Vor der Ehe

Gott hat Mann und Frau als Zwillingspaar geschaffen und sie am Tage, als er die Zärtlichkeit schuf, durchtrennt.

„Sodome et Gomorhe“ Girandoux

 

Der fünfjährige Khol ließ sich von seinem Onkel aus dem Moskitokorb heben, gähnte noch einmal und zerzauste seine Haare. Dann kletterte er hurtig, wenn auch noch etwas unsicher, den Stufenbalken hinunter und eilte zum Frühstück. Seine Mutter hatte gerufen. Seine kleine Cousine blieb zurück im Moskitonetz. Sie zog es heute vor, noch etwas länger zu faulenzen. Es sei ihr gegönnt, dachte der Vater; schließlich hatte sie eine anstrengende Nacht hinter sich.

Kein perverses Szenario einer modernen Laissez-faire-Erziehung, sondern Realität. Und auch nicht Realität einer fernen Zukunft, sondern höchstens einer unbekannten Gesellschaft. Die Rede ist von den Mundugumor im Hochland von Neuguinea. Für die nächtlichen Sexspiele ihrer Kinder haben die Mundugumor sogar einen eigenen Namen. Sie sprechen in so einem Fall von „Moskitokorb-Ehen“. Niemand erwartet von den kleinen Zausköpfen, daß sie es auch wirklich miteinander treiben, doch der Nachahmungstrieb der Kinder ist nicht zu unterbinden. Wozu auch, sagen die Mundugumor. Es ist ein gutes Training für die spätere Ehe. Sie sollen es ruhig lernen, bevor sie sich in das Unglück stürzen. Erfahrungen haben noch keinem geschadet, schließlich ist selbst Casanova nicht vom Himmel gefallen. Diese allenfalls den progressivsten Befürwortern einer antiautoritären Erziehung zusagenden Thesen sind in Neuguinea schon so alt, daß keiner mehr ihre Ursprünge kennt. Es war schon immer so, sagen die Alten und erinnern sich nicht ohne Schmunzeln an die eigene Kindheit. Plötzlich mit der Initiation, also der Aufnahme des Heranwachsenden in die Gemeinschaft der Erwachsenen, wird bei den Mundugumor alles anders. Ab diesem Zeitpunkt ist nämlich Sex zwar nicht verpönt, jedoch sollte man sich dabei nicht erwischen lassen, sonst wird man zum Gespött der Nachbarn. Also ziehen sich die Erwachsenen in den Busch zurück und rechtfertigen sich bei ihrer Rückkunft mit mehr oder minder originellen Ausreden. Der Phantasie sind praktisch keine Grenzen gesetzt.

Etwas anders als auf Neguinea verhält es sich mit dem Kindersex auf Trobriand in der Melanesischen Südsee. Auch hier weiß man, daß fünf- bis zehnjährige durchaus sexuelle Interessen haben. Daran ist auch nichts auszusetzen, solange die Kinder dabei das strikte Geschwistertabu wahren. Dieses Tabu erstreckt sich freilich auch auf ein Sextabu zwischen Eltern und ihren Kindern. Um diesem Tabu gerecht zu werden, ist bei den Trobriandern nicht der Vater sondern der Onkel bei der Erziehung die Hauptperson. Die Jungs unterstehen einem Onkel mütterlicherseits, die Töchter einem Onkel väterlicherseits. Man denke hierbei auch an die Rolle von Pateneltern bei uns.

Die Wissenschaft erklärte diese in vielen Gesellschaften vorkommende Umverteilung der Verantwortung für ein Kind mit dem Bedürfnis nach größtmöglicher Verflechtung innerhalb der Großfamilie.

Meine These dagegen: Es kommt vor allem darauf an, dem Inzesttabu vorzubeugen, vor allem dem Vater-Tochter-Koitus. Da von vornherein die Onkel Haupterziehungsberechtigte der minderjährigen Mädchen sind, kann es allenfalls zu einem Onkel-Nichte-Koitus kommen. Die Väter leben meist nicht einmal in der Nähe ihrer Töchter.

Auch bei den Melanesiern ist das, was bei uns als abnorm gilt und als kriminell verfolgt wird, nicht erwünscht, wird aber eher toleriert. Denn obwohl sie sich der Inzucht in ihrer kleinen Gesellschaft bewußt sind, geben sie dem sogenannten Elektrakomplex – also Tochter mit erziehendem Onkel – nach. Jedenfalls hat er keine gesellschaftliche Ahndung zur Folge.

Ein Stigma ist er dennoch. Jedoch wissen sie sich die Trobriander durch eine entsprechende Auslegung zu helfen. Danach ist die Eltern-Kinder-Beziehung durch die Schutz- und Liebesbedürftigkeit der Kinder grundsätzlich anders als die Mann-Frau-Beziehung, und selbst wenn aus einer solchen Verbindung Nachwuchs hervorgeht, sei sie nicht eigentlich sexueller Natur.

Zum anderen wäre da der Bruder-Schwester-Akt. Er gilt als weitaus verwerflicher als der Geschlechtsverkehr zwischen Eltern und Kindern. Daher wird frühzeitig versucht, den Kindern über wahrhaft grauslige Horrorlegenden jegliches Interesse an einer solchen Beziehung auszutreiben. Aber es kommt erst gar nicht zu den unerwünschten Geschlechtskontakten zwischen Brüdern und Schwestern, da die Kinder sich jeweils bei einem anderen Onkel aufhalten, dort also häufiger sind, als bei sich selbst zu Hause. Durch den Kontakt mit Kindern aus anderen Familien kommen die potentiellen Kinder-Lover also auch aus den unterschiedlichsten Familien.

Gerne spielen die Kleinen das Mann-Frau-Spiel. Dabei organisieren sie sich in Gruppen zu mehreren Pärchen und helfen einander bei der Nachahmung der Erwachsenenwelt. Unter Berücksichtigung der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung üben sie den Hausbau, das Kämpfen und das Kochen. Am liebsten sind ihnen dabei die Ausflüge in das Inselinnere. Höhepunkt ist ein Picknick. Immer wieder verziehen sich einzelne Paare, um durchaus ernsthaften Sex zu haben. Mit langweiligen Doktorspielchen geben sie sich nicht zufrieden.

Was auf Neuguinea die Kinderehe und auf Trobriand das Mann-Frau-Spiel, ist auf Mangaia in Polynesien das sogenannte Motoro, zu deutsch etwa „Sexklau“. Er ist den Unverheirateten vorbehalten. Dabei geht der Junge so vor, daß er sich nachts in das Haus seiner Angebeteten schleicht und versucht, sie zum Beischlaf zu bewegen. Der Geschlechtsverkehr spielt dabei noch eine untergeordnete Rolle. Viel wichtiger ist, daß es dem Jungen gelingt, seine Überzeugungskunst unter Beweis zu stellen. Der Junge soll das Flirten erlernen. Und je schwerer die äußeren Bedingungen im Training, um so besser das Ergebnis im Ernstfall. Allerdings leisten die Mädchen nicht allzuviel Widerstand. Sie zieren sich zwar ein bißchen, aus Anstand, denn sie wollen die Jungen auf die Probe stellen. Meistens jedoch sind diese nächtlichen Besuche schon vorher zwischen den Jugendlichen ausgemacht. Eine Bereitschaft beim Mädchen kann also vorausgesetzt werden. Die wirkliche Hürde bei diesem ungewöhnlichen Spiel ist also weniger der Widerstand des Mädchens, sondern die Tatsache, daß der „Sexklau“ sich quasi vor der Nase der Eltern abspielt. Man bedenke, die Häuser auf Mangaia bestehen nur aus einem Zimmer. Die Gefahr, daß die Eltern schon beim ersten Verführungsversuch aufwachen, ist groß. Noch größer ist natürlich die Wahrscheinlichkeit, daß sie während des eigentlichen Koitus aufwachen.

Wichtiger sogar als der Trainingseffekt, ist natürlich das Prestige, das ein Junge damit vor seinen Kameraden erwirbt. Es ist nicht anders als bei uns. Möglichst viele Mädchen vor der Nase ihrer eigenen Eltern verführt zu haben, trägt zu einer enormen Prestigesteigerung bei. Dabei setzen die Mangaien die Kunst des Verführens der Kunst des Klauens gleich. Eben darum auch der etwas verwirrende Name für diesen Brauch, „Sexklau“. Auch der Status des Vaters der Verführten ist bedeutend. Die Tochter des Schamanen herumzukriegen, zählt nämlich fünfmal so viel wie das Betören einer gemeinen Fischerstochter.

Eigentlich grenzt es fast an ein Wunder, daß der „Sexklau“ so selten auffliegt. Doch bald schon finde ich die Erklärung dafür. Die Eltern sind nicht ganz so ahnungslos, wie ihre Kinder glauben und wissen genau, was abgeht. In Erinnerung an die eigene Jugend greifen sie aber nur selten ein. Im Gegenteil, sie sehen es als ein durchaus gutes Omen, wenn ihre Tochter nachts unmißverständliche Laute der Wollust von sich gibt. Das zählt als ein Zeichen dafür, daß sich eine dauerhafte und glückliche Bindung zwischen den jungen Leuten entwickelt. Nur bei extremen Statusunterschieden zwischen den jungen Liebenden und beim Verstoß gegen das Inzesttabu wird eingeschritten.

Ein weiterer Grund der elterlichen Intervention ist ein zu reger Freierverschleiß ihrer Tochter. Schließlich handelt es sich immer noch um „Sexklau“. Und wer möchte sich schon alles vor der Nase wegschnappen lassen. Denn genauso wie er für den Jungen und seine Familie eine Prestigesteigerung bedeutet, ist er für die Familie des Mädchens mit einem Prestigeverlust verbunden, der nur durch ein entsprechendes Handeln des eigenen Sohnes wettgemacht werden kann.

Jugendliche Mangaien genießen ein hohes Maß an Freizügigkeit. Obwohl körperlich dazu in der Lage, haben sie kaum Anteil an unangenehmen Pflichtaufgaben. Bis zu ihrer Hochzeit führen sie nur kaum produktive Arbeiten durch. Für ihre Sinneslust jedoch dürfen sie sich sogar in sogenannten Jugendhäusern zusammenfinden. Einzige Bedingung dabei ist, daß sie die Bauarbeiten dazu selber durchführen müssen. Diese Kommunen sind Aufenthalts- und Schlafraum aller geschlechtsreifen Jugendlichen, vor der Ehe. Meistens rottet sich ein Grüppchen von etwa sechs Freunden zusammen, das bald eine Schar etwa gleichaltriger Freundinnen um sich versammeln. Dabei gibt es durchaus gewisse Regeln. Das heißt: dauerhafte Beziehungen keimen auf, etwa im Sinne von unserem „Miteinandergehen“. Eine Pflicht zum Anschluß an ein Jugendhaus besteht nicht. Die meisten der hier Verkehrenden kommen und gehen, wann es ihnen paßt, beziehungsweise dann, wenn die Libido danach verlangt. Jugendhäuser sind der ideale Ort, um Liebesbeziehungen zu starten, sie auszutragen und sie nach erfolgter Befriedigung wieder zu beenden. In Gemeinschaft mit anderen läßt sich auch Liebeskummer schneller vergessen und auch schneller Ersatz beschaffen.

Daß die Jugendhäuser in erster Linie richtige Eros-Center für die Kids sind, mit kaum einer anderen Funktion, dafür spricht, daß man hier für gewöhnlich nicht einmal ißt. Zum Essen begeben sich die meisten nach Hause.

Den Missionaren, die endlich die Zivilisation in die Südsee bringen wollten, waren die Jugendhäuser natürlich ein Dorn im Auge. In ihrem sexfeindlichen Eifer schafften sie diese segensreiche Einrichtung ab. Die Rede war von Lasterhöhlen, Unzucht und Gotteslästerung, der unbedingt ein Riegel vorgeschoben werden mußte. Schließlich ging es ja um die Erlösung der unreinen Seelen der Wilden und um das ewige Leben im Paradies. Also wurden die Jugendhäuser verboten, abgerissen und an ihrer Statt Sonntagsschulen gebaut. Welch ein trostloser Ersatz für die spielerische Beschäftigung mit Sex. Erst durch Beiträge von Leuten mit Weitsicht erfahren die Jugendhäuser neuerdings wieder eine Renaissance.

Man erkannte nämlich den Wert der Jugendhäuser als Ehevermittlungsinstitut. Kostenlos, sozial verträglich und ohne den verruchten Beigeschmack unserer Partnervermittlungen. Es ist die natürlichste aller denkbaren Antworten auf die aufkeimende Sexualität junger Menschen. Ob die angeknüpften Liebesbeziehungen der Jugend zeitlich beschränkt sind, sich wiederholen oder gar von Dauer sind, ist offengelassen. Das Geschehen im Jugendhaus entspricht auch dem Gebot, außerhalb der eigenen Blutsverwandtschaft zu heiraten. Die Fehltritte mit Inzucht sind von vorne herein mit Hilfe der Jugendhäuser erheblich reduziert. Auch die Alten erinnern sich voller Fröhlichkeit und mit Vergnügen an die Abenteuer ihrer Jugend.

Sexuelle Freizügigkeit und sexuelle Tabus sind abhängig von weiteren Teilaspekten einer Kultur. Vor allem die Religion hat einen gewichtigen Einfluß auf das Geschlechtsleben. So erfreuen sich moslemische Länder eines besonders prüden Rufes. Doch auch hier kommt es weniger auf die Religion selbst, als auf ihre Interpretation an: Das beste Beispiel dafür sind die moslemischen Tuareg der Sahara: Die jugendlichen Tuareg leben in einer „Oase der Liebe“. Bis sie im verhältnismäßig hohen Alter von etwa 25 Jahren heiraten, genießen sie alle Freiheiten, die sich ein verliebtes Herz nur wünschen kann.

Abend für Abend machen sie sich für das „Ahal“, das Fest der Liebe, fertig. Die Mädchen schminken ihre Augenhöhlen mit Antimon, tragen ockerfarbenen Puder auf, färben den Mund noch ein wenig mit blauem Indigo und werfen dann ihr schönstes Gewand über. Die Eitelsten von ihnen lassen es sich nicht nehmen, auch noch das Gesicht mit glitzernden Punkten und traditionellen Mustern zu verzieren.

Bis tief in die Nacht hinein sitzen die Unverheirateten an Lagerfeuern: Die Mädchen spielen auf der „Imzad“, der einsaitigen Violine und die jungen Männer machen Reime über die unvergleichliche Schönheit ihrer Angebeteten:

Ich sehne mich nach dir, Telmendith!

Du taugst mehr als alle Lanzen;

bist glühender als ein heißes Holzfeuer zu Mittag;

bist rascher als ein flinkes Pferd am Abend.

Ich sehne mich nach dir!

Für das erhoffte Liebesglück ist es unerläßlich, daß sich ein Targi (Einzahl von Tuareg) ritterlich um seine Herzensdame bemüht und aus dem Stegreif ein betörendes Lied singt. Nicht umsonst sagt ein altes Tuareg-Sprichwort: „Was wünscht sich ein edler Krieger? Ein weißes Reitkamel, einen roten Sattel, sein Schwert und ein Lied beim Allah!“

Letztendlich zeigt es sich aber, daß es selbst bei den minder begabten Poeten keineswegs nur bei rein platonischen Liebesbeziehungen bleibt. Nachdem sich ein Paar verstohlene Blicke zugeworfen und kleine Geschenke ausgetauscht hat, zieht es sich in die Dunkelheit der Nacht zurück. Und da man bei den Tuareg keinerlei Wert auf die Jungfräulichkeit einer Braut legt – sie haben nicht einmal ein Wort dafür – werden im Schein des Mondes auch mehr als nur heimliche Küsse verschenkt.

Die sexuelle Narrenfreiheit der Jugendlichen geht sogar so weit, daß die Partner ständig wechseln. Ein Mädchen das über längere Zeit denselben Liebhaber erhört, muß befürchten, daß es gehänselt wird. Andererseits gilt es als Schande, uneheliche Kinder in die Welt zu setzen. Deshalb haben die Mädchen allerlei Schutzpraktiken erfunden und eine Art „Pille“ aus leicht giftigen Pflanzen hergestellt.

Mit der sexuellen Freizügigkeit ist es aber vorbei, wenn die Tuaregs verheiratet sind. Im Gegensatz zu anderen Moslems leben sie monogam und Seitensprünge gelten als schändlich. Trotzdem haben beide Partner die Möglichkeit, den Bund der Ehe wieder aufzulösen. Hat eine Frau zum Beispiel von ihrem Mann genug, aus welchem Grund auch immer, so bittet sie ihn, verstoßen zu werden.

Von den Freizügigkeiten in den Wüsten der Alten Welt zu denen in der Stadtwüste von Los Angeles in der Neuen Welt. Die Amerikaner sind stolz darauf, das freieste Land der Welt zu sein. Mit den Freiheiten, auf die sie so stolz sind, ist es allerdings in puncto Sex schnell vorbei. In Idaho etwa kann analer Sex mit lebenslanger Freiheitsstrafe geahndet werden. In Alabama verstößt oraler Verkehr zwischen Unverheirateten gegen das Gesetz. In New York ist Ehebruch strafbar, nicht aber in Louisiana. Dort wiederum sind Darstellungen sexueller Akte mit „künstlichen Werkzeugen“ verboten. In Mississippi ist unehelicher Sex untersagt. Dafür ist hier die Ehe schon mit 14 möglich.

Natürlich ist auch die Prostitution verboten. Immer wieder lesen wir Schlagzeilen über das Auffliegen sogenannter Call-Girl-Ringe. In New York, wo die Dienste dieser zum Teil hochgebildeten und topgepflegten Damen von der Mehrzahl der internationalen Geschäftsleute und Diplomaten genutzt werden, riskieren die Chefinnen solcher Agenturen Kopf und Kragen, im Gegensatz zu ihren Kunden.

Auf der anderen Seite ist Amerika gleichzeitig weltweit der Hauptproduzent von Pornofilmen, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lassen, und in denen keine Praktik ausgelassen wird.

Doch wozu in die Ferne blicken, wenn es Ähnliches auch in Deutschland gibt, zumindest bis vor kurzem noch gab. So waren bis zum Ende der fünfziger Jahre Kranzgeldprozesse noch ein Ritual an deutschen Gerichten. Frauen, die ihre Jungfräulichkeit bereits beim Verlobten „verloren“ hatten, konnten bei ausbleibender Heirat auf Wertminderung klagen.

Heute noch sind uneheliche Kinder oder ein Zusammenleben in wilder Ehe Grund genug, daß kirchlich angestellte Kindergärtnerinnen entlassen werden. Freilich entbehren solche Maßnahmen jeglicher Gesetzesgrundlage, doch sind sie deshalb nicht weniger Usus.

Zurück zu den USA. Das wichtigste für amerikanische Highschool-Schüler sind ihre „Dates“. Nichts besonderes, meint man, denn auch Rendezvous sind für französiche, italienische und deutsche Oberschüler recht wichtig. Doch bleiben wir vorerst noch beim amerikanischen „Daten“: Es ist das beste Beispiel dafür, wie sich „The American Way of Life“ auf das Geschlechtsleben der Jugend auswirkt. Das „Daten“ hat den Zweck, innerhalb einer möglichst kurzen Zeit eine möglichst große Erfahrung im Umgang mit dem anderen Geschlecht zu sammeln. Es dient nicht der Suche nach einer Braut, denn dazu ist es seinem Wesen nach viel zu flüchtig. Es ist vielmehr die Vorbereitung auf das typisch amerikanische, ebenfalls sehr flüchtige Leben. Der erwachsene Amerikaner zieht durchschnittlich siebenmal in seinem Leben um. Noch öfter wechselt er den Job.

Bei dieser Lebensweise ist Selbstbewußtsein sehr wichtig. Denn Freunde im Berufsleben hat man nicht. Alle sind vermeintliche Konkurrenten in einer Ellenbogengesellschaft par excellence. Der schnellste Weg zum nötigen Selbstbewußtsein, um in dieser Ellenbogengesellschaft zu bestehen, ist der Weg über das „Daten“. Im Klartext bedeutet dies, daß zum Prestigeaufbau eines jungen Amerikaners multiples Daten gehört, mit möglichst populären Mädchen. Völlig klar, daß die neuen Dates sofort an die große Glocke gehängt werden müssen, damit auch alle Freunde und Feinde davon erfahren. Ansonsten hätte ja das Spiel keinen Sinn und man könnte sich eigentlich mit einer festen Freundin, respektive einem festen Freund, vergnügen.