Mitte April

sah Yasha die ersten

Zugvögel über das Dorf hinwegziehen. Es waren Schwäne und Gänse, die in großen v-förmigen Schwärmen vor einem strahlend blauen Frühlingshimmel in Richtung Norden flogen. Das war für Yasha das Zeichen, dass er die Suche nach seinen richtigen Eltern beginnen sollte. Sehnsüchtig blickte er den Vögeln hinterher – wie frei sie doch waren! Yasha ließ die schwere Schultasche neben sich ins Gras fallen, warf seine Jacke auf den feuchten Rasen und setzte sich darauf. Den Umweg über die Wiese hatte der Junge gemacht, weil er noch einmal in Ruhe über seinen gewagten Plan nachdenken wollte. Grübelnd pflückte Yasha ein Gänseblümchen und riss ein Blütenblatt nach dem anderen heraus. »Ich reise, ich reise nicht, ich reise …«

Yashas Eltern stammten aus Ungarn, das war die einzige Information, die der Junge besaß. Allerdings war eine Reise nach Ungarn für ihn nicht ungefährlich, denn dort könnte er dem Gegenspieler seiner Eltern, dem finsteren Olav Zürban, begegnen. Unbehaglich zog Yasha die Schultern hoch und schob dann diesen Gedanken energisch beiseite. Das Problem könnte er sowieso erst lösen, wenn der Schwarzmagier leibhaftig vor ihm stünde. Und vielleicht hatte Olav Zürban ihn längst vergessen … Plötzlich musste Yasha laut über sich selber lachen. Er saß hier auf der Wiese und dachte über Dinge nach, die er sich schon tausendmal überlegt hatte. Das arme zerrupfte Gänseblümchen flog in hohem Bogen davon. »Ich schinde nur Zeit, weil ich Angst vor der ungewissen Reise habe«, gestand sich Yasha freimütig ein. »Jeder Wunsch kann bei Berühren des Talismans in Erfüllung gehen«, hatte sein Vater ihm gesagt. Entschlossen drückte Yasha den Talisman an seine Brust und sprach: »Ich wünsche, ich wünsche, ich wünsche nach Ungarn zu gelangen!«

Einen Moment später umgab ihn ein Höllenlärm. Es rauschte und dröhnte in seinen Ohren. Yasha wurde von einem starken Sog erfasst. Vom Herumwirbeln wurde ihm ganz schwindelig. Alles war mit einem Mal nass – klitschenass, ganz so, als wäre er in eine riesige Waschmaschine geraten.

Als Yasha wieder

zu sich kam, befand er sich mitten in einem reißenden Fluss. Der Talisman hatte ihn in eine Welle verwandelt! »Wir beginnen unsere Reise im Schwarzwald, mein kleiner Freund!«, raunte der Talisman Yasha zu. Eine Welle zu sein ist ganz schön schwierig, und Yasha fühlte sich dabei sehr unsicher. Er konnte gar nichts von dem, was man als Welle können müsste. Besonders schwer fiel es ihm, seinen Körper, der nur noch aus Wasser bestand, zusammenzuhalten. Und es dauerte eine ganze Weile, ehe Yasha das Kunststück beherrschte, sich schnell wieder zu sammeln, wenn ein Stein ihn teilte. Aber Yasha lernte jeden Tagetwas Neues. Im Fluss gab es viele andere kleine Wellen, die auch noch allerhand zu lernen hatten. Die alten erfahrenen Wellen gaben ihr Wissen weiter und sorgten, wenn es nötig war, auch mal für Ordnung. Allmählich wich die Angst und Yasha begann, sich im Fluss glücklich und frei zu fühlen. Er ließ sich treiben, tänzelte herum, bäumte sich auf, schwoll an und donnerte mit den vielen anderen Wellen zusammen kleine Wasserfälle hinunter. Genussvoll umwirbelte er Steine und umstrich die Schilfhalme am Ufer. Ein lustiges Gefühl! An einem schönen stillen Abend, die Sonne verschwand gerade hinter den Bäumen, dachte Yasha über sein Leben als Welle nach: »Es ist genau wie in der Schule. Zuerst kann man nichts und muss viel lernen, aber wenn man es endlich kann, macht es richtig Spaß. Man darf nur nicht vorher aufgeben.«

Der Fluss wurde breiter und floss nun ruhig dahin. Jetzt wurde die Reise für die Wellen richtig gemütlich. Weil das Wasser nun nicht mehr so laut toste, sondern nur noch ganz leise gluckerte, konnte Yasha die murmelnde Stimme des Flusses hören: »Sei willkommen, kleiner Yasha! Ich bin die Donau, der schönste und größte Fluss Europas.« Nun wusste Yasha, dass er seinem Talisman vollkommen vertrauen konnte, denn die Donau fließt erst durch Deutschland, dann durch Österreich und später durch Ungarn. Und nach Ungarn wollte er ja reisen, um seine Eltern zu suchen.

Die Donau erzählte den

Wellen viele längst vergessene

Geschichten, die sie, die alte Dame, miterlebt hatte. Yasha war stolz darauf, ein Teil der Donau zu sein. Monatelang floss, plätscherte und schwappte er an den schönsten Landschaften und Städten vorbei. Als sie Ulm mit seinem unglaublich schönen Münster erreichten, rief die Donau alle kleinen Wellen zusammen und erzählte ihnen: »Das Ulmer Münster wurde vor mehr als 600 Jahren gebaut. Ich sah damals, wie tausende von Menschen daran arbeiteten. Viele Jahrhunderte lang bauten sie mit ihren bloßen Händen und ganz einfachen Werkzeugen an ihrer Kirche. Damals gab es noch keine Maschinen! Jemand hat mir erzählt, dass vom Kirchturm aus die Menschen auf der Straße wie kleine Ameisen aussehen. Der Kirchturm des Ulmer Münsters ist nämlich der höchste der Welt. Er ist 161 Meter hoch! Ganz oben stellten die Arbeiter die schönsten Statuen auf. Diese schönen Steinfiguren kann aber nur der liebe Gott sehen, weil sie so weit oben stehen. Alles in allem dauerte es ganze 513 Jahre, bis das Ulmer Münster vollständig fertig wurde. So, nun müssen wir leider weiter!«, sagte die Donau. »Aber eine Geschichte kann ich euch neugierigen kleinen Wellen noch erzählen, während wir aus der Stadt herausfließen.

Als ich vor 180 Jahren

hier vorbeikam,

sah ich auf dem Kirchturm einen Mann mit riesigen Flügeln stehen. Er war der beste Schneider von Ulm. Jahrelang hatte er in seiner freien Zeit an zwei Flügeln genäht. Er wollte als einer der ersten Menschen fliegen wie ein Vogel. Und er flog, aber nur ein ganz kleines Stück. Dann stürzte er ab und verschwand kopfüber in meinen Fluten …« Den letzten Satz murmelte die Donau sehr leise und Yasha bemerkte erstaunt, dass der Fluss ein bisschen voller geworden war. Denn die Donau weinte in Erinnerung an den tapferen Schneider von Ulm. Eine kleine, vorwitzige Welle, die neben Yasha schwamm, raunte ihm zu: »Die Donau war in den Schneider verliebt. Sie ist immer noch traurig, weil ihn seine Freunde so schnell aus dem Wasser gezogen haben. Die Donau hätte ihn so gerne mitgenommen!« In Gedanken versunken floss Yasha weiter, vorbei an Regensburg und Passau. Dann änderte sich die Sprache der Menschen, die am Ufer wanderten. Die Stimmen klangen ein bisschen wie Musik – sie waren in Österreich angekommen. Die alten, erfahrenen Wellen jubelten. »Warte nur, Yasha, bis du Wien siehst, die Hauptstadt von Österreich!«, gurgelten sie. In der Ferne hörte man Musik, die so schön klang, dass Yasha sich am Ufer an einer Weide festhielt, um andächtig zu lauschen. Die Musik, die ihm so gut gefiel, war ein Walzer und alle Wellen sangen und gurgelten im Chor: »Hier in Wien will ich immer bleiben. Diese Musik ist so herrlich. Kaiserin Sisi, die einst hier lebte, war so wunderschön, die Mädchen in ihren Dirndlkleidern sind so zauberhaft und der Wein ist so süß – oh Wien! Oh Wien! Oh Wien! Du allein!« Die Donau kannte das schon. Es ärgerte sie jedes Mal, dass die Wellen, immer wenn sie Wien erreichten, in einen wahren Begeisterungstaumel gerieten und am liebsten dort bleiben wollten. Darum fließt der Fluss hier auch so langsam. Doch die Donau hat außerordentlich gute Verbindungen zum Wind und zu den Wolken. »Los, Sturm, komm auf!«, schrie die wütende Donau. »Vorwärts, ihr Wellen!« Im Nu verdunkelte sich der Himmel. Ein Blitz zuckte durch die dichten Wolken, gefolgt von einem furchtbaren Donnerschlag.

Der Fluss verwandelte

sich in ein brodelndes

Ungeheuer. Yasha wurde vom Ufer fortgerissen und raste mit all den anderen Wellen in einem Höllentempo davon, weiter, immer weiter … Auf dem Weg rissen die Wellen alles mit sich, was ihnen in den Weg kam, sogar den Uferschlamm. Die schöne blaue Donau war nun hässlich braun geworden. Yasha hatte schwer zu kämpfen, um nicht von den anderen Wellen unterdrückt zu werden. Völlig entkräftet fiel er in Ohnmacht.

Eine ohnmächtige Welle ist schon sehr merkwürdig. Aber Yasha war ja keine normale Welle. Als der Junge zu Bewusstsein kam, lag er unter einer großen Brücke. Vor ihm standen etwa 20 Kinder und starrten mit offenen Mündern auf ihn herab. Er war nun keine Welle mehr. Aber wie sahen nur seine Kleider aus? Schmutzig, zerrissen und obendrein auch noch triefend nass. Benommen stand Yasha auf und strich sich eine tropfende Haarsträhne aus dem Gesicht. »Wo bin ich?«, fragte er in die Runde. »Du bist in Budapest, das ist die Hauptstadt von Ungarn! Bist du ein Zigeuner?«, erwiderte ein Knirps und zupfte dabei an einem Zipfel seines Pullovers. »Könnte schon sein!«, antwortete Yasha ausweichend. »Ich heiße Yasha Dvorach. Mein Vater ist Weißmagier und ich suche nach ihm und meiner Mutter!« »Dann musst du mit zu unserem Dorf am Pilisgebirge kommen! Heute Abend treffen sich dort Zigeuner aus der ganzen Welt. Komm mit!«, riefen die Kinder und liefen davon.

Neben Yasha war

ein Mädchen

stehen geblieben. Sie war sehr schön angezogen und sah beinahe wie ein bunter Regenbogen aus. Ihre dunklen Haare waren zu einem Zopf zusammengebunden, der ihr fast bis zu den Knien reichte. »Ich heiße Panna. Komm!«, sagte sie fröhlich und griff nach Yashas Hand. »Graf Gregorio kann dir vielleicht helfen, deine Eltern zu finden. Er ist mit vielen Zauberern und Weißmagiern befreundet. Heute gibt er im Pilisgebirge ein Konzert! Seine Musik ist Zauberei, dabei ist seine Geige nur sooo groß!« – Panna hob ihre kleine Hand und fuchtelte damit in der Luft herum, um die winzigen Ausmaße der Geige zu verdeutlichen. Die beiden Kinder liefen durch die Felder zum Dorf am Pilisgebirge. Es war ein langer, anstrengender Weg und Yasha war völlig erschöpft! Als sie das Dorf erreichten, verabschiedete sich Panna von ihm. Yasha bestaunte die bunt bemalten Wohnwagen der Zigeuner. Jeder Wagen sah anders aus. Einige waren mit Schnitzereien verziert, andere über und über mit Ornamenten bemalt. Über eine kleine Treppe gelangte man ins Wageninnere. Natürlich hatten alle Wagen Räder, denn die Zigeuner sind ein fahrendes Volk.

Jetzt, um die Mittagszeit, war es sehr ruhig im Dorf. Die Fensterläden und Türen der meisten Wagen waren geschlossen. Aus einigen Schornsteinen ringelten sich feine Rauchfahnen. Am Rande des Dorfes sah Yasha einige Frauen, die an einem Tisch im Schatten eines Wagens saßen und Gemüse putzten. Auf der Treppe des Wohnwagens saß ein alter Mann und zog genussvoll an seiner Pfeife. Auf der Wiese vor den Wohnwagen grasten die schönsten Pferde, die Yasha je gesehen hatte. Sie waren so hübsch geschmückt wie die Pferde, die er einmal im Zirkus gesehen hatte. Da stieg Yasha ein köstlicher Geruch in die Nase. Überrascht merkte er, dass er sehr hungrig war. Der appetitliche Duft kam aus dem Wohnwagen, vor dem er stand. Schüchtern stieg Yasha die schmale Holztreppe hinauf, um an die bunte Tür zu klopfen.

Plötzlich wurde er

fest am Ohr

gepackt. Neben der Treppe war, wie aus dem Nichts, eine kleine, rundliche Frau aufgetaucht. Sie kochte vor Wut und schrie laut: »Jetzt hab ich dich, du frecher Lausbub! Hier hast du nichts zu suchen, du kleiner Dieb!« Mit resolutem Griff zog die erboste Zigeunerin Yasha von der Treppe. Dabei klirrten ihre vielen silbernen Armreifen so gefährlich wie Klapperschlangen. Yasha wand sich wie ein Wurm. Er hatte ganz vergessen, dass er völlig zerlumpt aussah. »Bitte, bitte loslassen!«, flehte er. Dann fasste er seinen Talisman an und rief: »Hilfe!, Hilfe, Hilfe, so hilf mir doch bitte!« Und siehe da: Plötzlich stand Yasha in guten, sauberen Kleidern vor der Frau – wie aus dem Ei gepellt. Verdutzt ließ sie Yashas inzwischen knallrotes Ohr los und gaffte ihn an. Dabei schüttelte sie verwirrt ihren Kopf und wurde auf einmal sehr höflich: »Da kann er von Glück reden, der feine Junge, soeben war ein ganz gemeiner Dieb hier!« Yasha rieb sich das schmerzende Ohr. Dabei lächelte er erleichtert und bat die Frau um etwas zu essen. So kam es, dass die rundliche Xenia ihn zu einem köstlichen Mahl in ihren Wohnwagen einlud. »Aber«, sagte sie, »wir müssen leise sein! Graf Gregorio und seine Zaubergeige ruhen sich gerade aus.« Yasha war entzückt. Graf Gregorio – hier in diesem Wohnwagen! Das war eine grandiose Nachricht. Er hatte wirklich viel Glück. Bald würde er etwas über den Aufenthaltsort seiner Eltern erfahren!

Neugierig

folgte Yasha Xenia

in den Wohnwagen. Es roch nach Holz und ein bisschen nach frisch gewaschener Wäsche. Viel Platz gab es nicht. An der einen Wand befand sich eine Bank mit vielen bunten Kissen. Vor der Bank standen ein schmaler, rot lackierter Tisch und zwei himmelblaue Stühle. Auf der anderen Seite des Wohnwagens brannte ein lustiges Feuer in einem kleinen Herd. Yasha war erstaunt, wie blitzsauber es in dem kleinen Wohnwagen war. Xenia deutete auf die Bank und bat Yasha, sich zu setzen, dabei knarrte die Bank leise. Wäre der Junge mitten im Wohnwagen stehen geblieben, hätte Xenia keinen Platz gehabt, um am Herd zu arbeiten. Sie griff nach der Pfanne, die an der Wand hing, und es dauerte nicht lange, bis sich neben ihr ein großer Berg Pfannkuchen stapelte.

Pfannkuchen mit Erdbeermarmelade war Yashas Lieblingsgericht. Aber vor lauter Aufregung konnte er fast keinen Bissen herunterbringen. Nachdem der Junge schließlich seinen Nachtisch, ein großes Eis, vertilgt hatte, hätte er am liebsten ein klein wenig Krach gemacht, um Graf Gregorio aufzuwecken. Doch das verkniff sich Yasha lieber. Er war ja Gast bei Xenia und da war es wichtig, sich gut zu benehmen.

Als es vor dem

Wohnwagen

laut wurde, freute sich Yasha. Nun musste bald etwas passieren. Fast hätte er die kleine Vase mit den Wildblumen umgestoßen, so hastig sprang der Junge vom Tisch auf. Xenia runzelte missbilligend die Stirn. Durch das kleine Fenster des Wohnwagens sah Yasha die Kinder, die er an der Brücke in Budapest getroffen hatte, und viele andere fröhliche, bunt angezogene Menschen. Auch Panna, das hübsche Mädchen mit dem langen Zopf, war dabei. Alle tanzten und riefen nach Graf Gregorio.

Endlich öffnete sich im hinteren Teil des Wohnwagens eine kleine Tür und Graf Gregorio erschien mit seiner winzigen Geige. Er lächelte Xenia und Yasha freundlich zu, trank ein Glas Wasser und schritt langsam und stolz die Holztreppe hinunter. Yasha und Xenia folgten ihm. Graf Gregorio begann auf der kleinen Geige zu spielen. Er spielte so schön, dass Yasha Tränen in die Augen stiegen. Es war, als ob die kleine Geige alle Herzen zum Schwingen brachte – die Menschen folgten Graf Gregorio durchs Dorf. Niemand konnte seiner Zaubermusik, die aus einer anderen Zeit, ja, aus einer anderen Welt zu kommen schien, widerstehen. Auch Yasha vergaß für einen Moment seine Eltern und die vielen Fragen, die er Graf Gregorio stellen wollte.

Gemeinsam stiegen die vielen Menschen hinauf zum Pilisgebirge und gelangten zu einem großen Versammlungsplatz mitten im Wald. Als es dunkel wurde, zündeten sie ein riesiges Lagerfeuer an. Yasha und Xenia standen ein wenig abseits und beobachteten das bunte Treiben. Eigentlich legte Yasha nicht sonderlich viel Wert auf sein Äußeres, aber als Panna auf ihn zukam, war er froh, dass sein Talisman für ordentliche Kleider gesorgt hatte. Graf Gregorio und die kleine Geige spielten bis in die frühen Morgenstunden – mal melancholisch, mal schwungvoll und immer voller Leidenschaft. Viele Leute waren schon nach Hause gegangen, andere waren erschöpft vom Tanzen eingeschlafen. Das Lagerfeuer war längst heruntergebrannt, als Graf Gregorio seine kleine Geige einpackte. Xenia nickte Yasha aufmunternd zu: »Jetzt hat er Zeit für dich!« Als Graf Gregorio auf Yasha aufmerksam wurde, zeigte er als Erstes auf Yashas Talisman. »Wieso hängt er an deinem Hals?«, fragte er. »Dieser Talisman gehört dem großen Zauberer Dvorach!« Da erzählte Yasha ihm seine Geschichte und, dass er seine Eltern finden musste. Graf Gregorio hörte ihm genau zu. Dann holte er die kleine Geige heraus, die sicher schon in ihrem roten Samtkasten geschlafen hatte und fing an, zur leisen Musik der kleinen Geige eine alte ungarische Sage zu erzählen. Sie handelte von einem Bauernsohn, der eine schöne Prinzessin liebte:

»Es war einmal ein Bauernsohn,

der liebte die Prinzessin schon.

Mehr jedoch liebte er die Macht,

die die Hochzeit ihm gebracht.

Solch Streben tat der Liebe nicht gut,

der Zauberer Dvorach geriet in Wut.

Des Jünglings Wünsche zu Gericht,

Machtgier nimmt der Liebe Licht!

Die Prinzessin, ihr Vater und das ganze Schloss

verschwanden hinterm höchsten Berg.

Ja, das war des Zauberers Werk.

Der Bauernsohn fand seine Prinzessin nicht.

Auf der Suche nach ihr sein Herz zerbricht.

Voll Kummer hinauf zum höchsten Berg,

mit Gott im Glauben und großer Not,

bereute er, was sein Machtstreben bot.

Der Zauberer sah, es freute ihn sehr,

so gab er die Prinzessin wieder her.

Jetzt sind die beiden ein glückliches Paar,

weil die reine Liebe gefunden war.«

Graf Gregorio räusperte sich und auch die kleine Geige verstummte. »Das ist eine sehr alte Sage über deinen Ururgroßvater, den Zauberer Dvorach. Aus ihr hat sich ein Sprichwort abgeleitet, das jeder bei uns in Ungarn kennt: Suchst du jemanden, den du liebst, musst du auf den höchsten Berg klettern!«, hörte Yasha Graf Gregorio noch leise flüstern, dann schlief er ein.

Graf Gregorio

wurde Yashas

bester Freund. Er erzählte dem Jungen viele Geschichten über die Zauberkünste seines Vaters und seiner Vorfahren. Graf Gregorio brachte Yasha das Geigespielen bei und zeigte dem Jungen, wie man den Csardas tanzt. Der Csardas ist ein herrlicher, wilder ungarischer Tanz und Yasha tanzte ihn so gut, dass allen schwindelig wurde, die ihm dabei zusahen. Es war eine ausgelassene und schöne Zeit.

Nur zwei Dinge stimmten Yasha traurig: Erstens konnte ihm niemand sagen wo, sich seine Eltern aufhielten, und zweitens sah er Panna, das Mädchen mit dem langen Zopf, nicht wieder. Yasha hatte sich in Panna verliebt, aber nur ein ganz kleines bisschen!

Der Talisman
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