VI Cal

 

Mit abgeblendetem Licht lag Cal im Bohrloch, unmittelbar unter der Winde. Circe stand darüber. Er bezweifelte, daß die Mantas irgend etwas besaßen, das menschlichen Gefühlen ähnelte, und sie waren mit Sicherheit geschlechtslos. Aber es sah so aus, als ob Circe weiblich wäre und Aquilons Interessen im Auge behielt. Die anderen Mantas blieben unten. Sie beteiligten sich nicht an den menschlichen Aktivitäten und hockten neben den Vorräten wie eine Gruppe von Waldpilzen. Circe war die ganze Zeit über bei Aquilon gewesen und ließ sie als einzige niemals allein, und jetzt hatte dieser Manta sicher etwas von Aquilons Ausstrahlung übernommen. Vielleicht hatte irgendeine Mantalotterie entschieden, welcher Manta sich welchem Menschen an- schließen sollte, aber Cal argwöhnte, daß noch mehr dahintersteckte.

Es war zu einfach, alle Mantas zu personifizieren. Sie waren in der Tat fremdartig. In Wirklichkeit war der Mensch in gewisser Weise mehr mit den Vögeln, den Schlangen oder Spinnen" verwandt als mit diesen Intelligenzen des Dritten Königreichs auf Nacre. Auf jenem fernen Planeten hatte sich ein Protoplasmakeim, der dem Schimmel ähnlich war, zu komplexen, bewegungsfähigen Formen entwickelt, die das ganze Königreich der Tiere verdrängt hatten. Über die innere Chemie der Nacrewesen gab es weitgehend nur Mußmaßungen, da ihre Körperenergien durch das Brechen organischer Substanzen entstanden, nicht durch ihren Aufbau. Die Mantas waren die Krone der fungoiden Evolution, ungefähr in der gleichen Weise, in der der Mensch das Endprodukt der tierischen Evolution auf der Erde war - bis jetzt. Die erstaunlichste Tatsache war, wie sehr sich die beiden Arten auf den Gebieten ähnelten, die wirklich zählten. Der Mensch besaß zwei Augen, der Manta eins. Der Mensch besaß ein machtvolles Gehirn. Das des Mantas war weniger leistungsfähig, jedoch fähig, viel effektiver zu kommunizieren. Der Mensch war ein Omnivore, ein Allesfresser, der Manta ein Karnivore, im Rahmen seiner Lebensumstände gesehen. Genau genommen waren alle Kreaturen auf Nacre bis zum dortigen Erscheinen des Menschen Herbivoren, Pflanzenfresser, gewesen, da es kein Königreich der Tiere gegeben hatte, das als Beute dienen konnte.

Aber dies waren unbedeutende Unterschiede. Eine übereinstimmende Evolution hatte beide Spezies zu einem Punkt geführt, an dem sie mehr miteinander gemein hatten als mit zahlreichen Vertretern ihrer eigenen Art. Es war so, als ob die Natur zielbewußt dafür gesorgt hatte, daß sie sich trafen und miteinander koe- xistierten.

Aber warum hatten jene drei Mantas ihren selbstmörderischen Befreiungsversuch unternommen? Sie mußten einen großen Teil der Erklärungen des Beamten verstanden und somit gewußt haben, daß ihnen kein Schaden zugefügt werden sollte, obwohl ihnen verwehrt wurde, nach Nacre zurückzukehren.

Nicht nach Nacre zurückkehren.

Cal lag da, ergrimmt über seine eigene Dummheit. Die Mantas mußten natürlich angesichts eines solchen Verbannungsurteils rebellieren! Selbst das menschliche Trio war auf der Erde nicht glücklich gewesen, überbevölkert und krank wie die Menschheit sich präsentierte. Wie konnte man annehmen, daß es den Mantas dort besser gefallen würde? Der dünn bevölkerte Planet Nacre war der beste Platz für die Mantas. Sie mußten begierig auf die Chance gewartet haben, nach Hause gehen zu können, nachdem sie die Gewohnheiten des Menschen kennengelernt und eine Verständigungsmöglichkeit gefunden hatten. Als diese Erwartung, dieser Traum, dann so brüsk enttäuscht wurde.

Aber nur drei waren losgestürmt.

»Circe«, sagte er.

Der Manta machte ein Knallgeräusch mit dem Schwanz. Es war merkwürdig, in der Dunkelheit zu sprechen und von ihr Antwort zu bekommen, da er wußte, daß sie mit ihrem Auge hörte. Aber die Dunkelheit bestand nur für seine Augen. Die Mantas sorgten im Ultraviolettbereich für ihre eigene Beleuchtung und waren somit von Außenquellen unabhängig. Circe konnte seine Sprache sehen. »Wart ihr sieben euch darüber einig, daß drei von euch den Ausbruchsversuch unternehmen sollten?«

Drei Knalle: Frage.

Er hatte das Problem zu kompliziert formuliert. Er versuchte es erneut: »Lin, Tri, Okt - ihr wußtet?«

Ein Knall: ja.

Es war also geplant gewesen. Die Mantas hatten reichlich Gelegenheit gehabt, einen detaillierten Angriffsplan zu entwickeln, da die volle Leistungskraft jedes einzelnen Verstands durch das Auge übermittelt werden konnte. Ein Mensch mochte eine ganze Stunde brauchen, um eine winzige Nuance seiner Gefühle auszudrücken, und konnte damit immer noch erfolglos bleiben. Aber die Mantas konnten sich alles im Bruchteil einer Sekunde klarmachen. Sie waren nicht intelligenter als der Mensch, nur effizienter.

»Ihr habt sie. geschickt?« Er mußte sich ganz einfach ausdrücken. Vielleicht war das Mantavokabular noch beschränkt. Vielleicht dachten sie normalerweise nicht in Worten. Er mutmaßte, daß die Fähigkeit der Mantas auf dem Gebiet der Theorie erheblich geringer war als die des Menschen. Dieselbe Effizienz, die die Kommunikation begünstigte, wirkte hoher Intelligenz entgegen. Seit der Errungenschaft verbaler Kommunikation hatte sich das menschliche Gehirn nicht wesentlich weiterentwickelt, da durch eine höhere Intelligenz kein Wettbewerbsvorsprung erreichbar war. Der Mensch hatte die Hürde, die ihn gesellschaftlich isolierte, überwunden und so die Zufriedenheit von Wasser erreicht, das über einen Damm fließt. Barrieren waren notwendig für den Fortschritt. Ohne Zwang wuchs weder das Wasser noch die Gehirnkapazität. So war es in der Natur, eine bloße Umsetzung physikalischer Gegebenheiten. Die Ameise hatte sich seit Millionen von Jahren buchstäblich nicht verändert, nachdem sie eine befriedigende gesellschaftliche Organisationsform aufgebaut hatte. Sie brauchte weder Größe noch Intelligenz und hatte sie deshalb auch nicht entwickelt. Der Mensch brauchte nicht mehr Größe und Intelligenz, als er bereits besaß. Warum sollte es in dieser Beziehung bei den Mantas anders sein?

Circe hatte mit einem weiteren Knall geantwortet. Ja, drei waren ausgewählt worden, den Versuch zu unternehmen, während vier auf Nummer Sicher gingen.

Das gab Sinn, taktisch.

»Wer starb?«

Drei Knalle, gefolgt von acht. Also waren zwei gestorben, Tri und Oct. Cal fragte sich, woher Circe es wußte. Waren die Sporen der Dahingeschiedenen bereits durch die Station zirkuliert, bevor die anderen sie verlassen hatten?

Das war auch so eine Sache mit den Mantas. Sie pflanzten sich durch Sporen fort, und diese Sporen wurden erst im Tod freigesetzt. Sie waren mikroskopisch klein und konnten nur unter Schwierigkeiten aus der Luft herausgefiltert werden. Nun trieben zwei Partien durch die Station. Das bedeutete, daß individuelle weibliche und männliche Sporen mit ihrem Konterpart eine Vereinigung eingehen und mit einigem Glück neue Mantas hervorbringen konnten. Vorausgesetzt, sie fanden Omnivoren, auf denen sie schmarotzen konnten.

Es würde echten Ärger auf dieser Station geben!

Cal konnte allerdings kein Bedauern aufbringen. Seine Sympathie gehörte den Mantas. Aber es war wohl klug, in der nächsten Zeit nicht allzu viel Unterstützung zu erwarten. Zuerst würde das Personal sehr beschäftigt sein. Und später sehr wütend.

»Lin ist entkommen?«

Ja.

Lin würde also, wenn es die Umstände erlaubten, frei sein. Vielleicht würde er tatsächlich per Anhalter nach Nacre zurückkehren und der dortigen Manta- Gesellschaft Bericht erstatten. Das bedeutete vermutlich für die Erde noch mehr Ärger. Schließlich hatten die besuchenden Mantas den Planeten in seiner ganzen Schmutzigkeit und Wildheit erlebt, und es waren Mantas gestorben. Trotzdem konnte er die Hoffnung nicht verleugnen, daß Lin es schaffte. In vielen Beziehungen war die Mantagesellschaft bewunderungswürdiger als die der Erde.

Draußen wurde ein Poltern laut, das durch die Metallwände drang. Das äußere Tor hatte sich offenbar geschlossen. Aquilon kam zurück. Er schaltete das Licht ein und beobachtete die Platte, obwohl er wußte, daß es noch ein paar Minuten dauern würde, bis der Pumpzyklus abgeschlossen war. Aquilon übte diese Wirkung auf ihn aus, veranlaßte ihn, sie so schnell wie möglich wiedersehen zu wollen. Sie war ein so reizendes Wesen, die erste Frau, die ihn jemals wie einen Mann behandelt hatte, und er liebte sie. Wenn sie auch nicht brillant war, so besaß sie doch mehr als durchschnittliche Empfindsamkeit. Das zeigte sich in ihrer Kunst. Vielleicht war es mehr ihr Malen, das er liebte, als sie selbst. Mit Sicherheit gab es zwischen ihnen nichts Körperliches - er wußte das, ob sie sich dessen bewußt war oder nicht. Das Physische, das Sexuelle - ihm fehlte weitgehend die Fähigkeit und das Verlangen dazu. Oh, es gab Zeiten. Aber es war die intellektuelle Seite, die ihn gefangennahm. Er fühlte sich weniger von Aquilons ansehnlichem Äußeren angezogen als vielmehr von ihrer weiblichen Mystik.

Trotzdem gefiel es ihm, sie anzusehen.

Die Zählscheibe zeigte die Vollendung des Zyklus an. »Mach auf, Circe«, sagte er.

Der Manta sprang und federte von der Platte zurück. Der Aufprall des einen Fußes riß sie auf. Luft schoß in den Tunnel und verursachte eine Art Druckwelle, die aber keinerlei Schaden anrichtete. Sie würden sich um das defekte Druckausgleichsventil kümmern müssen. Dies war eine ziemlich lästige Methode, die Kammer zu öffnen. Aquilon kroch herein. Sie löste ihren Helm, als sie auf ihn zukam.

»Da ist Land«, sagte sie, während ihr schönes Gesicht aufleuchtete. »Veg ist hochgeklettert und hat es gesehen. Eine Insel, nehmen wir an - nicht weiter als anderthalb Kilometer entfernt.«

»Gut«, sagte er und fühlte eine gewaltige Erleichterung. Er hatte sich bis zu diesem Augenblick nicht klargemacht, wie wichtig dies für ihn war. Land, selbst eine Insel, bedeutete Unabhängigkeit von dem Tunnel und seinen Vorräten, zumindest in gewissem Rahmen. Sie konnten nicht mehr plötzlich durch ärgerliches Stationspersonal zurückgerufen oder mittels eines durch die Öffnung abgefeuerten Hitzestrahls ausgelöscht werden. Und die Mantas würden sicher sein. Die Karte, die Aquilon auf seine Anweisung hin gezeichnet hatte, war nicht detailliert genug gewesen, um die Konfigurationen von Land und Wasser im Umkreis von hundertfünfzig Kilometern zu zeigen. Deshalb war alles fraglich gewesen. Wenn die Bedeutung dieser Karte den militärischen Organisatoren dieser Expedition zu früh dämmerte, würde es ebenfalls Ärger geben. Tatsächlich mußte man alles im Zusammenhang mit den Folgen des Mantaangriffs in der Station sehen. Er, Veg, Aquilon und die vier Mantas waren in größter Gefahr bis sie weit fort von hier waren.

Aquilon fuhr fort, ihren Anzug auszuziehen. Sie faltete ihn sorgsam zusammen und legte den klobigen, schweren Packen neben die Winde. Ihr Coverall saß wie angegossen. Sie war schlank und gesund.

»Wir könnten eigentlich schon alles rausschaffen, was wir für den Augenblick brauchen«, sagte sie. »Ich würde den Tag gerne an Land verbringen.«

Ja, sie verstand, zumindest intuitiv, die Notwendigkeit zu einem umgehenden Exodus. Wortlos kletterte er nach unten, um die nächste Kiste einzuhängen.

Es war eine Insel, über die ein stetiger Westwind hinwegwehte. Ein schmaler Strand voller Muscheln wich zum Landesinneren einem mächtigen Palmenhain. Eine Anzahl von braunen Vögeln nistete in dem Gewirr und ernährte sich von den Insekten der Umgebung und dem Meeresleben am Strand. Cal beobachtete sie, war aber nicht in der Lage, ihre spezielle Gattung zu identifizieren. Sie besaßen Schnäbel und Federn und die Verhaltensweise von Vögeln, paßten aber zu keinem Typ, den er kannte. Die meisten waren keine besonders guten Flieger. Für ihre Größe waren sie zu schwer und mußten zu oft eine Ruhepause einlegen. Er fragte sich, wie sie die Insel erreicht hatten. Vom Sturm hergetrieben - und dann vielleicht nicht mehr imstande, wieder zu fliehen.

Die Insekten und, Gliederfüßer andererseits waren ihm vertraut. Fliegen summten durch die Blätter und inspizierten die menschlichen Besucher hungrig. Einige erinnerten an Moskitos, andere an Wespen. Ein mausgrauer Schmetterling kam vorbei und flog weiter. Ein schwarzschildiger Käfer kletterte auf ein Stück Treibholz. In den Bäumen hatte Cal auch die Fäden von Spinnen entdeckt.

Krabben und Schnecken hielten das salzige Gelände besetzt, und Schwärme von kleinen Fischen kreuzten durch das flache Wasser. Sowohl die Luft als auch das Wasser waren warm und klar. Cal fühlte sich von der Brandung belebt, als er hineinwatete und sich bückte, um eine Sammlung von Muschelschalen aufzunehmen. Der Geruch der See war schon etwas.

Nach kurzer Zeit hatte er ein ganzes Bündel zusammengeklaubt. Er brachte es an den Strand, ebnete ein Stück Sand und legte die Muscheln, fein säuberlich nach Typen getrennt, in mehreren Reihen aus. Einige waren flach, andere spiralförmig, einige stumpfgrau, andere reich verziert. Er drehte jede einzelnen von ihnen um, studierte sie aufmerksam, und nach und nach stieg ungläubige Erregung in ihm auf. Erst die Andeutungen der Landkarte, nun diese Bestätigung.

Er dachte einen Augenblick nach, wobei sein Herz mit ungewohnter Heftigkeit schlug. Dann ging er zu dem Vorratslager hinüber, das sie in der Nähe des Unterholzes errichtet hatten, und holte seinen Sprechschreiber hervor. Er wählte eine Muschelschale aus und begann zu diktieren.

Cal legte die letzte Muschel zur Seite und sprach in seinen Schreiber:

»Art Mollusca, Klasse Pelecypoda, Ordnung Taxodon- ta, Subordnung Arcacea, Familie. Vergiß es, das muß ich erst nachschlagen. Nennen wir es eine Arca, fünf Zentimeter Durchmesser, Zustand gut erhalten.«

Er lächelte innerlich und machte eine Pause, um seine Auslagen liebevoll zu betrachten: eine große Anzahl von eßbaren Muscheln. Sie stellten nur einen groben Leitfaden in diese Welt dar, denn die Pelecypoden als Klasse hatten sich früh aufgespalten und sich danach ziemlich konservativ weiterentwickelt. In vierhundert Millionen Jahren der Erdgeschichte hatte es von den meisten Arten nur unbedeutende Modifikationen gegeben.

Er ging ein paar Schritte weiter zur Auslage der Gastropoden. Hier gab es viel mehr Variationen, denn die Schalen waren spiralförmig, bucklig und unterschiedlich gewunden, und einige waren sehr hübsch. Aber auch sie hatten keine entscheidende Bedeutung.

Tatsächlich faszinierte ihn am meisten das, was fehlte. Es gab nur sehr wenige Cephalopoden. Er hatte lange gesucht, aber nur zwei Schalen zutage gefördert, beides Belemniten. Das war höchst bezeichnend, denn die Cephalopoden hatten die Meere der Erde für dreihundert Millionen Jahre beherrscht, bis sie nach einem drastischen Selektionsprozeß ausgestorben waren. Die Belemniten hatten ihren polypenähnlichen Vettern Platz gemacht, aber die geologische Periode, in der Belemniten in Abwesenheit der Ammoniten existiert harten, war sehr begrenzt gewesen.

Die Geschichte, die seine sorgsam geordneten Muschelschalensammlung erzählte, war bemerkenswert. Ohne seine Referenztexte war er nicht über jedes Detail der wirbellosen Fossilien im Bilde, aber er war sich sicher, daß zufällige Übereinstimmungen nicht so weit gehen konnten. Die Fauna des seichten Gewässers entsprach der der Erde, Ordnung um Ordnung und vermutliche Spezies um Spezies. Nicht die zeitgenössische Erde, nein. Auch nicht die urzeitliche Erde. Aber definitiv die Erde.

Tatsächlich bestätigte das Zeugnis der Muschelschalen genau das, was er aufgrund von Aquilons Karte schon ungläubig vorhergesehen hatte. Die Behörden der Erde, nicht an eine paleogeographische Betrachtungsweise gewöhnt, hatten offensichtlich ihre Bedeutsamkeit übersehen. Er blickte auf die Muscheln, die entweder auf eine geradezu lächerliche Übereinstimmung konvergierender Evolutionen hindeuteten, oder ...

Oder sie standen auf einer Insel im Ozean einer Erde, die fünfundsechzig Millionen Jahre in der Vergangenheit lag. Nein, nicht einer Erde.

Der Erde. Aquilons strahlende Erscheinung ging in einem einteiligen Badeanzug am Strand entlang. Der Anzug bedeckte mehr von ihrem Körper, als es bei gewissen zeitgenössischen Modeerscheinungen üblich war, bei der Strandbekleidung oder sonst irgendwo.

Aber sie sah perfekt darin aus. In der Sonne wirkte ihr Haar fast weiß und kontrastierte mit dem Schwarz des Badeanzugs, während ihre Haut schon jetzt eine bezaubernde Bräune aufwies.

»Ich muß reinkommen, bevor ich verbrenne«, sagte sie und kam zu ihm in den Schatten des Ausstellungszelts. »Und ich mache wohl auch besser mit meinen Illustrationen weiter.« Sie holte ihren Pinsel hervor - irgendwie hatte sie ihn immer bei sich - und fing an, die aufgebauten Muscheln zu zeichnen.

Sollte er ihr sagen, was er entdeckt hatte? Nein, nicht sofort. Es würde sie nur unnötig beunruhigen. Zeitreise.

»Das ist die Erde, nicht wahr?« fragte sie ruhig während des Zeichnens.

»Ja.« So weit also ging die weibliche Schauspielkunst. Würde er diese Frau jemals verstehen? »Woher hast du es gewußt?«

»Hauptsächlich durch dein Schweigen. Du hättest eigentlich etwas von Abweichungen und Parallelen erzählen müssen, denn dies ist allem Anschein nach eine sehr erdgleiche Welt. Wenn es eine echte Parallelwelt wäre, müßte sie zeitgenössisch sein, und selbst ich kann feststellen, daß dem nicht so ist. Und du wußtest schon etwas, als du mich veranlaßt hattest, die Karte zu zeichnen, aber du hast nie wieder darüber gesprochen. Als ich darüber nachdachte, bemerkte ich, daß die Karte eine gewisse Vertrautheit hatte, als handele es sich um eine grobe Verzerrung der heutigen Geographie. So könnte die Erde vor Millionen von Jahren ausgesehen haben. Und du wärst der erste gewesen, der es bemerkt. Aber du hast den Mund nicht aufgemacht und warst so verschlossen wie eine dieser Muscheln.«

Hatte er seine Anspannung so offen gezeigt? »Du

warst Lehrling bei einem Agenten, vermute ich.«

Sie gab keine Antwort. Tiefschlag, wurde er sich klar. Der Agent Subble hatte Eindruck auf sie gemacht. Einen wie großen, stellte er erst nach und nach fest. Es war besser, das Thema zu wechseln.

»Weiß Veg Bescheid?« fragte er.

»Vielleicht. Wenn, dann kümmert es ihn allerdings nicht sonderlich. Welche Zeit ist es - Perm?«

»Zweihundert Millionen Jahre daneben, 'Quilon. Es ist das Paläozän.«

»Das Paläozän«, sagte sie nachdenklich und ordnete es ein. »Dämmerung des Zeitalters der Säugetiere, wenn die Schulmädchenerinnerungen meines alternden Gedächtnisses nicht trügen. Ich denke, in der Permzeit wären wir wohl sicherer gewesen.«

»Oh, während dieser Epoche gibt es nur wenige gefährliche Landbewohner. Da die Reptilien dezimiert sind.«

»Sicherer vor Paradoxa, meine ich.«

Das war dies. Konnten ihre Handlungen die Evolution des Menschen beeinflussen? Es erschien unglaublich und doch.

»Was sind das?« erkundigte sie sich, während sich ihr Pinsel wie von selbst bewegte. Form, Schattierung und Farbe wurden kunstvoll dargestellt. Ohne zu tropfen oder zu klecksen floß die Farbe auf subtilen Druck ihrer Finger aus dem Pinsel.

Es war ein abruptes Themawechsel, aber Cal akzeptierte ihn mit Erleichterung.

»Phylum Mollusca. Oder wie Veg sagen würde - Weichtiere.«

»Du unterschätzt ihn, obgleich es manchmal schwierig ist, dies nicht zu tun. Er nennt sie Muscheln und Schnecken.«

»Er hat recht. Die aufklappbaren Schalen sind Pele- cypoden, allgemein bekannt als eßbare Muscheln. Die meisten anderen sind Gastropoden - griechisch gaster, was soviel wie Magen bedeutet, und pous, Fuß. Diese Armee marschiert tatsächlich auf ihrem Magen.«

»Wie der Manta«, sagte sie.

Cal legte eine überraschte Pause ein. »Ja, tatsächlich. Wie seltsam, daß mir diese Ähnlichkeit noch nicht aufgefallen ist.«

»Aber die Mantas tragen ihre Häuser nicht auf dem Rücken.« Sie drehte eines der Gastropodenge- häuse um, um es besser sehen und zeichnen zu können. »Ich habe die Anatomie der Vierfüßer studiert, aber langsam wünsche ich mir, daß ich mich mehr mit dem Meeresleben beschäftigt hätte. Diese Häuser sind wunderschön.«

»Alles, was du malst, ist wunderschön.«

Sie ignorierte die Bemerkung. »Wie sehen die lebenden Tiere aus?«

»Wie Schnecken, denn das sind sie. Wenn sie wachsen, vergrößern sie ihre Häuser und bilden die Spiralen, die du jetzt siehst. Weil das Ergebnis ein echtes Hörn ist, kann man mit dem leeren Gehäuse Töne erzeugen, wenn man es richtig präpariert hat. Aus einem Ammoniten allerdings einen Laut herauszuholen, dürfte sehr schwierig sein.«

»Welche davon sind die Ammoniten?«

»Keine. Sie sind ausgestorben. Das ist einer der Gründe, aus denen ich auf das Paläozän und nicht auf die Kreidezeit gekommen bin.«

»Wie kannst du so sicher sein? Vielleicht hast du nur keine Ammoniten gefunden.«

Sie wollte ihn aufziehen und erwartete seine Erwiderung.

Er gab sie und freute sich über ihr Lächeln. Jeder

Dialog mit Aquilon war angenehm. »Meine Liebe, du forderst mich zu einem Vortrag über die Meerespaläontologie heraus.«

»Oh, lieber nicht.« Sie fuhr fort zu zeichnen und war schließlich fertig damit. »Wir sollten nicht hier auf der Insel bleiben.«

»Ich habe kaum mit der Katalogisierung angefangen.«

»Circe sagt, daß irgend etwas geschieht.«

Er blickte sie aufmerksam an und stellte fest, daß sie ernsthaft besorgt war und ihm nur zugehört hatte, um Zeit zum Ordnen ihrer eigenen Gedanken zu finden. Circe war ihr Manta, genauso wie Hex Vegs Manta war, und Neuigkeiten aus dieser Quelle mußten ernst genommen werden.

»Kannst du dich etwas klarer ausdrücken?«

»Uns fehlen die Begriffe, die Worte. Aber es ist irgend etwas Bedeutsames. Sie weiß nicht genau, ob es gefährlich ist, aber es könnte sein. Es hat etwas mit dem Wasser zu tun.«

»Sturm?«

»Ich glaube nicht. Und die Anzeichen würden wir selbst erkennen, oder?«

»Eigentlich ja. Wir haben ein brauchbares Arsenal an meteorologischen Instrumenten. Das Barometer zeigt keine Probleme an, und wir würden eine Vorauswarnung bekommen, falls ein Hurrikan naht. Zeit genug, um in das unterseeische Röhrensystem zurückzukehren, glaube ich. Könnte das Wasser irgendwie verseucht sein?«

»Das würden wir auch wissen, nicht wahr? Was soll hier schon eine Verseuchung hervorrufen?«

Er zuckte die Achseln. »Was in der Tat, außerhalb des menschlichen Maschinenzeitalters? Vielleicht sollte ich Circe selbst befragen.«

Er konnte ihr anmerken, daß dies genau das war, was sie im Sinn gehabt hatte. Aquilon steckte zwei Finger in den Mund und überraschte ihn mit einem durchdringenden Pfiff. Einen Moment später kam die Scheibenform eines Mantas in Bewegung um die Insel gekurvt und jagte mit fast fünfzig Kilometern pro Stunde über das Wasser.

Circe.

»Was habe ich da über das Wasser gehört?« fragte Cal, als die Kreatur vor ihm zum Stillstand kam.

Circe bewegte sich nicht und rührte auch nicht den Schwanz, aber Aquilon antwortete.

»Sie weiß nicht, was du meinst, Cal.«

»Irgend etwas ist mit dem Wasser nicht in Ordnung«, sagte er in der Form einer Feststellung.

Jetzt knalle Circe zweimal mit dem Schwanz: nein.

»Irgend etwas wird nicht in Ordnung sein.«

Drei Knalle: Frage.

»Das Wasser wird sich verändern.«

Ja.

»Wärmer.«

Nein.

»Kälter.«

Nein.

»Höher.«

Ja.

Plötzlich fiel der Cent. »Eine Welle.«

Ja.

»Tsunami.«

Frage.

»Eine große Welle, die durch die Bewegungen des Landes verursacht wird. Sehr groß.«

Ja.

»Wann? Ein Tag?«

Nein.

»Früher?«

Ja.

»Zwölf Stunden?«

Nein.

»Wie viele Stunden?«

Sechs Schläge mit dem Schwanz.

Cal stand auf. »Hol Veg. Wir müssen in aller Eile diese Insel verlassen. Wir haben gerade noch genug Zeit, uns zu verschanzen, bevor der Schlag kommt.«

Circe war auf und davon, obwohl er sich an Aquilon gewandt hatte. Aber das war auch in Ordnung. Der Manta konnte die Neuigkeiten effizienter verbreiten.

Aber als Veg benachrichtigt war, machte er unerwartete Schwierigkeiten.

»Nein. Ich möchte lieber hier an Ort und Stelle damit fertig werden. Ich will nicht in das Loch zurück.«

»Es wäre nur für einen Tag oder so«, erklärte Cal, aber insgeheim teilte er die Bedenken des großen Mannes. Sie machten ihre Scherze über Vegs Schwerfälligkeit, aber im allgemeinen wußte er schon, was gespielt wurde. Und zum gegenwärtigen Zeitpunkt würde das Sporenproblem in der Orbistation ganz akut sein, und das Personal mochte sich in denkbar schlechter Laune befinden. »Bis die Gefahr vorüber ist. Dann können wir unsere Arbeit hier wieder aufnehmen.«

»Nun, ich habe nachgedacht«, sagte Veg. »Hier draußen in der Sonne und der Brandung gibt's keine Probleme. Keine Leute, die dicht aufeinander hocken, nicht mal eingeschränkte Holzfällerrechte. Mir gefällt es. So sollte der Mensch leben.

Da unten würden wir wieder zu Ölsardinen, eng zusammengepreßt. Das ist der Ärger auf der Erde. Zu viele Leute. Hier ist es gut, da ist es schlecht. Ich will nicht zurück. Überhaupt nicht. Nicht einmal für einen Tag.«

Oh, oh! Wenn Veg >über etwas nachdachte<, konnte er sehr störrisch sein. Und die Ironie war, daß Cal ihm fast vollständig zustimmte. Es war möglich, daß sie im Tunnel in größerer Gefahr sein würden als auf der Insel, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Aber sie konnten wenigstens in der Nähe des Bohrerausgangs bleiben.

»Laß mich erklären, was ein Tsunami ist«, sagte er langsam. Dies war auch für Aquilons Ohren bestimmt, denn jeder sollte wissen, welche Wahl sie hatten. »Ein Erdbeben oder ein Vulkanausbruch kann an Land gewaltige Zerstörungen hervorrufen, aber wenn sich das Geschehen im Meer oder in seiner Nähe abspielt, nimmt alles einen anderen Verlauf. Es entsteht eine Welle - eine Verschiebung der Wasserebene um mehrere Zentimeter oder auch Meter. Die Welle bewegt sich mit einer Geschwindigkeit, die vom Grad der Störung und der Wassertiefe bestimmt wird. Es handelt sich um einen Vorgang, der von ganz oben bis zum Grund reicht, nicht nur ein Kräuseln der Oberfläche, wie es der Wind hervorruft. Im tiefen Wasser kann die Geschwindigkeit tausend Kilometer pro Stunde betragen. Da die vertikale Verschiebung verhältnismäßig schmal ist, kann es sein, daß Schiffe auf dem Meer den Durchzug des Tsunami gar nicht mal bemerken, aber wenn dieser seichte Gebiete trifft, macht sich die ganze Wucht bemerkbar. Die Vorwärtsbewegung wird in eine vertikale Verschiebung umgewandelt. Das Wasser kann sich zu einem Wall von mehr als dreißig Metern auftürmen und beim Aufprall ganze Hafenanlagen zerstören. Natürlich wissen wir nicht, wie schlimm dieser hier sein wird, aber das hier ist eine kleine Insel, auf der es kein richtiges Hochland gibt. Eine große Welle könnte die Insel vollständig überschwemmen. Auf der Erde pflegten solche Wellen Tausende zu töten und Schiffe kilometerweit landeinwärts zu tragen. Hier.«

»Lediglich drei Leute und vier Mantas«, sagte Aquilon. »Kaum der Mühe wert.«

Veg behielt seinen entschlossenen Ausdruck bei. »Du sagst, daß Schiffe damit fertig werden.«

»Schiffe im tiefen Wasser, ja. Nicht solche, die zu nahe am Ufer sind.«

»Wie wäre es mit einem Floß?«

»Ein Floß«, wiederholte Aquilon interessiert.

»Die Frage ist akademisch«, stellte Cal klar. »Wir besitzen kein Floß, es sei denn, du denkst an das ballonartige Rettungsboot. Ich möchte es nicht riskieren. Ein Loch.«

»Wie wäre es mit einem Floß aus Bohlen? Gutes, kräftiges Holz, Ruder, Kabine, Segel.«

Das war es also, was Veg gemacht hatte! Wenn man einem Mann, der im Freien zu arbeiten gewohnt war, nur Gelegenheit gab, seine Talente einzusetzen. »Okay, Veg, zeig es uns.«

Das Floß schwamm in einer Bucht auf der anderen Seite der Insel. Es war ungefähr dreieinhalb Meter breit und sechs Meter lang und bestand aus starken, runden Palmenscheiten, die durch Nylonseile zusammengehalten wurden. In der Mitte befand sich eine quadratische Kabine mit einem Durchmesser von fast zwei Metern, von deren Zentrum sich ein drei Meter hoher Mast aus massivem Bambus erhob.

»Das Segel habe ich noch nicht gemacht«, erklärte Veg. »Aber es hat einen Kiel von fast zwei Metern, und die Kabine ist dicht. Ich nenne das Floß die Nacre.«

»Und du hoffst, damit einen Tsunami überstehen zu können?« Cal schüttelte den Kopf, obwohl er von der Leistung seines Freundes beeindruckt war.

»Warum nicht? Du sagst, daß Schiffe die Welle nicht mal bemerken. Die Nacre ist unsinkbar. Und irgendwann werden wir uns diese Welt näher ansehen müs- sen.«

»Erscheint mir vernünftig«, sagte Aquilon.

Cal versuchte, seine Einwände in Worte zu kleiden, erkannte jedoch, daß er längst überstimmt war. Oder kompensierte er seinen eigenen unvernünftigen Wunsch, sich weit von den Werken der zeitgenössischen Erde zu entfernen? Oder wünschte er sich tatsächlich, auf dieser Welt ein Gebiet zu erreichen, wo ihre Aktionen die Entwicklung der Primaten beeinflussen und dadurch die Menschheit völlig vom Globus entfernen konnten? Nein, das augenscheinliche Paradoxon machte diese Überlegung lächerlich.

»Ich hoffe, es gibt einen Überlebenden, der die Geschichte erzählen kann«, sagte er verdrießlich.

Es bedurfte vier Stunden angestrengter Gemeinschaftsarbeit, die Vorräte zu verladen und alles festzuzurren. Cal mußte zugeben, daß es nicht möglich gewesen wäre, alles rechtzeitig in den Unterseetunnel zu schaffen. Sie hätten einen schwerwiegenden Verlust an Vorräten hinnehmen müssen, es sei denn, die Welle erwies sich als unbedeutend. Aber Circe würde vermutlich die Vorausbeben einer solchen nicht entdeckt haben. Vielleicht war dieses Floß, zerbrechlich wie es auch sein mochte, die beste Alternative. Allerdings blieben nur zwei Stunden Zeit, um tiefes Wasser zu erreichen. Und ohne Segel.

Sie gingen an Bord und legten ohne irgendeine Zeremonie ab. Veg trieb das Gefährt mit einer Stange von der Insel weg, während Cal und Aquilon nach besten Kräften mit abgeschrägten Palmenhülsen paddelten. Die vier Mantas kreisten über dem Wasser.

Cal war froh, daß er wieder so weit zu Kräften gekommen war, um eine ganz brauchbare Rolle zu spielen. Vor sechs Monaten wäre er nicht einmal in der Lage gewesen, das primitive Ruder zu heben, geschweige denn es effektiv einzusetzen. Er verdankte sein Wiederaufleben Nacre - dem Planeten, nicht dem Floß -, der für die menschliche Physis ungastfreundlich gewesen war, für den Geist jedoch ganz hervorragend.

Nein, der Planet war nichts weiter gewesen als die Örtlichkeit. Alles war der Freundschaft zweier Menschen zu verdanken, dieser beiden Menschen, die ihn wieder dem Leben zugewandt hatte.

Er fuhr fort zu rudern. Seine Arme waren müde, aber der Gedanke an die herannahende Welle veranlaßte ihn, weiterzuarbeiten. Wie hatten die Mantas Kenntnis von dem Tsunami bekommen? Sie konnten keine Schockwelle im Wasser entdeckt haben, weil die Welle der Schock war. Aber er zweifelte nicht daran, daß sie recht hatten, denn sie machten keine Fehler dieser Art. Irgend etwas Bedeutsames würde mit dem Wasser passieren, und wenn es keine Welle war, dann nur deshalb, weil er Circes Botschaft falsch interpretiert hatte. Es mußte eine Vibration oder für große Landbewegungen typische Ausstrahlungen gegeben haben, die ihr eigentümliches Sehvermögen aufgenommen hatte, irgend etwas, das nicht nur Schwierigkeiten signalisierte, sondern den Mantas auch ermöglichte, den Zeitpunkt des Auftretens abzuschätzen.

Es gab immer noch viel über diese Pilzkameraden zu lernen. Und auch viel über Tsunamis.

Alle losen Ausrüstungsgegenstände befanden sich in der Kabine, und dieser kleine Aufbau war so abgedichtet und fest verschnürt worden, wie es die begrenzte Zeit und die vorhandene Ausrüstung gestatteten. Cals schwere Bedenken wegen des Ausgangs dieser Bootsfahrt blieben bestehen. Er hatte keine Angst vor dem Tod - tatsächlich betrachtete er diesen als eine bewährte natürliche Einrichtung - aber er fand keinen Gefallen daran, sich das vorzeitige Ende der jungen Leute vorzustellen, die ihm ihre Freundschaft entgegenbrachten. Außerdem mußte die Mission der Gruppe berücksichtigt werden: die Erforschung des Lebens auf diesem Paläozän-Planeten. Es war besser, erst zu sterben, wenn die Geheimnisse dieser Welt enträtselt und in Berichtsform festgehalten waren. Dann wären die Mühen wenigstens nicht umsonst gewesen.

Als sie aus der Untiefe heraus waren, übernahm Veg Cals Paddel, und Cal begab sich dankbar ans Ruder. Dieses war wenig mehr als ein zwischen zwei vorstehenden Balken festgebundenes Paddel und schien angesichts der allgemeinen Primitivität der Nacre fast nutzlos zu sein. Dennoch kamen sie der offenen See mühsam, aber stetig näher.

Sie waren kaum weit genug gekommen, als ihre Zeit ablief. Cal hatte sie mit Bedacht entgegengesetzt zu der Richtung steuern lassen, aus der Circe den Tsunami erwartete, so daß die Insel dazwischen lag. Er hoffte, daß sie dadurch dem Schlimmsten entgehen konnten, obwohl das Wasser immer noch zu flach war, um sicher zu sein. Der Wellengang sollte sie trotzdem vom Land wegtragen, statt sie in die Turbulenzen des seichten Wassers geraten zu lassen.

Der Zeitpunkt kam. und nichts passierte. »Falscher Alarm«, bemerkte Aquilon mit einer Stimme, die unsicher zu sein schien, ob sie ärgerlich oder erleichtert klingen sollte.

»Nicht unbedingt«, warnte Cal sie. »Die ersten Anzeichen eines typischen Tsunami sind harmlos. Ein leichtes Ansteigen des Wasserspiegels, gefolgt von einem tieferen Wellental. Aber die zweite und die dritte Woge offenbaren ihre ganze unheilvolle Kraft. Paddelt weiter.«

Aquilon blickte zweifelnd auf die friedliche Insel hinter ihnen. »Eigentlich dachte ich, daß es sich bei einer Flutwelle um eine hohe Wasserwand handelt, die ohne Warnung zuschlägt.«

»Das meinen wohl alle Landbewohner, die die Signale nicht zu deuten verstehen. Natürlich ist >Flutwelle< eine falsche Bezeichnung. Das Phänomen hat nichts mit der Flut zu tun.«

Veg paddelte weiter.

Fünfzehn ruhige Minuten vergingen. Sie krochen weiter auf den Ozean hinaus.

»Bist du sicher?« fragte Aquilon.

»Natürlich bin ich mir nicht sicher«, antwortete Cal. »Durchaus möglich, daß wir nicht richtig verstanden haben, was uns Circe erzählen wollte. Weiterhin ist richtig, daß die meisten Tsunamis keine ernsthaften Angelegenheiten sind. Es hängt von ihrer Heftigkeit und der Entfernung zum Standort des Beobachters ab.«

»Das sagt er uns jetzt«, murmelte Veg.

»Immerhin war Circe beunruhigt, und ich nehme an, daß sie dazu einen guten Grund hatte. Wegen der Wassermassen, die betroffen sind, kann zwischen den Wellen eine Entfernung von mehr als hundertfünfzig Kilometern liegen. Ich würde die Gefahr erst als überstanden betrachten, wenn noch ein paar Stunden vergangen sind.«

Veg zuckte die Achsel und ruderte weiter.

»Die ruhigste Katastrophe, die ich jemals überlebt habe«, sagte er.

Die vier Mantas waren umhergestreift und dann zum Floß zurückgekehrt, um sich auszuruhen. Sie schienen diese Ruhepausen zu benötigen. Cal hatte bisher nie Gelegenheit gehabt, sie wie jetzt tagelang in Aktion zu sehen, und fand das sehr instruktiv. Auf der Erde hatte er für sie eine einsame Insel gefunden, und danach hatte er sie nur gelegentlich gesehen. Es war niemals eine Laboranalyse ihres Metabolismus vorgenommen worden, aber er vermutete, daß er nicht auf der Basis eines ständigen Energieverbrauchs arbeitete, wie das bei den Tieren der Erde der Fall war. Zum einen waren die Mantas Kaltblüter. Nicht daß ihre Körperflüssigkeit dem Blut in chemischer Hinsicht in irgendeiner Weise ähnelte oder daß es tatsächlich kalt war, aber sie ließ eine grundsätzliche Erhaltung der Energie erahnen. Kälte behinderte sie. Das war vermutlich der Hauptgrund, aus dem es die Mehrheit von ihnen vorgezogen hatte, bei ihm in den Subtropen der Erde zu bleiben. Sie waren Saprophyten, die sich durch das Aufspalten organischer Materie ernährten. In welcher Weise beeinflußten Temperaturen ihre inneren Körperprozesse? Oder waren sie jetzt behindert, weil ihre Programmierung bei Eintreten des Todes die Sporenabgabe vorsah - ein Stadium, das vergleichbar war mit der Schwangerschaft bei Säugetieren? Die Mantas, die in seinem Beisein auf Nacre gestorben waren, hatten keine Sporen freigesetzt, weil der Tod unerwartet eingetreten war.

Jetzt ruhten sie. Müdigkeit, Langeweile oder weil sie sich auf kommende außergewöhnliche Anstrengungen vorbereiteten? Es schmerzte ihn, daß er so wenig Ahnung hatte.

Vierzig Minuten nach dem programmgemäßen Auftreten des Tsunami sah Veg etwas. Er hörte auf zu rudern und hielt Ausschau. Die anderen, die auf ihn aufmerksam wurden, taten dasselbe.

Es war so, als würde ein verwitterter Berg am Horizont hinter der Insel aufgehen. Das Wasser türmte sich grotesk auf, wobei das meiste durch das Blätterwerk der Insel verborgen wurde. Aber auch so war die Woge kaum beeindruckend. Der höchste Punkt konnte nicht mehr als zehn Meter über dem normalen Wasserspiegel liegen.

»Das hätten wir überstanden«, bemerkte Veg.

Cal blieb ganz ruhig. Er wußte, was kam, und mit seinem geistigen Auge verstärkte er die sichtbaren Anzeichen. Die Woge erhob sich in dem seichten Wasser, das zur Insel hinaufführte, auf demselben unterseeischen Gefälle, über das sie vom Tunnel aus gewandert waren. So wie es aussah, gab es ein ziemlich ausgedehntes, überspültes Riff, das den Weg der TsunamiDruckwelle kreuzte.

In der Nähe der Insel wurde die rollende Dünung schließlich zu einem Wellenberg mit einer weißen Schaumkrone, der ein immer lauter werdendes Brüllen von sich gab. Das Wasser nahm die Form einer senkrechten Wand an - er hörte, wie Aquilon tief einatmete

- und krachte auf die grüne Landschaft. Eine Schaumwolke ging hoch, so als ob sich auf der Insel eine gewaltige Explosion ereignet hatte. Ein Regenbogen erschien am Himmel, eine Folge des Wassers, das hoch in die Atmosphäre gesprüht war.

»Das hätten wir überstanden«, wiederholte Aquilon Vegs Bemerkung ohne Hintergedanken.

Dann war die Sprühwelle über ihnen. Weißer Schaum umwogte das Floß, hob es bedenklich in die Höhe und veranlaßte die Bohlen, sich aneinander zu reiben. Trümmer von der Insel tanzten herum.

Der Wellengang legte sich, und sie konnten die Insel wieder sehen. Aus dieser Entfernung schien sie unverändert, aber Cal wußte, daß dort ein schreckliches Chaos entstanden war. Die Warnung der Mantas hatte ihre Berechtigung gehabt.

Bei diesem Gedanken wandte er sich um, um nach ihren außerirdischen Begleitern zu sehen. Circe, Diam, Hex und Star standen auf dem Dach der Kabine und sahen unglücklich aus. Sie hätten Schwierigkeiten gehabt, über diese Welle zu laufen. Ihre sich verändernde Gestaltung und die blasige Oberfläche hätte sie leicht untergehen lassen können. Obgleich ein Manta auf dem Wasser gehen konnte, war er nicht imstande, darin zu schwimmen, abgesehen von einem kurzen Eintauchen bei höherer Geschwindigkeit. Wenn die Oberfläche flüssig war, mußte ein Manta sich schnell fortbewegen oder ganz stillstehen. Im vorliegenden Fall brauchten sie das Floß dringender als die Menschen.

Dennoch hätten sie dem Problem ganz einfach aus dem Weg gehen können, wenn sie über tiefes Wasser gewandert wären, wo der Seegang des Tsunami leicht war. Brachten sie der menschlichen Gruppe emotionale Loyalität entgegen? Immer wieder bemerkte Cal, was er alles über sie nicht wußte. Jetzt jedoch war dieser Planet seine Aufgabe, nicht die Mantas.

Zum fälligen Zeitpunkt stürzte die zweite Welle über die Insel her. Andere folgten in Abständen von etwa zwanzig Minuten, aber das Schlimmste war vorüber. Das Floß hatte die Gruppe gerettet.

»Ich glaube, es ist jetzt sicher genug, um zurückkehren zu können«, sagte Cal schließlich. »Wieso?« fragte Veg.

Cal blickte ihn an, zersaust, verschwitzt und stark, wie er war. »Willst du andeuten, daß das Floß besser, als eine Landbasis ist?« Die Überlegung war töricht. Es gab nicht genug Platz, seine Muscheln auszubreiten und sicher aufzubewahren, geschweige denn neue zu besorgen.

»Ich will andeuten, daß wir auf einer Insel nicht weit reisen können.«

»Reisen! Diese Winde sind offensichtlich saisonbedingt. Wenn wir erst mal aus dieser Region abgetrieben sind, sind wir für Monate nicht in der Lage zurückzukehren.« Veg nickte.

So stand sie also schon im Raum: die Entscheidung, zu meutern, den Kontakt zu den Erdbehörden abzubrechen. Nicht vollständig, denn die Radioausrüstung konnte die Verbindung aufrecht erhalten. Aber da sie unfähig sein würden, zurückzukehren, wenn man sie dazu aufforderte.

Veg wollte sich ganz einfach von einem verhaßten Einfluß befreien, und Cal verstand das nur zu gut. Dennoch konnte er den Abbruch der Mission nicht so selbstverständlich rechtfertigen. Sie waren hier nicht im Urlaub, und es bestand kein Zweifel, daß die Schwierigkeiten, die schon auf sie zukamen, beim geringsten Anlaß den Höhepunkt erreichen würden.

Und wenn dies die Erde im Paläozän war, kam noch hinzu, daß die Folgen ihrer Aktivitäten auf dem Festland erschreckend sein konnten. Wie sah es denn aus mit den Paradoxa von Zeitreisen? Bisher hatten sie noch nichts Bedeutsames getan, denn der Tsunami dürfte ihre Spuren auf der Insel ausgelöscht haben. Aber diese glücklichen Umstände würden nicht immer auftreten. Was würde geschehen, wenn eine ihrer Aktionen drohte, die Natur ihrer eigenen Realität zu verändern? Ein solches Paradoxon war im Prinzip unmöglich, aber die Situation mochte äußerst bedenklich werden.

»Ich finde, wir sollten uns ein bißchen umsehen, um Informationen zu sammeln«, sagte Aquilon. »Für einen ordentlichen Bericht, meine ich. Wir sollten wenigstens eine Karte von den Kontinenten machen.«

»Eine Karte von den Kontinenten!« Cal wußte, daß sie das in Bezug auf die Aspekte von Flora und Fauna meinte, da sie ja die Karte bereits besaßen, aber es war trotzdem nur ein Vorwand. »Dazu würde ein voll ausgerüstetes Forschungsteam mit einem kartographischen Satelliten mehrere Jahre brauchen. Und wir wissen bereits, was sie finden würden.«

»Das bringt mich auf den Gedanken«, sagte sie. »Die Karte. Woher hast du gewußt.«

»Ich würde tief in die Paläogeographie eindringen müssen, um es zu erklären. Es.«

»Faß es zusammen«, sagte Veg gereizt.

Er hielt sein Paddel in der Hand und schien es lieber wieder eintauchen zu wollen, anstatt zu reden. Aber Aquilon mußte das Thema jetzt angeschnitten haben, um sicher zu gehen, daß auch Veg Bescheid wußte.

Das Konzept der wandernden Kontinente zusammenfassen? Cal seufzte innerlich. Es mußte jedoch geschehen, und dies schien der passende Zeitpunkt zu sein. Jetzt, bevor sie sich für das Festland entschieden.

»Nun, die Kruste der Erde scheint für uns heute fest und dauerhaft zu sein, tatsächlich kocht sie jedoch und bewegt sich ständig. Wie die Oberfläche eines Topfs voll kochendem Haferschleim (er sah, daß sie den Vergleich nicht verstanden, blieb aber dabei) wirft sie in einigen Regionen Blasen auf, während sie sich an anderen Stellen abkühlt, verfestigt und in Falten flach unten absinkt. Teile dieses festeren, leichteren Materials schwimmen und sammeln sich über den Falten, bis durch diese Tätigkeit große Massen entstanden sind. Dies sind die Kontinente oder, genauer gesagt, der eine Kontinent, der sich vor Milliarden von Jahren geformt hat und dann auseinander gebrochen ist, als sich die Konvektionsmuster änderten, verschoben und sich aufs neue formten. Vor zweihundertundfünfzig Millionen Jahren gab es zwei große Kontinente, zwei Hälften, die durch schmale Meere getrennt wurden: Laurasia im Norden und Gondwanaland im Süden. Diese zerbrachen in die gegenwärtigen Kontinente, und die Veränderungen gehen auch jetzt noch weiter. Eines Tages mögen die Amerikas ihre Reise über den Ozean abgeschlossen haben und sich der Hauptlandmasse von der anderen Seite.«

»Vorsicht«, sagte Veg. »Du theoretisierst.«

»Jetzt erinnere ich mich«, sagte Aquilon. »Sie ha- ben das Driften der Kontinente durch Messungen des Magnetismus auf dem Grund der Ozeane verifiziert. Das Metall in den Felsen, das damals aufgebrodelt war, hatte sich bei der Abkühlung und Verfestigung auf die magnetischen Pole ausgerichtet, und so ergaben sich Anhaltspunkte, aus denen man ersehen konnte, wo es einst gewesen war.«

»Ungefähr so«, stimmte Cal zu, überrascht, daß sie den Zusammenhang begriffen hatte. »Es gab auch noch andere Methoden, um dieses Phänomen zu bestätigen. Computeranalysen zeigten, daß gewisse Kontinente wie Australien und die Antarktis exakt zusammenpaßten, obgleich sie durch über dreitausend Kilometer Wasser voneinander getrennt sind. Die unteren Schichten stimmten ebenfalls überein. Auf der ganzen Welt könnte die sich verändernde Geographie interpoliert werden, um die Gestalt jeder einzelnen Periode zu zeigen. Die Karte, die ich dich zeichnen ließ, deutete stark auf die Epoche des Paläozän hin, denn die großen uns bekannten Kontinente hatten sich erst jüngst von der Hauptlandmasse abgespalten und waren noch relativ nahe beieinander geblieben.«

»Also wo sind wir nun. auf der Erde?« fragte Veg.

»Unsere Insel hier liegt ein Stück von der Küste entfernt, die man einst Kalifornien nennen wird. In unserer Zeit hat das westliche Amerika einen der pazifischen Risse überschritten und dadurch den San Andreas-Graben entwickelt, eine Quelle ständiger Erdbeben. Dies hier ist eine aktive Gegend gewesen, und ohne Zweifel stammt der Tsumani aus.«

»Wir können hier nicht ewig sitzen bleiben und reden«, murrte Veg. »Vielleicht kommt noch eine Welle.«

»Und wir sollten wirklich einen Blick auf Kalifornien werfen«, sagte Aquilon. »Die Westwinde sollten uns geradewegs hinbringen, und ich könnte einige der Tiere zeichnen.«

Cal erkannte, daß sie einen Hintergedanken hatte. Sie verstand etwas nicht richtig, bevor sie es nicht gezeichnet hatte, und sie war fasziniert von dem Gedanken, die Pfade der Vergangenheit zu beschreiten. Um Paradoxa machte sie sich keine Gedanken.

»Wir treten nicht als isolierte Gruppe auf«, sagte Cal. »Es könnten sich Konsequenzen ergeben.«

»Vielleicht sollten wir abstimmen«, schlug Veg vor.

Cal kannte das Ergebnis schon jetzt. Es sah der Gruppe ähnlich, daß sie in dieser Wildniswelt zur Basisdemokratie zurückkehrte. Den anderen fehlten die Voraussetzungen, um den gewaltigen Informationswert einer einzelnen Insel richtig würdigen oder die Wechselhaftigkeit eines scheinbar stetigen Westwinds abschätzen zu können. Es würde viel sicherer sein, hier zu bleiben, und auch viel nützlicher. Aber es gab die Angelegenheit mit den Sporen in der Station. Und er konnte die beiden nicht überstimmen.

»Vier von sieben ist die Mehrheit?« erkundigte sich Cal.

Veg und Aquilon tauschten Blicke. Daran hatten sie nicht gedacht. Wenn das Abstimmen über Schlüsselentscheidungen als Präzedenzfall angesehen werden sollte, dann mußte auch Einigkeit darüber herrschen, daß die Mantas als unabhängige Individuen daran teilnahmen.

»Mantastimmrecht«, murmelte Aquilon.

Im Verlauf einer schwierigen Diskussion wurde den Mantas das Konzept des Abstimmens und seine Folgen beigebracht: Jeder gab seine Stimme ab, und die Minderheit hatte sich dem Willen der Mehrheit zu beugen. Cal fragte sich, ob die fungoiden Kreaturen dies wirklich verstanden. Sie konnten mit Leichtigkeit einen Stimm- block bilden. Hätte man sie nicht vorher als eine Einheit betrachten sollen - eine Stimme für ihre ganze Gruppe?

Jetzt war es zu spät.

Cal rief die Namen in alphabetischer Reihenfolge auf. Jeder Wähler, der mit dem Floß Weiterreisen wollte, sollte zum Bug gehen, jeder, der auf der Insel bleiben wollte, zum Heck. »'Quilon.«

Sie ging zum Bug, und es stand eins zu null für das Floß.

»Cal.«

Nachdem er seinen Namen genannt hatte, ging er zum hinteren Teil. Die Wahrheit war, daß er sehr wohl auf Forschungsfahrt gehen und dem Einfluß der Erde entrinnen wollte, aber ihm lag nichts daran, die anderen zu beunruhigen, indem er seine Gründe nannte. Auch wollte er nicht aktenkundig haben, daß er der Spritztour zugestimmt hatte. Nicht einstimmige Entscheidungen brachten zudem manchmal bestimmte Vorteile mit sich, insbesondere wenn die Resultate festgehalten und von unfreundlichen Offiziellen ausgewertet werden würden.

»Circe.«

Das war der Test: In welche Richtung würden die Mantas springen?

Circe hüpfte zu Aquilon hinüber. Zwei zu eins.

»Diam.«

Dies konnte die Entscheidung sein, denn Veg wollte sicherlich auf Fahrt gehen, und so wäre die Mehrheit bereits gegeben gewesen.

Diam sprang in die Luft, wobei er das Floß mit der Wucht seines Abstoßens erschütterte, und kam neben Cal wieder herunter.

Zwei zu zwei. Und sie gaben ihre Stimme nicht als Block ab!

»Hex.«

Das war Veg's Kompagnon. Aber wenn Circe sich aus persönlichen Gründen zu Aquilon gesellt hatte, konnte

Hex nicht dasselbe tun, weil sich Veg formell noch nicht entschieden hatte.

Hex ging zu der Gruppe am Bug, und es stand drei zu zwei. Über das Ergebnis gab es keinen Zweifel mehr, aber die Abstimmung mußte noch offiziell abgeschlossen werden.

»Star.«

Genau wie Diam war Star immer bei Cal gewesen. Es war eine Frage akademischer Neugier, ob er eine entsprechende Wahl treffen würde. Star tat es. Drei zu drei.

»Veg.«

Und natürlich ging Veg nach vorne. Die Frage war entschieden, aber, was viel bedeutsamer erschien, die Mantas hatten als Individuen abgestimmt.

Die Siebenergruppe würde auf Fahrt gehen, und Cal war froh darüber.