Kapitel 20

Ich schlief wie eine Tote. Wie im Traum hörte ich die Hexen fröhlich lärmend in den Hof zurückkehren. Mit alkoholschweren Zungen gratulierten sie sich noch immer gegenseitig. In Hadleys Wäscheschrank hatte ich ein paar grundsolide Baumwolllaken gefunden und hatte die schwarzen Satindinger sofort in den Wäschekorb befördert. Es fiel mir also leicht, gleich wieder einzuschlafen.

Als ich aufstand, war es schon nach zehn Uhr morgens. Es klopfte an der Tür, und ich stolperte den Flur entlang, um zu öffnen, nachdem ich mir ein Paar Radlerhosen und ein knallrosa Trägertop von Hadley übergestreift hatte. Durch das Guckloch sah ich Umzugskartons und öffnete überglücklich die Tür.

»Miss Stackhouse?«, fragte ein junger Schwarzer, der die zusammengefalteten Kartons festhielt. Als ich nickte, fügte er hinzu: »Ich habe den Auftrag, Ihnen so viele Kartons zu bringen, wie Sie möchten. Reichen dreißig erst mal?«

»Oh, ja«, erwiderte ich. »Das ist großartig.«

»Außerdem habe ich den Auftrag«, sprach er weiter, er nahm es höchst genau, »Sie mit allem zu versorgen, was Sie zum Verpacken brauchen könnten. Ich habe hier Klebeband, Kreppband, Filzschreiber, Scheren und Aufkleber.«

Die Königin hatte mir jemanden geschickt, der für mich einkaufen gegangen war.

»Möchten Sie farbige Aufkleber? Manche Leute beschriften die Sachen aus dem Wohnzimmer gern mit roten, die aus dem Schlafzimmer mit grünen und so weiter.«

Ich war noch nie umgezogen - zwei Tüten mit Kleidern und Handtüchern in Sams möblierte Doppelhaushälfte tragen, nachdem meine Küche abgebrannt war, zählte wohl nicht -, daher hatte ich keine Ahnung, wie man da am besten vorging. Mich überkam die verführerische Vision von Unmengen ordentlich aufgereihter Umzugskartons mit farbigen Aufklebern an allen Seiten, so dass überhaupt keine Verwechslungen möglich waren. Dann holte mich die Realität wieder ein. So viel würde ich gar nicht einpacken für Bon Temps. Es war schwer einzuschätzen, was ich brauchen würde, da ich mich auf unbekanntem Terrain bewegte. Von den Möbeln würde ich jedenfalls kaum welche mitnehmen, das war schon mal klar.

»Bunte Aufkleber brauche ich vermutlich nicht, danke«, erwiderte ich. »Ich fange mal mit diesen Kartons hier an und kann Sie ja anrufen, wenn ich mehr brauche, okay?«

»Ich werde sie für Sie auffalten.« Er hatte sehr kurzes Haar und so lange, geschwungene Wimpern, wie ich sie noch nie bei einem Mann gesehen hatte. Kühe hatten manchmal so schöne Wimpern. Er trug ein Polohemd zu Khakihosen, die mit einem Gürtel versehen waren, und teure Sneakers.

»Tut mir leid, aber ich habe Ihren Namen nicht verstanden«, sagte ich, als er eine Rolle Klebeband aus einer vollgestopften Plastiktüte zog. Er begann mit der Arbeit.

»Oh, 'tschuldigung«, antwortete er und klang zum ersten Mal ganz natürlich. »Ich bin Everett O'Dell Smith.«

»Freut mich.« Er hielt kurz in der Arbeit inne, und wir gaben uns die Hand. »Wie kommt es, dass Sie mir helfen?«

»Ach, ich bin an der Tulane Business School, und einer meiner Professoren kennt Mr Cataliades, das ist der berühmteste Rechtsanwalt auf dem Gebiet Vampire. Mein Professor hat das Spezialgebiet Vampirrecht. Mr Cataliades brauchte einen Tag-Menschen - ich meine, er selbst kann natürlich tagsüber draußen sein, aber er brauchte so eine Art Laufburschen.« Drei Umzugskartons hatte er bereits zusammengebaut.

»Was bekommen Sie dafür?«

»Als Gegenleistung darf ich ihm in seinen nächsten fünf Fällen vor Gericht helfen und verdiene dabei auch noch etwas Geld, das ich dringend brauche.«

»Hätten Sie heute Nachmittag Zeit, um mich zur Bank meiner Cousine zu fahren?«

»Aber sicher.«

»Verpassen Sie auch keinen Unterricht?«

»Oh, nein. Ich habe noch genug Zeit, ehe mein nächster Kurs beginnt.«

Er war schon im Unterricht gewesen und hatte all diese Dinge hier besorgt, ehe ich überhaupt aufgestanden war. Na ja, er hatte sich auch nicht die halbe Nacht um die Ohren schlagen müssen, um seiner toten Cousine zuzusehen.

»Diese Müllsäcke voller Kleidung können Sie zur Heilsarmee oder sonst einer Wohltätigkeitsorganisation bringen.« Damit wäre immerhin die Galerie aufgeräumt, und ich hätte das Gefühl, wenigstens schon etwas geschafft zu haben. Ich hatte die Sachen alle sorgfältig durchgesehen und mich vergewissert, dass Hadley nichts darin versteckt hatte. Was wohl die Heilsarmee davon halten würde? Hadley war eindeutig auf dem Trip »Knalleng & Superknapp« gewesen, und das war noch das Netteste, was man über ihren Kleidungsstil sagen konnte.

»Ja, Ma'am«, erwiderte er, zog ein Notizbuch hervor und schrieb etwas hinein. Dann wartete er aufmerksam. »Noch etwas?«

»Ja, es ist nichts zu essen da. Wenn Sie heute Nachmittag wiederkommen, würden Sie dann bitte ein paar Lebensmittel mitbringen?« Ich konnte zwar Leitungswasser trinken, aber aus gar nichts ein Essen zu zaubern war mir nicht möglich.

In diesem Moment hörte ich ein Rufen im Hof und sah von der Galerie hinunter. Dort unten stand Quinn mit einer Tüte vom Bäcker und einem großen Becher in der Hand. Mir lief das Wasser im Mund zusammen.

»Sieht aus, als wäre die Essensfrage schon geregelt«, sagte ich zu Everett und winkte Quinn herauf.

»Kann ich dir helfen?«, rief Quinn. »Deine Cousine hatte sicher weder was zu essen noch Kaffee im Haus. Hier sind ein paar Beignets und ein so starker Kaffee, dass dir Haare auf der Brust wachsen.«

Diesen Ausdruck hatte ich bereits ein paarmal gehört, doch ich musste noch immer darüber lächeln. »Oh, genau das brauche ich«, erwiderte ich. »Komm rauf. Kaffee habe ich, aber ich hatte noch keine Gelegenheit, welchen zu kochen, weil Everett hier so tatkräftig ist.«

Everett lächelte. Der zehnte Karton war aufgestellt. »Sie wissen, dass das nicht stimmt. Ist aber trotzdem nett.«

Ich stellte die beiden Männer einander vor, und nachdem Quinn mir die Bäckertüte und den Kaffee gegeben hatte, half er Everett. Ich setzte mich an den Esstisch mit der Glasplatte, verschlang die Beignets bis auf den letzten Krümel und trank den Kaffee aus. Ich war ganz voll Puderzucker, doch das störte mich nicht im Geringsten. Quinn drehte sich nach mir um und versuchte ein Lächeln zu unterdrücken. »Du trägst das Süße an dir, Süße«, sagte er.

Ich sah an meinem Trägertop hinunter. »Aber kein einziges Haar auf der Brust«, stellte ich fest, und er fragte: »Darf ich mal sehen?«

Lachend verschwand ich erst mal ins Badezimmer, um mir die Zähne zu putzen und die Haare zu kämmen, zwei unverzichtbare Dinge. Ich sah an Hadleys Sachen hinunter, die ich angezogen hatte. Die schwarzen Radlerhosen bedeckten gut den halben Oberschenkel. Hadley hatte sie vermutlich nie getragen, da sie für ihren Geschmack nicht knapp genug waren. Für mich saßen sie gerade richtig, nicht so eng, dass man sehen konnte, wo jede ... na, lassen wir das. Das knappe rosa Top ließ meine hellrosa BH-Träger aufblitzen, gar nicht zu reden von einigen Zentimetern meines, dank Bräunungscreme, sehr ansehnlichen Ausschnitts. Hadley hätte sicher noch ein Schmuckstück im Bauchnabel getragen. Ich betrachtete mich im Spiegel und versuchte mir vorzustellen, wie ich wohl mit Piercing aussehen würde. Nee, bloß nicht. Ich schlüpfte in ein Paar mit Kristallsteinen verzierte Sandalen und fühlte mich etwa dreißig Sekunden lang geradezu glamourös.

Dann begann ich mit Quinn darüber zu reden, was ich den Tag über so vorhatte, und damit ich nicht schreien musste, ging ich mit Haarbürste und Haargummi in Händen aus dem Schlafzimmer in den Flur. Ich beugte mich vornüber, bürstete mein Haar und fasste es schließlich zu einem Pferdeschwanz zusammen. Nach all den Jahren, die ich die Haare jetzt schon so trug, war ich sicher, dass er in der Mitte saß; das ging mittlerweile ganz automatisch. Mein Pferdeschwanz reichte inzwischen bis an die Schulterblätter. Ich schlang das Haargummi darum und richtete mich wieder auf. Quinn und Everett hatten in der Arbeit innegehalten und starrten mich an. Als ich sie ebenfalls ansah, wandten sich die beiden hastig wieder ihren Aufgaben zu.

Okay, es war mir zwar entgangen, aber anscheinend hatte ich irgendwas Interessantes getan. Ich zuckte die Achseln und verschwand im großen Badezimmer, um mich zu schminken. Nach einem weiteren Blick in den Spiegel fiel mir auf, dass vielleicht alles, was ich in dieser Kleidung tat, für einen normal reagierenden Mann von einem gewissen Interesse sein könnte.

Als ich wieder herauskam, war Everett gegangen, und Quinn gab mir einen Zettel mit seiner Handynummer. »Er sagt, du sollst anrufen, wenn du noch mehr Kartons brauchst«, sagte Quinn. »Er hat die Müllsäcke mit den Kleidern alle mitgenommen. Sieht aus, als würdest du mich gar nicht brauchen.«

»Das kann man doch gar nicht vergleichen«, erwiderte ich lächelnd. »Everett hat mir weder Beignets noch Kaffee mitgebracht.«

»Also, was als Nächstes? Womit kann ich dir helfen?«

»Okay, als Nächstes ...« Eigentlich hatte ich gar keinen genauen Plan. Alles lief irgendwie auf »Sachen durchsehen und aussortieren« hinaus, und das konnte Quinn schlecht für mich machen.

»Wie wär's damit? Du räumst die Küchenschränke aus und stellst alles so hin, dass ich es auf einen Blick sehen kann«, schlug ich vor. »Dann entscheide ich, was ich behalte und was nicht, und du kannst es in verschiedene Kartons packen. Was ich nicht mitnehmen will, stellen wir auf die Galerie hinaus. Ich hoffe, der Regen verschont uns noch ein wenig.« Am sonnigen Vormittagshimmel zogen schon einige Wolken auf. »Und bei der Arbeit kann ich dir dann auch erzählen, was hier gestern Abend vor sich gegangen ist.«

Trotz des drohenden Unwetters arbeiteten wir den restlichen Vormittag, bestellten zum Mittagessen Pizza und arbeiteten nach dem Essen weiter. Alles, was ich nicht brauchte, wanderte in Müllsäcke, und Quinn trainierte seine Muskeln, indem er die vollen Säcke in den Hof hinunter und in den kleinen Geräteschuppen trug. Die Klappstühle, die eigentlich darin aufbewahrt wurden, standen noch im Hof herum. Ich versuchte, Quinns muskulösen Körper nur dann bewundernd zu mustern, wenn er es nicht bemerkte, was mir, glaube ich, auch ganz gut gelang. Quinn interessierte sich sehr für die ektoplasmische Rekonstruktion, und wir redeten darüber, was all das bedeuten mochte, kamen jedoch zu keinem endgültigen Ergebnis. Jake hatte keine Feinde unter den Vampiren, soweit Quinn wusste. Quinn war der Ansicht, dass der Mord an Jake wohl eher Hadley schaden sollte und nichts mit Jakes eigenen Sünden zu tun hatte.

Amelia sah ich in der ganzen Zeit kein einziges Mal, und ich fragte mich schon, ob sie mit zu Bob, dem Strebertypen, gegangen war. Vielleicht war er auch bei ihr geblieben, und die beiden amüsierten sich prächtig in Amelias Apartment. Wer weiß, unter der Mormonenkluft aus weißem Hemd und schwarzer Hose konnte ja ein feuriger Liebhaber stecken. Ich sah mich im Hof um. Ja, da war Bobs Fahrrad, es lehnte noch immer am Baum. Weil der Himmel von Minute zu Minute dunkler wurde, schob ich es lieber auch in den Geräteschuppen.

Quinn den ganzen Tag in meiner Nähe zu haben heizte mir ganz schön ein. Zum Arbeiten trug er ein ärmelloses T-Shirt und Jeans, und ich ertappte mich immer wieder mal bei der Frage, wie er wohl ohne das alles aussehen würde. Allerdings war ich nicht die Einzige, die hier Vermutungen über die Nacktheit anderer Leute anstellte. Während er Müllsäcke die Treppe hinuntertrug oder Töpfe und Pfannen in Kartons packte, schnappte ich hin und wieder einen von Quinns Gedanken auf, und diese Gedanken drehten sich eindeutig nicht um seine unerledigte Post oder seine ungewaschene Wäsche.

Ich besaß noch Geistesgegenwart genug, eine Lampe anzuschalten, als die ersten Donnerschläge aus der Ferne heranrollten. Das Unwetter war da.

Dann ging der wortlose Flirt mit Quinn weiter - ich achtete darauf, dass er mich gut sehen konnte, wenn ich mich streckte, um ein Glas oben aus dem Küchenschrank zu nehmen, oder wenn ich mich bückte, um das Glas in Zeitungspapier zu wickeln. Zu einem Viertel war es mir peinlich, würde ich sagen, aber der Rest von mir hatte Spaß daran. Und sehr viel Spaß hatte es in meinem Leben zuletzt ja wirklich nicht gegeben - eigentlich nie so richtig -, und so genoss ich das Spiel mit dem Feuer.

Plötzlich spürte ich, wie im Stockwerk unter mir Amelias Hirn mehr recht als schlecht erwachte. Da ich in einer Bar arbeitete, erkannte ich sofort, was mit ihr los war: Amelia hatte einen fürchterlichen Kater. Ich lächelte in mich hinein, als die Hexe an Bob dachte, der noch neben ihr schlief. Neben der Frage »Wie konnte ich nur?« beschäftigte Amelia vor allem ein Gedanke: dass sie dringend einen Kaffee brauchte. Sehr dringend. Aber sie konnte nicht mal Licht machen im Apartment, das in dem herannahenden Unwetter immer dunkler wurde. Es hätte ihren Augen zu sehr wehgetan.

Mit einem Lächeln auf den Lippen drehte ich mich zu Quinn um und wollte ihm gerade sagen, dass wir bald mit einer angeschlagenen Amelia zu rechnen hätten. Da sah ich, dass er direkt hinter mir stand, mit einem entschlossenen Blick in den Augen, den ich nicht missverstehen konnte. Er war drauf und dran, zu etwas ganz anderem überzugehen.

»Sag mir, du willst mich nicht küssen, dann lass ich dich in Ruhe.« Da küsste er mich auch schon.

Ich sagte kein Wort.

Weil ich viel kleiner war als er, hob Quinn mich nach einer Weile hoch und setzte mich auf die Kante der Küchenzeile. Ein Donnern rollte durch den Himmel, als ich meine Knie öffnete, damit er mir so nah wie möglich kommen konnte. Ich schlang die Beine um ihn. Er zog das Haargummi von meinem Pferdeschwanz (das lief nicht ganz schmerzfrei ab), fuhr mit den Fingern durch die offenen Strähnen, hielt sich mein Haar an die Nase und atmete meinen Geruch so tief ein, als sei er dem Duft einer Blume auf der Spur.

»Okay?«, fragte er schwer atmend, als seine Finger den unteren Rand meines Tops gefunden hatten und darunter glitten. Vorsichtig tastete er sich zum Verschluss meines BHs vor und hatte in Rekordzeit herausgefunden, wie er geöffnet wurde.

»Okay?«, sagte ich ganz benommen und wusste selbst nicht, ob ich »Okay? Oh, Wahnsinn, mach weiter!« meinte oder doch eher »Okay? Kommt drauf an, wie weit du gehst«. Doch Quinn nahm meine Antwort als grünes Licht.

Er schob den BH beiseite und fuhr mit den Daumen über meine Brustwarzen, die schon ganz hart waren. Ich dachte, ich würde jeden Moment explodieren, und nur die Ahnung, dass noch viel Besseres auf mich wartete, hielt mich zurück. Ich rutschte weiter an die Kante vor, so dass die Wölbung in Quinns Jeans sich in meinen Schritt presste. Erstaunlich, wie gut das zusammenpasste. Er presste sich an mich, ließ ab, presste sich wieder an mich und traf dabei genau die richtige Stelle, die durch den dünnen Stretchstoff der Radlerhose so leicht erreichbar war. Noch ein weiteres Mal, und ich schrie auf und klammerte mich wie blind an ihn in einem Orgasmus, der mich in ein anderes Universum katapultierte. Mein Atem klang wie Schluchzen, und ich umschlang ihn wie meinen Helden. Was er in diesem Moment sicher auch war.

Sein Atem ging noch immer schwer, er bewegte sich weiter, presste sich an mich, und noch einmal, auf der Suche nach der gleichen Erlösung, die ich eben mit lautem Aufschrei erlebt hatte. Ich küsste seinen Hals, ließ meine Hand zwischen uns gleiten, streichelte ihn durch seine Jeans, und da stieß er einen ebenso plötzlichen Schrei aus wie ich und klammerte sich bebend an mich. »O Gott. O Gott.« Mit geschlossenen Augen küsste er mir Hals, Wangen, Lippen, wieder und wieder. Als sich sein Atem - und meiner auch - ein wenig beruhigt hatte, sagte er: »Süße, so bin ich nicht mehr gekommen, seit ich siebzehn war, auf dem Rücksitz im Auto meines Vaters mit Ellie Hopper.«

»Dann war es also gut für dich«, murmelte ich.

»Darauf kannst du wetten«, erwiderte er.

Einen Augenblick lang hielten wir uns noch so umklammert, und da erst hörte ich, dass der Regen bereits gegen Fenster und Türen trommelte und es grollend donnerte. Mir war danach, mich ein wenig auszuruhen, und auch Quinns Hirn wurde ähnlich schläfrig, als er meinen BH wieder schloss. Unten kochte Amelia in der dunklen Küche Kaffee, und Bob war gerade mit dem wunderbaren Duft in der Nase erwacht und fragte sich, wo seine Hose war. Und im Hof und die Treppe hinauf wimmelte es nur so vor lautlos heranschleichenden Feinden.

»Quinn!«, schrie ich in dem Moment, als sein scharfes Gehör das Geräusch von Fußtritten wahrnahm. Quinn ging sofort in Kampfhaltung. Weil ich nicht in Bon Temps war, wo ich jeden Tag auf meinem Kalender die Symbole sah, hatte ich ganz vergessen, dass wir uns dem Vollmond näherten. An Quinns Händen waren bereits Krallen zu sehen, mindestens fünf Zentimeter lange Krallen statt Finger. Seine Augen wandelten sich zu schräg stehenden Schlitzen und wurden ganz golden, die schwarzen Pupillen extrem geweitet. Die Veränderung der Knochen in seinem Gesicht machte ihn zu einem Fremden. Eben noch hatte ich mit diesem Mann eine Art Sex gehabt, und jetzt hätte ich ihn nicht mehr erkannt, wenn ich ihm auf der Straße begegnet wäre.

Doch es blieb nur noch Zeit, über die beste Verteidigung nachzudenken. Da ich die Schwächere von uns beiden war, sollte ich besser auf das Überraschungsmoment setzen. Ich sprang vom Küchentresen, eilte an Quinn vorbei zur Tür und griff mir die Lampe vom Tischchen. Als der erste Werwolf durch die Tür brach, hieb ich sie ihm derart über den Kopf, dass er taumelte, der zweite über ihn stolperte und Quinn sich direkt auf den dritten stürzen konnte.

Unglücklicherweise kamen noch sechs weitere.