich ein, wenn es die anderen taten. Meine Lehrer, die merkten von all diesen Misshandlungen nichts, oder sie wollten nicht. Es kam soweit, dass mich fünf Jungs aus meiner Klasse, die später alle in einer College-Football-Mannschaft spielten, zwangen, aus den vollurinierten Latrinen zu trinken und es zu schlucken.«

Donnas Augen waren leer. Hatte sie verstanden was Tom gesagt hatte, oder war sie noch in sich gekehrt? Sie schien erleichtert, dass sie endlich mit jemandem über ihre schreckliche Kindheit sprechen konnte. Donna legte ihre Hand geöffnet auf den marmorierten Tisch. Tom griff danach.

»Kaum hatte ich die Highschool hinter mir, änderte sich mein Leben erneut schlagartig. Ich konnte meine körperlichen Schwächen schnell ablegen. Doch ein neues Problem tauchte auf, das ich immer vermied, mit meinen Eltern auszudiskutieren. Sie wollten unbedingt, dass ich nach dem College Harvard besuche und Jurist werde. Harvard hätte mich mit Kusshand genommen, doch ich wollte nicht. Schuldige Menschen als unschuldige Helden hinzustellen, nein, darin sah ich keine Lebensaufgabe. Mein Ziel war, in Washington das College gut abzuschließen, damit ich später mein eigenes Geschäft eröffnen konnte. Davon träumte ich schon seit ich zehn war. So kam es ja dann auch. Ich bekam nach dem College-Abschluss die Möglichkeit fünfzigprozentiger Teilhaber von T-T Glamour zu werden. Meine Berufswünsche hatten sich zumindest erfüllt und ...« Tom ließ seine Hand aus Donnas weichen Händen gleiten. »... doch meine Eltern ...«

Sie sah ihn entsetzt an. Ein Tränenrand umschloss seine Augen, wie ein Kind die Hand seiner Mutter. Bevor er ein Taschentuch aus der Hose ziehen konnte, begannen die Tränen auf den Tisch zu tropfen.

Donna widmete sich Tom mit ihrer ganzen Kraft. Sie war nicht mehr so aufgewühlt, wie nach ihren Erzählungen.

»Was ist mit deinen Eltern, Tom?«

»Ich liebte sie so sehr!«

Donna griff wieder nach Toms Hand und drückte sie fest.

»Es regnete, nein, es stürmte gerade zu. Wir waren auf einer Party an der Küste eingeladen. Auf der Rückfahrt steuerte meine Mutter den Wagen die Küstenstraße entlang. Ich schlief auf der Rückbank. Plötzlich wurde ich von einem lauten Geräusch geweckt, es waren vermutlich die Bremsen. Woran ich mich noch erinnern kann, ist, dass ich die Wagentür aufriss und mich nach draußen fallen ließ.«

Tom musste absetzen und schlucken.

»Unser Wagen stürzte die Klippen hinab und explodierte kurz darauf. Ich kroch zur Klippe vor und sah nur einen Feuerball. Meine Eltern mussten sofort tot gewesen sein. Es war schrecklich mit anzusehen, wie die eigenen Eltern starben. Damals war ich zweiundzwanzig.«

Tom trank einen Schluck Mineralwasser.

»Die Gespräche mit meiner Mutter fehlen mir besonders, Donna.«

Sie sagte nichts. Donna drückte Toms Hand fest und streichelte sie dann. Sie sahen sich einige Zeit wieder nur an.

»Wie ging es mit dir nach deinem Selbstmordversuch weiter, Donna?«

Donna berührte Toms Kindheit sehr. War er ihr Ebenbild? Sie konnte es nicht glauben. Waren ihre Seelen so eng verbunden, damals schon?

Donna musste an ein Gedicht denken, dass sie einmal in einem Buch gelesen hatte.

 

Beide strahlten in hellem Licht

Doch brach dies schnell in zwei

Wenn man sah, die Seite hinter dem Licht

Es war dunkel, finster, schwarz

Und kein helles Tageslicht

 

»Ich musste in Washington, ja Washington, Tom, in einem Prozess gegen meinen Vater aussagen. Das machte ich gern. Nein, ich liebte es. Er wurde dann zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, weil ein Deal seiner Verbrecherkollegen schief ging und er als Sündenbock hingestellt wurde. Ich verschwand dann aus New York. Meinen Bruder Michael ließ ich zurück. Wir sahen uns vor kurzem nach über zehn Jahren das erste Mal wieder. Er machte mich in Boston ausfindig.«

Donna beobachtete wieder zwei große und elegante Frauen, die an ihr vorbeigingen.

»Ich zog alleine einige Jahre die Ostküste entlang. Ich betrieb eine Bar, bevor mir diese kurz und klein geschlagen wurde. Ich verlor die Lizenz. Danach arbeitete ich in einer Schlachterei und schob Rinderhälften hin und her. Es war grausam! Bis ich dann Texterin und Sängerin wurde. Während meiner Musikzeit trat ich in vielen Clubs in den Staaten auf, hauptsächlich aber in Massachusetts und entlang der Ostküste.«

»Donna, du faszinierst mich. Du bist ein außerordentlich schönes Multitalent.« Tom biss sich auf die Unterlippe. »Kannst du mir eine kleine Kostprobe deiner Stimme geben?«

»Nicht hier, Tom«, wehrte sie ab.

»Wenn du gut bist, dann ...«

»Nicht hier, später. Okay?«

Tom nickte. Donna erzählte ihm von den aufregenden Jahren im Musik-Business, ihrem Charterfolg und dass sie wegen der Geburt ihrer Tochter ihre Karriere beendete. Jetzt arbeite sie ja in einem Hotel und in Kürze möchte sie an die Wall Street, zu einer Investmentfirma, wenn sich ihr die Chance bietet. Dort hätte sie dann geregelte Arbeitszeiten und somit mehr Zeit für Julia. Sie war ihr so wichtig.

Tom war erstaunt. Diese unbändige Liebe zu ihrer Tochter, die sie immer wieder schilderte, beeindruckte ihn. Sie war sicher eine gute Mutter. Er dachte immer wieder daran, wie Julia wohl auf ihn reagieren würde. Er wollte keine Fehler machen. Donna und Julia waren ihm bereits ein wichtiger Teil seines Lebens geworden. Obwohl er Donna erst kurz kannte und Julia noch nicht einmal gesehen hatte. Wie konnte das nur geschehen? So schnell! Nur einige Briefe und einige Stunden mit Erzählungen von ihr ließen endgültig alle Dämme bei ihm brechen. Es zählte nur noch eins, das wusste er. Sein Herz gab ihm laufend, jede Sekunde, die Antwort darauf.

»Ich glaube wir zahlen. Die Zeit ist wie herabfallende Blätter an uns vorbei getrieben. Unser bestellter Tisch wartet«, sagte Tom.

Sie zahlten. Donna gab überraschend viel Trinkgeld. Sie verdiente gerade so viel, dass sie und ihre Tochter so durchkamen, zeigte aber ihre Großzügigkeit einmal mehr mit dieser Tat.

Was Tom nach dem Besuch im Hemingway’s auf den Straßen von Hardwick erlebte, wird ihm wohl nie wieder passieren.

 

Er hatte schon so einiges erlebt mit schönen Frauen an seiner Seite. Doch Donna verwischte alle bisherigen Erlebnisse und Vorstellungen beiseite. Er war mit diesen Frauen immer aufgefallen, wenn er spazieren ging. Egal ob in der City oder auf dem Land. Es drehten sich immer wieder Männer und auch Frauen um, um ihn und seiner Begleitung hinterher zu sehen. Doch mit Donna fiel er noch mehr auf. Es drehte sich jeder, wirklich jeder nach ihnen um. Schöne, nicht so schöne, alte oder sehr junge Männer und Frauen. Alle sahen sie hinter ihnen her. Ihm fehlten fast die Worte.

»Donna, ist das immer so, wenn du dich draußen sehen lässt?«

»Ich habe mich daran gewöhnt, Tom. Zu Anfang war es etwas Besonders. Doch jetzt ist es normal geworden. Ich freue mich immer noch über jeden Blick, doch anders.«

Tom legte seinen Arm um Donnas Taille. Sie ließ es zu. Er drückte sie kurz an sich und sie gingen dann ohne weitere Berührungen nebeneinander her.

Blätter treiben im Wind
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