XIII ORN

 

Eine ganze Weile nach der Dämmerung hob Orn den Kopf, beunruhigt. Über die normalen Geräusche der Nacht hinaus nahm er eine unterschiedliche Manifestation wahr, und einen Augenblick später hatte er sie eingeordnet: die ungelenke Annäherung der monströsen Säuger.

Die Konfrontation des Tages quälte ihn noch immer. Etwas, das wirklich fremd oder unerklärlich oder gar nicht in seinen Erinnerungen vorhanden war, machte ihn besorgt, weil er nicht wußte, wie er damit umgehen sollte, und bei der jüngsten Begegnung war all dies der Fall gewesen. Säuger an sich waren vertraut genug; sie waren überall, weitaus zahlreicher als die Reptilien selbst hier im Herzen dieser Enklave. Sonstwo auf dem Kontinent waren sie größer, mutiger und weiter entwickelt, als es die primitiven Exemplare hier waren. Aber nirgendwo erreichten sie Orns eigene Größe oder die irgendeines größeren Reptils, abgesehen vielleicht von ihren größten und dümmsten Herbivoren. Er hatte sich der veränderten Situation in der Welt angepaßt und gelernt, mit den neuen Kreaturen zurechtzukommen, bevor er in diesem mehr vertrauten Tal seßhaft geworden war. Aber so plötzlich mit zweibeinigen Säugern konfrontiert zu werden, die größer waren als er selbst!

Dieser Schock hatte ihn beinahe das Leben gekostet. Völlig verwirrt durch diese erschreckende Lücke in seinem Gedächtnis hatte er dagestanden und versucht, die Lebensgeschichte der Spezies zu ergründen, um wissen zu können, wie er mit ihr umgehen mußte. Größe war nur ein Merkmal unter vielen; diese Säuger waren anders. Ihre zahllosen Eigenartigkeiten hatten sie für ihn anfänglich nahezu unsichtbar gemacht. Nur seine bisherige Praxis, sich unvertraute Kreaturen unter den Bedingungen von vertrauten vorzustellen, hatte es ihm überhaupt ermöglicht, ihre Natur zu begreifen.

Unterdessen hatte sich eine der Kreaturen angenähert und Fühlung aufgenommen. Orn, besorgt, um Ornette und ihre beiden kostbaren Eier, hatte handeln müssen, um die Zudringlichkeit zurückzuweisen.

Der Säuger hatte ihn mit einem unbelebten Objekt geschlagen, eine weitere Erstaunlichkeit. Orn hatte sich nie vor Augen geführt, daß so etwas möglich war. Unbelebte Dinge konnten für den Bau eines Schlafsitzes oder eines Nests verwendet werden oder auch zum Überqueren rauhen Wassers, aber niemals für die Arbeit von Klaue oder Schnabel. Bisher. Was konnte das bedeuten?

Und der letzte glückliche Umstand: der Säuger hatte es, nachdem er durch seine Zauberei verwundbar geworden war, versäumt, ihn zu töten. Statt dessen war die Kreatur ins Wasser eingetaucht und hatte sich zurückgezogen - und die anderen mit ihr. Wenn sie gekommen waren, um zu kämpfen und Nahrung aufzunehmen, gab dies keinen Sinn.

Er erinnerte sich daran, wie er am ersten Tag ihres Nistens den Ptera verschont hatte. Ohne Hunger war es möglich, auf einen leichten Sieg zu verzichten. Aber das gab keinen verständlichen Hinweis auf die Verhaltensweise der großen Säuger.

Orn sträubte unruhig seine Federn. Er war nicht dazu ausgerüstet, Dinge auszudenken; sein Gedächtnis machte ein solches Bemühen normalerweise überflüssig. Aber jetzt kam dieser große Säuger wieder, in der Nacht. Orn mußte darauf reagieren und sich und ihr Nest wirkungsvoller schützen, als er es vorher getan hatte. Kein Vorfahr hatte diesem speziellen Problem gegenübergestanden.

Wenigstens diese Nachtattacke war charakteristisch. Die Säuger waren, wie die Vögel, in der Lage, sich nachts genauso gut zu bewegen wie tagsüber, und eine Anzahl von ihnen zog den Schutz der Nacht zum Jagen vor. Tatsächlich würden viele von ihnen in dieser Hochburg der Reptilien anderenfalls nicht lange überleben, denn am Tag waren viele leere Mägen und scharfe Zähne unterwegs, und Säuger waren schmackhafte Bissen. Nur indem sie sich in Gebieten aufhielten, die für die Reptilien zu kalt waren, und sich nachts ernährten, waren die Säuger gediehen. Aber diese waren so plump! Wenn diese Kreaturen - nur zwei kamen diesmal - auf der Jagd waren, würden sie so laut ihr Wild niemals überwältigen. Wenn sie glaubten, sie würden sich verbergen, dann waren sie katastrophal ungeschickt. Lag es daran, daß sie dumm waren, weil sie für ihren Typ so groß waren, wie der Sumpfbewohner Brach, dessen zahllose Junge so leichte Beute waren? Aber selbst die säugenden Amblys waren mehr um ihr eigenes Wohlergehen besorgt als diese!

Ja, sie kamen hierher. Orn erhob sich vom Nest, und Ornette rückte herüber, um die Eier ganz zu bedecken. Einer von ihnen hatte die Eier jederzeit zu wärmen und zu schützen, und Ornette, trächtig mit dem dritten, jagte zur Zeit überhaupt nicht. Dreimal hatten sie sich vereinigt, und zwei der Eier befanden sich im Brutstadium. Das letzte war diese Nacht fällig, und eine Störung würde schädlich sein. Er hatte das Nest vor jeder Bedrohung zu beschützen.

Er schritt zur Landzunge hinüber und wartete auf die beiden schwerfällig herankommenden Säuger. Mann und Frau, beide grotesk in ihrer riesenhaften Ungeschicklichkeit. Was ihr Vorhaben war, konnte er nicht wissen, denn es mangelte ihnen an der heimlichen Manier von Eierdieben. Aber er würde sie zurücktreiben. Es gab eine Schwellung unter den Federn seines Nackens von der vorangegangenen Begegnung, und die Muskeln schmerzten an dieser Stelle, aber es war eine wichtige Lektion gewesen. Er würde nicht zulassen, daß ihn ein solches Objekt abermals schlug, würde nicht benommen dastehen. Er würde den ersten Säuger sofort töten und für den zweiten bereit sein.

Sie kamen an. Orn wartete, unmittelbar hinter der schmälsten Stelle der Landzunge, so daß sie sich einzeln nähern mußten. Vielleicht waren sie letzten Endes doch Eierdiebe, die sich auf brutale Kraft statt auf Heimlichkeit verließen. Er zuckte mit den Klauen eines Fußes auf der Erde, bereit, ihn zu heben und wild zuzuschlagen. Die Eier durften nicht in Gefahr geraten!

»Er ist da.« Es war der Mann, der eine Art zischenden Knurrens ausstieß, das einer Kampfesherausforderung noch immer nicht so richtig ähnelte.

»Veg, er denkt, du bist hinter seinen Eiern her. Komm nicht an ihn heran.« Das war die Frau; ihr Knurren war getragener und abwechslungsreicher. Es hörte sich an, als würde sie ihren Partner vor der kommenden Auseinandersetzung warnen.

Der Mann machte im hellen Mondlicht etwa vier Flügelspannen von Orn entfernt halt. Er hatte ein langes Stück Baum in seinen Pfoten - dasselbe Objekt, das Orn schon einmal überrascht hatte. Es war tatsächlich ein Ersatz für Schnabel oder Kralle, denn der Säuger besaß keine eigene wirkungsvolle Bewaffnung. Orn sah es als letzteres an, denn es stand mit den Gliedern in Verbindung. Er würde daran vorbei zuschlagen und nach der freien Kehle oder den Eingeweiden zielen müssen.

Aber der Säuger traf keine Vorbereitungen zum Kampf. Er stand eine endlose Zeit da, während die Frau mit einem Zweig über ein flaches Objekt strich. Orn verstand weder das Handeln der Frau noch das Nichthandeln des Mannes.

»Ich habe sein Porträt gemalt; wir lassen ihn besser allein.« Wieder Geräusche von der Frau, als sie ihren Zweig verbarg und das flache Ding unter ein Vorderglied klemmte.

Als ob diese sinnlose Folge von weiblichen Kreischtönen ein Signal wäre, ließ der Mann sein Stück borkenlosen Baumes fallen und machte einen Schritt nach vorne.

»Veg!«

Dieser Alarmschrei war nicht mißzuverstehen. Sie begriff endlich, daß der Mann kurz vor einer Auseinan- dersetzung stand, die wahrscheinlich mit seiner Vernichtung endete. Orn würde ihn nicht in die Nähe des Nests' lassen.

Immer noch kam der Säuger näher, mit großen, langsamen Schritten, zwischen denen er jeweils eine Pause einlegte. Jetzt hatte er seine fleischigen Vorderglieder hinter sich, entblößte den ganzen Rumpf. Er war nur noch zwei Flügelspannen entfernt, völlig unbewaffnet und verwundbar; Orn konnte diesen Raum mit einem Sprung überbrücken, das große Säugerherz durchbohren, das er spürte, und sich dann wieder zu seiner überlegenen Position an der Landzunge zurückziehen. Aber er hielt sich zurück, schlau genug, nicht zu attackieren, solange er den Sinn der Aktionen des Säugers nicht erfaßte und sie auch nicht nach den Maßstäben einer ähnlichen Kreatur interpretieren konnte. Es konnte leicht eine Todesfalle für ihn selbst sein.

Ein weiterer Schritt, und dann wurde er sich der Anspannung des Säugers bewußt. Er hatte Angst, war aber doch entschlossen, wenn auch nicht mordlustig. Wollte er sterben? Sicherlich wollte er nicht kämpfen! Er hatte sich selbst vollkommen verwundbar für Orns Schnabel oder Klaue gemacht, während seine Partnerin hinter ihm winselte.

Dann reimte sich alles zusammen. Diese riesigen, ungelenken, stolpernden Geschöpfe - sie wußten nicht, wie sie kämpfen mußten. Sie konnten mit Baumstücken zuschlagen, waren aber nicht in der Lage, einen gewonnenen Vorteil zu nutzen. Beide würden bald Opfer eines räuberischen Reptils werden, wenn sie nicht irgendwo einen Zufluchtsort fanden. Deshalb waren sie auf diese isolierte Insel gekommen und hatten, immer noch voller Angst, Orns Schutz gesucht.

Normalerweise hätte er ihn trotzdem getötet oder ihn wenigstens so ausreichend verwundet, ihn zu vertreiben, diesen fremden Mann. Er war nicht hungrig auf das Fleisch. Aber gerade das Nest, das ihn veranlaßte, die Stellung gegenüber einem nicht in seinen Erinnerungen vorhandenen Widersacher zu halten, machte ihn auch abgeneigt, ohne Erfordernis zu töten. Sein Inneres floß über mit den Säften des Partnerschaftsverkehrs und des Beschützertums; er hatte sich um seine eigene Partnerin zu sorgen und Eier zu wärmen, und Blutvergießen sorgte nicht für gute Niststimmung.

Der Säuger kam weiterhin. Orn mußte ihn entweder töten oder vorbeilassen und dadurch seinen Schutz auf das fremde Paar ausdehnen. Er hörte Ornette bei den ersten Legewehen seufzen.

Orn trat zur Seite.

Dann kam die Frau herüber, und die beiden Säuger vereinigten ihre Gliedmaßen und gingen zum gegenüberliegenden Ufer der Halbinsel. Orn ging rückwärts zum Nest zurück, begierig darauf, während ihrer Pein bei Ornette zu sein, aber auch genötigt, die Säuger im Auge zu behalten, damit sie keine feindliche Handlung begingen. In seinem Innersten war er unsicher, mehr noch, als er es gewesen war, nachdem er den Ptera verschont hatte, aber er hatte wenigstens den Kampf und das Töten vermieden.

Schließlich erreichte er das Nest und blieb daneben für einige Zeit stehen; er lauschte zu den Säugern hinüber, während einer seiner Flügel Ornette berührte. Die Kreaturen befanden sich hinter den dicht stehenden Kiefern, scharrten mit ihren weichen Gliedern auf dem Boden herum und stießen ihre häßlichen, langgezogenen Rufe aus, kamen aber nie näher an ihn heran. Sie schienen zu wissen, daß sie hier nur geduldet lebten . und daß die Umgebung des Nests verboten war. Er würde sie töten müssen, wenn sie sich Ornette oder den Eiern näherten, besonders heute nacht.

Endlich ließen sie sich nieder, und nur noch ihre Stimmgeräusche dauerten an. Das war ihr seltsamstes Merkmal: die unaufhörlichen und belanglosen Töne, die sie in ihren Kehlen und Mäulern machten.

»Ich wünschte, es gäbe eine andere Lösung.« Die Frau gab störende Laute von sich. »Ich hasse es, ihn auf diese Weise zu verlassen.«

»Er hat ein großes Wissen.« Jetzt antwortete der Mann beruhigend. Ihre Gefühlslagen waren nicht so unterschiedlich zu denen, die Orn mit Ornette verbanden; lediglich ihr stimmlicher Ausdruck war grundsätzlich anders. Sie verwandten langgezogene, modulierte Tonreihen statt einfacher, abgestimmter Schreie. Abgesehen von der Schwerfälligkeit der Methode erfüllte es seinen Zweck. Allerdings war alles an diesen plumpen Säugern so. Selbst ihr Fell war verfilzt und faltig, als ob es im Schlamm gebacken worden war, bis es in aufgescheuerten Lappen hing. Auch waren Netze aus Haaren über ihre Köpfe gefallen, behinderten ihr Sicht- und Geruchsvermögen und störten sicherlich auch bei der Nahrungsaufnahme.

»Er wird sich hüten, den Versuch zu unternehmen, irgendwo anders hinzugehen.« Die Frau gab jetzt Töne der Selbstberuhigung von sich. »Die Mantas werden ihn beschützen.«

»Ja.«

Eins hatten die fortwährenden Äußerungen an sich: sie ermöglichten es Orn, auf sie zu achten, ohne das Nest zu verlassen oder seine Wahrnehmungssinne zu überanstrengen. Er ließ sich neben Ornette nieder, die sich im Augenblick etwas entspannte, und lauschte.

»Ich wünschte, wir könnten trocken werden.« Frau. »Ich weiß, es ist nicht wirklich kalt, aber so durchnäßt und mit der Seebrise - mich fröstelt.«

»Ich habe eine Teerhaut in meinem Packen.« Mann.

»Gibt ein passables Bettuch, wenn das hilft. Es ist wasserdicht.«

»Du bist umsichtig, Veg. Aber die nasse Kleidung klebt mir auf der Haut, und die Teerhaut würde das Verdunsten nicht verhindern. Ich werde meine Sachen ausziehen müssen.«

»Ich mache in der nächsten Bodenrinne ein Geschäft auf.«

»Aber du bist ebenfalls kalt. Du bist genauso naß wie ich, und es ist nur eine Teerhaut da.«

»Ich habe schon früher unter primitiven Umständen gelebt, 'Quilon. Mach dir über mich keine Gedanken.«

Sie taten irgend etwas. Orn hörte das Rascheln von etwas, was er nicht identifizieren konnte. Keine Blätter, keine Borke, kein verfilztes Fell. Interessiert stand er leise auf und bewegte sich zu einer Stelle, von der aus er das Lager der Säuger überblicken konnte.

Der Mann zog biegsames Material aus einem felsenförmigen Objekt hervor. Es war so, als ob eine riesige Muschel verfilzte Farnkräuter enthielt. Er breitete es aus, eine einzige Bahn, so daß es sich über die Frau legte.

Es war in Ordnung. Sie breiteten lediglich ihr Schlafpolster aus.

»Veg.«

»Schon okay. Die Haut ist trocken. Ich hatte sie unter Verschluß. Habe auch ein trockenes T-Shirt für dich. Zieh es aber stramm, um die Käfer rauszuhalten.«

»Veg, manchmal bist du nicht sehr helle.«

»Ich weiß. Ich hätte vor dem Tauchen an trockene Kleider denken sollen. Morgen früh gehe ich zurück und hole welche. Du machst dich jetzt fertig, und ich gehe ein bißchen spazieren und.«

»Veg, wenn wir getrennt schlafen, werden wir beide frieren.«

»Ich weiß, aber es hat keinen Sinn, mit meinen triefenden Lumpen wieder alles naß zu machen. Du bist allein besser dran.«

Orn wurde sich klar darüber, daß sie in irgendeiner unangenehmen Säugersache uneinig waren. Die Frau wollte irgendetwas, aber der Mann verstand es nicht.

»Veg, erinnerst du dich, daß ich darüber sprach, eine Wahl zu treffen?«

»Ja, 'Quilon. Damals, als wir uns auf der Erde trennten. Solche Dinge vergesse ich nie.«

»Ich habe sie getroffen.«

Die Säuger schwiegen für kurze Zeit, aber Orn, beobachtend, lauschend und schnuppernd, war sich einer andauernden Spannung zwischen ihnen bewußt. Irgendeine Art von Verständigung war im Entstehen begriffen. Er krümmte seine Krallen, bereit einzugreifen, falls die Kreaturen den Versuch unternahmen, einen nächtlichen Überfall auf das Nest zu machen.

»Ja, ich bin nicht sehr helle.« Männliche Töne wieder: Begreifen und Triumph.

Dann legte der Mann seine weichen Säugeglieder an sein eigenes Fell und riß es auseinander. Es fiel in nassen Klumpen von seinem Körper ab und ließ ihn gerupft zurück. Die Frau stand auf und tat dasselbe. Orn war verblüfft: er hätte seine Federn niemals auf diese Weise ablegen oder den Schmerz aushaken können.

Die Säuger legten sich gemeinsam nieder und hüllten die große Bahn um sich, als ob sie zwei haarlose Würmer in einem einzigen Kokon wären.

Orn lauschte noch eine Weile länger. Dann begriff er die Bedeutung ihrer Handlungen. Sie nisteten! Was sich vorher abgespielt hatte, war ihre seltsame Säugerwerbung gewesen, und nun waren sie bereit zum Kopulieren.

Erleichtert kehrte er zu seinem eigenen Nest zurück.

Endlich verstand er alle Gründe dieses Paars von Eindringlingen. Sie hatten einen sicheren Platz gesucht, an dem sie sich während der Paarung und der Niederkunft aufhalten konnten, und waren deshalb auf den Gedanken gekommen, mit seiner eigenen Familie gemeinsame Sache zu machen. Die großen Säuger waren nicht so dumm, wie er vermutet hatte, lediglich seltsam.

In dieser Nacht, während sich die Säuger schwerfällig umarmten, dabei Töne von sich gaben, die Anstrengungen Universeller Bedeutung widerspiegelten, und die drei Ptera in kaltem Schweigen an ihren Ästen hingen, gebar Ornette ihr letztes Ei.

Auf der Halbinsel herrschten Friede und Freude.

Die Säuger erwachten am Morgen, blieben aber noch eine Weile in ihrem Bündel und warteten darauf, daß die Sonne die Kälte vertrieb. Als sich die Ptera zu rühren begannen, wickelten sich die Säuger aus, erledigten ihre jeweilige Toilette und stiegen wieder in ihr häßliches Fell. Sie aßen von einem Kuchen aus verbranntem, zusammengepreßten Pflanzenmaterial und tranken große Mengen von Wasser aus einem seltsamen Behälter. Wie alle Säuger saugten sie ein abstoßendes Quantum von Flüssigkeit auf und sonderten es auch wieder ab.

»Sieh dir die Pteranodonten an!« Die Frau machte wieder ihre aufgeregten Geräusche. Orn, anfänglich von diesem fortwährenden und nutzlosen Geschnatter irritiert, gewöhnte sich langsam daran. Er nahm jede Kreatur als das hin, was sie war, und es schien, daß die Säuger Geräuschmacher waren.

Dann überquerte ein Trach das Wasser vom Festland aus und tummelte sich auf der Insel, Blätterwerk am Ufer abweidend. Dieses Reptil ernährte sich hauptsäch- lich von den Nadeln und Zapfen der Kiefern, die es mit seinem flachen Schnabel voller kleiner Zähne zermalmte. Obgleich es groß war, stehend viermal Orns Höhe, und einen flachen, geschmeidigen und muskulösen Schwanz besaß, war es harmlos, sofern es nicht gereizt wurde. Es brachte seine volle Größe, um die saftigen (für es) Nadeln zu erreichen, die aus den unteren Ästen der hohen Bäume hervorwuchsen. Es war mit dem Para verwandt, den Orn zuvor tot jenseits der Bergkette gesehen hatte, aber ihm fehlte die verwickelte Knochenkonstruktion auf dem Kopf. Ein Para konnte deshalb einem Trach davonlaufen, weil er kühler lief; aber der Trach war kräftiger gebaut. Orn stand neben dem Nest und ließ das Reptil grasen, wie es wollte, wobei es seine Schwimmhautabdrücke im Schlamm hinterließ. Darum war die Insellage so vorteilhaft: die meisten großen Reptilien, die sie erreichen und an Land klettern konnten, waren diejenigen, die weder Fleisch noch Eier fraßen und somit einigermaßen sicher waren. Wie dieser gutmütige Trach.

Die Säuger beobachteten ihn ebenfalls, aber mit größerer Vorsicht. Ihre Ausrufe ließen erkennen, daß sie diese Nähe zu dem Trach nicht gewohnt waren. Bald entspannten sie sich jedoch und verfolgten die ungezwungenen Bewegungen des Reptils.

»Ich sehe besser nach Cal.« Und mit dieser Äußerung machte sich der Mann davon, durch das Gebüsch brechend wie ein kleiner Tricer. Die Frau blieb, um den Trach beim Spielen und Fressen zu beobachten.

Ornette erhob sich aus dem Nest, und Orn bedeckte die drei lebenden Eier, während sie ihre Beine und Flügel ausschüttelte und sich am Rande des Wassers säuberte. Sie hatte eine schwere Nacht gehabt und fühlte sich in der Gegenwart der Säuger und des Trachs nicht ganz wohl, verließ sich aber auf sein Urteil.

Orn beobachtete die Säugerin nachdenklich. Die meisten Säuger legten natürlich keine Eier; sie gebaren lebend wie das Meeresreptil Ichthy. Nachdem das Paarungsritual der Nacht gerade vorüber war, begann dieser Prozeß sicher schon in der Frau. Würden die beiden Säuger bis zu seiner Beendigung auf der Insel bleiben? Vielleicht würden die Säugerjungen mit Orns eigenen in angemessener Nachbarschaft aufwachsen. Dies würde eine eigenartige Begebenheit sein, aber nicht ablehnungswürdig, solange es zwischen ihnen keinen Streit um schmackhafte Larven und dergleichen gab. Seine Vorfahren hatten gelegentlich in Harmonie neben Troos und sogar Ankys genistet, obwohl Reptilieneltern nie zu ihren Eiern gingen, wenn sie einmal abgelegt waren. Reptiliennester waren viel vergänglicher als die von Vögeln, so daß es keine Rolle spielte. Aber seine Spezies hatte niemals das Gebiet mit Struths oder Tyranns oder Kroks irgendeines Alters geteilt. Tatsächlich würde Orn jedes Ei, das er von diesen Kreaturen fand, zerschmettern und verzehren. Es kam auf die Art des Reptils an.

Es kam auch auf die Art des Säugers an. Er würde ganz einfach wachsam sein müssen.

Es war während dieses beschaulichen Zwischenspiels, daß das erste Beben erfolgte.