Kapitel 22

Als er wusste, worum es ging, war Quinn nicht mehr aufzuhalten. Während ich ihm eigentlich nur folgte und versuchte, nicht im Weg zu sein, durchforschte Quinn die Gegend nach Gerüchen. Doch irgendwann hatte er das ständige Bücken satt, und so sagte er schließlich: »Ich verwandle mich.« Schnell und effizient zog er sich aus, rollte seine Kleider zu einem kompakten (wenn auch triefnassen) Bündel zusammen und gab es mir. All meine Vermutungen über Quinns Körper erwiesen sich als absolut zutreffend, stellte ich fest. Er hatte sich einfach ausgezogen, ohne zu zögern, und als er jetzt meinen Blick bemerkte, blieb er vor mir stehen und ließ sich ansehen. Und er war einen Blick wert, sogar bei diesem trüben Regenwetter. Quinns Körper war ein Kunstwerk, wenn auch ein Kunstwerk voller Narben. Ein einziges großes Muskelpaket, vom Kopf bis zu den Füßen.

»Gefällt dir, was du siehst?«, fragte er.

»Wow«, sagte ich. »Für mich siehst du so lecker aus wie das Kinder-Menü von McDonald's für einen Dreijährigen.«

Ein breites, erfreutes Lächeln trat auf Quinns Lippen. Dann kauerte er sich auf den Boden. Ich wusste, was jetzt kam. Die Luft um Quinn herum begann zu schimmern und zu wirbeln, und von diesem Dunst umhüllt begann er sich zu verwandeln. Wellen gingen durch seine Muskulatur, deren Strukturen sich in einer einzigen fließenden Bewegung auflösten und neu formten, Knochen änderten ihre Form, Fell breitete sich auf der Haut aus. Das Geräusch dabei war schauderhaft. Es klang irgendwie zäh, klebrig, als würde jemand eine dicke Flüssigkeit umrühren, in der viele kleine, harte Teile steckten.

Und schließlich stand ich einem Tiger gegenüber.

Quinn war nicht nur ein prachtvoller nackter Mann gewesen, er war auch ein ebenso schöner Tiger. Sein Fell war tieforange und von schwarzen Streifen durchzogen, mit weißen Flecken am Bauch und im Gesicht. Seine Augen standen schräg und waren golden. Er war ungefähr zwei Meter lang und hatte eine Schulterhöhe von mindestens einem Meter. Ich staunte nicht schlecht, wie groß er war. Seine Pranken waren groß wie Essteller. Die runden Ohren waren richtig niedlich. Lautlos kam er auf mich zu, mit einer Anmut, die bei einer solch massigen Gestalt ganz unvermutet war. Er rieb seinen großen Kopf an mir, was mich beinahe zu Boden warf, und schnurrte. Ein Geräusch, das an einen glücklichen Geigerzähler erinnerte.

Sein dichtes Fell fühlte sich ölig an und war vermutlich ziemlich wasserabweisend, dachte ich. Er gab ein kurzes heiseres Brüllen von sich, und eine unnatürliche Stille breitete sich aus. Wer hätte gedacht, dass die Wildtiere in den Sumpfgebieten von Louisiana den Laut des Tigers erkennen würden? Aber sie taten es, verstummten umgehend und verkrochen sich.

Tiere halten wir ja oft nicht so sehr auf Abstand wie Menschen, und so kniete ich mich neben den Tiger, der Quinn gewesen war und auf eine gewisse magische Weise auch immer noch Quinn war, und legte ihm die Arme um den Hals. Es war etwas beunruhigend, wie sehr er nach einem echten Tiger roch, und ich zwang mich zu dem Gedanken, dass er ja auch ein echter Tiger war, nur eben mit Quinn in sich drin. Und dann setzten wir unseren Weg durch den Sumpf fort.

Leicht konsterniert sah ich, dass der Tiger erst mal sein neues Territorium markierte - nicht gerade das, was man von seinem Freund erwartet -, aber es wäre albern gewesen, sich darüber aufzuregen. Außerdem hatte ich genug, worüber ich nachdenken musste, während ich mit dem Tiger Schritt zu halten versuchte. Er suchte nach Geruchsspuren, und wir legten eine ganz schön lange Strecke zurück. Ich fühlte mich von Minute zu Minute erschöpfter, und mein Staunen schwand immer mehr, bis ich nur noch durchgefroren, hungrig und schlecht gelaunt war. Mein Hirn hätte vermutlich nicht mal mehr die Gedanken aufgeschnappt, die jemand aussandte, der direkt vor meiner Nase stand.

Plötzlich erstarrte der Tiger und hielt die Nase witternd in die Luft. Der Kopf ging hin und her, die Ohren zuckten, als er seine Aufmerksamkeit in eine bestimmte Richtung lenkte. Dann drehte er sich um und sah mich an. Auch wenn Tiger nicht lächeln können, war der Blick der großen Raubkatze doch eindeutig triumphierend. Der Tiger deutete mit dem Kopf nach Osten, sah mich wieder an und deutete noch einmal nach Osten. Folge mir. Klarer ging es eigentlich nicht.

»Okay«, sagte ich und legte ihm die Hand auf die Schulter.

Wir gingen Richtung Osten. Der Weg durch die Sümpfe dauerte eine Ewigkeit; erst später machte ich mir klar, dass diese »Ewigkeit« nur ungefähr dreißig Minuten lang gewesen war. Der Erdboden wurde immer fester, das Wasser ging zurück. Und schließlich hatten wir die Sümpfe hinter uns und liefen durch Wald.

Als wir aus dem Lieferwagen flohen, hatte ich vermutet, dass wir dem Ziel unserer Kidnapper sehr nahe waren. Und jetzt sah ich, wie recht ich gehabt hatte. Wir näherten uns dem kleinen Haus, das mit der Vorderseite nach Norden auf einer Lichtung stand, von Westen und konnten daher sowohl den Hof vor dem Haus als auch den dahinter sehen. Der Lieferwagen, in dem wir gefangen gewesen waren, stand im Hinterhof. Auf dem kleinen Platz vor dem Haus stand ein mittelgroßes Auto.

Das kleine Haus selbst war eins von denen, die in Amerika auf dem Land millionenfach zu finden sind: so eine Art Holzschachtel, braun angestrichen, mit grünen Läden vor den Fenstern und grünen Pfosten, die das Dach über der kleinen Vorderveranda trugen. Dort standen die beiden Männer aus dem Lieferwagen, Clete und George, denn auch wenn nur wenig Platz war, so bot das Dach doch etwas Schutz gegen den Regen. An der Rückseite des Hauses gab es noch eine Miniveranda, kaum groß genug für einen Gasgrill und einen Besen, die aber den Elementen ungeschützt ausgeliefert war. Und die Elemente hatten gerade so richtig ihren Spaß.

Ich legte Quinns Kleider und Schuhe am Fuß eines Mimosenbaums ab. Der Tiger fletschte die Zähne, als er Cletes Geruch witterte. Seine langen Zähne waren genauso furchterregend wie die eines Haifisches.

Es regnete schon den ganzen Nachmittag, und die Temperatur war gesunken. George und Clete froren in der feuchten Kühle des Spätnachmittags. Sie rauchten. In ihrer menschlichen Gestalt und von Zigarettenrauch umgeben hatten die beiden Werwölfe keinen besseren Geruchssinn als normale Menschen. Und sie schienen Quinn überhaupt noch nicht bemerkt zu haben. Denn vermutlich würden sie ziemlich heftig reagieren, wenn sie in Louisiana den Geruch eines Tigers wahrnahmen.

Im Schutz der Bäume ging ich um die Lichtung herum, bis ich sehr dicht an dem Lieferwagen dran war. Unbemerkt lief ich hin, zur Fahrerseite. Der Wagen war nicht abgeschlossen, ich konnte den Elektroschocker auf dem Sitz liegen sehen. Darauf hatte ich es abgesehen. Ich holte tief Luft, öffnete die Tür und konnte nur hoffen, dass gerade keiner aus dem hinteren Hausfenster sah und sich für das anspringende Innenlicht interessierte. Ich griff mir das Schockgerät aus dem Durcheinander der Sitzbank und schloss die Tür so leise, wie man eine Wagentür nur schließen konnte. Der Regen schien glücklicherweise die Geräusche etwas zu dämpfen. Erleichtert seufzte ich auf, als alles gut gegangen war.

Geduckt lief ich zurück in den Wald und kauerte mich neben Quinn.

Er leckte mir die Wange. Die liebevolle Geste tat mir gut, trotz Tigeratem, und ich kraulte ihn am Kopf. (Einen Kuss auf sein Fell zu drücken, reizte mich irgendwie nicht.) Dann zeigte ich auf das linke Fenster des Hauses, das nach Westen ging und wohl zum Wohnzimmer gehörte. Quinn nickte weder, noch hob er zustimmend eine Pranke - was auch beides nicht besonders tigermäßig gewesen wäre. Trotzdem, ich hatte erwartet, dass er mir auf irgendeine Art grünes Licht geben würde. Doch er sah mich nur an.

Also setzte ich leise und vorsichtig einen Fuß vor den anderen, schlich das kurze Stück vom Waldrand zum Haus und pirschte mich an das erleuchtete Fenster heran.

Weil ich nicht wie ein Springteufel plötzlich durchs Fenster starren wollte, schob ich mich seitwärts an der Hauswand entlang, bis ich durch eine Ecke des Fensters hineinsehen konnte. Die älteren Pelts, Barbara und Gordon, saßen auf einem Zweiersofa aus den sechziger Jahren (Modell »frühes Amerika«), und ihrer Körpersprache war deutlich anzusehen, wie unglücklich sie waren. Ihre Tochter Sandra lief vor ihnen auf und ab, obwohl für so einen Auftritt kaum Platz war. Das Wohnzimmer war sehr klein, so klein, dass die darin wohnende Familie am besten nur aus einer Person bestehen sollte, wenn man es gemütlich haben wollte. Die älteren Pelts sahen aus, als würden sie gleich zu einem Fotoshooting für Landhausmode gehen; dagegen war Sandra geradezu abenteuerlich gekleidet: zu hautengen Khakistretchhosen trug sie einen buntgestreiften Pullover mit kurzen Ärmeln. Sie war gekleidet, als wollte sie irgendwo in einer Mall den Jungs aus der Schule schöne Augen machen, und nicht, als wollte sie zwei Menschen foltern. Aber genau das hatte sie vorgehabt. Mitten im Zimmer stand ein Stuhl mit hoher Lehne, an dem schon Riemen und Handschellen angebracht waren.

Und das mir inzwischen so vertraute Isolierband fehlte auch nicht.

Ich war ziemlich ruhig gewesen, bis ich das Isolierband entdeckte.

Keine Ahnung, ob Tiger zählen können, aber ich hielt drei Finger hoch für den Fall, dass Quinn zu mir herübersah. Dann bückte ich mich und schlich langsam und vorsichtig weiter die Hauswand entlang, bis ich unter dem zweiten Fenster ankam. Ich war ziemlich stolz auf mein Talent zum Anschleichen - was mich vor einer drohenden Katastrophe hätte warnen sollen. Denn Hochmut kommt vor dem Fall.

Obwohl das Fenster dunkel war, als ich mich aufrichtete, sah ich durch die Scheibe direkt in die Augen eines kleinen dunklen Mannes mit Ziegenbart. Er saß an einem Tisch direkt am Fenster und hatte einen Becher Kaffee in der Hand. Erschreckt ließ er den Becher auf den Tisch fallen, und die heißen Kaffeespritzer trafen seine Hände, seine Brust, sein Kinn.

Er schrie los, aber ich weiß nicht mal, ob er eigentlich irgendwelche Wörter benutzte. An der Vordertür des Hauses hörte ich Unruhe, und im Wohnzimmer auch.

Tja... verdammt.

Ich war ums Haus herum- und die Stufen zur hinteren Veranda hinaufgerannt, noch ehe man hätte Jack Robinson sagen können. Ich öffnete die Fliegengittertür, stieß die Holztür auf und sprang mit dem Elektroschocker im Anschlag in die Küche. Der kleine Mann wischte sich mit dem Handtuch noch immer Kaffee aus dem Gesicht, als ich ihn erwischte. Er fiel um wie ein nasser Sack. Wow!

Aber der Elektroschocker musste nachgeladen werden, wie ich merkte, als Sandra Pelt mit gefletschten Zähnen in die Küche gestürmt kam. Das verdammte Ding richtete gar nichts gegen sie aus, und sie sprang mich an wie eine - tja, wie eine völlig entfesselte Wölfin eben.

Aber sie war immerhin noch in ihrer menschlichen Gestalt, und ich war ungeheuer verzweifelt und ungeheuer wütend.

Ich hatte im Merlotte's mindestens schon zwei Dutzend Prügeleien mitangesehen, von halbherzigen Fausthieben bis hin zu verbissenen Keilereien, und ich wusste, wie man kämpfte. In diesem Moment war ich bereit, alles zu tun, was ich tun musste. Sandra war fies, aber sie war leichter und nicht so erfahren, und nach einigem Treten, Schlagen und Haarereißen, das im Nu vorbei war, saß ich auf ihr drauf und hatte sie zu Boden gedrückt. Sie knurrte und schnappte nach mir, konnte aber meinen Hals nicht erreichen, und wenn mir nichts anderes übrig blieb, würde ich ihr auch noch einen Kopfstoß verpassen.

Eine Stimme im Hintergrund rief: »Lass mich rein!« Vermutlich war das Quinn, und so schrie ich genauso laut: »Komm schon! Ich brauche Hilfe!«

Sandra wand sich unter mir, und ich wagte es nicht, meinen Griff auch nur eine Sekunde zu lockern. »Hör zu, Sandra«, keuchte ich, »halt still, verdammt!«

»Leck mich«, sagte sie erbittert und verdoppelte ihre Anstrengungen noch.

»Wirklich aufregend«, sagte eine vertraute Stimme, und als ich aufsah, stand Eric vor mir, der uns mit weit geöffneten blauen Augen interessiert zusah. Eric, wie aus dem Ei gepellt in Jeans mit Bügelfalte und gestärktem, blau-weiß gestreiftem Hemd. Sein blondes Haar glänzte und war (was ich besonders beneidenswert fand) trocken. Ich hasste ihn und war gerade in ganz schlechter Stimmung.

»Ich könnte hier Hilfe gebrauchen«, schnauzte ich, und er sagte: »Natürlich, Sookie, obwohl es mir ja gefällt, wie ihr euch da so auf dem Boden wälzt. Lass das Mädchen los und steh auf.«

»Nur, wenn du was tust«, sagte ich. Mein Atem ging stoßweise vor lauter Anstrengung, Sandra unten zu halten.

»Ich bin immer bereit, etwas zu tun«, erwiderte Eric mit einem vielsagenden Lächeln. »Sandra, sieh mich an.«

Dazu war sie zu klug. Sandra kniff die Augen zusammen und kämpfte noch entschlossener. Und plötzlich hatte sie einen ihrer Arme befreit und holte bereits zum Schlag gegen mich aus. Doch Eric kniete sich neben uns und fing die Hand ab, ehe sie meinen Kopf traf.

»Das reicht jetzt«, sagte er in einem ganz anderen Ton, und Sandra öffnete überrascht die Augen. Auch wenn er sie noch immer nicht mit seinem Blick fesseln konnte, hatte er sie jetzt irgendwie in der Gewalt, vermutete ich. Ich ließ von der Werwölfin ab, rollte mich auf den Rücken und lag einen Augenblick einfach nur auf dem Boden der kleinen Küche. Mr Klein & Dunkel (und Verbrannt & Betäubt), dem dieses Haus wahrscheinlich gehörte, lag zusammengesackt neben dem Tisch.

Eric, der mit Sandra fast genauso große Schwierigkeiten hatte wie ich, nahm den meisten Raum in der kleinen Küche ein. Entnervt über die Werwölfin griff er schließlich zur einfachsten Lösung. Er fing ihre Faust ab, drückte fest zu, und sie schrie. Und gab endlich Ruhe.

»Das ist nicht fair«, sagte ich und kämpfte einen Anfall von Erschöpfung und Schmerz nieder.

»Alles ist fair«, erwiderte er gelassen.

Der Ton gefiel mir gar nicht. »Wovon redest du?«, fragte ich. Er schüttelte den Kopf. Ich versuchte es noch einmal. »Wo ist Quinn?«

»Der Tiger hat sich um eure beiden Kidnapper gekümmert«, erzählte er mit einem unangenehmen Lächeln. »Möchtest du es dir ansehen?«

»Lieber nicht.« Ich schloss die Augen. »Sie sind wohl tot, oder?«

»Ich bin sicher, sie wünschten, sie wären es«, sagte Eric. »Was hast du mit dem kleinen Mann da beim Tisch gemacht?«

»Du würdest mir sowieso nicht glauben, wenn ich dir das erzähle«, entgegnete ich.

»Versuch's mal.«

»Ich habe ihn so erschreckt, dass er sich mit heißem Kaffee verbrüht hat. Und dann habe ich ihn mit einem Elektroschocker betäubt, den ich aus dem Lieferwagen geklaut habe.«

»Oh.« Weil ich ein kleines schnaufendes Geräusch hörte, öffnete ich die Augen wieder und sah, dass Eric leise in sich hineinlachte.

»Und die Pelts?«, fragte ich.

»Die hat Rasul übernommen. Es sieht aus, als hättest du einen neuen Fan.«

»Ach, das liegt nur am Elfenblut«, sagte ich gereizt. »Das ist doch nicht fair. Menschliche Männer mögen mich nicht. Ich kenne ungefähr zweihundert, die nicht mal mit mir ausgehen würden, wenn ich sie in einem Chevy Pick-up abhole. Und nur weil die Supras so auf den Elfengeruch stehen, muss ich mir jetzt vorwerfen lassen, ich sei so was wie ein Männermagnet. Das ist so unfair!«

»Du hast Elfenblut«, sagte Eric, als wäre ihm gerade ein Kronleuchter aufgegangen. »Das erklärt eine Menge.«

Jetzt hatte er meine Gefühle verletzt. »O nein, du hast mich natürlich nicht einfach bloß gemocht«, sagte ich müde und ziemlich zusammenhanglos. »O nein, es musste doch einen Grund geben. Und an meiner sprühenden Persönlichkeit liegt's sicher nicht, o nein! Es muss an meinem Blut liegen, das hat was Besonderes. Aber ich doch nicht, ich bin nichts Besonderes...«

Und ich hätte noch weiter und weiter gebrabbelt, wenn Quinn nicht gesagt hätte: »Also, mir können Elfen gestohlen bleiben.« Er nahm jeden noch verfügbaren Raum in der Küche ein.

Ich rappelte mich auf die Beine. »Alles okay?«, fragte ich mit zittriger Stimme.

»Ja«, erwiderte er mit tief dröhnender Stimme. Er war wieder ganz Mensch, und ganz nackt. Ich hätte ihn gern umarmt, doch ganz nackt und dann so vor Eric ... das war mir ein bisschen peinlich.

»Ich habe deine Kleider im Wald gelassen«, sagte ich. »Ich werde sie holen.«

»Das mache ich.«

»Nein, ich weiß, wo sie sind, und noch nasser kann ich sowieso nicht werden.« Und außerdem bin ich einfach nicht weltgewandt genug, um mich in einem Raum mit einem nackten Mann, einem Bewusstlosen, einem wirklich grässlichen Mädchen und meinem Exlover wohlzufühlen.

»Leck mich am Arsch, du Miststück«, rief die charmante Sandra hinter mir her und kreischte wieder auf, als Eric ihr klarmachte, dass er von solchen Ausdrücken gar nichts hielt.

»Du mich auch«, murmelte ich vor mich hin, als ich in den Regen hinausging.

O ja, es regnete noch immer.

Und ich grübelte noch immer über diese Sache mit dem Elfenblut, als ich Quinns durchweichte Kleider holte. Ich würde ganz schnell in ein depressives Tief rutschen, wenn ich glaubte, dass alle, die mich je gemocht hatten, das nur wegen meines Elfenbluts taten. Natürlich, da war immer noch der ein oder andere Vampir, der den Befehl hatte, mich zu verführen... Das mit dem Elfenblut war sicher ein Bonus gewesen... nein, nein, nein, darüber würde ich nicht nachdenken.

Vernünftig betrachtet war mein Elfenblut bloß ein Teil von mir wie meine Augenfarbe oder die Beschaffenheit meiner Haare. Meiner Großmutter hatte es überhaupt nichts genützt, dass sie eine halbe Elfe gewesen war (ich nahm an, dass ich dieses Gen von ihr und nicht von meinen anderen Großeltern geerbt hatte). Sie hatte einen Menschen geheiratet, der sie auch mit der ganz normalen menschlichen Blutgruppe A kein bisschen anders behandelt hätte. Und sie war von einem Menschen getötet worden, der nichts weiter wusste von ihrem Blut als seine Farbe. Und wenn ich diesen Vermutungen weiter folgte, dann war es auch für meinen Vater bedeutungslos gewesen. Er hatte nie in seinem Leben mit einem Vampir zu tun, der sich deshalb für ihn hätte interessieren können - oder wenn, dann hatte er es streng geheim gehalten. Aber das sah ihm gar nicht ähnlich. Und das Elfenblut hatte meinen Vater auch nicht vor der flutartigen Überschwemmung gerettet, die den Pick-up meiner Eltern von der Brücke in den reißenden Strom gespült hatte. Und sollte dieses Erbe doch von meiner Mutter stammen, tja, sie war auch in dem Pick-up umgekommen. Und Linda, die Schwester meiner Mutter, war mit Mitte vierzig an Krebs gestorben, ganz egal welches Erbe sie in sich getragen hatte.

Und ich fand auch nicht, dass dieses wunderbare Elfenblut mir besonders weitergeholfen hatte. Vielleicht waren ein paar Vampire ein bisschen mehr an mir interessiert und freundlicher zu mir gewesen als ohne. Aber dass das nun so ein großer Vorteil sein sollte, konnte ich nicht behaupten.

Viele Leute würden sogar sagen, dass die Aufmerksamkeit der Vampire ein ziemlich negativer Faktor in meinem Leben war. Vielleicht gehörte ich sogar selbst zu diesen Leuten. Vor allem, seit ich hier draußen im strömenden Regen stand mit den klatschnassen Sachen eines Wertigers in der Hand und mich fragte, was zum Teufel ich damit machen sollte.

Da ich wieder am Ausgangspunkt meiner Gedanken gelandet war, lief ich zum Haus zurück. Von der Vorderseite drang lautes Jammern und Stöhnen herüber, wahrscheinlich Clete und George. Ich hätte vielleicht nach ihnen sehen sollen, aber ich brachte einfach die Energie nicht auf.

Als ich wieder in die Küche kam, regte sich der kleine dunkle Mann leicht, seine Augenlider flatterten und sein Mund verzog sich. Seine Hände waren auf dem Rücken zusammengebunden. Sandra war mit Isolierband gefesselt, was meine Laune gleich erheblich besserte. Das war doch mal ein nettes Stück poetischer Gerechtigkeit. Sie hatte sogar welches quer über dem Mund kleben, vermutlich Erics Werk. Quinn hatte ein Handtuch aufgetrieben, es sich um die Hüfte geschlungen und sah jetzt richtig... adrett aus.

»Danke, Süße«, sagte er und ging mit den Kleidern an die Spüle, wo er sie auswrang. Ich tropfte den Fußboden voll. »Ob's hier wohl einen Wäschetrockner gibt?«, fragte er, und ich öffnete einfach eine Tür, die in eine kleine Wäsche- und Abstellkammer führte, mit Regalen an der einen Wand und einer Waschmaschine mit Trockner an der anderen.

»Hier drin«, rief ich, und Quinn kam mit seinen Kleidern rein. »Deine Sachen sollten auch getrocknet werden, Süße«, sagt er, und ich bemerkte, dass er genauso müde klang wie ich mich fühlte. Sich ohne Vollmond in einen Tiger zu verwandeln und wieder zurück in einen Menschen, und noch dazu innerhalb so kurzer Zeit, musste enorm anstrengend gewesen sein. »Vielleicht findest du auch noch ein Handtuch für mich«, sagte ich und hatte Mühe, aus meinen nassen Hosen überhaupt herauszukommen. Ohne einen Witz oder einen anzüglichen Blick machte er sich auf die Suche. Als er wiederkam, hatte er einige Sachen zum Anziehen dabei, wohl aus dem Schlafzimmer des kleinen Mannes: ein T-Shirt, Shorts, Socken. »Das ist das Beste, was ich auftreiben konnte«, sagte er.

»Das ist prima«, sagte ich. Als ich mich abgetrocknet und die trockenen Sachen angezogen hatte, hätte ich vor Dankbarkeit in Tränen ausbrechen können. Ich umarmte Quinn kurz und ging nach unseren Gefangenen sehen.

Die Pelts saßen, mit Handschellen gefesselt und von Rasul bewacht, im Wohnzimmer auf dem Boden. Barbara und Gordon hatten so sanfte Mienen gehabt, als ich sie im Merlotte's in Sams Büro getroffen hatte, jetzt war diese Sanftheit von Wut und Bosheit abgelöst, was seltsam deplatziert wirkte in ihren harmlosen Vorstadtgesichtern.

Eric brachte auch Sandra ins Wohnzimmer und lud sie neben ihren Eltern ab. Eric stand in der einen Tür, Quinn in der anderen (die, wie mir ein Blick verriet, ins Schlafzimmer von Mr Klein & Dunkel führte). Rasul, der mit der Waffe in der Hand dastand, entspannte sich etwas, da er jetzt so beachtliche Unterstützung hatte. »Wo ist der kleine Kerl?«, fragte er. »Sookie, freut mich, Sie so wohlbehalten zu sehen, auch wenn Ihre Aufmachung etwas hinter Ihrem üblichen Standard zurückbleibt.«

Die Shorts waren weitgeschnittene Cargoshorts, das T-Shirt war riesig und die weißen Socken setzten dem Ganzen die Krone auf. »Sie verstehen es wirklich, einer Frau das Gefühl zu vermitteln, dass sie schön ist, Rasul«, erwiderte ich und versuchte, wenigstens ein halbes Lächeln zustande zu bringen. Ich setzte mich auf den Stuhl mit der hohen Lehne und fragte Barbara Pelt: »Was wollten Sie mit mir machen?«

»Wir wollten Sie so lange bearbeiten, bis Sie uns die Wahrheit gesagt hätten und Sandra zufrieden gewesen wäre«, sagte sie. »Unsere Familie wird erst Frieden finden, wenn sie die Wahrheit kennt. Und die Wahrheit liegt in Ihnen verborgen, das weiß ich einfach.«

Ich war beunruhigt. Mehr als beunruhigt. Weil ich nicht wusste, was ich darauf antworten sollte, sah ich von Eric zu Rasul. »Nur zwei Vampire insgesamt?«, fragte ich.

»An dem Tag, an dem zwei Vampire nicht mehr mit einer Handvoll Werwölfen fertig werden, werde ich wieder zu einem Menschen«, entgegnete Rasul so hochnäsig, dass ich fast versucht war zu lachen. Doch er hatte natürlich recht (auch wenn sie noch einen Tiger zur Unterstützung gehabt hatten). Quinn lehnte in der Tür und gab ein hübsches Panorama ab, obwohl mich in diesem Moment seine nackte Haut überhaupt nicht interessierte.

»Eric«, sagte ich, »was soll ich tun?«

Ich glaube nicht, dass ich Eric schon jemals um Rat gefragt hatte. Er war überrascht. Aber es war ja nicht nur mein Geheimnis. Nach einem Augenblick nickte er.

»Ich erzähle Ihnen, was Debbie zugestoßen ist«, sagte ich zu den Pelts. Ich bat Rasul und Quinn nicht, den Raum zu verlassen. Ich würde mich jetzt sowohl von den ständigen Schuldgefühlen befreien als auch aus Erics Macht über mich, die auf unserem Geheimnis basierte.

Ich hatte über jenen Abend schon so oft nachgedacht, dass die Worte ganz automatisch kamen. Weinen musste ich nicht, denn all meine Tränen hatte ich schon vor Wochen vergossen, ganz für mich allein.

Als ich fertig war mit meiner Geschichte, saßen die Pelts nur da und starrten mich an.

»Das klingt ganz nach unserer Debbie«, sagte Barbara Pelt schließlich. »Mir scheint, es ist die Wahrheit.«

»Sie besaß wirklich ein Gewehr«, bestätigte Gordon Pelt. »Ich habe es ihr vor zwei Jahren zu Weihnachten geschenkt.« Die beiden Werwölfe sahen einander an.

»Sie war ... immer so aktiv«, begann Barbara nach einem Augenblick und wandte sich dann an Sandra. »Weißt du noch, wie wir vor Gericht mussten, als sie in der Highschool dieser Cheerleaderin Klebstoff in die Haarbürste geschmiert hat? Weil die mit ihrem Exfreund ausging? Das klingt doch ganz nach Debbie, hm?«

Sandra nickte, das Isolierband verhinderte, dass sie etwas sagen konnte. Tränen liefen ihr über die Wangen.

»Und Sie können sich noch immer nicht erinnern, wohin Sie sie gebracht haben?«, fragte Gordon Eric.

»Ich würde es Ihnen erzählen, wenn ich mich erinnern könnte«, erwiderte Eric. Auch wenn's mich nicht sonderlich interessiert, schwang in seinem Tonfall mit.

»Sie haben die beiden jungen Werwölfe angeheuert, die uns in Shreveport überfallen haben«, sagte Quinn.

»Das hat Sandra gemacht«, gab Gordon zu. »Wir haben erst davon erfahren, nachdem Sandra sie bereits gebissen hatte. Sie hatte ihnen versprochen ...« Er schüttelte den Kopf. »Sie hatte sie mit ihrem Auftrag nach Shreveport geschickt, aber die beiden hätten wieder nach Hause kommen müssen, um ihren Lohn abzuholen. Und dann hätte unser Jackson-Rudel sie getötet. In Mississippi werden keine Werwölfe durch Biss geduldet. Sie werden sofort getötet. Und die Jungs hätten Sandra als ihre Schöpferin genannt. Das Rudel hätte sich von ihr losgesagt. Barbara versteht sich etwas auf Hexerei, aber längst nicht so gut, dass sie den beiden den Mund hätte versiegeln können. Wir haben einen Werwolf aus einem anderen Bundesstaat auf sie angesetzt, als wir davon erfuhren. Er konnte sie nicht aufhalten und auch nicht verhindern, dass sie ins Gefängnis kamen. Also ließ er sich ebenfalls festnehmen, um so das Problem zu lösen.« Gordon sah uns alle an und schüttelte ernst den Kopf. »Er hat Cal Myers bestochen, damit er ihn zu den Jungs in die Zelle steckt. Sandra haben wir dafür natürlich bestraft.«

»Oh, haben Sie ihr eine Woche lang das Handy weggenommen?« Ich hatte das Recht, sarkastisch zu sein, dachte ich. Selbst jetzt, wo sie so kooperativ waren, fand ich die Pelts noch ziemlich schrecklich. »Wir wurden beide verletzt«, sagte ich und nickte zu Quinn hinüber, »und die beiden Jungs sind tot. Nur wegen Sandra.«

»Sie ist unsere Tochter«, erklärte Barbara. »Und sie wollte den Mord an ihrer Schwester rächen.«

»Und dann haben Sie all die Werwölfe angeheuert, die in das Apartment meiner Cousine eingebrochen sind, und auch die beiden, die jetzt im Hof liegen. Werden sie sterben, Quinn?«

»Wenn die Pelts sie nicht zu einem Werwolf-Arzt bringen, wahrscheinlich. In ein normales Krankenhaus können sie auf keinen Fall gehen.«

Quinns Krallen hatten sicher unverkennbare Wunden hinterlassen.

»Werden Sie das tun?«, fragte ich skeptisch. »Werden Sie Clete und George zu einem Werwolf-Arzt bringen?«

Die Pelts sahen einander an. »Wir dachten, Sie würden uns töten«, sagte Gordon. »Wollen Sie uns laufen lassen? Welche Gegenleistung verlangen Sie?«

Solche Leute wie die Pelts hatte ich noch nie zuvor getroffen, und es fiel mir immer leichter, zu verstehen, wie Debbie zu ihrer charmanten Persönlichkeit gekommen war, ob sie nun adoptiert war oder nicht.

»Die Gegenleistung ist, dass ich von dieser Sache nie wieder höre«, sagte ich. »Und Eric auch nicht.«

Quinn und Rasul hatten bislang nur schweigend zugehört.

»Sookie ist eine Freundin des Shreveport-Rudels«, sagte Quinn jetzt. »Die Werwölfe sind sehr ungehalten, dass sie in ihrer Stadt angegriffen wurde. Und jetzt wissen wir, dass Sie dafür verantwortlich sind.«

»Wir haben gehört, dass der neue Leitwolf nicht allzu viel von ihr hält.« Barbara konnte einen Anflug von Verachtung in der Stimme nicht verhehlen. Da sie jetzt ihren Tod nicht mehr zu fürchten brauchte, schien ihre eigene Persönlichkeit wieder viel stärker durch. Mir waren die Pelts lieber, wenn sie Furcht hatten.

»Er könnte die längste Zeit Leitwolf gewesen sein«, erwiderte Quinn drohend. »Und selbst wenn er im Amt bleibt, kann er den Schutz durch das Rudel nicht außer Kraft setzen, da sein Vorgänger Sookie diesen Schutz garantiert hat. Damit würde er das Rudel entehren.«

»Wir werden dem Shreveport-Rudel Wiedergutmachung leisten«, sagte Gordon resigniert.

»Haben Sie auch Tanya nach Bon Temps geschickt?«, fragte ich.

Barbara wirkte stolz auf sich selbst. »Ja. Wissen Sie, dass Debbie adoptiert war? Sie war eine Werfüchsin.«

Ich nickte. Eric sah mich fragend an; von Tanya hatte er noch nicht gehört.

»Tanya ist ein Mitglied aus Debbies Herkunftsfamilie, und sie wollte gern helfen. Sie dachte, wenn sie nach Bon Temps geht und mit Ihnen zusammenarbeitet, würden Sie vielleicht etwas ausplaudern. Aber Sie waren wohl zu misstrauisch, um sich mit ihr anzufreunden. Ich glaube, sie wird in Bon Temps bleiben. Dass sie den Barbesitzer so attraktiv finden würde, hatte sie nicht erwartet.«

Es war irgendwie befriedigend, zu erfahren, dass mein Misstrauen Tanya gegenüber gerechtfertigt gewesen war. Ich fragte mich, ob ich das Recht hätte, Sam diese ganze Geschichte zu erzählen, um ihn zu warnen. Darüber musste ich später noch mal nachdenken.

»Und was ist mit dem Mann, dem dieses Haus hier gehört?« Ich konnte hören, wie er in der Küche ächzte und stöhnte.

»Er ist ein ehemaliger Schulfreund von Debbie«, sagte Gordon. »Wir haben ihn gebeten, uns sein Haus für den Nachmittag zu überlassen. Wir haben ihn dafür bezahlt. Er wird den Mund halten.«

»Und Gladiola?«, fragte ich. Ich erinnerte mich an die Verbrennung der beiden Leichenhälften auf meiner Auffahrt, und an Mr Cataliades' Gesicht, und an Dianthas Trauer.

Verständnislos starrten die drei Pelts mich an. »Gladiolen?«, sagte Barbara verwirrt. »Es ist gar nicht die richtige Jahreszeit für Gladiolen, soweit ich weiß.«

Okay, das war eine Sackgasse.

»Wir sind also quitt? Sehen Sie das auch so?«, fragte ich ganz direkt. »Ich habe Ihnen Schmerz zugefügt, und Sie haben mir Schmerz zugefügt. Hat es damit ein Ende?«

Sandra schüttelte heftig den Kopf, doch ihre Eltern ignorierten sie. Gott sei Dank gab es Isolierband. Gordon und Barbara nickten einander zu.

»Sie haben Debbie getötet«, sagte Gordon, »aber wir glauben Ihnen, dass Sie sie in Notwehr getötet haben. Und unsere noch lebende Tochter hat äußerst radikale und ungesetzliche Methoden angewendet, um Sie anzugreifen ... Auch wenn es mir widerstrebt, das zu sagen, aber nach dem heutigen Tag werden wir Sie in Ruhe lassen.«

Sandra protestierte wild und gab laute Geräusche von sich.

»Unter einer Bedingung.« Gordons Gesicht wurde plötzlich hart wie Stein. Hinter dem Yuppie kam plötzlich der Werwolf zum Vorschein. »Sie werden nichts gegen Sandra unternehmen. Und Sie bleiben weg aus Mississippi.«

»Abgemacht«, sagte ich unverzüglich. »Aber haben Sie genug Kontrolle über Sandra, damit auch sie sich an unsere Abmachung hält?« Es war eine unhöfliche, aber berechtigte Frage. Sandra hatte so viel Energie wie eine ganze Armee, und ich bezweifelte stark, dass die Pelts jemals auch nur eine ihrer Töchter richtig unter Kontrolle gehabt hatten.

»Sandra«, sagte Gordon zu seiner Tochter. Da sie zum Schweigen gezwungen war, funkelte sie ihn wütend an. »Sandra, unser Wort ist Gesetz. Wir haben dieser Frau unser Wort gegeben, und unser Wort bindet auch dich. Wenn du dich mir widersetzt, fordere ich dich beim nächsten Vollmond heraus und werde dich vor dem ganzen Rudel erniedrigen.«

Sowohl Mutter als auch Tochter wirkten schockiert, Sandra noch mehr als ihre Mutter. Sandras Augen verengten sich, und nach einem sehr, sehr langen Augenblick nickte sie.

Ich konnte nur hoffen, dass Gordon sich eines langen und gesunden Lebens erfreuen würde. Denn sobald er krank würde oder starb, würde Sandra sich nicht mehr an seine Worte gebunden fühlen, da war ich mir verdammt sicher. Doch als ich das kleine Haus in den Sümpfen schließlich verließ, standen die Chancen, dass ich die Pelts niemals wieder in meinem Leben sehen würde, gar nicht so schlecht. Und das war doch wenigstens schon mal etwas.