13

Melein trug keine goldenen Gewänder mehr, sondern weiße. Sie hatte sich selbst neue angefertigt, hatte sich aus dem Raum neben den Kontrollen ein Heim gemacht, schlicht und angenehm – ein Stuhl für sie, Sitzmatten; und sie hatte angefangen, die Wände mit großen Schlangenlinien in Gold und Schwarz und Blau zu beschreiben, die den ganzen Raum erfüllten, den sie zu ihrer Halle bestimmt hatte, und sich auch draußen den Korridor hinab erstreckten, ein lebhafter und seltsamer Kontrast zu den sonst überall öden Wänden. Aus ihrem Zufluchtsort heraus hatte sie begonnen, das Schiff zu übernehmen und in ihr Heim zu verwandeln.

Aus ihrem Geist heraus hatte sie das Erscheinungsbild vom verlorenen Edun wiedererzeugt, vom Haus des Volkes. Sie hatte die Inschrift wiederhergestellt; und durch ihr eigenes Können und ihre eigene Arbeit hatte sie dies erreicht, dieses schwierige und heilige Werk.

Niun erfüllte das, was er sah, mit Ehrfurcht, jedesmal wenn er kam, um ihr Gesellschaft zu leisten, und fand, daß ihr Werk sich immer weiter im Schiff ausbreitete. Er hatte nicht geglaubt, daß es ihr möglich gewesen war, solches Wissen zu erlangen. Bevor sie She'pan geworden war, war sie die jüngste Tochter des Hauses gewesen: Melein Zain-Abrin, Erwählte der She'pan Intel.

Er hatte völlig die Melein verloren, die er gekannt hatte, seine Wahrschwester, einst seine Kameradin im Kel. Der Vorgang war ein allmählicher gewesen, hatte sich entwickelt wie die Schriften, Schritt für Schritt. Er verbannte die Tatsache aus seinem Bewußtsein, daß sie als Kinder im Kath beisammen gewesen waren, daß sie zum Zeitvertreib in den Hohen Hügeln von Kesrith gespielt hatten, Kel'ein zu sein. Ihr wurden das Alter und die Verehrungswürdigkeit aller She'panei zuteil. Ihre Fähigkeiten verwandelten sie für ihn in eine Fremde. Da er bloß ein Kel'en war, konnte er nicht lesen, was sie schrieb, konnte er nicht die Mysterien durchdringen, von denen sie plötzlich sprach, und er wußte zu seiner Verwirrung, wie groß der Abgrund war, der sich zwischen ihnen eröffnet hatte in den sechs Jahren, seit sie zusammen zum Kel gehört hatten. Die blauen Seta'al waren ebenso in ihr Gesicht geschnitten und gemalt worden wie in seines, die stolzen Zeichen der Krieger; aber ihren Händen war es jetzt verboten, Waffen zu halten, und ihr Verhalten wurde von der stillen Zurückhaltung des Sen bestimmt. Sie ging nicht verschleiert. Die Mutter eines Edun verschleierte sich fast nie, ihr Gesicht war ihren Kindern ständig zugänglich. Nur in Gegenwart des Profanen und des Unannehmbaren wandte sie das Gesicht ab. Melein war allein: die Goldgewandeten des Sen hätten ihre Diener sein sollen; erfahrene Krieger des Kel hätten ihre Ehemänner sein sollen, und die Älteste des Kath hätte ihr zu ihrer Freude Kinder mit strahlenden Augen bringen sollen. Niun spürte, wie unangemessen alles war, das er für sie tun konnte, manchmal mit schmerzlicher Klarheit.

»Niun.« Sie lächelte und berührte die ihr angebotene Hand. Er kniete neben ihrem Stuhl nieder – kniete, denn das Kel nutzte nicht den Luxus von Möbeln, genauso wenig wie das asketische Sen. Sein Dus war bei ihm, warm und fest. Das kleinere kauerte sich als Besucher zu Füßen der She'pan nieder, verehrte sie nach Dus-Art. Man sagte, daß ein Sen-Verstand zu komplex und zu kalt war für den Geschmack der Dusei. Niun wußte nicht, ob das stimmte: es war seltsam, daß nie ein Dus nach Melein verlangt hatte, selbst damals nicht, als sie noch zum Kel gehörte, für sie eine Quelle des Kummers und bitteren Neides auf andere Kel'ein. Jetzt hatte sie keines und wollte auch keines. Das Dus verehrte sie, aber näherte sich ihr nicht im Bewußtsein – zog selbst einen Menschen Meleins' Intel vor, der berechnenden Macht einer She'pan.

Niun senkte den Kopf unter ihrer Berührung und sah dann wieder auf. »Ich habe Duncan gebracht«, sagte er. »Ich habe ihm gesagt, wie er sich betragen soll; ich habe ihn gewarnt.«

Melein senkte den Kopf. »Wenn du meinst, daß es Zeit ist«, sagte sie und streichelte den Rücken des Dus, das neben ihr saß.

Niun sah zu ihr auf, wollte ein letztesmal an ihre Geduld appellieren – zu ihr sprechen, wie er es als Kind getan hatte. Er konnte jedoch diese Vertrautheit mit ihr nicht mehr finden. Die Bestürzung teilte sich den Dusei mit, und seines schüttelte den Kopf. Er stand auf und stieß das Tier, damit es sich in Bewegung setzte.

Duncan wartete. Niun fand ihn dort stehend, wo er ihn verlassen hatte, an die Tür auf der anderen Seite des Korridors gelehnt. »Komm«, sagte er zu dem Menschen, »und verschleiere dich nicht! Du befindest dich nicht in einer fremden Halle.«

Duncan befestigte den Mez wieder dicht unter dem Kinn und begleitete Niun hinein, zögerte in der Mitte des Raumes, bis Melein selbst einladend die Hand ausstreckte und ihm zeigte, wohin er sich setzen sollte, zu ihrer Linken, wo das kleinere Dus lag.

Duncan ging dorthin, hatte Angst vor dem Dus, tödliche Angst. Niun öffnete den Mund zum Protest, aber dachte dann, daß es Duncan beschämen würde, wenn er es tat, seine Eignung in Zweifel ziehen würde, hier zu sein. Vorsichtig ließ sich Duncan dort nieder, wo er sollte, und Niun nahm seinen eigenen Platz zur Rechten Meleins ein, eine Armlänge von Duncan und dem anderen Tier entfernt. Er berührte das kleine Dus mit den Fingerspitzen, spürte, daß es beruhigt war, und war erleichtert darüber.

»Duncan«, sagte Melein sanft. »Kel Duncan. Niun versichert, daß du Hal'ari verstehen kannst.«

»Mir fehlen noch Wörter, She'pan, aber ich verstehe es.«

»Aber du hast auch etwas Mu'ara verstanden, bevor du dich zu uns gesellt hast.«

»Ja. Ein paar Wörter.«

»Du mußt sehr hart gearbeitet haben«, sagte sie. »Weißt du, wie lange du an Bord bist?«

»Nein. Ich zähle die Tage nicht mehr.«

»Bist du zufrieden, Duncan?«

»Ja«, sagte er, was Niun den Atem stocken ließ, denn er glaubte es nicht. Duncan log: es war menschliches Verhalten.

Indem er das tat, hatte er einen Fehler gemacht.

»Du weißt«, sagte Melein, »daß wir heimkehren.«

»Niun hat es mir berichtet.«

»Hat dein Volk das vermutet?«

Duncan antwortete nicht. Die Frage bestürzte ihn sehr; Niun spürte das durch die Dusei – einen Schock der Angst.

»Unsere Reise in die entgegengesetzte Richtung«, fuhr Melein sanft fort, »war vor langer Zeit, bevor uns Schiffe wie dieses zur Verfügung standen, keine so schnelle Fahrt, nein. Entlang des Weges, der uns zu euch führte, haben wir uns auch aufgehalten, manchmal ein- oder zweitausend Jahre. Gewöhnlich gibt es Zeiten, in denen das Volk wirklich vergißt, und in der Dunkelheit zwischen den Sonnen werden Generationen geboren, denen die Pana, das Verbotene, das Heilige, die Mysterien nicht beigebracht werden. Und sie treten hinaus auf eine neue Erde, unwissend all dessen, was sie nicht gelernt haben. Aber diesmal, diesmal, Kel Duncan, nehmen wir unsere lebendige Vergangenheit in deiner Person mit uns; und wie dies gegen jedes Gesetz, gegen jede Weisheit von She'panai vor mir verstößt, so unterscheidet sich diese Reise von anderen Reisen und diese Dunkelheit von anderen Dunkelheiten. Ich habe dir erlaubt, bei uns zu bleiben. Hat dein Volk es vermutet, Duncan, daß wir heimkehren?«

Es gab ein verbotenes Spiel, das die Kinder des Kath zu spielen pflegten, das Wahrheitsspiel: berühre das Dus und versuche zu lügen. Wenn die Mütter davon erfuhren, verboten sie es, obwohl die großen Tiere duldsam mit den Kindern waren und die unschuldigen Geister der Kinder sie nicht verstören konnten.

Finde heraus wo ich den Stein versteckt habe.

Weit weg? In der Nähe?

Berühre das Dus und versuche zu lügen.

Aber nicht unter Brüdern, nicht innerhalb des Kel oder des Sen. »Melein«, protestierte Niun. »Er hat Angst vor dem Tier.«

»Er hat Angst«, wiederholte sie rauh. »Sag mir, Duncan, was erwarteten sie von den Aufzeichnungen, die sie in das Schiff brachten?«

»Daß sie – daß sie zur Auffindung von Mri-Basen führen könnten.«

Das Gefühl in der Luft war wie das vor einem Sturm, dick und nahe und unwirklich. Das große Dus erschauerte und hob den Kopf. »Sei still!« flüsterte ihm Niun in das unempfindliche Ohr und zupfte daran, um das Tier abzulenken.

»Ah«, sagte Melein, »und die Menschen haben dieses Band sicher vervielfältigt. Sie haben sich dieses Geschenk genommen, das im Pan'en lag, in ihren Händen. Und damit wir dem Band vertrauen, haben sie uns dich mitgegeben.«

Das Dus schrie plötzlich auf, und beide Tiere bewegten sich. Eines schleuderte Duncan zur Seite, und er rollte gegen die Wand, die Glieder durch die Wirkung des Schlages ausgebreitet. Beide Dusei waren auf den Beinen, ihre Furcht fühlbar. »Yai!« rief Niun seinem Tier zu, klatschte in die Hände, schlug es. Es reagierte, warf den Körper gegen den Gefährten und hielt das Tier so in Schach, verlagerte seine Gewicht hin und her, um zwischen dem anderen Tier und Duncan zu bleiben, und Niun warf sich an Duncans Seite und zwang sein Dus, sie abzuschirmen.

Die Panik spitzte sich zu und klang dann ab. Duncan war auf den Knien, hielt den Arm an den Leib gepreßt und zitterte konvulsivisch. Sein Gesicht war bleich und schweißbedeckt. Niun faßte ihn an, zog den Arm an sich und schob den Ärmel hoch, legte die häßliche und geschwollene Wunde frei.

Dus-Gift.

»Du wirst nicht daran sterben«, sagte er ihm, hielt ihn fest und versuchte, das krankhafte Zittern zu lindern, das den Menschen quälte. Er war sich nicht sicher, ob Duncan ihn verstehen konnte. Melein kam herbei, beugte sich herab und faßte an den verwundeten Arm; es gab jedoch kein Mitleid in ihr, nur kalte Neugier.

Die Dusei krochen zurück. Das kleine gekränkte Tier zauderte und strahlte Pein aus und blutige Gefühle. Das größere schnupperte an Duncan, schnaubte und zog sich zurück, und der Mensch fuhr zusammen und schrie laut auf.

»Du hast sie beide verletzt«, sagte Niun zu Melein und glaubte, daß sie für den einen oder den anderen Reue empfinden würde, das Dus oder den Menschen.

»Er ist nach wie vor Tsi'mri«, sagte sie. »Und Niun, er hat uns von Anfang an belogen; ich habe es gewußt. Du hast es gesehen.«

»Du weißt nicht, was du getan hast«, sagte Niun. »Er hatte Angst vor den Dusei, besonders vor diesem einen. Wie konntest du die Wahrheit von ihm erwarten? Das Dus ist verletzt, Melein; ich weiß nicht, wie sehr.«

»Du vergißt dich!«

»She'pan«, sagte er und senkte den Kopf, aber das beschwichtigte sie nicht. Er nahm Duncans gesunden Arm und half ihm so beim Aufstehen, legte den Arm um ihn und hielt ihn auf den Füßen. Der Mensch stand völlig unter einem tiefen Schock. Als Niun sich in Bewegung setzte, kam das Dus herbei und langsam, langsam verließen sie die Gegenwart der She'pan.

* * *

Manchmal kämpfte der Mensch sich aus dem Fieber heraus, wurde für einen Moment klar; bei solchen Gelegenheiten schien er zu wissen, wo er sich befand, und seine Augen wanderten über das, was ihn auf seinem Platz bei dem Dus in einer Ecke der Kel-Halle umgab. Aber dieser Zustand war nie von Dauer. Er konnte ihn nicht bewahren und zog sich wieder in das Delirium zurück. Niun sprach nicht mit ihm und stellte die Lampen nicht zu hell ein; es war am besten, sowohl den Menschen wie auch das Dus möglichst von Wahrnehmungen zu befreien.

Schließlich, als es im Nachtzyklus noch keine Besserung gab, ging Niun zu Duncan und nahm ihm, wie eine Kath'en ein Kind ausziehen mochte, Mez und Zaidhe und auch die Gewänder ab, so daß er die Wärme des Dus aufnehmen konnte. Er bettete ihn zwischen sein eigenes Tier und das kranke und legte zwei Decken über ihn.

Das Gift wirkte stark in ihm; eine Bindung war zwischen zwei Geschöpfen erzwungen worden, die sich gegenseitig nicht ertragen konnten. Die Wunde war tief, und Duncan hatte aus der hohlen Hinterklaue mehr Gift abbekommen, als selbst für einen daran gewöhnten Mri gut gewesen wäre. Die alten Wege besagten jedoch (und als Kel'en wußte Niun nicht, ob es Wahrheit oder Fabel war), daß ein Dus seinen Mann danach kannte – daß, wenn einmal ein Mann die Substanz aufgenommen und es überlebt hatte, er niemals mehr durch das Gift oder den Zorn dieses bestimmten Dus gefährdet war, das sich niemals im Leben wieder von ihm trennen würde. Das traf nicht ganz zu, denn ein Mann, der mit Dusei umging, erhielt oft kleine Kratzer durch die Klauen und gelegentlich auch tiefere, die ihn fiebrig machten. Aber es stimmte auch, daß ein an ein bestimmtes Dus nicht gewöhnter Mann auf eine tiefe Wunde durch dieses Tier sehr stark reagieren, ja sogar sterben konnte.

Melein wußte besser darüber Bescheid als sie sich jetzt verhalten hatte: in Kel und Sen ausgebildet kannte sie Dusei, und sie wußte, daß sie das Tier gefährlich provozierte, das sich wegen Duncan quälte und seine Panik aufnahm. Aber wie die andere She'pan, der er gedient hatte, hatte Melein nur Kälte anstelle eines Herzens.

Und Duncan, seine nackte Haut der Hitze und den Absonderungen des heißen Dus-Felles ausgesetzt, das Gift des Tieres in den Adern, würde sich auf das Dus einstellen und das Tier auf ihn – wenn er nicht starb oder das Tier nicht Miuk wurde, nicht in den Irrsinn verfiel, dem überspannte Dusei manchmal zum Opfer fielen und der sie in Killer verwandelte. Das war es, was Melein wohl wissend riskiert hatte.

Wenn das Tier irrsinnig wurde, wußte Niun nicht, ob er den Menschen vor dem gleichen Schicksal bewahren konnte. Er hatte davon gehört, daß ein Mri durch ein Miuk-ko-Dus mit in den Wahnsinn gerissen wurde; er dankte den Göttern dafür, daß er es nicht miterlebt hatte.

Die Warnsirene erklang.

Duncan blickte entsetzt auf den Sternenschirm und fluchte vor Angst. Dies war der ungeeignetste und schlimmste Zeitpunkt für die Vorbereitung auf eine Transition.

Die Klingel schrillte. Die Dusei erhoben sich erschreckt, und Duncan warf einfach die Arme um den Nacken seines Tieres, senkte den Kopf darauf und hielt sich fest, völlig verloren in den Dus-Ängsten und dem Geist des Tieres.

Vielleicht schützte ihn das. Sie sprangen, tauchten wieder auf, sprangen erneut innerhalb einer Nachthälfte. Der Mensch und das Dus klammerten sich aneinander fest und strahlten eine solche Angst aus, daß das andere Tier nicht bei ihnen bleiben konnte.

Man sagte, daß Dusei sich nicht an Geschehnisse erinnerten, sondern nur an Personen. Und vielleicht war es das, was den Menschen anzog und ihm eine Zuflucht bot, aus der er nicht mehr hervorkommen wollte.

* * *

»Duncan«, sagte Niun am nächsten Morgen, hielt ihm ohne weiteres Zureden eine Tasse an die Lippen und gab ihm Wasser, denn er war kein Dus, das ohne zu trinken auskommen konnte. Er wusch das Gesicht des Menschen mit den Fingerspitzen.

»Gib mir mein Gewand«, sagte Duncan daraufhin leise und überraschte ihn damit, und Niun war glücklich und zog den Menschen von dem kranken Dus weg, half ihm beim Aufstehen. Duncan war sehr schwach, der Arm heiß und noch geschwollen. Niun mußte ihm in seine Kleider helfen, und nachdem er Kopftuch und Schleier erhalten hatte, verschleierte er sich, als ob er sich diese Zurückgezogenheit ernsthaft wünschte.

»Ich werde mit der She'pan reden«, bot Niun ernst an. »Duncan, ich werde mit ihr reden.«

Der Mensch holte tief Atem und ließ ihn mit einem Zittern wieder fahren, stieß das Dus weg, das an seinem Bein schnupperte. Es warf ihn mit seiner großen Kraft beinahe um. Er fing sich mit Hilfe von Niuns angebotener Hand, stieß das Hilfsangebot dann ein zweitesmal weg, stur in seiner Isolation.

»Aber du hast unrecht«, sagte Duncan, »und sie hatte recht.« Und nachdem er erneut Atem geholt hatte: »Schiffe sind auf unserer Spur. Mein Volk. Kriegsschiffe. Ich habe gelogen, Niun. Es war kein Geschenk. Sie haben dieselbe Serie von Kursangaben wie wir und sind uns auf den Fersen. Ich weiß nicht, was sie machen werden. Sie haben mich nicht eingeweiht. Sie haben mich aus dem Grund an Bord geschickt, den die She'pan annahm: euch auf das Geschenk vertrauen zu lassen, das herauszufinden, was den Bändern nicht entnommen werden konnte, und um mich und die Information zurückzuerhalten, wenn ich es schaffe. Ich habe als ich merkte, daß alles ein abgekartetes Spiel war, ihnen das Schiff entrissen, und bin geflohen. Sag ihr das. Das ist alles, was ich weiß. Und ihr könnt anfangen, was ihr wollt.«

Und er ging hinüber auf die andere Seite des Raumes und kauerte sich in der Ecke zusammen. Das Dus trottete mit hängendem Kopf hinüber und ließ sich müde an ihn gedrückt zu Boden sinken. Duncan legte ihm die Arme um den Nacken, senkte den Kopf darauf und ruhte sich aus. Seine Augen waren leer und müde und enthielten solch eine Verzweiflung, wie sie Niun noch nie zuvor auf irgendeinem Gesicht gesehen hatte.

* * *

»Bring ihn her!« wies ihn Melein an, nachdem er ihr die von Duncan eingestandenen Dinge berichtet hatte.

»She'pan«, protestierte er. »Er hat dem Volk geholfen.«

»Sei ruhig«, antwortete sie. »Erinnere dich daran, daß du Kel'en und Kel'anth bist, und daß du mir Treue schuldest.«

Das Recht war auf ihrer Seite, die Rechtmäßigkeit der Mri, die Rechtmäßigkeit ihres Überlebens. Er spürte dessen Einfluß, neigte seinen Kopf vor ihr und erkannte es an. Und er saß an diesem Abend elend dabei, während sie anfing, Duncan zu befragen und alles aus ihm herauszuziehen, was er sagen konnte.

Es geschah in der Form eines Gemeinsamen Mahles, das erste, das sie auf dem Schiff abhielten, eine traurige Nachahmung. Es mangelte ihm an Gefährtenschaft, und die Nahrung schmeckte bitter. Duncan aß fast gar nichts, sondern saß nur still da, wenn er nicht direkt befragt wurde; die Dusei durften nicht dabei sein, und er hatte nichts und niemanden, nicht einmal dachte Niun bekümmert, seine Unterstützung, denn er mußte zur Rechten der She'pan sitzen und ihre Partei ergreifen.

Sie waren alle versucht, zu sehr dem Trinken zuzusprechen, dem beißenden Regul-Gebräu, das die Vorratskammern füllte, dem Ashig, vergoren aus derselben Quelle wie Soi. Aber zumindest – Niun dankte es den Göttern – gab es kein Komal, das seine letzte She'pan im Bann drogenerzeugter Träume gehalten hatte, verbotener- und schändlicherweise – Träume, in denen sie die Pläne geschmiedet hatte, aus denen alles seinen Anfang nahm; Träume, die an der Vernichtung des Volkes ebenso schuldig waren wie Duncan es jemals gewesen sein konnte, und an der Erzeugung der Gefahr, die ihnen jetzt folgte.

Und erneut sah er die Arroganz der She'pan, die kein Mitleid mit ihren eigenen Kindern hatte.

Aber dergleichen wagte er Melein nicht zu sagen – er konnte nicht mit ihr streiten, die er mehr liebte als Leben und Ehre, nicht über einen Tsi'mri, der sie in soviel Böses verstrickt hatte. Nur wenn er Duncan ins Gesicht blickte, schmerzte es, und die Pein des Menschen nagte an ihm.

An vier Tagen nahmen sie jeden Abend das Gemeinsame Mahl ein, und sie redeten wenig, denn die meisten Fragen waren beantwortet. Während dieser Zeit lag eine Kälte in der Gegenwart der She'pan und danach in der Kel-Halle – kalte, formelle und vorsichtige Waffenübungen, die mehr mit Ritualen zu tun hatten als dem Austeilen von Hieben, mehr mit der Tradition des Kampfes als mit seiner Aktualität. Manchmal drückte Duncans Blick ein solches Leiden aus, daß Niun ihm die Yin'ein verbot und es überhaupt ablehnte, mit ihm zu üben.

Duncan hatte sein eigenes Volk verraten.

Und für solch einen Mann gab es keinen Frieden.

»Tsi'mri«, sagte Melein von ihm in seiner Abwesenheit, »und ein Verräter selbst an denen, die ihm Blut und Knochen gaben. Wie könnte ihm dann das Volk jemals vertrauen? Er ist ein schwaches Geschöpf, Niun, das hast du bewiesen.«

Niun dachte darüber nach, erkannte sein Werk und litt darunter.

Das Giftfieber verging, aber das Elend tat es nicht. Das Dus, abwechselnd zurückgewiesen und grollend akzeptiert, trauerte und war gereizt; Duncan wurde still und in sich gekehrt, ein Leiden, das man nicht mehr erreichen konnte.

Das Schiff verließ diesen Stern und sprang wieder.