Selbstbefriedigung

Was man bei vielen Tieren findet ist auch dem Menschen zu eigen. Dies gilt nicht nur für uns, sondern auch für andere Völker.

 

Sosehr sich auf der einen Hälfte der Erde die Kinder davor hüten müssen, beim Masturbieren erwischt zu werden, so ist es auf der anderen Seite der Welt üblich, die Genitalien von Kindern zu streicheln, um sie zu beruhigen. Und man höre und staune, es wirkt. Es war übrigens auch ein beliebtes Beruhigungsmittel bei den Ammen des Mittelalters, längst bevor der Schnuller seinen Siegeszug antrat.

Von der Beruhigung durch die Eltern zur Selbstberuhigung, besser bekannt unter dem Namen Selbstbefriedigung. Bei den Bala in Kongo gilt der Autoerotizismus der Kinder als etwas völlig Selbstverständliches. Vor allem bei kleinen Mädchen ist die Selbsterregung häufig zu beobachten. Dabei sitzen sie in der Hocke und reiben ihre Vulva an den Fersen. Erwachsene Frauen bei der Ausübung der Urmasturbation zu beobachten, gelingt nur selten, weil sie sie geschickter verbergen können als die kleinen Gören. Diese Form der Masturbation gilt als Urmasturbation und wird von Affenforschern beschrieben.

Ganz nebenbei fällt mir die Geschichte einer amerikanischen Entwicklungshelferin ein. Als Mitglied der Organisation Peace Corps wollte sie den Frauen Guatemalas helfen. Die offene Feuerstelle in den Hütten durch Öfen mit Rauchabzug zu ersetzen, das war ihre Aufgabe. Dabei waren die Öfen von den USA bezahlt worden, so daß der Innovation eigentlich nichts im Wege stand. Zunächst ließen sich die Einheimischen sogar darauf ein. Doch schon bald wurde der Ofen wieder herausgeworfen oder als Schrank zweckentfremdet. Die Frauen zogen offensichtlich eine verrauchte Bude mit offener Feuerstelle am Boden den Errungenschaften der Moderne vor. Lange rätselte die Entwicklungshelferin, warum wohl ihr Ofenprojekt gescheitert war. Mit Vernunft war das zumindest nicht zu erklären. Zumal die neuen Öfen nicht nur bedienungsfreundlicher waren, sondern auch gesünder. Der Rauch rötete nicht mehr die Augen, und auch die Rückenschmerzen ließen nach. Trotzdem, die meisten Frauen zogen es vor, in der Hocke zu kochen. Erst das Wissen um die Urmasturbation in der Hockstellung erklärt das völlig irrationale Verhalten der Frauen. Offensichtlich war ihnen ihre Gesundheit weniger wert als das angenehme Gefühl.

Wenn es so etwas wie eine Urmasturbation an den Fersen gibt, dann muß es auch weiterentwickelte Formen der Masturbation geben. Gibt es auch – bei den Balas. Eine Form der Masturbation ist das Fingerspiel. Es ist typisch für noch unverheiratete, junge Frauen. Ehefrauen wiederum greifen lieber zum Maniokdildo, was dann als eine hochentwickelte Form der Selbstbefriedigung gilt.

Auch der Westen hat sich so seine Gedanken über die Selbstbefriedigung gemacht. Interessant ist die im amerikanischen Kinsey-Report festgestellte Häufigkeit der Masturbation. Anfang der 60er Jahre ermittelte er: – Unverheiratete Männer onanieren durchschnittlich zweimal die Woche, verheiratete nur noch ein paarmal im Jahr. – Unverheiratete Frauen machen es sich zweimal im Monat selbst, verheiratete Frauen immerhin nur einmal im Monat.

Man könnte aus diesen Zahlen schlußfolgern: Sobald Männer regelmäßigen Sex haben, zum Beispiel in der Ehe, reduziert sich schlagartig die Selbstbefriedigung.

Auf der Seite der Frauen scheint es dagegen so, daß selbst bei regelmäßigem Sex in der Ehe, immer noch ein stärkerer Wunsch nach sexueller Befriedigung besteht, da Frauen offensichtlich beim normalen Sex mit einem Mann nicht auf ihre Kosten kommen.

Allerdings ist die Sache nicht so eindeutig. Andere Untersuchungen haben ergeben, daß Männer und Frauen auch in Phasen intensiver Sexualität, wie zum Beispiel dem ersten Ehejahr nicht weniger, sondern teilweise sogar mehr onanieren. Das heißt, die alte Vorstellung, Masturbation sei lediglich ein Notbehelf bei fehlenden oder seltenen Sexualkontakten ist nicht richtig. Gerade in sexuell angeheizten Phasen, wie den Flitterwochen oder bei einer neuen Partnerschaft, sind Mann wie Frau so voller sexueller Gefühle, daß sie sich zusätzlich selber befriedigen wollen, schon wegen des intensiveren Körpergefühls in solchen Phasen.

Das Tabu der Selbstbefriedigung ist wirklich eines der absurdesten. Wir wissen heute, daß sehr viele Tiere dieses Spiel spielen, von Hühnern, Katzen und Hunden bis zu den Delphinen und Affen. Wenn wir es genau nehmen und zu uns selber ehrlich sind, dann müssen wir feststellen, daß wir uns im Laufe unseres Lebens die meisten Orgasmen, etwa 70 bis 80 Prozent, ohnehin selber machen. Und das gilt für Frauen noch viel mehr als für Männer. Bei ihnen erreicht der Prozentsatz manchmal sogar 100 Prozent, wegen der allseits bekannten Orgasmusstörungen beim normalen heterosexuellen Geschlechtsverkehr.