17

»Willkommen, Pia!« Tante Harriet begrüßt mich mit einem strahlenden Lächeln, als ich ihr Labor betrete. Es befindet sich in einem eigenen Gebäude, kaum größer als der Gartenschuppen von Clarence. Bevor sie kam, wurden hier Ersatzteile für Jeeps und Lastwagen gelagert. Die hat man jetzt in die Garage gebracht, um Platz zu schaffen für Tante Harriet. In dem Labor herrscht ein unbeschreibliches Durcheinander. An den Wänden hängen wahllos verteilt Zettel, in den Ecken stehen Türme aus schief aufeinandergestapelten Ratten- und Mäusekäfigen und auf einem langen Tisch in der Mitte des Raums ist fast ein Dutzend Mikroskope aufgereiht. Tante Harriet scheint sich wie eine Biene, die von Blüte zu Blüte fliegt, zwischen ihnen hin und her zu bewegen. Ich frage mich, wie sie in dem ganzen Chaos irgendetwas von Bedeutung erforschen kann.

»Und was tust du hier eigentlich?«, frage ich und hebe einen Eidechsenschädel auf, den ich beim Hereinkommen fast zertreten hätte.

»Hier?« Sie blickt sich irritiert in ihrem Labor um.

»Nein, hier. In Little Cam. Wozu bist du überhaupt hier?«

Tante Harriet runzelt die Stirn. »Ich bin Biomedizinerin, Pia.«

»Das weiß ich. Aber wofür ist… das alles?«

»Ach so. Bevor ich nach Little Cam kam, habe ich für eine Firma gearbeitet, die über Klontechnik geforscht hat. Du weißt, was Klontechnik ist?«

»Natürlich weiß ich, was Klontechnik ist.« Die Frage empfinde ich fast als Beleidigung.

»Woher soll ich wissen, was sie dir sagen und was nicht? Ich nehme mal an, du hast noch nie etwas von dem Schaf Dolly gehört –«

»Das Schaf Dolly. Geboren am 5. Juli 1996, gestorben sieben Jahre später am 14. Februar an chronisch obstruktiver Lungenerkrankung –«

»Okay, okay. Ich hab’s verstanden.«

»Du hast Dolly geklont?« Ich schaue sie ehrfürchtig an.

»Na ja… nein. Mit Dolly hatte ich nichts zu tun. Aber ich habe in derselben Abteilung gearbeitet und habe Dolly ein paar Mal gesehen. Deshalb… Egal. Ich war jedenfalls ziemlich gut in meinem Job, weshalb man mir angeboten hat hierherzukommen. Was genau ich klonen sollte, haben sie nie gesagt – das habe ich erst ein paar Tage nach meiner Ankunft erfahren. Da wusste ich natürlich schon, was wirklich Sinn und Zweck von Little Cam ist – nämlich du. Jetzt soll ich also nach Möglichkeiten forschen, Unsterbliche zu klonen.«

»Unsterbliche klonen«, flüstere ich. »Natürlich. Das ist die Idee. Wir könnten –«

»Die fünf Generationen, in denen wir nur dasitzen und warten, überspringen, jaja. Genau.«

»Ist es möglich?«

Sie hebt die Hände. »Um das herauszufinden, bin ich hier. Allerdings wäre mein Job sehr viel einfacher, wenn mir jemand die ganze Wahrheit über diesen Ort verraten würde.«

»Du meinst über den alten Flügel im Laborblock B?«, frage ich.

»Unter anderem«, antwortet sie mit einem kurzen Stirnrunzeln. »Worum handelt es sich zum Beispiel bei diesem ›Katalysator‹, von dem zwar alle reden, den mir aber noch keiner gezeigt hat? Wenn ich wüsste, was dafür sorgt, dass man Elysia gefahrlos trinken kann, könnte ich gezielt in meiner Forschung fortfahren.«

»Mir haben sie es auch nicht gesagt«, gebe ich zu. »Es ist einer der Gründe, weshalb ich unbedingt ins Immortis-Team möchte. Dann müssen sie es mir sagen.«

»Sieht so aus, als würden sie die alte Harriet auch im Dunkeln tappen lassen, bis sie sich als ihrer würdig erwiesen hat. Oh, gib her.« Sie kommt herüber und nimmt mir den Eidechsenschädel aus der Hand. Dann hockt sie sich auf die Tischkante – der einzige freie Platz im ganzen Raum, auf den man sich setzen kann – und dreht den Schädel in ihrer Handfläche. »Findest du es nicht seltsam, dass aus allem ein Geheimnis gemacht wird? Zuerst dieser Katalysator, dann dieser Flur…«

Ich nicke, wünschte aber, ich könnte verneinen. »Ich bin sicher… ich bin sicher, es hat alles seinen Grund. Die Geheimnisse und die Lügen. Es muss einen Grund geben, sonst würde Onkel Paolo uns die Wahrheit sagen.«

Sie betrachtet mich eingehend, als überlege sie, wie mein Schädel wohl aussieht. »Glaubst du wirklich?«

»Ich… Natürlich.« Mir ist mein kurzes Zögern bewusst und ich sehe, dass es auch ihr aufgefallen ist. Doch sie schiebt sich nur ein paar Locken aus der Stirn und seufzt.

»Sie werden uns schon alles erzählen, wenn sie es für richtig halten, oder? Wahrscheinlich wollen sie die Sache nur so spannend machen, um sich und ihre Arbeit als besonders wichtig und geheimnisvoll darzustellen. Lass dich von den ganzen starren Regeln und dem dauernden Desinfizieren nicht blenden, Pia. Wissenschaftler sind im Grunde genommen Schauspieler – nur meistens langweilige mit ziemlich schlechten Augen.«

Ich nicke zögerlich. »Und… wie genau soll ich jetzt hier rauskommen?«

»Oh, natürlich!« Sie springt auf und wirft den Schädel in eine halb ausgepackte Schachtel mit Schutzbrillen. »Fast hätte ich es über dem ganzen Geheimnis-Quatsch vergessen. Komm, lass uns nachschauen, ob die Luft rein ist.«

Das Tor ist nur einen Steinwurf von Tante Harriets Labor entfernt und die Baumreihe in der Mitte der Zufahrt bietet einen ausgezeichneten Sichtschutz zwischen ihm und dem Rest von Little Cam. Auf der Zufahrt ist niemand und das Tor wird lediglich von einem einsamen Wachmann bewacht. Er sitzt mit dem Rücken zu uns auf der anderen Seite des Zauns. Wir stehen in der Tür des kleinen Labors und versuchen lässig auszusehen.

»Was ist mit ihm?«, frage ich. »Und wie willst du das Tor öffnen?«

»Es wird für uns geöffnet werden«, antwortet sie zuversichtlich. »Komm mit.«

Ich folge ihr über die Zufahrt zu dem großen Carport mit dem Blechdach, unter dem die Jeeps stehen. Sie geht die Reihe der Wagen entlang bis zum letzten. Bei dem klopft sie auf die Kühlerhaube. »Das ist er. Jeden Tag um zwölf fährt ein kräftiger Wachmann raus zur Falkschlucht, um dort einen anderen kräftigen Wachmann abzulösen. Das Gleiche spielt sich noch einmal bei Einbruch der Dämmerung ab. Du brauchst nur auf den Jeep zu steigen, der rausfährt. Dann kommst du mit der Nachmittagsschicht wieder zurück und alles ist paletti. Natürlich können wir den Trick nicht jedes Mal bringen, sonst schnappen sie dich irgendwann. Wir müssen einfach Tag für Tag abwarten. Es gibt verschiedene Methoden, einen Tapir zu häuten.« Sie lacht.

»Da ist nichts, worunter ich mich verstecken kann«, gebe ich zu bedenken. »Hast du eine Plane oder Decken?«

»Pffft! Schalte deinen Verstand ein, Pia. Natürlich gibt es etwas, unter dem du dich verstecken kannst.« Sie klopft wieder auf die Kühlerhaube.

Ich begreife sofort. »Oh…«

»Jetzt gib schon zu! Das ist noch besser als meine Kühlschrank-Idee!«

Ich knie mich hin und luge unter das Fahrgestell des Jeeps. Ich könnte mich sicher irgendwo dazwischenquetschen.

»Es wird ziemlich heiß da unten, was für die meisten von uns ein Problem wäre, aber nicht für dich.« Harriet schaut sich um. »Du beeilst dich besser. Er wird bald aufkreuzen.«

»Nur weil ich mich nicht verbrennen kann, heißt das noch lange nicht, dass ich die Hitze nicht spüre!«

Sie wirft mir einen vernichtenden Blick zu. »Willst du raus oder nicht?«

Seufzend robbe ich unter den Jeep, klettere ins Fahrgestell und versuche eine Stelle zu finden, an der ich möglichst wenig Rohre und Leitungen berühre.

»Das ist die schlechteste Idee, die du je hattest, Tante Harriet.«

»Sie sind zwar alle mit den Vorbereitungen für den Corpus-Besuch zugange, aber blind sind sie deshalb nicht. Bei Einbruch der Dunkelheit bist du wieder da, sonst sind wir beide reif für den Scharfrichter. Und mein Hals ist nicht ganz so resistent wie deiner.«

»Versprochen.«

»Und verlauf dich nicht. Sonst mach ich dich einen Kopf kürzer, Unsterblichkeit hin oder her. Mir fällt schon was ein, ich schwör’s dir. Er kommt! Ich muss los. Viel Glück.« Sie streckt eine Hand mit hochgerecktem Daumen unter den Jeep, dann flitzt sie davon. Eine Minute später höre ich Schritte, sehe schwere schwarze Stiefel und spüre, wie der Jeep sich mehrere Zentimeter senkt, als der Wachmann einsteigt. Es sind immer noch ungefähr dreißig Zentimeter zwischen mir und dem Boden, aber der scheint sehr viel näher gekommen zu sein. Der Mann lässt den Motor an und meine diversen Haltegriffe beginnen zu wackeln. Ich beiße die Zähne zusammen und klammere mich fest. Im letzten Moment stopfe ich mein Haar, das auf den Boden hängt, in den Kragen meines T-Shirts.

Ich halte die Augen fest geschlossen, damit ich mich ganz aufs Festhalten konzentrieren kann. Ich höre das Quietschen des Tors beim Öffnen und das Aufheulen des Motors, als der Wachmann aufs Gaspedal tritt. Ich brauche all meine Kraft, um nicht auf den Boden zu plumpsen, aber wenn ich losließe, müsste ich die Reifenspuren auf meinem Bauch erklären. Also lieber durchhalten.

Endlich hält der Jeep und der Wachmann steigt aus. Als ich sicher bin, dass er ein gutes Stück in den Dschungel hineingegangen ist, lasse ich mich auf den Boden hinunter und atme langsam aus. Ich glaube, ich habe nicht ein einziges Mal eingeatmet, seit wir das Gelände verlassen haben.

Ich reibe Schmutz und Rost von meinen Händen. Der Dschungel ragt über mir auf und es dauert einen Moment, bis ich mich orientiert habe. Mit geschlossenen Augen folge ich in Gedanken dem Weg, den ich zu Fuß von Little Cam nach Ai’oa gegangen bin, und vergleiche die Entfernungen und Kurven mit der Strecke, die der Wachmann im Jeep genommen hat.

»Dann muss es…« Ich blicke in die entgegengesetzte Richtung, in der der Wachmann verschwunden ist. »... hier sein.«

Ich bin noch nicht weit gegangen, als Eio zwischen den Bäumen auftaucht. Mit den Blättern, die er sich um Hals, Kopf und Arme geschlungen hat, sieht er fast aus wie der Dschungel selbst. Seine khakifarbenen Cargo-Shorts wirken so fehl am Platz wie immer, vor allem da er Gesichtsbemalung und seine Jaguarkette trägt.

Bei seinem Anblick fällt mir ein Stein vom Herzen und ich habe das Gefühl, dass ich zum ersten Mal seit drei Tagen wieder richtig atmen kann. Ich merke, dass ich dämlich grinse, aber ich kann nicht anders. »Eio!«

»Pia-Vogel. Du bist gekommen.« Er steht einen Schritt vor mir und schaut mich an, als könne er seinen Augen nicht trauen. »Burako hat gesagt, ich soll dich vergessen. Weil du mich wahrscheinlich schon vergessen hast.«

»Dich vergessen? Selbst wenn ich es wollte, könnte ich das nicht.« Und nicht nur, weil mein Gedächtnis unfehlbar ist. Mit einer Hand, die mir so tapsig und ungeschickt vorkommt wie Alais Pfote, ergreife ich seine. Als wir die Finger verschränken, fühlt es sich so natürlich an, als würde ich einen Handschuh anziehen. Ich will nie mehr loslassen. Seine Berührung ist wie Feuer und die Funken scheinen über meinen Arm bis hinauf zur Schulter zu prickeln. »Klar, bin ich gekommen. Ich hab’s dir doch gesagt.«

Er blickt auf unsere verschränkten Finger und lächelt. »Dann hast du also einen Weg gefunden.«

»Mit Tante Harriets Hilfe, ja.«

»Die mit den verrückten Haaren.« Er nickt. »Sie hat dir auch geholfen dich zurückzuschleichen.«

»Das hast du gesehen?« Wie hat er das angestellt? Vor Little Cam in einem Baum gehockt und zu allem und jedem Notizen gemacht?

»Ich wusste, dass du kommst. Ich war jeden Tag da und habe gewartet. Du hast dir viel Zeit gelassen. Kapukiri hat auch gesagt, du würdest wiederkommen.«

Es ist das erste Mal, dass ich bei Tageslicht im Dschungel bin. Als ich in Ai’oa einschlief und nach Hause rennen musste, habe ich mir keinen Augenblick Zeit genommen, um mich umzuschauen. Jetzt drehe ich mich langsam um meine eigene Achse und kann mich nicht sattsehen.

Zwischen mächtigen Kapok- und schlanken Ameisenbäumen baumeln dünne Lianen, schwingen hin und her und verflechten sich über den riesigen Blättern der Paluli und Anthurien. Die Luft ist schwer und feucht, mehr noch als in Little Cam. Fast hat man das Gefühl, unter Wasser zu sein. Heller, dunstiger Nebel wabert zwischen den untersten Blättern und dem Waldboden umher wie die Geister, die Tante Nénine so fürchtet. Orangerote und gelbe Flechten überziehen alles Tote und Verwesende, und wo die Flechten aufhören, beginnt das Moos. Es gibt wahrscheinlich ein Dutzend verschiedener Moosarten genau hier an dieser Stelle.

Vom Himmel sehe ich nur hier und da ein Fitzelchen Blau. Er ist so hoch oben und vom Blätterdach verdeckt, dass er genauso weit entfernt scheint wie das Weltall. Im Regenwald besteht der Himmel aus Blättern und Zweigen und anstelle von Sternen gibt es kreischende Affen und Vögel in allen Farben. Der Himmel ist voller Leben.

Am schönsten sind die Farben – die habe ich während meiner nächtlichen Wanderungen am meisten vermisst. Der Regenwald ist grün über Grün über Grün. Die Farbe muss hier erfunden worden sein, in tausend verschiedenen Schattierungen. Vor dem grünen Hintergrund stechen ein Strauch lila Orchideen oder orangefarbene Pilze ins Auge. Das Einzige, das fehlt, ist Alai an meiner Seite, aber ihn auch noch hinauszuschmuggeln, wäre unmöglich gewesen.

Trotz all der Schönheit ringsherum geht mein Blick immer wieder zu Eio. Wir laufen durch das unendliche Grün und er bahnt mir den Weg und achtet darauf, dass die Äste, die er beiseiteschiebt, nicht zurückschwingen und mich treffen. Dabei regnen jedes Mal Wassertropfen auf seine Schultern. Wie Perlen bleiben sie auf seinem Schlüsselbein und dem Nacken liegen. Sein dunkles Haar ist nass, sodass es ihm bis tief in die Augen hängt. Es juckt mich in den Fingern; am liebsten würde ich es ihm aus der Stirn streichen.

Dank Eio erreichen wir Ai’oa in weniger als einer Stunde. Ich hätte das Dorf auch allein gefunden, aber es hätte länger gedauert, da ich diesen Weg noch nie gegangen bin.

Die Dorfbewohner laufen dieses Mal nicht alle zusammen, um mich zu begrüßen. Einige rufen mir etwas zu oder winken, aber weder Blumengirlanden noch Tänze heißen mich heute willkommen. Ich frage mich, ob ich überhaupt willkommen bin. Eio muss mein Zögern bemerkt haben, denn er erklärt mir, dass eine Person, für die man ein Willkommensfest veranstaltet hat, für immer zum Dorf gehört und wie jeder andere Dorfbewohner behandelt wird.

»Für sie bin ich jetzt eine Ai’oanerin?«

»Gewissermaßen, ja.«

»Bekommt jeder Besucher ein Willkommensfest?«

Er schaut mir fest in die Augen. »Nein. Nur du, weil du das Mal hast. Und mein Vater hat eines bekommen, weil er meine Mutter liebte und sich als Freund des Dorfes erwiesen hat.«

Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich geehrt fühlen oder Angst haben soll. Was erwarten sie von mir, wenn sie mich für eine der Ihren halten? Warum bin ich überhaupt wiedergekommen? Dachte ich wirklich, wir würden jedes Mal den ganzen Tag lang tanzen und lachen? Was erwarte ich von ihnen?

»Eio«, flüstere ich, »ich weiß nicht, was ich tun soll.«

Er schaut mich an, als hätte ich ihn gefragt, wie Blau schmeckt. »Sei einfach du selbst.«

Ein kleines Mädchen, das mir gerade mal bis zur Hüfte reicht, kommt angelaufen und springt Eio auf den Rücken. Er lacht und versucht sie zu kitzeln, doch sie zieht ihn an den Haaren und er hört auf. Ich erinnere mich an sie; sie war diejenige, die stundenlang dicht neben mir stand und alles, was ich tat, mit großen, neugierigen Augen beobachtete.

»Eio!«, kreischt sie. »Du hast sie zurückgebracht! Wie du es versprochen hast!« Ich lächle sie an. Ihr Englisch ist sehr gut. Ihr ai’oanischer Akzent macht die Konsonanten ein wenig weicher und verleiht den Vokalen einen Klang, wie ich es in Little Cam noch nie gehört habe.

»Wenn ich sage, ich gehe zum Fluss, um einen Fisch zu fangen«, erwidert Eio, »komme ich immer mit einem Fisch zurück. Hast du etwa an mir gezweifelt, Ami?«

»Keine Sekunde, aber Pichira und Akue haben es nicht geglaubt, weil du nicht über den Gewitterzaun klettern kannst.« Sie schaut mich über seine Schulter hinweg an. »Hallo, Pia-Vogel. Wo ist dein Jaguar?«

»Hallo«, grüße ich schüchtern zurück. »Alai konnte heute nicht kommen. Du heißt Ami? Ein schöner Name.«

»Er bedeutet frech«, erklärt Eio.

»Er bedeutet perfektes Kind.« Sie blickt mit einem listigen Grinsen von Eio zu mir. »Eio behauptet, du bist perfekt, Pia-Vogel. Er sagt, du bist das perfekteste Mädchen, das er je gesehen hat.«

Eio wird rot, schüttelt sie ab und brüllt, dass er sie an eine Anakonda verfüttert. Schreiend und lachend versteckt sie sich hinter mir. Ich lache mit.

»Sagt er das?«, frage ich. »Und was noch?«

Sie zieht die Nase kraus und denkt nach. »Dass deine Augen wie kleine Stückchen Himmel sind, die man durch die Blätter sieht. Und dass du wie der Regen den Schmutz von den Blättern wäschst… Wie hat er sich gleich wieder ausgedrückt? Oh ja, dass du die Dunkelheit von der Welt abwäschst.«

»Er… das hat er gesagt?« Jetzt werde ich rot.

Eio nimmt uns beide an den Händen. »Komm mit, du Satansbraten. Wir wollen Pia zeigen, wo wir schwimmen.«