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Polizeichef Lanigans Problem, die Frage, wie er an Ross McLane herantreten sollte, wurde von einem neuen Polizisten gelöst, einem Anfänger bei der Truppe. Der junge Beamte steckte zum ersten Mal in Uniform und brannte vor Eifer für Recht und Ordnung, und als er McLanes Wagen sah, der vor dem Drugstore geparkt war, gab er ihm ein Strafmandat. Am selben Nachmittag kam McLane ins Revier gestürmt und schwenkte den Strafzettel vor Chief Lanigans Nase. «Jetzt hören Sie mal, Chief, ich stelle meinen Wagen immer auf den Parkplatz, aber diesmal hat irgendein Vertreter meinen Platz genommen, und als er wegfuhr, hatte ich im Laden zu tun und keine Gelegenheit, meinen Wagen rüberzufahren.»

Lanigan nahm den Strafzettel, sah den Namen des Beamten und lächelte. «Kommen Sie rein, wir werden uns darüber unterhalten.» Er führte McLane in sein Büro. Als sie saßen, erklärte der Chief: «Dieser Beamte ist noch neu, darum ist er natürlich besonders gewissenhaft. Tatsächlich haben wir in Ihrer Gegend seit Monaten keine Strafzettel mehr verteilt. Normalerweise tun wir das auch nicht, höchstens in den Sommermonaten, wenn dort besonders starker Verkehr herrscht und die Wagen mit hoher Geschwindigkeit durch die Straßen jagen.»

«Na, und was ist nun mit dem Strafzettel?», fragte McLane.

«Ach, ich denke, wir können es einrichten, dass Sie die zwei Dollar nicht zu bezahlen brauchen. Aber erzählen Sie mal, was hören Sie von Marcus Aptaker? Wie geht’s ihm inzwischen?»

«Ganz gut. Ich habe ihn neulich besucht, und da war er aus dem Bett und saß in einem Sessel. Und sah eigentlich recht gut dabei aus.»

«Das freut mich. Und wie kommen Sie im Laden zurecht?»

«Nicht schlecht, jetzt, wo Arnold da ist», antwortete McLane. «Ich habe die gleiche Arbeitszeit wie vorher, als Marcus noch da war. Nur die erste Woche, als ich ganz allein war, das war Mord. Ich musste um neun im Laden sein und arbeitete bis um zehn Uhr abends. Gewiss, Mrs. Aptaker hat morgens aufgeschlossen, und oft genug war nicht viel zu tun, sodass ich schnell mal rausgehen und fünfzehn, zwanzig Minuten Pause machen konnte, aber …»

«Marcus kann wirklich von Glück sagen, dass er Sie hat. Viele hätten das nicht auf sich genommen», sagte Lanigan.

«Nun, ich muss sagen, Marcus ist ein anständiger Mann. Als ich mein Geschäft verlor, hat er mir sofort einen Job angeboten. Es gab alles mögliche Gerede, ich hätte angefangen zu saufen, aber er hatte Vertrauen zu mir, und das rechne ich ihm hoch an.»

«Und hatten Sie?»

«Was sollte ich haben?»

«Hatten Sie angefangen zu trinken?»

«Verdammt nochmal, nein! Hier und da habe ich natürlich mal einen Kleinen gehoben, genau wie alle. Als ich meine … Als meine Frau starb, ging ich immer noch in die Kneipe um die Ecke, weil … na ja, weil ich nicht gern in ein leeres Haus heimkam. Vielleicht hat das die Gerüchte ausgelöst, aber ich hab immer nur einen, höchstens mal zwei getrunken. Und keineswegs heimlich. Ich bin nie mit einer Flasche zu Bett gegangen. Nur eben mal hier und da ein Drink in dieser Bar.»

Lanigan zuckte die Achseln. «Was hat es schon zu besagen, wie viel Sie tatsächlich trinken? Wenn Ihre Kunden Sie für einen Säufer halten und nicht mehr bei Ihnen kaufen, dann wäre es schon zu viel, wenn Sie einmal alle Jubeljahre einen winzigen Schluck tränken. Sie haben dadurch Ihren Laden verloren, nicht wahr?»

«Keineswegs. Ich habe meinen Laden verloren, weil man mich in die Klemme gebracht hat.»

«Ach, hören Sie!»

«Nein, es ist wahr, Chief! Sie kannten doch diesen Kestler, den alten Knacker, der neulich gestorben ist. Der hatte eine Hypothek mit Sicherheitsübereignung auf meinem Geschäft, und die hat er gekündigt. Hätte er mir ein bisschen mehr Zeit gegeben, ich hätte alles abzahlen können. Aber nein, er wollte unbedingt den Laden, weil er ihn zu einem guten Preis verkaufen konnte.»

«Kestler hat Ihnen also die Hypothek gekündigt, wie?» Lanigan lächelte. «Dann waren Sie sicher nicht allzu traurig, als er starb.»

«Soll ich Ihnen was Komisches sagen? Am selben Abend, als er starb, mussten wir für ihn ein Rezept anfertigen. Dr. Cohen, Dan Cohen, telefonierte es uns durch, und ich nahm den Auftrag entgegen. Als ich hörte, dass es für Kestler war, dachte ich mir, der kann zur Hölle fahren, bevor ich für ihn ein Rezept anfertige. Aber soll ich Ihnen was sagen? Als ich hörte, dass er tot war, tat mir der alte Kerl doch Leid.»

«Aber Sie haben das Rezept angefertigt, nicht wahr?», erkundigte sich Lanigan beiläufig.

«Den Teufel habe ich getan! Ich hab’s dem jungen Aptaker gegeben, damit der es macht. Ich hatte außerdem schon mit einem Rezept zu tun, auf das ein Kunde wartete, und der hat sich dann auch erboten, das Medikament für Kestler abzuliefern, darum …»

«Der junge Aptaker? Marcus?»

«Himmel, nein! Der ist älter als ich. Nein, ich meine Arnold.»

«Aber ich dachte, Arnold wäre erst vergangene Woche gekommen.»

«Das stimmt, aber er war neulich hier zu Besuch. Wir hatten bis über die Ohren zu tun, wegen des Unwetters, da ist er gekommen und hat uns in der Rezeptur geholfen.»

«Sie meinen, er hat nur an diesem einen Abend gearbeitet?», fragte der Polizeichef.

«Hm-hm. Er kam rein, als gehörte ihm der Laden, ging geradewegs durch in die Rezeptur und sagte: ‹Ich bin Arnold Aptaker, ich werde Ihnen helfen.› Ich hab zu Marcus rübergesehen, der vorne im Laden war, aber der grinste nur irgendwie stolz und sagte kein Wort. Also hab ich ihm alles gezeigt, wie alles organisiert war bei uns. Aber diese jungen Leute, denen kann man ja nichts mehr sagen. ‹Ich weiß, ich weiß›, hat er immer nur gesagt, also hab ich ihn fummeln lassen, und tatsächlich, ehe ich weiß, was geschieht, kippt er ‘ne Flasche Hustensaft um. Und will den Dreck dann mit Papiertüchern aufwischen. Das Zeug klebt, wissen Sie. Na ja, bei jedem anderen wäre ich in die Luft gegangen, aber das war schließlich Aptakers Sohn. Er war so froh und stolz, dass Arnold da war, dass ich kein Wort gesagt, sondern stillschweigend den Wischlappen geholt und sauber gemacht habe. Danach wurde Arnold dann ruhiger und war mir eine große Hilfe bei der Unmenge Rezepte, die wir hatten, und so wurden wir eine ganze Zeit eher fertig, als ich gedacht hatte. Ich hatte gehofft, er würde dableiben, weil es ein bisschen viel Arbeit ist für zwei Apotheker, aber am nächsten Tag sagte Mark, er sei nach Philadelphia zurückgegangen.»

«Aber jetzt ist er für immer hier?»

«Ich nehme an, er will hier bleiben, bis sein Daddy wieder auf den Beinen ist. Ob er anschließend noch bleiben wird, weiß ich nicht. Sie wissen ja, wie diese jungen Burschen sind.» Er sah auf die Uhr. «He, ich muss zurück in den Laden! Jetzt ist die Zeit, wo wir viel zu tun kriegen. Übrigens, mit dem Strafzettel …»

«Keine Sorge», antwortete Lanigan liebenswürdig. «Um den kümmere ich mich schon.»