Bevölkerungskontrolle – ein Kind kommt selten allein

Der Mensch braucht offensichtlich Sextabus, um sich nicht selbst zu vernichten, denn ihn schützt keine brunftlose Zeit vor der Überbevölkerung.

 

Von Ausnahmen wie Kriegen, Epidemien und Naturkatastrophen abgesehen, waren sämtliche Gesellschaften stets darum bemüht, ihre eigene Population zu begrenzen. Doch allen Anstrengungen zum Trotz, seit der industriellen Revolution und dem Greifen medizinischer Erkenntnisse kam es kaum zu Begrenzungen, sondern im Gegenteil zu einer regelrechten Bevölkerungsexplosion. Heute muß mehr denn je der Menschheit daran gelegen sein, ihre Bevölkerung drastisch zu reduzieren. Anhänger der Malthusschen These freilich haben keinen Grund zur Besorgnis; denn laut dem englischen Volksökonomen Malthus erledigen periodisch auftretende Kriege sämtliche Probleme der Überbevölkerung von selbst. Und tatsächlich, wenn man die Opfer von gewaltsamen Auseinandersetzungen der 90er Jahre zusammenrechnet, wäre es längst an der Zeit von einem dritten Weltkrieg zu sprechen. Doch wir wollen in diesem Rahmen keinem Neomalthusinismus frönen, sondern wie gewohnt ganz nüchtern analysieren. Als erstes einige Fakten:

Die sogenannten großen Religionen propagieren weiterhin Kinderreichtum. Der Koran stellt den Kindersegen gleich neben die Gottesfurcht. Eine Hindufrau gewinnt mit der Anzahl ihrer Kinder an Ansehen. Der Papst wettert gegen die Pille und die Abtreibung.

Eine christliche Sekte in Kanada, die Hutterer, halten den absoluten Spitzenrekord in Sachen Fruchtbarkeit. Auf sage und schreibe 8, 97 Kinder bringt es eine durchschnittliche Huttererfrau. Diese Zahl entspricht faktisch dem theoretisch Machbaren überhaupt. Dazu muß man wissen, daß die Hutterer das Glück haben, in einer „heilen Welt“, verschont von Kriegen, in der Prärie Kanadas zu leben, was eine sicherlich größere Lebenserwartung mit sich bringt als zum Beispiel in den Slums von Kalkutta. Ganz anders als die Hutterer wenden die Slumbewohner Kalkuttas Mechanismen der Geburtenkontrolle durchaus an. Es geht in erster Linie darum, die eigene Population an zur Verfügung stehenden Nahrungsmitteln auszurichten. Doch nicht nur die Bewohner der Slums kennen Mechanismen, um ihre Bevölkerung an diesen zur Verfügung stehenden Ressourcen auszurichten, sondern auch Primaten. Der Nachwuchs der Nasenaffen (Nasalis larvatus) auf Borneo pflegt bei Paarungsversuchen der Mutter handgreiflich zu intervenieren, um dadurch die Geburt von Geschwistern hinauszuzögern. Schließlich wären diese Rivalen um die mütterliche Fürsorge. Das scheinen die kleinen Affen zu spüren. Oft zerren die Kleinen kreischend am Oberschenkel des kopulierenden Männchens. Am meisten Erfolg aber haben sie, wenn sie dem intensiv Beschäftigten die Nase verdrehen.

Beim Menschen ist die Geburtenkontrolle universell. Man unterscheidet vorbeugende, nachbeugende und nach der Geburt stattfindende Kontrollmechanismen, wobei die Geburtenkontrolle oftmals ausschließlich Sache der Frau geblieben ist.

Zunächst zur vorbeugenden Geburtenkontrolle: Allein die Lebensweise wildbeuterischer Gesellschaften ist ein Hemmfaktor für eine erfolgreiche Schwangerschaft. Auf der Wanderung war die Chance einer Schwangerschaft weit geringer als in einer Wohlstandsgesellschaft. Mit anderen Worten: Auf der Flucht vor einem Mammut ist es leichter, ein ungeborenes Baby zu verlieren, als auf dem Sofa vor dem Fernseher.

Auch Dauerkrankheiten der Tropen, wie Malaria oder Gelbfieber, drosseln nicht nur die Libido, sondern auch noch die Chance der Befruchtung. Diese Arten der Geburtenkontrolle sind passiv und sollen hier nicht weiter betrachtet werden. Interessanter sind vielmehr die Maßnahmen, die der Mensch beeinflussen kann.

In Altchina bestanden Regelungen, die auch den Mann drastisch zur Verantwortung zogen. So bereitete die Rekrutierung von, Eunuchen am kaiserlichen Hofe keine Probleme. Scharenweise erschienen junge Männer aus der Provinz, mit ihren Hoden auf einem Teller. Es ging dabei zunächst nur darum, sich am Hofe zu bewerben. Das Risiko, daß man erst gar nicht in den Eunuchendienst aufgenommen wurde war also groß. Doch diesem Risiko setzten sich die Männer aus. Altchina ist ein gutes Beispiel der Geschichte, wie materielle Reize, selbst wenn sie nur in Aussicht gestellt werden, den Bevölkerungszuwachs reduzieren können. Auch aus neuerer Geschichte kennt man solche Strategien. Indira Gandhi, die beliebte Präsidentin Indiens, verlor nicht zuletzt deshalb ihre Präsidentschaft, weil sie mit dubiosen Werkzeugen der Überbevölkerung in ihrem Lande zu Leibe rücken wollte. Mit einem Transistorradio und umgerechnet 15 Mark lockte das Innenministerium Tausende junger Männer vor das Skalpell von hausierenden Chirurgen. Ein regelrechtes Hodengeld war ausgesetzt auf jede durchgeführte Kastrierung. Dabei arbeiteten Chirurg und Sozialarbeiter im Team. Während der Arzt die Messer wetzte, sorgte der Sozialarbeiter mit seiner Beratung der Bevölkerung für die nötige Konjunktur.

Selbst schuld, könnte man meinen, wenn man sich durch 15 Mark und ein Radio bestechen läßt. Doch die Strategie der Hodenschlächter war nicht ganz astrein. Es kam häufig vor, daß der kleine operative Eingriff unter Vorspiegelung falscher Tatsachen geschah. Stellen Sie sich einmal vor, man erzählt Ihnen etwas von einer Schluckimpfung gegen Wundstarrkrampf und am nächsten Tag, beim Onanieren, stellen Sie fest, daß nichts mehr geht. So in etwa ist es in Indien gelaufen. Häufiger noch als Männer und schon vor Indira Gandhi wurden Frauen die Opfer von Sterilisationen. Doch erst als die Sache mit den männlichen Opfern aufflog, brach es der Präsidentin innenpolitisch wie außenpolitisch das Genick.

Im arabischen Raum, aber auch in Indien, ist durch horrende Brautpreise die Möglichkeit, früh zu heiraten, stark reduziert. Denn ein junger Mann kann sich in der Regel den Brautpreis nicht leisten. Es vergehen Jahre, bis er die Summe angespart hat. Jahre der Abstinenz, die sich wiederum senkend auf die Geburtenrate auswirken, könnte man meinen. Jedoch in Indien wie in Arabien sind Brautpreise die Angelegenheit der ganzen Familie. Das heißt, daß die Eltern des Bräutigams den Preis übernehmen, um ihrem Sproß doch zu einer frühen Hochzeit zu verhelfen. Der Mechanismus der Geburtensenkung durch ein Heraufsetzen des Heiratsalters mittels Brautpreis ist also nicht, wie man vermuten könnte ein geeignetes Mittel der Bevölkerungskontrolle..

Ähnliches wie für den Brautpreis gilt für die Mitgift der Braut. Im Idealfall muß sich das junge Mädchen die Mitgift selbst erwerben, bevor es heiratet. Das Anfertigen von Teppichen, Bettwäsche, Kleidern und Hausrat braucht seine Zeit. Es kann folglich nicht zu frühen Eheschließungen kommen. Doch auch hier helfen die Familien aus, so daß oftmals gerade in Gesellschaften mit Mitgiften äußerst früh geheiratet wird. Die Theorie ist eben nicht immer auf die Praxis übertragbar.

Eine typisch abendländische Maßnahme zur Geburtenkontrolle war das „Ideal der vorehelichen Jungfräulichkeit“, die wir bisher nur als eine verklemmte Moralforderung angesehen haben. Zumindest dürfte diese Moral die Anzahl unehelicher Kinder beschränkt haben und auch die Zahl der frühen Nothochzeiten bei Schwangerschaft. Beides wirkt sich als Hemmfaktor für die Geburtenrate aus. Im unserer Gesellschaft schließen verlängerte Ausbildungszeiten eine frühe Hochzeit heutzutage praktisch aus. Der junge Mensch kann sich eine Familie überhaupt nicht leisten.

Beim Wahlkampf um das Bürgermeisteramt in Singapur griffen die Kandidaten das Thema Geburtenregelung immer wieder auf. Mit Erfolg, denn der Stadtstaat Singapur gehört heute zu den Industrienationen Südostasiens und hat eine Geburtenrate, die der Westeuropas vergleichbar ist. „Verzichtet auf Kinder, denn ihr braucht sie nicht“, war die Botschaft des Bürgermeisters auch noch nach der Wahl. Seine Begründung war in etwa: Kinder, die in vielen Teilen Asiens heute noch als billige Arbeitskräfte gelten, verlieren als solche an Bedeutung, denn es fällt immer weniger unqualifizierte Arbeit an. Eine moderne Industriegesellschaft braucht keine Hirtenjungen. Auch das Sammeln von Holz und Dung als Brennmaterial entfällt mit der zunehmenden Zahl an Zentralheizungen. Selbst weiterhin landwirtschaftlich geprägte Gebiete können auf unkrautjätende Kinder verzichten. Herbizide, auch in der Landwirtschaft der dritten Welt, erledigen die Arbeit. Die Kernaussage des Bürgermeisters von Singapur an sein Volk war: „Was ihr braucht sind gut ausgebildete Büroangestellte. Ausbildung kostet aber Geld, das ihr höchstens einem Kind gewähren könnt. Also, nicht Altersabsicherung durch mehrere unqualifizierte Kinder, sondern Altersabsicherung durch wenige hochqualifizierte. Auch bei der Ausbildung der Mädchen lohnt es sich, auf ihre Bildung zu achten, selbst wenn die Frau niemals arbeiten sollte. Je besser die Ausbildung der Braut, desto größer die Chance, einen reichen Bräutigam für sie zu finden.

Doch die Bevölkerungspolitik Singapurs ging noch einen Schritt weiter. Wenn sich überhaupt jemand vermehren sollte, dann nicht die Dummen und Armen, sondern die Reichen. Entsprechend war die Gesetzgebung des Stadtstaates. Während es Sanktionen für arme Familien mit mehr als einem Kind gab, gab es für die Wohlhabenden Vergünstigungen für Kinderreichtum.

Weit praktischere Mechanismen der Geburtenkontrolle sind konkrete Methoden der Empfängnisverhütung. Im mittelalterlichen Europa war das Einführen von Leinenstreifen in die Vagina verbreitet. Später entwickelte man noch eine Verbesserung dieser rein mechanischen Samenblockade vor der Gebärmutter. Die Stoffstreifen wurden zusätzlich in Gerbsäure getränkt, was sich auf Sperma toxisch auswirkt. Manche Stämme Südamerikas verwenden heute noch Grasbüschel und machen Zitrusspülungen nach dem Geschlechtsverkehr. Doch Spülungen gehören schon zum Komplex der nachbeugenden Empfängnisverhütung, die zu einem späteren Zeitpunkt behandelt wird. Ebenfalls aus Südamerika stammt der Prototyp für den Pessar, das Kondom für die Frau. Dabei handelt es sich um die elastische Hülse einer Frucht, die als Penisköcher in die Scheide eingeführt wird.

Auf der anderen Seite der Weltkugel verhindern die Aborigine-Frauen durch Scheidenkontraktionen die Einnistung von Sperma. Sie sollen sogar nach dem Koitus das Sperma aus der Scheide wieder auspressen können.

Es kann nicht Zweck dieses Kapitels sein, sich mit sämtlichen Kontrazeptivas zu beschäftigen. Aber eine Bemerkung zu einem ebenso modernen wie antiken Verfahren sei erlaubt. Jeder kennt es, die meisten haben es auch schon praktiziert – die Rede ist vom Coitus interruptus. Erstmals beschrieben wurde er in einem indischen Liebeslexikon vergangener Jahrtausende. Das interessante am Coitus interruptus ist, daß er von den Indern ebenso als Verhütungsmethode wie auch als „Weg zum guten Sex“ angesehen wird.

Auch das Jahrhunderte später aufgestellte Liebessystem des Tao argumentiert in diese Richtung: Der Mann, der beim Sex gibt, müsse sich zurückhalten. Denn jede Ejakulation schwäche ihn. Mit dem Samen geht ein Teil der männlichen Kraft auf die Frau über. Hemmungsloser männlicher Sex wäre also mit Machtverlust beim Mann und Machtgewinn bei der Frau verbunden. Der Orgasmus der Frau wiederum stärke beide – Mann und Frau.

Die Kunst des wahren Liebhabers besteht also nach Tao darin, seine Partnerin und sich selbst zu befriedigen, ohne aber dabei zum Orgasmus zu kommen. Der Gedanke mag für viele Frauen verführerisch klingen. Ende der 60er Jahre, dem Zeitalter der Blumenkinder, haben sich Taos Vorstellungen auch im Westen herumgesprochen. Tausende von sexuell motivierten Männern versuchten seither ihr Bestes auf dem Weg zum orgasmusfreien Höhepunkt. Schon bald begannen sich die Frauen zu wehren. Denn ohne einen sichtbaren Orgasmus des Mannes blieben sie noch unbefriedigter.

Auf indische Weisheit geht die Kunst der Masturbation zurück. Sie wäre wohl das effektivste Verhütungsmittel überhaupt. Unsere eigene, christliche Religion hat die Masturbation stets verpönt. Eigentlich unbegreiflich! Denn eine Religion, die der Jungfräulichkeit solch große Bedeutung zukommen läßt, müßte eigentlich das Onanieren propagieren. Denn mit ihrer Hilfe läßt sich Sex durchaus gestalten und trotzdem die Jungfräulichkeit erhalten.

So weit zu den vorbeugenden Verhütungsmaßnahmen. Doch es gibt reichlich Mechanismen, die auch noch nach einer Empfängnis wirken, zum Teil mit beachtlichem Erfolg. Das gilt zum Beispiel für das „Bergjogging“ der Frau. Verbreitet ist es bei südamerikanischen Hochlandindianern. Gerecht dabei ist, daß der für das Kind verantwortliche Mann seine Frau begleiten muß. Das geschieht allerdings weniger aus Gründen der Fairneß, als aus Gründen der Hetze. Eine Frau, erst recht eine Schwangere, so glauben die Indianer, würde sich nie freiwillig so sehr überanstrengen, daß sie dabei ihr Kind verliert. Also, was liegt näher als eine Treibjagd auf die eigene Frau. Diese Methode greift erst in einem relativ späten Stadium der Schwangerschaft, wenn der Fötus entsprechend groß ist, um auf derartige Dauerbelastungen zu reagieren. Allerdings ist das Bergjogging eine Verschwendung von Humanenergie und damit nur bei wohlhabenden Gesellschaften verbreitet.

Weit effektiver ist die Methode der Überarbeitung und Unterernährung der Frau. Der Abtreibungserfolg ist ähnlich. Nur gleichzeitig wird auch noch ein ganzes Feld umgepflügt und man spart an Nahrungsvorräten.

Auf Neuguinea hat sich noch eine weiter Methode herauskristallisiert. Hier wird die Leibesfrucht am Wachsen gehindert, indem man den Unterleib schwangerer Frauen einschnürt. Die Schnürung wird täglich nachgezurrt. Nach wenigen Tagen sitzen die Stricke so fest, daß der Fötus keinerlei Entfaltungsmöglichkeiten mehr hat und somit abgetrieben wird. Noch schneller und wirkungsvoller ist das Springen auf den Bauch der Frau. Die Methode ist zwar nicht humaner, dafür aber todsicher. Leider oft nicht nur für den Fötus, sondern auch für die Frau. Eine ähnliche Wirkung wie dem Bauchspringen rechnet man in Polynesien dem Herunterspringen aus großen Höhen zu.

Polynesischen Ursprungs ist die Abtreibungsmassage und zwar mit Hilfe von Steinen. Klingt ganz wie Akupressur, bei der ebenfalls Hilfsgeräte beim Massieren verwendet werden. Der kleine Unterschied liegt lediglich in der Temperatur, denn die Steine werden nämlich zuvor in Kokosmilch gekocht. Damit sich Masseur und Schwangere nicht verbrühen, werden die Steine in Tücher gewickelt. Die Hitze dringt durch die Bauchdecke in die Gebärmutter und zerstört den Fötus.

Noch eine andere homöopathische Methode ist ein Rezept der Medizinmänner in den Urwäldern Afrikas. Sie verwenden die Rind des Mahagonibaumes. Diese für Menschen toxische Rinde vergiftet die Leibesfrucht, während die Frau gerade noch mit dem Leben davonkommt.

Falls die Pharmazie versagt, gibt es auch noch chirurgische Methoden. Geradezu sicher von Erfolg begleitet ist das Aufstochern des Muttermundes mit Hilfe eines Bambussplitters.

Weniger ein Mechanismus der Kinderverhütung als ein geniales Verfahren, den eigenen Bestand zu säubern, haben südamerikanische Indios entwickelt. Sie lassen behinderte Kinder einfach verhungern. Heute sind die Indios zumeist Christen und mit dem Gebot „Du sollst nicht töten“ durchaus vertraut. Doch das Gebot gilt nur für getaufte Menschen. Ein Totschlag eines ungetauften Kindes ist somit keine Sünde. Deshalb werden die Kinder erst im Alter von einem Jahr getauft. Also, in einem Alter, in dem die Eltern erkannt haben, ob ihr Sproß normal ist oder nicht. Behinderte Kinder werden sich selbst und damit dem Tod überlassen. Ein Töten ist also nicht einmal notwendig.

Die Arapesh auf Neuguinea haben Sextabus und Regeln, die um die Gegensätzlichkeit zwischen Mann und Frau kreisen. Da der Mann die Hitze darstellt und die Frau die Kälte, würden beim zu häufigen Geschlechtsverkehr diese Gegensätze aufgehoben werden. Das brächte wiederum Pech bei der Jagd und Mißerfolg beim Anbau von Jams – also Hunger. Irgendwie ist dieser Gedanke sogar logisch. Denn ohne Sextabus wäre die Geburtenrate auf Neuguinea sicherlich viel höher und damit auch der Hunger innerhalb eines begrenzten Lebensareals größer.

Bei den für ihre Koitusfrequenz bekannten Bala in Kongo ist Sex mit der eigenen Frau so lange tabu, bis das Kind laufen kann. Bemerkenswert ist dabei die Betonung auf „eigene Frau“. Denn daß der Mann fremdgeht, wird während dieser Zeit toleriert. Ein Fremdgehen der Frau hingegen, wäre ein Scheidungsgrund.

Eine andere Phase, um den Geschlechtsverkehr eine Zeitlang auszusetzen, ist die Zeit des Stillens. Solange das Baby an der Brust gestillt wird, darf der Ehemann seine Bedürfnisse im Schöße der Ehefrau nicht stillen. Dabei sind Stillzeiten bis zu vier Jahren bei den Bala möglich. Verlängerte Stillzeiten wirken sich außerdem auf die Fruchtbarkeit der Frau aus. Denn solange das für die Milchproduktion verantwortliche Hormon Laktin aktiviert wird, ist die Östrogenproduktion gehemmt und damit auch die Fruchtbarkeit.

Diese Art der Geburtenkontrolle finden wir aber nicht nur beim Menschen. Auch bei einigen Primaten, zum Beispiel bei den Schimpansen, finden wir sie. Die Anthropologin Heien Fisher vergleicht diese Vierjahresfrist sogar mit dem – statistisch gesehen – weltweit häufigsten Scheidungszeitpunkt. Danach gehen die meisten Ehen bereits nach vier Jahren in die Brüche. Aus der Sicht der Evolutionisten ein Vorteil, die Gene neu zu mischen, nachdem das Kind aus dem Gröbsten heraus ist. Mit Sextabus Geburtenkontrolle zu betreiben – das scheint mehr eine Methode der Naturvölker zu sein. Doch auch auf den irischen Inseln gilt es als normal, den Geschlechtsverkehr für ein ganzes Jahr nach der Geburt des Kindes auszusetzen.