List

Sie fegten durch das Tal zwischen Senkendorf und den Bergen nördlich des Tals der Hüter wie ein massiver Sturmwind. Geführt von Obould-der-Gruumsh-war und flankiert von der größten Horde Eisriesen, die sich seit Jahrhunderten versammelt hatte, trampelte der Ork-Schwarm alles auf seinem Weg nieder, und große und kleine Tiere flohen, so gut sie konnten.

Zum ersten Mal seit Zehntagen traf sich König Obould Todespfeil mit seinem Sohn Urlgen, in einer geschützten Klamm nördlich des abschüssigen Schlachtfelds, wo die Zwerge sich eingegraben hatten.

Urlgen war wütend. Er hatte vor, mehr Truppen zu verlangen, so dass er die Zwerge über die Klippe und in ihre Löcher treiben könnte. Er fürchtete, dass Obould und Gerti ihm die Schuld daran geben würden, dass er noch keinen endgültigen Sieg errungen hatte, und er war bereit, in die Offensive zu gehen und seinem Vater vorzuwerfen, dass er ihm nicht genug Leute gab, um die Zwerge aus ihrer höher gelegenen Stellung zu vertreiben.

Sobald er jedoch Oboulds Zelt betrat, verschwand die Großmäuligkeit des jungen Orks und wich der Verwirrung, denn er wusste auf den ersten Blick, dass der Anführer, der dort vor ihm saß, nicht mehr der Vater war, den er gekannt hatte. Dieses Wesen dort war etwas anderes. Etwas Größeres.

Ein Schamane, den Urlgen noch nie zuvor gesehen hatte, saß seitlich unterhalb von Obould, gekleidet in ein leuchtend rotes Gewand und einen gefiederten Kopfschmuck. Auf der Seite, am linken Rand des Zelts, saß Gerti Orelsdottr, und der jüngere Ork hatte den Eindruck, dass sie nicht sonderlich erfreut war.

Überwiegend jedoch konzentrierte sich Urlgen auf Obould; tatsächlich war er kaum in der Lage, den Blick von seinem Vater abzuwenden, von den Muskeln seiner kräftigen Arme und seiner zornigen Miene, die darauf hinwies, dass der Ork-König kurz vor einer Explosion stand. Das an sich war bei Obould nicht ungewöhnlich, aber Urlgen begriff, dass sein Vater nun eine erheblich größere Gefahr darstellte als je zuvor.

»Du hast sie nicht nach Mithril-Halle zurückgedrängt«, stellte Obould fest.

Urlgen hätte nicht sagen können, ob das eine Feststellung des Offensichtlichen war oder eine Kritik an seiner Führerschaft.

»Sie sind ein schwieriger Feind«, gab Urlgen zu. »Sie haben diese höhere Stellung erreicht, bevor wir sie einholen konnten, und sofort begonnen, sich dort zu verschanzen.«

»Und das haben sie nun erreicht?«

»Nein!«, erklärte Urlgen ein wenig selbstsicherer. »Wir haben sie zu oft angegriffen. Sie arbeiten weiter, aber sie sind müde vom Kampf.«

»Dann greif sie wieder an, und danach noch einmal«, verlangte Obould und beugte sich plötzlich vor. »Sollen die, die nicht durch einen Ork-Speer sterben, vor Erschöpfung tot umfallen. Sollen sie der Kämpfe so müde werden, dass sie sich in ihr finsteres Loch zurückziehen!«

»Ich brauche mehr Krieger.«

»Du brauchst überhaupt nichts!«, brüllte Obould und sprang auf, so dass sein Gesicht nur einen Zoll von dem seines Sohns entfernt war. »Kämpfe gegen sie und erledige sie! Zerschmettere sie und trample sie nieder!«

Urlgen strengte sich an, gegen den Blick seines Vaters zu bestehen, aber es half nichts, denn es war mehr als Zorn, was den jüngeren Ork nun antrieb. Obould war mit einer Streitmacht aufmarschiert, die mehr als zehnmal so groß war wie seine eigene, und außerdem mit einer Horde von Riesen. Eine einzige gemeinsame Attacke würde die Zwerge zurücktreiben, würde sie bis nach Mithril-Halle scheuchen.

»Ich ziehe nach Osten weiter«, verkündete Obould, »um das Zwergentor am Surbrin zu versiegeln und sie unter die Erde zu treiben. Dann werde ich mich mit dem Troll Proffit treffen, der Nesme überrannt hat, und dafür sorgen, dass er mit dem unterirdischen Kampf gegen unsere Zwergenfeinde beginnt.«

»Lass uns zuvor dieses Westtor schließen«, schlug Urlgen vor, aber sein Vater fauchte »Nein!«, bevor er den Satz auch nur vollendet hatte.

»Nein«, wiederholte Obould. »Es genügt nicht, die stinkenden Zwerge nur nach Mithril-Halle zurückzutreiben. Nicht mehr. Sie haben sich entschlossen, gegen uns zu kämpfen, und daher werden sie sterben. Du musst sie immer wieder angreifen. Sorge dafür, dass sie an Ort und Stelle bleiben und zermürbe sie. Ich werde bald zurückkehren, und dann werden wir sie endgültig vernichten.«

»Ich habe Hunderte verloren«, protestierte Urlgen.

»Und du hast Hunderte mehr, die du verlieren kannst«, erwiderte Obould ruhig.

»Meine Krieger werden massenweise desertieren«, betonte Urlgen. »Sie waten im Blut ihrer Verwandten. Sie müssen über Berge von Ork-Leichen steigen, um die Zwerge überhaupt erreichen zu können.«

Obould stieß ein lang gezogenes Knurren aus und packte Urlgen am Hemd. Urlgen ergriff Oboulds Hand und versuchte sie loszureißen, aber mit einem Schnippen des Handgelenks ließ Obould seinen verdutzten Sohn durch die Luft fliegen, so dass er gegen die Zeltklappe krachte.

»Sie werden es nicht wagen zu fliehen«, erklärte Obould. Dann wandte er sich dem Schamanen im roten Gewand zu. »Sie werden Zeugen von Oboulds Ruhm werden.«

»Obould ist Gruumsh!«, verkündete Arganth Fauch.

Urlgen starrte seinen Vater ungläubig an, verdutzt von dessen Kraft und der Intensität in seinen gelben Augen. Ein Seitenblick zu Gerti zeigte ihm, dass die Riesin ähnlich erschrocken war wie er selbst. Vor allem aber erkannte Urlgen Gertis Frustration, die seiner eigenen in nichts nachstand, und erst jetzt fiel ihm auf, dass die Riesin bisher kein Wort gesagt hatte.

Gerti Orelsdottr, die Tochter des großen Jarl Grauhand, die bei allen Verhandlungen mit den Orks die Oberhand gehabt hatte, hatte kein Wort gesagt.

Wie ein gewaltiger Fluss rauschte die Armee von König Obould weiter nach Osten.

Urlgen Dreifaust, gereizt und verängstigt, beobachtete sie von einer Anhöhe hinter seinem Lager. Sein Vater hatte ihm Verstärkung dagelassen, aber nicht viel. Es genügte, um auszuhalten und die Zwerge weiter zu bedrängen, aber nicht, um sie über die Klippe zu scheuchen.

Denn plötzlich wollte König Obould die Feinde nicht mehr in ihre Höhlen zurücktreiben. Seine Argumente hatten vernünftig geklungen – die Zwerge sollten weiterkämpfen und dort oben bleiben, so dass die Orks sie von Mithril-Halle abschneiden und so viele wie möglich töten konnten, bevor sich das Westtor der Zwergenfestung schloss –, aber Urlgen wurde das Gefühl nicht los, dass einer der Gründe für diese Verzögerungstaktik auch darin lag, ihm selbst einen ruhmreichen Sieg zu nehmen und ihn Obould zu geben.

Ein Geräusch von hinten riss ihn aus seinen Gedanken und ließ ihn sich umdrehen.

»Ich befürchtete schon, du würdest nicht kommen«, sagte der Ork, als die Riesin die Anhöhe heraufstapfte und ein Stück unterhalb der Kuppe stehen blieb, so dass ihre Köpfe auf gleicher Höhe waren.

»War ich es nicht, die dich gebeten hat, dich hier mit mir zu treffen?«, fragte Gerti.

Urlgen verkniff sich eine scharfe Antwort, denn er wusste immer noch nicht, wozu es gut sein sollte, mit dieser Riesin zu reden, die er hasste.

»Du fürchtest meinen Vater«, sagte er schließlich.

»Kannst du von dir etwas anderes behaupten?«, fragte ihn Gerti.

»Er hat sich verändert«, gab Urlgen zu.

»Obould will herrschen.«

»König Obould«, verbesserte Urlgen sie. »Willst du mich etwa um Hilfe dabei bitten, den Aufstieg der Orks zu verhindern?«

»Nicht den der Orks«, erklärte Gerti. »Es genügt, wenn du um deinetwillen den Aufstieg von König Obould hemmst; du brauchst es nicht wegen mir zu tun. Was glaubst du, welchen Platz wird Urlgen neben der göttergleichen Gestalt haben, zu der Obould nun wird?«

Angesichts dieser gewichtigen Frage war es Urlgen gleich, dass Gerti den Titel seines Vaters schon wieder ausgelassen hatte.

»Wird Urlgen Ruhm ernten?«, fragte Gerti. »Oder wird er beim ersten Anzeichen einer Katastrophe als bequemer Sündenbock dienen?«

Urlgen verzog den Mund zu einem Fauchen, und so gern er die Riesin auch geschlagen hätte (obwohl er so etwas natürlich niemals wagen würde!), ihn verärgerte weniger die offensichtliehe Beleidigung als die Tatsache, dass Gertis Argument durchaus richtig war. Obould verhinderte, dass sein Sohn hier einen größeren Sieg erlangte, aber falls der junge Ork versagen sollte, würde der Ork-König ihn zweifellos streng bestrafen.

»Was willst du von mir?« Diese Frage Gertis überraschte ihn vollkommen.

Urlgen warf einen Blick auf die marschierenden Truppen, dann wandte er sich wieder der Riesin zu, starrte sie neugierig an und versuchte zu erkennen, welche Botschaft hinter diesen Worten stand.

»Wenn der Zeitpunkt gekommen ist, die Zwerge zu vernichten, musst du dafür sorgen, dass die Orks Urlgen dafür preisen«, sagte Gerti. »Und ich werde dir dabei helfen.«

Urlgen kniff die Augen zusammen, aber er nickte trotz seiner Skepsis. »Damit die Orks auch Gerti preisen«, fügte er hinzu.

»Wenn wir Anteil an Oboulds Ruhm haben, kann er uns zumindest nicht als Sündenböcke verwenden.«

So vernünftig ihre Worte auch klangen, die ganze Situation kam Urlgen sehr unwirklich vor. Er war Gerti noch nie so nahe gewesen. Er hatte sich seinem Vater gegenüber häufig gegen das Bündnis mit den Eisriesen ausgesprochen, und er wusste, dass Gerti ihn noch mehr verachtete, als sie Obould und die anderen Orks hasste. Sie hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie Urlgen für einen Weichling hielt.

Und dennoch, hier waren sie nun und schmiedeten hinter Oboulds Rücken Pläne.

Urlgen zeigte nach Süden, zu dem Hang, an dem die Zwerge lagerten.

»Ich brauche Riesen«, sagte er, »die meine Front sichern, indem sie große Steine werfen.«

»Die erhöhte Stellung gibt den Zwergen einen erheblichen Vorteil in der Reichweite«, stellte Gerti fest. »Ich werde nicht zulassen, dass demnächst auch die Leichen meiner Leute da draußen bei den toten Orks liegen.«

»Was kannst du mir denn sonst anbieten?« Urlgens Frustration wuchs immer mehr.

Beide betrachteten das Gelände.

»Dort«, sagte die Riesin und zeigte auf den Gebirgskamm weit im Westen. »Dort werden meine Leute sich außer Reichweite der Zwerge befinden und etwa auf gleicher Höhe mit ihnen. Meine Leute werden als deine Artillerie an dieser Flanke dienen.«

»Das ist auch für einen Riesen ein weiter Wurf«, wandte Urlgen ein.

»Aber nicht für ein Riesenkatapult«, sagte Gerti.

»Unter diesem Kamm gibt es unterirdische Gänge«, erklärte Urlgen. »Die Zwerge haben sie eingenommen und gesichert. Es wird schwierig sein –«

»So schwierig, wie zu widersprechen, wenn dein Vater behauptet, du hättest versagt?«

Das bewirkte, dass Urlgen sich aufrichtete, und auch sein Denken wurde geradliniger.

»Nimm diesen Gebirgskamm ein, und ich werde dir die Leute geben, um ihn zu sichern und von dort aus die Zwerge anzugreifen. Zu unser beider Ruhm«, versprach Gerti.

»Keine leichte Aufgabe.«

Gerti führte Urlgens Blick wieder zum Hang zurück, zu den Haufen von Ork-Leichen, die in der Morgensonne verrotteten, und ließ dieses Bild für sich selbst sprechen.

»Pah! Sie greifen schon wieder an, und wir sitzen hier fest und müssen zusehen!«, brummte der alte Shingles McRuff.

Torgar Hammerschlag ging zu der Öffnung in der Ostwand des Kamms, von der aus man den Hang sehen konnte, der seit so vielen Tagen als Schlachtfeld diente, und tatsächlich war dort der Angriff wieder in vollem Gang; die Orks und Goblins rannten den steilen Hang hinauf und brüllten und heulten bei jedem Schritt. Ein Blick zurück nach Süden sagte dem Zwerg, dass seine Verwandten bereit waren, dem Angriff entgegenzutreten, und sich bereits formierten. Von Catti-bries tödlichem Bogen rasten zischende Pfeile auf die sich nähernde Horde zu. Hin und wieder kam es zu einer kleinen Explosion in den ersten Reihen der angreifenden Orks, und Torgar lächelte, denn er wusste, dass Ivan Felsenschulter seine tückische Handarmbrust zum Einsatz gebracht hatte.

Obwohl er vollkommen darauf vertraute, dass Banak und die anderen den Angriff abwehren konnten, kaute Torgar schon bald vor Frustration auf der Unterlippe, weil er und die Hälfte der Zwerge aus Mirabar nicht an ihrer Seite stehen konnten.

»Sie brauchen uns auch hier«, erinnerte Shingles Torgar und legte die Hand auf die kräftige Schulter seines alten Freundes. »Wir dienen König Bruenor gut.«

»Indem wir Gänge befestigen, die nicht angegriffen werden«, murmelte Torgar unzufrieden.

Er hatte die Worte kaum ausgesprochen, als aus den tieferen Höhlen im Norden Schreie erklangen.

»Orks! Orks in den Gängen!«

Shingles und Torgar sahen einander mit großen Augen an, und beide wurden sofort von gewaltiger Kampfeswut ergriffen.

»Orks«, murmelten sie wie aus einem Mund.

»Orks!«, wiederholte Shingles noch einmal lauter, damit auch jene Zwerge, die sich näher am Südeingang befanden, es hören konnten. »Packt eure Äxte, Jungs. Wir können endlich ein paar Orks erledigen!«

Voller Energie und Begeisterung machten sich die Zwerge aus Mirabar auf zu den festgelegten Stellungen, um ihre Kameraden weiter im Norden zu unterstützen, wo, wie sie dem Klirren von Stahl und den Wut- und Schmerzensschreien entnehmen konnten, der Kampf bereits begonnen hatte.

Torgar brüllte bei jedem Schritt Befehle, obwohl er wusste, dass seine disziplinierten Krieger eigentlich nicht mehr daran erinnert werden mussten, was zu tun war. Die Zwerge aus Mirabar kannten sich aus, denn in den Tagen, die sie bereits in den Gängen verbracht hatten, hatten sie jede Biegung, jede Kammer kennen gelernt, die zu verteidigen war. Dennoch, Torgar erinnerte sie noch einmal an alles, und er forderte sie auf, zum Ruhm von Bruenor Heldenhammer und von Mithril-Halle zu kämpfen, für ihren neuen König und ihr neues Zuhause.

Torgar und Shingles rannten einen abschüssigen Gang entlang, und als sie ein Sims am oberen Rand einer großen ovalen Höhle erreichten, konnten sie unten schon die ersten Orks sehen, die mit mehr als einem Dutzend Zwergen aus Mirabar kämpften.

Ohne langsamer zu werden, sprang Torgar vom Sims und fiel auf die Orks, von denen er zwei umriss. Er war sofort wieder auf den Beinen und schwang die Axt ebenso leidenschaftlich wie präzise. Shingles befand sich zu diesem Zeitpunkt gerade in der Luft, genau wie mehrere andere, die den beiden zu dieser Höhle gefolgt waren.

Die Zwerge ganz vorn drängten die Feinde nun, da Verstärkung eingetroffen war, heftiger zurück; sie hackten sich durch die Orks und versuchten, zu Torgar und den anderen zu gelangen. Sofort wendete sich die Schlacht zum Vorteil des bärtigen Volks. Orks fielen oder versuchten zu fliehen, aber sie wurden von ihren störrischen Verwandten aufgehalten, die immer noch aus den Gängen drängten und sich ebenfalls in den Kampf stürzen wollten.

»Wenn wir genug töten, verschwinden sie wieder!«, rief Torgar, denn genau das war für gewöhnlich zu erwarten, wenn man es mit Orks zu tun hatte.

Minuten später war der Boden nass von Ork-Blut, und die Zwerge hatten die Stelle erreicht, wo der Gang in die Höhle mündete, und trieben die Eindringlinge zurück. Mit Torgar in der Mitte hatten sie sich im Halbkreis um die schmale Öffnung aufgestellt, so dass möglichst viele Waffen gegen jeden Ork eingesetzt werden konnten, der hereinkam. Überraschenderweise drängten die Feinde aber immer noch nach, einer nach dem anderen, und stiegen über die sich rasch aufhäufenden Leichen ihrer Verwandten. Mehr und mehr kamen, und für jeden Zwerg, der sich verwundet zurückziehen musste, fielen fünf Orks.

»Ein verdammt störrischer Haufen!«, stellte Shingles fest, der an Torgars Seite kämpfte.

Er betonte diesen Ausruf mit einem Schlag seines Hammers, der einen weiteren Ork zu Fall brachte.

»Zu störrisch«, erwiderte Torgar leise, denn er wollte nicht, dass die anderen bemerkten, wie beunruhigt er darüber war. Torgar konnte kaum glauben, dass die Orks immer noch angriffen. Jeder Zweite konnte nicht einmal einen einzigen Schritt in die Höhle machen, bevor er getötet wurde, und immer noch drängten andere nach.

Schreie aus Gängen in der Nähe sagten Torgar, dass ihr Kampf nicht der Einzige war, dass seine Jungs an jeder Ecke schwer bedrängt wurden.

Weitere Minuten vergingen, weitere Orks drängten herein, und weitere Orks starben.

Torgar warf einen Blick zum Sims, wo ein Zwerg wie verabredet wartete.

»Stellung zwei!«, rief er dem jungen Späher zu, und der rannte davon und gab den Befehl weiter.

»Ihr habt es gehört!«, rief Shingles den anderen zu. »Bringt es zu Ende!«

Dann eilte er hinter einen schweren Steinblock, den sie neben den Tunneleingang geschafft hatten, und stemmte sich gegen den bereits wackelnden Stein.

»Auf deinen Befehl!«, rief er Torgar zu.

Torgar griff einen weiteren Ork an und verlagerte beim Schwung das Gewicht, so dass er direkt dem nächsten gegenüberstand, der versuchte, aus dem Gang hereinzukommen. Hinter ihm metzelten seine Jungs jene nieder, die in der Höhle geblieben waren.

Sobald er den Eingang kurzfristig für gesichert hielt, schrie Torgar: »Jetzt!«

Ein gewaltiger Stoß von Shingles ließ den Stein vor den Eingang poltern, und Torgar musste rasch zurückspringen, um nicht zerquetscht zu werden.

»Los, beeilt euch!«, rief Shingles.

Die Zwerge sammelten ihre Verwundeten und Toten auf und zogen sich ans andere Ende der Kammer und nach Süden zurück.

Bevor sie jedoch die andere Öffnung erreichten, hatten die Orks bereits ihre Barrikade durchbrochen, und Speere flogen. Einer davon traf den armen Shingles.

»Mein Hintern!«, rief er und griff nach dem Schaft, der aus seiner rechten Hinterbacke ragte.

Obwohl er sich bereits einen bewusstlosen Zwerg über die Schulter geworfen hatte, klemmte sich Torgar nun auch noch seinen besten Freund unter den Arm und zog ihn mit, aus der Höhle heraus und den Gang nach Süden entlang, wo sie eine Reihe von Steinblöcken vorbereitet hatten, um mögliche Verfolger zu verlangsamen. Überall in diesem Komplex von Gängen unter dem Gebirgskamm waren die Zwerge zum organisierten Rückzug gezwungen, aber sie hielten sich hier bereits seit ein paar Tagen auf, und mehr brauchten Zwerge nicht, um sich ordentlich auf eine Verteidigung vorzubereiten.

Torgar kehrte bald wieder in den Kampf zurück, und kurz darauf war auch der hinkende Shingles wieder an seiner Seite und schwang den Hammer. Die beiden und eine Hand voll anderer Zwerge versuchten die Orks in einer Höhle voller Stalagmiten aufzuhalten, deren Boden nach Süden abschüssig war. Sie hatten vor, die Orks für jeden Fuß Boden teuer bezahlen zu lassen, und wieder begann Ork-Blut zu fließen, und die Leichen häuften sich.

Aber die störrischen Feinde bedrängten sie weiter.

»Ein dämlicher Haufen!«, rief Shingles.

Torgar machte sich nicht die Mühe, auf diese Feststellung zu antworten, und reagierte auch nicht auf die verborgene Botschaft dahinter. Die Zwerge begriffen langsam, dass die Orks den Höhlenkomplex erobern wollten, was immer es kostete. Dieser beunruhigende Gedanke wurde einen Augenblick später noch glaubwürdiger, als eine weitere Gruppe von Zwergen unerwartet aus einem Gang gestürzt kam, der von Westen her in diese Kammer mündete.

»Riesen!«, schrien sie, bevor Torgar auch nur fragen konnte, wieso sie den organisierten Rückzug aufgegeben hatten, der sie eigentlich an dieser Kammer vorbeigeführt hätte. »Riesen in den Gängen!«

»Riesen?«, fragte Shingles. »Hier ist kein Platz für Riesen!«

Die Neuankömmlinge stürzten sich auf die Orks, die zwischen ihnen und Torgars Gruppe standen, und töteten sie.

»Riesen!«, wiederholte einer, als er vor seinem Anführer stand.

Torgar stellte keine weiteren Fragen, denn als er über die Schulter des Zwergs schaute, sah er bereits eine Riesin, die geduckt am Eingang des westlichen Tunnels auftauchte.

»Schnappt sie euch!«, verlangte Torgar, denn er ging davon aus, dass seine Jungs auch mit dieser größeren Gegnerin fertig werden konnten.

Sie rannten an ihm vorbei, und vorbei an denen, die gerade hereingekommen waren und ihnen Warnungen zuriefen, die sie ignorierten.

Ein Dutzend Kriegshämmer wirbelte durch die Luft, und es sah aus, als würde jeder Wurf ins Ziel gehen – bis die Hämmer kurz vor der blassen, blauhäutigen Riesin einfach zu verschwinden schienen.

»Magie?«, flüsterte Torgar.

Als hätte sie ihn gehört und wollte ihn verspotten, lächelte die Riesin boshaft und fuchtelte mit den Fingern.

Torgars Jungs griffen an.

Dann stolperten sie plötzlich, rutschten aus und waren so gut wie blind, denn dichter Schneeregen fiel und ließ den Boden glatt werden.

»Schließt die Reihen!«, schrie Torgar über den Lärm des magischen Sturms hinweg.

Flammen brachen aus der Kammerdecke und verbrannten drei Zwerge, die gerade Torgars Befehl befolgen wollten.

»Lauft!«, schrie Shingles.

»Nein«, murmelte Torgar, und mit einem Zorn in den Augen, der beinahe so hell brannte wie das magische Feuer der Riesin, stapfte der Flüchtling aus Mirabar durch den Schneematsch auf die kniende Feindin zu.

Sie sah ihn hasserfüllt an und begann einen weiteren Bannspruch.

Torgar beschleunigte zum Laufschritt und hob die Axt. Er brüllte über den Lärm hinweg, trotzte dem Sturm, trotzte seiner Angst, trotzte aller Magie.

Zwei Schritte noch bis zu seiner Feindin, und er warf sich vorwärts.

Schreckliche Schmerzen schüttelten ihn. Es war, als würde sich eine Hand um sein Herz schließen und ihn mitten in der Bewegung aufhalten. Er wollte die Arme heben, um zuzuschlagen, aber sie wollten seinem Befehl nicht folgen. Er konnte sich nicht über diesen plötzlichen, mörderischen Schmerz hinwegsetzen.

Torgar krachte gegen die Riesin, die keinen Zoll zurückwich, und prallte ab. Er versuchte, das Gleichgewicht wiederzugewinnen, aber seine Beine waren ebenso nutzlos wie seine Arme. Der Zwerg taumelte mehrere Schritte zurück und starrte die Riesin ungläubig an.

Dann fiel er um.

Hinter ihm schwärmten Zwerge in die Kammer und schrien nach ihrem Anführer, stemmten sich gegen den anhaltenden Schneeregen, und Gerti (denn es war in der Tat die Anführerin der Riesen persönlich), die ihre machtvollsten Zauber aufgebraucht hatte, war klug genug, sich zurückzuziehen und diesen Rückzug von den Orks decken zu lassen.

Shingles ignorierte die Schmerzen in seinem Hinterteil, ignorierte das Blut, das über sein Bein und aus den neuen Wunden lief, und eilte an Torgars Seite. Er schlug seinem alten Freund fest ins Gesicht und schrie ihn an.

Ächzend öffnete Torgar die Augen und sah seinen Freund an.

»Tut weh!«, flüsterte er. »Bei Moradin, sie hat mir das Herz zerquetscht!«

»Pah, du hast ein Herz aus Stein«, knurrte Shingles. »Also hör auf zu jammern.«

Damit lud er sich Torgar auf die Schulter und machte sich auf den Rückweg, wobei er vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzte, denn er wollte nicht auf dem eisigen Hang ausrutschen, während er seinen Freund trug.

Sie ließen diese Kammer und viele andere hinter sich, und während von draußen Schlachtenlärm erklang, kämpften auch die Zwerge von Mirabar um jeden Zoll Boden.

Die Orks waren tatsächlich störrisch und bereit, zehn zu eins gegen ihre Feinde zu verlieren. Durch ihre schiere Anzahl gelang es ihnen, an Boden zu gewinnen, Gang um Gang und Kammer um Kammer.

Als die Zwerge bis zum südlichen Ende des Komplexes zurückgedrängt worden waren, befahl Shingles widerstrebend, die letzten Decken zum Einsturz zu bringen.

Er sagte all seinen Jungs, selbst den Verwundeten: »Verschanzt euch und seid bereit, für die Ehre von Mithril-Halle zu sterben. Sie haben uns wie Brüder aufgenommen, und wir werden sie jetzt nicht im Stich lassen.«

Jubel ertönte, aber er hörte genau, wie hohl dieser Jubel klang, denn beinahe ein Drittel ihrer Männer war tot oder verwundet, unter ihnen Torgar, ihr Herz und ihre Seele.

Die Zwerge taten jedoch, was Shingles ihnen befahl, und beschwerten sich nicht. Der letzte Teil der Gänge, das erste Gelände, das sie hier im Komplex für sich beansprucht hatten, war am besten vorbereitet, und falls die Orks sie wirklich zurück zu den Ausgängen drängen wollten, die sich nahe der Steilwand zum Tal der Hüter befanden, würden sie dabei Hunderte verlieren.

Die Zwerge gruben sich ein und warteten.

Sie lehnten jene Krieger, die an den Beinen verwundet waren, so an die Wände, dass sie noch leichtere Waffen schwingen konnten, und warteten.

Sie bandagierten die schlimmeren Wunden, und einige banden sogar Waffen an gebrochene Hände, und warteten.

Sie nahmen Abschied von ihren Toten und warteten.

Aber die Orks, die drei Viertel der Höhlen unter dem Bergkamm erobert hatten, griffen nicht mehr an.

»So hartnäckig waren sie bisher noch nie«, stellte Banak fest, nachdem die Orks und Goblins sich endlich umgedreht hatten und wieder den Abhang hinunterrannten. Länger als eine Stunde hatten sie angegriffen, hatten sich wild auf die Zwerge gestürzt, und dieser letzte Kampf hatte mehr Ork- und Goblin-Leichen auf dem blutigen Hang hinterlassen als alle anderen zuvor. Die ganze Zeit waren die Zwerge fest in ihren Formationen geblieben, hatten die Stellungen gehalten, und nicht ein einziges Mal war der Sieg für die Orks auch nur annähernd greifbar gewesen.

Dennoch hatten sie weitergemacht.

»Hartnäckig? Oder dumm?«, fragte Tred McKnuckles.

»Dumm«, erklärte Ivan Felsenschulter.

Sein Bruder fügte ein »Hi, hi, hi« hinzu, aber dann hörte er auf zu kichern, denn nun bemerkten sie die viel sagenden Bewegungen westlich von Torgars Stellung; erst jetzt sahen sie die Reihen von verwundeten Zwergen, die aus den Gängen kamen und ihre toten Verwandten trugen.

»Bei Moradin«, flüsterte Banak, der erkannte, dass dieser wilde Angriff der Orks am Hang nur ein Ablenkungsmanöver gewesen war, damit seine Leute Torgar keine Hilfe leisten konnten.

Der Zwergenkommandant verzog mitleidig das Gesicht, als die Reihen von hinkenden Verwundeten, die Tote aus dem Südeingang des Höhlenkomplexes trugen, immer länger wurde. Diese Zwerge waren gerade erst nach Mithril-Halle gekommen – die meisten hatten den Ort, zu dem sie ausgewandert waren, noch nicht einmal gesehen.

»Das da ist ein organisierter Rückzug«, stellte Ivan Felsenschulter fest. »Sie wurden nicht vertrieben, sondern nur zurückgeschlagen, würde ich sagen.«

»Ihr beide geht und sprecht mit Torgar«, wies ihn Banak an. »Oder wer sonst den Befehl hat. Seht nach, ob er Hilfe braucht!«

Mit einem »Ei, ei« von Pikel machten sich die Felsenschulters auf den Weg.

Tred nickte Banak zu und folgte ihnen.

Dann kamen zwei weitere Krieger zu dem Zwergenanführer, die Gesichter grimmig, die Kleidung fleckig von Ork-Blut.

»Was ist hier eigentlich los?«, fragte Catti-brie und schaute in Richtung Hang. »Sie haben gewaltige Opfer gebracht, damit dieser andere Ork-Trupp die Gänge erobern konnte, aber was sollen sie ihnen nützen? Keiner dieser Gänge führt auch nur in die Nähe von Mithril-Halle.«

»Aber das wissen sie nicht«, sagte Banak.

Catti-brie glaubte nicht, dass das der Grund war. Hier war etwas anderes im Gange, und als sie Wulfgar ansah, wusste sie, dass er ebenso dachte.

»Gehen wir«, sagte der Barbar.

»Ich habe schon die Felsenschulters und Tred zu Torgar geschickt«, erklärte Banak.

Wulfgar schüttelte den Kopf. »Ich will nicht zu Torgar«, sagte er. »In diesen Gängen gibt es nichts, was unseren Feinden so viel wert sein könnte«, fügte er hinzu und deutete mit einer ausgreifenden Geste auf die Spuren des Gemetzels am Abhang.

Banak nickte zustimmend, aber er behielt seine wahre Angst für sich. Ebenso wie den anderen dämmerte nun auch ihm, wieso die Orks so versessen darauf gewesen waren, die Gänge unter dem Gebirgskamm zu erobern.

Riesen!

Wulfgar und Catti-brie rannten davon und überholten dabei die Zwerge, die zu Torgar unterwegs waren.

»Wir gehen nach oben!«, erklärte Catti-brie ihnen.

»Dann nehmt meinen Bruder mit!«, rief Ivan. »Er kann draußen mehr helfen als drinnen.«

»Budder!«, rief Pikel und rannte auf die beiden zu.

Catti-brie und Wulfgar hatten nichts dagegen, dass der Zwergendruide sie begleitete, denn sie wussten inzwischen, dass Pikel nicht zu unterschätzen war. Sie erreichten den Südrand des Kamms und begannen zu klettern, direkt neben dem Höhleneingang, aus dem die Verwundeten strömten.

»Wir haben standgehalten!«, rief ein schwer verwundeter Zwerg, der aber immer noch laufen konnte, stolz.

»Wir haben nichts anderes erwartet!«, rief Catti-brie, wieder einmal mit ausgeprägtem Zwergenakzent. Der Zwerg stieß die Faust in die Luft. Die Bewegung hätte ihn beinahe vor Schmerz zusammenzucken lassen, aber er versuchte angestrengt, das zu verbergen.

Wulfgar kletterte als Erster den felsigen Hang hinauf, und dank seiner großen Kraft und der langen Beine konnte er das zerklüftete Gelände leicht bewältigen. Wenn es schwierig wurde, hielt er inne, griff nach unten und zog Catti-brie neben sich. Dann kam eine Stelle, die dem kleinwüchsigen Pikel Probleme machte, aber selbst als Wulfgar sich flach auf den Stein legte, konnte er nicht tief genug nach unten greifen, um den Zwerg hochzuziehen.

Pikel lächelte nur und winkte ab, dann begann er mit einer Reihe von Bewegungen und Rezitationen, hielt inne, starrte noch einmal die Felswand an und kicherte. Er streckte die Hand aus, und sie drang direkt in den Stein. Mit zufriedenem Lächeln formte er das Gestein zu einer kleinen Treppe und marschierte einfach nach oben, stapfte grinsend an den beiden Menschen vorbei und winkte ihnen zu, ihm zu folgen.

Auch der eigentliche Kamm war zerklüftet und uneben, aber die drei konnten sich hier besser bewegen, obschon der Wind sie heftig beutelte. Tatsächlich trug dieser Wind dazu bei, dass sie den Feind bereits rochen, bevor sie ihn sahen.

Sie duckten sich hinter einen Vorsprung und sahen zu, wie der erste Eisriese den Kamm erkletterte.

Catti-brie hob Taulmaril und zielte, aber Pikel griff nach dem Pfeil, schüttelte den haarigen Kopf und fuchtelte mit dem Finger der freien Hand vor ihrem Gesicht herum, dann zeigte er nach Norden.

Wo sich weitere Riesen näherten.

»Ein einziger Schuss«, flüsterte Wulfgar. Er packte Aegis-fang fester. »Danach verschwindest du.«

»In Ordnung«, versicherte ihm Catti-brie, und sie bedeutete Pikel, ihren Pfeil loszulassen, dann winkte sie ihn weiter.

Schrill quiekend rannte Pikel hinter dem Vorsprung hervor direkt nach Süden. Der Riese, der ihm am nächsten war, heulte auf, zeigte auf ihn und begann ihn zu verfolgen.

Aber dann traf ihn ein silberner Pfeil in die Brust, ließ ihn rückwärts taumeln, und ein wirbelnder Kriegshammer folgte dem Pfeil und traf beinahe die gleiche Stelle. Der Riese stolperte noch ein paar Schritte nach hinten und fiel dann vom Westrand des Kamms.

Wulfgar und Catti-brie hörten sein Brüllen, sahen den Sturz aber nicht, denn sie rannten bereits. Sie holten Pikel kurz vor dem Südhang ein, und ohne ein Wort packte Wulfgar den Zwerg und rannte weiter, sprang von einem Sims zum anderen. Bald danach begannen die ersten Steine zu fliegen, und die drei bemühten sich, den Zwergen zu helfen, die noch in der Nähe waren, damit sie in den Schutz der Höhlen zurückkehren konnten.

Dort trafen sie auch auf Ivan und Tred, die bei Shingles McRuff und einem erschütterten Torgar Hammerschlag standen.

»Magie«, erklärte Shingles. »Diese Riesenhexe hat meinem Freund hier beinahe das Herz zerquetscht.«

Dabei tätschelte er Torgars Schulter, aber er tat es ausnahmsweise sanft.

»Tut weh«, flüsterte Torgar kaum hörbar. »Tut sehr weh.«

»Pah, du bist zu zäh, als dass so eine Hexe dich erledigen könnte«, versicherte ihm Shingles und setzte dazu an, seinem Freund abermals auf den Rücken zu schlagen, aber Torgar hob abwehrend die Hand.

»Da oben sind Riesen«, erklärte Wulfgar den Zwergen. »Wir sollten uns weiter nach innen zurückziehen, falls sie hier herunterkommen.«

»Sie werden nicht weiter nach Süden kommen«, sagte Catti-brie. »Sie waren nur an dem eigentlichen Kamm interessiert, und jetzt haben sie ihn.«

»Und die Orks werden auch nicht mehr kommen«, sagte Shingles. »Wir haben ihnen die Decke auf den Kopf fallen lassen, aber sie hätten uns inzwischen dennoch angreifen können, wenn sie es gewollt hätten.«

»Sie haben, was sie wollten«, erwiderte Catti-brie.

Sie warf einen Blick zum Südausgang, wo es wieder ruhig geworden war. Dennoch, Wulfgar und die anderen ließen sich Zeit, bevor sie es erneut wagten, die Höhle zu verlassen. Die langen Schatten des Zwielichts grüßten sie, zusammen mit einer beunruhigenden Stille, die über der gesamten Region lag.

Catti-brie warf einen Blick zur Hauptstreitmacht der Zwerge weit im Süden.

»Zu weit für Steinwürfe, selbst für Riesen«, sagte sie und schaute zurück zum Kamm.

Wulfgar kletterte sofort wieder nach oben, und sie folgte ihm. Als sie den Rand des Kamms erreichten, verstanden sie trotz der Dunkelheit bald, um was es bei dem Angriff gegangen war. Weiter nördlich waren Riesen damit beschäftigt, Stämme den Westhang hinaufzuziehen, während andere bereits damit begonnen hatten, das Holz zum Bau von Katapulten zu verwenden. Catti-brie warf einen erschrockenen Blick zurück zu den Zwergen. Ein Riese allein konnte wirklich nicht so weit werfen, aber war es auch zu weit für ein riesiges Katapult?

Sie begriff, dass ihre Probleme noch erheblich größer waren, als sie bisher angenommen hatten. Wenn die Orks so viele ihrer Krieger opferten, nur um einen taktischen Vorteil bei der Vorbereitung eines Schlachtfelds zu erreichen, mussten sie viel entschlossener und schlauer sein, als man es bisher von diesen elenden, schweinsgesichtigen Geschöpfen gewohnt war.

»Bruenor hat oft gesagt, Orks und Goblins könnten den Norden nur deshalb nicht vollständig erobern, weil sie zu dumm seien, gemeinsam zu kämpfen«, flüsterte sie Wulfgar zu.

»Und jetzt ist Bruenor tot, oder er wird es bald sein«, erwiderte der Barbar.

Sein grimmiger Tonfall bestätigte Catti-brie, dass er die Situation ganz ähnlich einschätzte.

Ihnen stand gewaltiger Ärger bevor.