Kapitel 14

Am Montagmorgen mühte Fifi sich widerstrebend aus dem Bett. Sie hatte das ganze Wochenende abwechselnd geweint oder aus dem Fenster geschaut – in der Hoffnung, Dan plötzlich die Straße hinunterkommen zu sehen. Sie hatte sich so sehr gewünscht, dass alles wieder gut werden würde.

Aber am Sonntagabend war ihr klar geworden, dass er nicht zurückkommen würde, und alles, was übrig blieb, war die Analyse der Ereignisse, die zu seinem Fortgang geführt hatten. Fifi hatte das Gefühl, in fast allen Punkten verantwortlich für das Geschehene zu sein.

Der Gedanke daran, heute wieder zur Arbeit gehen zu müssen, erfüllte sie mit Angst. Die anderen Frauen würden gewiss nach ihrer Fehlgeburt fragen und vielleicht auch nach Angelas Tod, falls sie aus den Zeitungen von Fifis Rolle in diesem Fall erfahren hatten. Sie konnte nicht über all diese Dinge reden, ohne preiszugeben, von Dan verlassen worden zu sein. Wenn sie in der Vergangenheit doch nur nicht so selbstgefällig von ihrer glücklichen Ehe erzählt hätte! Immer hatte sie in den höchsten Tönen von Dan geschwärmt, als wäre er der Inbegriff des perfekten Ehemanns.

Sie hatte nie eingestanden, dass ihre Eltern ihn missbilligten oder dass ihr Zuhause lediglich aus zwei Zimmern in einer schäbigen Nebenstraße bestand. Wie sollte sie da jetzt erklären, warum alles so furchtbar schiefgegangen war?

Wenn sie gewusst hätte, wohin Dan gegangen war, wäre sie gestern zu ihm gelaufen und hätte ihn angefleht, nach Hause zurückzukommen. Aber sie wusste es nicht und hatte auch keine Ahnung, wo sie suchen sollte. Er sprach häufig über seine Kollegen, doch dabei ging es immer nur um ihren Charakter, ihre komischen Angewohnheiten oder Interessen, um Witze, die sie ihm erzählt hatten. Nie hatte er erwähnt, wo Männer wie Owen oder Jack wohnten. Aber selbst wenn sie die Stadtteile gekannt hätte – welchen Nutzen hätte dies jetzt für sie gehabt? London war eine riesige Stadt, und sie kannte nicht einmal die Nachnamen seiner Arbeitskollegen.

Es war eine große Versuchung, die Arbeit Arbeit sein zu lassen und zu der Baustelle in Stockwell zu gehen. Doch es würde keinen guten Eindruck machen, wenn sie nicht im Büro erschien, nachdem sie so lange gefehlt hatte, und falls Dan nie mehr zurückkam, würde sie den Job dringender brauchen denn je. Außerdem hatte er nie gewollt, dass sie zu der Baustelle kam. »Das ist kein Platz für Frauen«, pflegte er zu sagen. Vermutlich würde er erst recht wütend auf sie sein, wenn sie vor seinen Freunden und seinem Boss dort auftauchte.

Also blieb ihr nichts anderes übrig, als den Brief, den sie ihm am vergangenen Abend geschrieben hatte, aufzugeben. Hoffentlich vermisste er sie am nächsten Morgen so sehr, dass er sofort zu ihr zurückkam!

»Schön, dass Sie wieder da sind, Mrs. Reynolds«, sagte Mr. Unwin, als er ins Büro kam und sie an ihrem Schreibtisch sitzen sah. »Ich hoffe, Sie sind vollkommen wiederhergestellt.«

In Fifis Augen war Mr. Unwin eine Seltenheit in der juristischen Welt, von aufrichtiger Freundlichkeit und Rücksicht gegenüber seinem Personal, ganz anders als einige der schroffen, herzlosen Anwälte in der Kanzlei in Bristol. Er war ein hässlicher Mann, hochgewachsen und dünn, mit einer schnabelähnlichen Nase und stark vorstehenden Zähnen, aber überraschenderweise hatte er eine ausgesprochen schöne blonde Frau, die ihm zu Füßen zu liegen schien.

»Ja, vielen Dank, Sir«, antwortete sie und überlegte, wie viele Leute ihr diese Frage an diesem Tag noch stellen würden und wie lange sie ihre Lüge, alles stünde zum Besten, würde aufrechterhalten können.

Mr. Unwin bat Beryl, die Bürohilfe, ihm einen Kaffee zu bringen, dann wandte er sich wieder an Fifi.

»Möchten Sie vielleicht jetzt zum Diktat kommen, Mrs. Reynolds? Ich werde Sie heute nicht zu hart arbeiten lassen«, fügte er mit einem Lächeln hinzu. »Ich habe zwei Briefe, die heute noch rausgehen müssen, aber sobald Sie damit fertig sind, können Sie für den Rest des Tages Abschriften tippen oder Akten ablegen.«

Gegen Mittag taten Fifi der Arm und die Finger weh, doch zumindest lieferte ihr dieser Umstand eine gute Ausrede für ihre Niedergeschlagenheit. Einige der Mädchen fragten sie, ob sie mit ihnen zu Mittag essen wolle; offensichtlich brannten sie darauf, Näheres über die Ereignisse zu erfahren, aber Fifi schützte dringende Einkäufe vor und ging zu ihrer Lieblingsstelle an der Themse, um nachzudenken.

Es war ein warmer, aber trüber Tag, und der Fluss wirkte grau und träge, gerade so, wie sie sich fühlte. Wie glücklich war sie gewesen, als sie das erste Mal an dieser Stelle gesessen hatte! Es war so aufregend gewesen, an dem berühmten Fluss zu sitzen und all die Sehenswürdigkeiten, das Parlamentsgebäude und die Kuppel der St. Paul’s Cathedral, zu betrachten. Damals hatte sie wirklich geglaubt, dass Dan und sie für immer zusammenbleiben würden, ganz gleich, was das Leben ihnen in den Weg stellte.

Aber ohne ihn hatte London nicht die geringste Romantik, es war lediglich eine riesige, weitläufige Stadt, von der manche Leute behaupteten, sie sei der einsamste Ort der Welt.

Fifi fühlte sich jetzt schon unerträglich einsam. Dan hatte sie einmal damit geneckt, dass sie in London keine echten Freunde, sondern nur Bekannte habe und dass sie den Unterschied kennen lernen würde, wenn sie einmal in Schwierigkeiten geraten sollte. Damals war sie sehr entrüstet gewesen und hatte etwa ein Dutzend Personen aufgezählt, die sie in London kannte und als Freunde eingestuft hatte. »All diese Menschen würden mir Geld leihen, mir ein Bett für die Nacht zur Verfügung stellen oder alles andere geben, was ich brauche«, hatte sie geschworen.

Doch jetzt, da sie nichts weiter benötigte als eine Schulter, an der sie sich ausweinen konnte, fiel ihr niemand ein, an den sie sich hätte wenden können. Yvette, Miss Diamond, Stan, Frank – sie alle hatten sich in letzter Zeit von ihr zurückgezogen. Vermutlich hatte Dan Recht, und sie waren keine echten Freunde. Patty war der einzige Mensch, auf den sie sich verlassen konnte – wenn Fifi sie anrief, würde ihre Schwester sich in den nächsten Zug nach London setzen. Aber sie würde sie nicht anrufen. Sonst würde ihre Mutter wissen, dass sie gewonnen hatte.

Hätte Dan die Post nicht mit zur Arbeit genommen, hätte Fifi ihrer Mutter geschrieben und ihr mitgeteilt, entweder gemeinsam mit Dan zu einem Besuch zu kommen oder gar nicht. Das hatte sie auch in ihrem Brief an Dan erklärt.

In meinem Herzen nimmst Du den ersten Platz ein, Dan. Ich bin so lange ohne meine Familie zurechtgekommen und würde im Notfall auch für immer auf sie verzichten können. Aber ohne Dich komme ich nicht zurecht, hatte sie geschrieben.Als Fifi an diesem Abend von der U-Bahn-Station nach Hause ging, war sie bis auf die Knochen erschöpft. Der inzwischen ungewohnt gewordene lange Arbeitstag hatte sich als überaus anstrengend erwiesen.

Im Laden an der Ecke kaufte sie einen Laib Brot. Mrs. Witherspoon, die Besitzerin, war tief in ein Gespräch mit Eva Price, der geschiedenen Rothaarigen, vertieft, aber als Fifi hereinkam, wandten sich beide Frauen um.

»Wenn Sie über mich geredet haben, lassen Sie sich nicht stören«, sagte Fifi ironisch, da sie dachte, die beiden hätten von Dans Auszug gehört.

»Wir haben nicht über Sie geredet, meine Liebe«, erwiderte Mrs. Witherspoon. »Wir haben uns gerade nur gefragt, was in dieser Straße noch alles passieren könnte.«

Etwas im Tonfall der Stimme der Ladenbesitzerin lenkte Fifi jäh von ihren eigenen Problemen ab. Normalerweise sprach die Frau leise und beinahe verschwörerisch, vermutlich weil sie einen großen Teil des Tages mit Klatsch und Tratsch zubrachte, aber jetzt klang ihre Stimme schrill und verängstigt.

»Diese Geschichte können wir Alfie nicht in die Schuhe schieben, denn er sitzt ja hinter Schloss und Riegel«, meinte Eva, die noch besorgter wirkte als Mrs. Witherspoon.

»Was ist denn passiert?«, fragte Fifi.

»Sie haben es noch nicht gehört?«, entgegnete Mrs. Witherspoon. »Hier hat es den ganzen Tag über nur so gewimmelt von Polizisten!«

»Ich arbeite seit heute wieder«, erklärte Fifi. »Ich wollte gerade nach Hause gehen. Es hat doch nichts mit Dan zu tun, oder?«

»Nein, Liebes. Es geht um John Bolton. Er ist tot. Seine Leiche wurde heute Morgen in aller Frühe im Fluss gefunden«, antwortete Eva mit einem tiefen Seufzer. »Und es war auch kein Unfall. Die Polizei ermittelt wegen Mordes.«

Nachdem Dan sie am vergangenen Abend verlassen hatte, hatte Fifi keinen einzigen Gedanken mehr auf den Mann im Jaguar oder auf John Bolton verschwendet. Aber angesichts dieser schockierenden Neuigkeit fiel ihr plötzlich alles wieder ein. »Nein!«, rief sie und begann zu zittern.

»Vera war heute Morgen hier, um ihre Zigaretten zu kaufen«, berichtete Mrs. Witherspoon und stützte ihren üppigen Busen auf die Theke. »Sie hat darüber geschimpft, dass er die ganze Nacht fortgeblieben sei, und sie wollte ihn bei seiner Heimkehr mit dem Nudelholz erwarten. Gerade mal zwei Stunden später ist dann die Polizei gekommen. Sobald ich den Wagen gesehen habe, habe ich gleich erraten, dass John etwas zugestoßen sein musste. Die arme Vera! Manche Leute hier haben kein Mitleid mit ihr, weil John ein Schurke war, aber in meinen Augen ist sie einfach eine Frau, die ihren Mann verloren hat. Mir tut sie jedenfalls von Herzen leid.«

»Wie schrecklich für sie«, sagte Fifi schwach, und ihr Mitgefühl war echt. »Hat man schon eine Ahnung, wer es war?«

»Ich glaube nicht«, entgegnete Eva. »Sie haben Unmengen Fragen gestellt, doch John war nicht der Typ, der viel übers Geschäft redete.«

»Manche Leute sagen, sein ›Geschäft‹ sei die Erpressung von Schutzgeld gewesen«, erklärte Mrs. Witherspoon mit leuchtenden Augen. »Wenn es so war, dann hat er verdient, was er bekommen hat. Aber ich mache mir viel mehr Sorgen um die arme Vera; sie wird ganz außer sich sein.«

Es war einfach zu viel für Fifi. Plötzlich konnte sie keinen Augenblick länger mehr in dem Laden bleiben. Sie legte das Geld für das Brot auf die Theke, entschuldigte sich und lief davon.

Als sie die Haustür öffnete, sah Frank sie durch sein Küchenfenster kommen.

»Wie war es bei der Arbeit?«, rief er.

»Alles in Ordnung, vielen Dank«, antwortete sie. Sie verspürte den dringenden Wunsch, sofort nach oben zu gehen, weil sie ihrer Panik kaum mehr Herr wurde.

»Haben Sie schon von John Bolton gehört?«, fragte er und kam den Flur hinunter auf sie zu.

Fifi unterdrückte ein Seufzen. Sie konnte nicht unhöflich sein und davonlaufen. »Ja, gerade eben. Mrs. Witherspoon hat es mir erzählt. Das ist schrecklich, nicht wahr? Als hätte es in dieser Straße nicht schon genug Unglück gegeben.«

»Der gesunde Menschenverstand sagt mir, dass es nichts mit Angelas Tod zu tun haben kann.« Frank schüttelte bekümmert den Kopf. »Aber wie groß sind die Chancen, dass zwei Menschen, die in derselben Straße leben, binnen weniger Wochen getötet werden, ohne dass es eine Verbindung zwischen den beiden Fällen gibt?«

»Es gab eine Verbindung. John hat bei den Muckles Karten gespielt«, erwiderte Fifi ein wenig scharf.

»Ja, aber das ist nicht allzu viel, und bei dem letzten Spiel war er eindeutig nicht dabei«, sagte Frank nachdenklich. »Natürlich hätte er vielleicht die Burschen, die dabei waren, identifizieren können. Vielleicht hatten sie Angst, dass er sie verpfeifen würde?«

Fifi konnte nicht länger mit Frank reden, denn sie fürchtete, ihre Beine würden jeden Moment unter ihr nachgeben. »Ich bin wirklich müde. Ich muss nach oben gehen und mich um den Tee kümmern«, erklärte sie.

»Ist alles in Ordnung mit Ihnen, Kind?«, hakte Frank nach und kam einen Schritt näher. »Sie sind weiß wie ein Laken.«

»Ich muss mich nur ein wenig setzen und die Füße hochlegen«, behauptete sie und versuchte zu lächeln.

»Schicken Sie Dan heute Abend Fisch und Chips holen«, sagte er und klopfte ihr väterlich auf die Schulter. »Und gehen Sie schön früh zu Bett.«

Daraufhin fühlte Fifi sich noch elender. Frank hatte offensichtlich nicht mitbekommen, dass Dan gegangen war. Und sie konnte es ihm auf keinen Fall erzählen, nicht jetzt, da sie sich so wackelig fühlte und den Tränen so nah war.

Während Fifi mit Frank sprach, stand Nora Diamond im Badezimmer und wusch ihre Strümpfe aus, und sie hörte, was gesprochen wurde. Sie ging hastig in ihr Wohnzimmer und schloss die Tür, bevor Fifi die Treppe hinaufkam, denn sie konnte der jungen Frau nicht gegenübertreten.

Sie hängte ihre Strümpfe zum Trocknen über die Rückenlehne eines Stuhls, dann goss sie sich einen großen Gin Tonic ein. Ihr Kostüm und den Hüfthalter hatte sie bereits ausgezogen und war in ihren Hausmantel geschlüpft, wie sie es jeden Abend tat, wenn sie von der Arbeit kam. Normalerweise gönnte sie sich nur einen kleinen Gin und sah sich die Nachrichten im Fernsehen an, bevor sie sich ein Abendessen richtete, doch heute Abend brauchte sie einen großen Drink, um ihre Nerven zu beruhigen.

Nora hatte am Samstag den Streit zwischen Dan und Fifi mit angehört. Sie hatte bei offener Tür das Wohnzimmer geputzt. Als Dan die Treppe hinuntergestürmt war, hatte sie aus dem Fenster geblickt und ihn mit einer Tasche über der Schulter die Straße hinaufeilen sehen.

Nora hatte Fifi am Wochenende mehrmals weinen hören. Ihr Herz hatte sie immer wieder gemahnt, hinaufzugehen und ihr Trost anzubieten, aber ihr Kopf hatte dem widersprochen: Es geht dich nichts an, hatte sie sich gesagt, Fifi wird schon kommen, wenn sie Hilfe oder jemanden zum Reden braucht.

An diesem Morgen hatte Nora Fifi vom Fenster aus beobachtet, als sie zur Arbeit gegangen war. Sie hatte sehr elegant gewirkt in einer karierten blauen Jacke, einem engen Rock und hochhackigen Schuhen und mit dem schulterlangen, wippenden blonden Haar. Der Anblick hatte düstere Erinnerungen an die Zeit geweckt, da ihr eigenes Herz gebrochen gewesen war, aber wie Fifi hatte Nora sich trotzdem zurechtgemacht und war hinausgegangen, um der Welt die Stirn zu bieten.

Nora mochte sowohl Dan als auch Fifi, daher wollte sie keinem der beiden die Schuld zuweisen. Was immer den Bruch bewirkt hatte, es war eine furchtbare Schande. Die beiden hatten so gut zusammengepasst!

Aber an diesem Abend waren es nicht Fifis und Dans Probleme, die ihr zu schaffen machten. Es war John Boltons Tod.

Mrs. Witherspoon war, was Berichte über Scherereien und Katastrophen betraf, besser als die bbc. Nora hatte auf dem Heimweg ein Viertelpfund Tee gekauft und sofort von den jüngsten Neuigkeiten erfahren.

Sie war zutiefst schockiert und entsetzt, aber sie hatte ihre Gefühle unter Kontrolle halten und genauso reagieren müssen, wie Mrs. Witherspoon es von der hochnäsigen Miss Diamond erwartete, einer Frau, die so unnachgiebig und kalt war wie der Stein, dem sie ihren Namen verdankte.

In ihren zwölf Jahren in der Dale Street hatte Nora gelernt, ihre Nachbarn zu verstehen: Neue Leute verwirrten sie, und in Ermangelung von bekannten Tatsachen erfanden sie irgendwelche Geschichten, die ihrer Meinung nach auf die Neuankömmlinge passten. Yvette war angeblich Mitglied der französischen Widerstandsbewegung gewesen, Stan war manchmal ein polnischer Kriegsheld, häufiger aber ein illegaler Einwanderer. Als Fifi auf der Bildfläche erschienen war, hatte man erzählt, sie sei Fotomodell, obwohl dieses Gerücht schon bald erstorben war, da Fifi freimütig die Wahrheit über sich selbst erzählt hatte.

Nora war sehr erheitert gewesen, als sie damals herausgefunden hatte, dass man sie für eine Ärztin hielt, der man die Approbation entzogen hatte. Sie konnte das nur auf ein Ereignis in ihrer ersten Woche hier zurückführen – sie hatte einem Mann, der von einem Wagen angefahren worden war, erste Hilfe geleistet. Tatsächlich hatte sie ihre begrenzten medizinischen Kenntnisse während des Krieges als Schwesternhelferin in einem Krankenhaus in Dorset erworben.

Doch sie hatte diesen Mythos ganz bewusst nicht entkräftet, da er sich als eine gute Tarnung erwies.

John Bolton war der Einzige, der die Wahrheit über sie kannte. Er hatte ihr geholfen, als sie sich an niemanden sonst hatte wenden können, aber sie waren sich beide einig gewesen, ihre Verbindung niemals zu enthüllen. Nicht einmal Vera, seine Frau, wusste davon.

Nora lehnte sich in ihrem Sessel zurück und schloss die Augen. Normalerweise grübelte sie niemals über die Vergangenheit nach. Aber John war tot, und bereits morgen oder übermorgen würden die Zeitungen seine schillernde Lebensgeschichte ausgraben, und Nora fand, dass es nur recht sei, diesen Abend zu nutzen, um sich ins Gedächtnis zu rufen, was für ein Mensch er als junger Mann gewesen war. Damals war er mitfühlend und mutig gewesen, ein Mann, der es mit seinem Aussehen, seinem Verstand und seiner Intelligenz ganz nach oben hätte bringen können. Traurigerweise hatte er es vorgezogen, sich in der Welt des Verbrechens heimisch zu machen, doch nicht einmal das hatte ihrer Dankbarkeit und ihrer Zuneigung zu ihm Abbruch getan.

Sie hatte ihn mit einunddreißig kennen gelernt. Es war 1950 gewesen, kurz nachdem Reggie sie hatte sitzen lassen. Sie hatte ihren Mädchennamen, Amy Tuckett, wieder angenommen, weil sie hatte vergessen wollen, dass sie jemals Mrs. Reggie Soames gewesen war.

Ein Freund in Plymouth hatte sie mit dem Besitzer des Nachtclubs »Starlight« in Soho zusammengebracht. Er suchte nach einer Frau mit Niveau als Managerin des Clubs, und ihr Freund hatte gedacht, sie sei genau die Richtige für den Job. John war in dem Club der Chefbarkeeper gewesen.

Trotz allem, was Reggie ihr angetan hatte, hatten die Männer sich damals noch immer die Hälse nach ihr verrenkt. Jetzt war sie übergewichtig und färbte sich das Haar, um die grauen Strähnen zu überdecken, aber damals war es leuchtend kastanienbraun gewesen, und sie hatte eine perfekte Figur gehabt. Man verglich sie oft mit Ava Gardner, und sie ahmte die berühmte Frisur des Filmstars nach, an einer Seite zurückgesteckt, während sich auf der anderen Seite eine Kaskade von Locken über ihre Schulter ergoss.

Selbst 1950, lange bevor Soho zu einem Synonym für Laster und Stripclubs wurde, war es bereits einer der Dreh und Angelpunkte kriminellen Treibens. Aber für Nora, die fast ihr ganzes Leben in Dorset verbracht hatte, war es ein aufregender, eleganter Ort, und es dauerte einige Wochen, bis sie sich seiner schäbigeren Unterströmungen bewusst wurde. Der Club in der Greek Street war sehr vornehm eingerichtet, und die Kundschaft bestand aus adeligen und wohlhabenden Leuten. Noras Aufgabe war, sie zu begrüßen und dafür zu sorgen, dass sie sich gut amüsierten. Außerdem war sie die Vorgesetzte von zwanzig Hostessen, die den Männern, die ohne Begleitung kamen, für den Abend Gesellschaft leisteten.

Nora liebte ihre Arbeit und war stolz darauf. Die Hostess bekam ein Honorar für ihre Dienste, und Nora erhielt von jedem dieser Honorare einen bestimmten Anteil. Sie gab sich größte Mühe, ein wenig über all ihre Mädchen in Erfahrung zu bringen; sie beriet sie, was Kleider, Frisur und Make-up betraf, und sie tat ihr Bestes, jeden Mann von einem Mädchen betreuen zu lassen, das zu ihm passte. Und Nora war sehr gerecht: Sie hatte unter den Hostessen niemals Favoritinnen, die alle Kunden bekamen, wenn es einmal ruhig zuging. Es gab eine klare Regel, nach der keine Hostess einen Kunden nach Hause begleiten durfte, denn dem Club drohte die Schließung, falls er sich auf Prostitution einließ. Nora sorgte dafür, dass sich alle Hostessen an diese Regel hielten.

Endlich frei von dem Herzeleid und den Sorgen um Reggie und mit einem Verdienst von rund fünfzig Pfund die Woche, war ihr neues Leben ausgesprochen schön – als Sekretärin hätte sie sich zu dieser Zeit schon glücklich schätzen müssen, auch nur zehn Pfund zu verdienen. Jeden Abend lernte sie interessante, charmante Menschen kennen, und sie fand in der Nähe des Clubs eine kleine, behagliche Wohnung.

Alle Mädchen waren ein wenig verliebt in John Bolton, den ersten Barkeeper. Er war erst fünfundzwanzig, schlank und gut aussehend, während die meisten Stammkunden des Clubs eher beleibt und deutlich über vierzig waren, aber vor allem besaß John einen unbezähmbaren Sinn für Humor und großen Charme.

Allein sein Aussehen mit den hypnotischen, dunkelblauen Augen, dem schwarzen Haar und der glatten, olivfarbenen Haut hätte wohl gereicht, um eine Frau schwach werden zu lassen. An Noras erstem Abend drückte er ihr mit einem Augenzwinkern einen doppelten Whisky in die Hand, denn er spürte ihre Nervosität. Er war es auch, der ihr erklärte, welches die wertvollen Stammgäste waren und wie sie die Unruhestifter erkennen konnte. Von ihm erfuhr sie, welche Mädchen Ermutigung brauchten und welche ihr wahrscheinlich Kummer bereiten würden.

Sechs Monate lang war Nora über die Maßen glücklich. Sie grübelte nicht länger über ihr geplündertes Treuhandvermögen nach, über die Schande und die Demütigung, die Reggie ihr zugefügt hatte. Manchmal war sie ihm auf seltsame Weise sogar dankbar dafür, denn jetzt hatte sie ein weitaus erfüllteres, schillernderes Leben und genoss außerdem absolute Unabhängigkeit.

Aber eines Abends kamen drei Männer in den Club, hünenhafte, gefährlich aussehende Männer mit schroffen Stimmen und Gesichtern, die offenkundig von Fäusten geformt worden waren, auch wenn ihre Besitzer maßgeschneiderte Anzüge und goldene Armbanduhren trugen. Solche Männer waren in Soho ein gewohnter Anblick. Sie lebten von den Gewinnen von Laster, Schurkerei oder Diebstahl, aber sie pflegten auch große Mengen Geldes auszugeben, und wenn sie ins »Starlight« kamen, benahmen sie sich im Allgemeinen tadellos.

Diese drei Männer waren jedoch nicht gekommen, um sich zu amüsieren, sie waren gekommen, um Nora zu sehen. Sie verlangten zu wissen, wo Reggie war, und erklärten, dass er bei ihnen Spielschulden in Höhe von fünfzehntausend Pfund habe, und sie zeigten Nora einen von ihm unterschriebenen Schuldschein.

Natürlich erklärte sie ihnen, dass er sie bestohlen und verlassen habe und dass sie keine Ahnung habe, wo er sich aufhielt. Aber die Männer sagten, als seine Frau müsste sie für seine Schulden gerade- stehen.

Sie tat den Zwischenfall mit einem Schulterzucken ab. »Das Ganze geht mich nichts an. Sie können mich unmöglich für Reggies Verhalten verantwortlich machen«, entgegnete sie tapfer. Und als die Männer ohne weiteren Protest den Club verließen, nahm sie an, sie hätten ihre Argumente akzeptiert.

Aber kurz nachdem Nora am nächsten Tag in den frühen Morgenstunden von der Arbeit nach Hause kam, klingelte es an ihrer Tür. In der Annahme, es wäre eine Nachbarin, öffnete sie – und da waren die Männer wieder!

Sie stießen sie beiseite und stürmten in die Wohnung, und einer der Männer hielt sie fest, sodass sie die Polizei nicht anrufen konnte. Sie stellten die ganze Wohnung auf den Kopf, zogen Schubladen heraus, wühlten in ihrem Schrank und sogar im Bücherregal, und als sie nicht mehr als zwanzig Pfund in ihrem Portmonee fanden, bedrohten sie sie.

Einer der Männer hielt ihr die Arme hinterm Rücken fest, während der Anführer, den sie »Earl« nannten, ihr mit einem Messer über die Wange fuhr.

»Sie sind eine gut aussehende Frau, und ich nehme an, Sie wollen eine gut aussehende Frau bleiben. Zahlen Sie, und Sie werden sich Ihre Schönheit bewahren.«

Sie stand Todesängste aus, denn an der Grausamkeit in seinen kalten blauen Augen erkannte sie instinktiv, dass es ihm Spaß machen würde, sie für ihr Leben zu entstellen. Weinend erklärte sie ihnen wieder und wieder, dass sie nicht mehr habe als das, was sie im Club verdiente.

»Für den Augenblick werde ich mich mit fünfzig Pfund die Woche zufriedengeben«, erwiderte der Earl, »ich komme in Zukunft jeden Freitagabend in den Club, um das Geld abzuholen.«

Als die Männer mitsamt dem Geld, das sie in ihrer Börse gehabt hatte, fortgingen, drehte der Earl sich an der Tür noch einmal um und grinste boshaft.

»Denken Sie nicht einmal daran, zur Polizei zu gehen, oder Sie werden eines Tages mit einem völlig neuen Gesicht im Krankenhaus aufwachen. Und versuchen Sie auch nicht wegzulaufen. Wir werden Sie bald aufspüren und dafür sorgen, dass Sie es bitter bereuen.«

Aus Angst, die Männer würden ihre Drohung wahr machen, wagte Nora es nicht, zur Polizei zu gehen, aber sie konnte ebenso wenig ihre Wohnung und ihren Job aufgeben. Fünf Wochen lang bezahlte sie den Earl und seine Kumpane und flehte dabei jedes Mal um Verständnis dafür, dass sie so nicht weitermachen könne, da dies alles sei, was sie verdiente. Sie war krank vor Angst und Sorge, sie konnte weder schlafen noch essen, und die wenigen Pfund, die sie für schlechte Zeiten gespart hatte, würden schon bald aufgezehrt sein.

Aber am sechsten Freitag stellte der Earl eine neue Forderung: »In Zukunft wollen wir hundert Pfund die Woche, denn bei der Rate, die Sie derzeit zahlen, haben Sie das Rentenalter erreicht, bevor die Schulden abgetragen sind.«

Einmal mehr flehte sie ihn an und beteuerte, ihm unmöglich so viel geben zu können. Doch der Earl lachte sie nur aus.

»Sie sitzen auf einer Goldmine«, meinte er mit einem höhnischen Grinsen. »Sie sind zwar keine zwanzig mehr, aber es gibt eine Menge Kerle, die dreißig oder vierzig Scheine hinlegen würden, um Sie zu ficken. Also tun Sie es, und hören Sie auf zu jammern. Nächste Woche wollen wir das Geld sehen.«

Nachdem sie den Club verlassen hatten, kam John zu ihr herüber. »Was ist los, Darling?«, fragte er.

»Nichts«, behauptete sie und versuchte zu lächeln, aber sie hatte solche Angst, dass sie zitterte.

»Ich kenne diese Truppe«, erwiderte er, und sein gewohntes breites Grinsen verschwand. »Was haben sie gegen Sie in der Hand?«

Sie speiste ihn mit der Bemerkung ab, einer der Männer hätte sie um ein Treffen gebeten und sei unangenehm geworden, als sie abgelehnt habe, doch John ließ sich nicht so leicht täuschen. Wann immer sie eins der Mädchen scharf zurechtwies oder unhöflich zu einem Kunden war, spürte sie seine nachdenklichen Blicke.

Am nächsten Freitagabend war sie nur noch ein Nervenbündel. Sie hatte nicht einmal fünfzig Pfund beisammen, da sie ihre Miete hatte bezahlen müssen.

Der Earl und seine Begleiter kamen um neun, bevor es im Club hektisch wurde, gingen direkt zu einem Tisch am anderen Ende des Raumes und winkten sie heran. Aus lauter Angst brachte sie es kaum fertig, dem Earl zu sagen, dass sie nur vierzig Pfund für ihn habe.

»Sie haben mir beim letzten Mal überhaupt nicht zugehört«, zischte der Earl verächtlich. »Das gefällt mir nicht. Also hören Sie auf, mir etwas vorzumachen, Puppe! Sie stehen in meiner Schuld, und ich werde zurückkommen, um mir mein Geld zu holen.«

Sie schaffte es kaum bis zur Personaltoilette, so heftig zitterte sie, und sobald sie dort war, musste sie sich übergeben. Einige ihrer Mädchen kamen herein, um nach ihr zu sehen, aber sie behauptete, sich wohl eine Lebensmittelvergiftung zugezogen zu haben, und schickte sie weg.

Nora hing noch immer über der Toilettenschüssel, als sie John hereinkommen hörte.

»Ich habe noch nie erlebt, dass jemand eine Lebensmittelvergiftung bekommt, nur weil er mit einer Ratte geredet hat«, meinte er, aber er machte sich nicht über sie lustig, sein Tonfall war freundlich und besorgt.

Es blieb ihr nichts anderes übrig, als ihm alles zu erzählen, und er holte einen feuchten Lappen und tupfte ihr das Gesicht ab, dann nahm er sie in den Arm und ließ sie an seiner Schulter weinen.

»Ich wünschte, ich könnte Ihnen sagen, dass sie ihre Drohung nicht wahr machen werden«, bemerkte er mit leiser Stimme. »Aber ich fürchte, darauf dürfen Sie nicht hoffen. Verstehen Sie, Ihr Mann schuldet nicht diesen Leuten Geld, sondern ihrem Boss. Und sie haben genauso viel Angst vor ihm wie Sie vor ihnen, daher müssen sie Ergebnisse erzielen.«

»Was soll ich nur tun?«, rief sie. John wusste, wer der Boss dieser Männer war, das spürte sie. »Ich kann das Geld nicht zusammenbringen, ich kann nicht zur Polizei gehen, und sie würden mich aufspüren, wo immer ich mich verstecke! Ich kann nicht länger mit dieser Angst leben.«

»Ich werde Sie verstecken«, erwiderte er. »Sie werden den Club verlassen und Ihre Wohnung kündigen müssen. Solange Sie hier sind, gibt es keine Möglichkeit, wie ich Sie schützen könnte. Also tun Sie genau, was ich Ihnen sage, und es wird alles wieder gut werden.«

Johns Plan war einfach: Sie musste wieder in den Club gehen und so tun, als wäre alles normal. Er rechnete damit, dass einer der Männer zurückgeblieben war, um sie zu beobachten. In der Zwischenzeit wollte John sich einen Plan zurechtlegen und ihr ein Zeichen geben, wann es so weit war, dass sie gehen konnte.

Nora saß den ganzen Abend lang auf glühenden Kohlen. Der Club war gerammelt voll, jedes ihrer Mädchen tanzte oder trank mit einem Kunden, und als sie sich in das Gedränge mischte, um sich davon zu überzeugen, dass alle Gäste sich gut amüsierten, spürte sie, dass sie genau beobachtet wurde. Ein mächtiger Mann, der Schuldeneintreiber in seinen Diensten hatte, verfügte ebenso über Informanten und Spione, das war Nora klar, und wenn John ihr half, würde er als Nächster in die Schusslinie geraten.

Aber John kam nicht noch einmal in ihre Nähe, und als die Band um zwei Uhr morgens ihren letzten Song anstimmte, stieg in Nora der Verdacht auf, dass er sich anders besonnen haben müsse und ihr nun doch nicht helfen wollte. Sie organisierte gerade eine Runde Drinks für einen der größeren Tische, als Charles Lownes, ein Stammgast, vor sie hintrat und sie um einen Tanz bat.

Im Club machte man sich gern ein wenig über Charles lustig, da er das Gehabe und den Akzent eines alten Eton-Schülers hatte. Er trug stets eine Smokingjacke mit dazu passendem Hemd und Fliege. Er war Anfang sechzig und trank Whisky in solchen Mengen, als hätte er hohle Beine. Man nahm allenthalben an, dass er sein Vermögen geerbt habe, da er im Allgemeinen als einer der Letzten spätnachts den Club verließ. Außerdem unternahm er ständig Spritztouren nach Paris oder Südfrankreich, und das gewöhnlich in Begleitung einer Frau, die nur halb so alt war wie er.

Nora tanzte nicht oft mit Gästen, erst recht nicht gegen Ende des Abends, wenn sie betrunken waren, daher zögerte sie.

»Kommen Sie, meine Liebe«, sagte er und beugte sich zu ihr vor. »John hat mich gebeten, mich um Sie zu kümmern, und das kann ich nur, wenn Sie sich so benehmen, als glaubten Sie, ich sei die Antwort auf das Gebet einer Jungfrau.«

Nora blickte über ihre Schulter. John mixte einen Cocktail, und er sah direkt zu ihr hinüber, zwinkerte kurz und wandte dann den Blick wieder ab.

Charles war ein guter, sehr leichtfüßiger Tänzer, und wie gewöhnlich merkte man ihm nicht an, wie viel Alkohol er getrunken hatte.

»Vertrauen Sie mir«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Was immer ich sage oder tue, machen Sie einfach mit.«

Er tat so, als wollte er sie verführen, und als der Club schloss, erklärte er mit deutlich vernehmbarer Stimme, dass er sie noch auf einen Schlummertrunk irgendwohin entführen wolle. Vermutlich sollte dies ein Täuschungsmanöver sein, überlegte Nora, falls die Schläger sie mit ihm weggehen sahen. Die Männer würden annehmen, dass sie ihren Rat beherzigte, und sie würden am Morgen auf ihrer Türschwelle auftauchen, um ihr ihren Verdienst abzunehmen.

Als Charles und sie den Club verließen, war John nirgends zu sehen. Duncan, einer der anderen Barkeeper, war zurückgeblieben, um die Türen abzuschließen.

Draußen auf der Straße war die Nachtluft klar und frisch nach dem verqualmten Club, aber es waren noch immer viele Leute unterwegs, von denen ein großer Teil sturzbetrunken war. Ein Taxi wartete auf sie, und Charles half ihr beim Einsteigen. Nora blickte durch das Heckfenster, konnte aber niemanden sehen, der sie beobachtete.

»Wimpole Street«, wies Charles den Fahrer an, und als das Taxi sich in Bewegung setzte, lehnte er sich auf dem Sitz zurück und legte ihr einen Finger auf die Lippen, als wollte er sie warnen, kein Wort über ihre Zwangslage zu verlieren, da der Fahrer sie vielleicht hören würde.

Es stellte sich heraus, dass Charles tatsächlich in der Wimpole Street lebte, aber obwohl das Taxi sie dort absetzte, gingen sie nicht in seine Wohnung. Sobald der Fahrer außer Sicht war, führte Charles sie zu einem Haus an der Hintergasse der angrenzenden Harley Street und brachte sie in eine kleine Wohnung über einem ehemaligen Stall.

Die Wohnung war sauber, aber sehr spartanisch eingerichtet; die Einrichtung bestand aus nicht mehr als einem Bett, zwei Sesseln und einem Herd in der Küche. Sie gehörte, wie Charles ihr erklärte, einem Freund, der dort normalerweise seine Hausangestellten unterbrachte, aber dieser Freund war derzeit außer Landes und hatte Charles gebeten, sich um einige dringend erforderliche Reparaturarbeiten zu kümmern. Er entschuldigte sich für den Mangel an Annehmlichkeiten und versprach, am Morgen mit etwas zu essen zurückzukehren. Doch vor allem schärfte er ihr ein, dass sie auf gar keinen Fall die Wohnung verlassen, irgendjemandem die Tür öffnen oder in dem auf die Gasse hinausgehenden Raum Licht einschalten dürfe.

Sie verbrachte mehr als zwei Wochen in dieser Wohnung und verlor vor Langeweile und Einsamkeit beinahe den Verstand. Charles kam an den meisten Tagen frühmorgens mit Lebensmitteln, einem Buch oder einer Zeitschrift vorbei, und er brachte ihr auch Toilettenartikel und Kleider, da das mit Ziermünzen besetzte Cocktailkleid und die hochhackigen Schuhe, mit denen sie in der Harley Street angekommen war, herzlich wenig zu ihrer neuen Umgebung passten. Er konnte nie länger als ein paar Minuten bleiben, und wenn er wusste, was in ihrer Abwesenheit im Club vorgefallen war, so erzählte er es ihr nicht.

Außerdem hatte sie Angst. Bei jedem plötzlichen Geräusch zuckte sie zusammen, und bei jedem Wagen, der in die Straße einbog, rechnete sie voll und ganz damit, dass es der Earl und seine Männer waren, die sie holen kamen.

Am zwölften Tag brachte Charles ihr eine Zeitung mit.

»Sehen Sie mal auf die dritte Seite«, meinte er mit einem schelmischen Grinsen.

Die Schlagzeile lautete: Verschwundene Hostess entführt. Außerdem war ein Foto von ihr abgebildet, aufgenommen im »Starlight«-Club.

Mit einiger Erheiterung las sie, dass ihre Nachbarn in der Nacht, in der Charles sie hierhergebracht hatte, gehört haben wollten, wie sie gegen halb drei nach Hause gekommen sei. Anschließend, so hieß es in dem Artikel, sei ihre Tür aufgebrochen worden, und man hätte laute Männerstimmen gehört, während ihre Wohnung verwüstet worden sei. Als die Nachbarn später aus ihrer Wohnungstür geschaut hatten, hatten sie zwei Männer gesehen, die eine Verletzte die Treppe hinunterschleiften, und sie hatten vermutet, dass es sich um Amy Tuckett gehandelt haben müsse.

Charles erzählte ihr außerdem, dass John und er inzwischen wüssten, wer der Auftraggeber der Schläger sei. Es handelte sich um einen Mann namens Jack Trueman. Nora erinnerte sich, ihm in ihrer ersten Woche im »Starlight« einmal begegnet zu sein; er war ein hochgewachsener Mann mit dunklem Haar, zerklüfteten Zügen und kalten Augen. Eins der Mädchen hatte ihr erzählt, dass er mehrere Clubs, Casinos und die Art Hotels in Paddington besitze, die von Prostituierten benutzt wurden. Kein Zweifel, er war ein Mann, um den man besser einen großen Bogen machte.

Später am Tag erschien John bei ihr und teilte ihr mit, dass Amy Tuckett verschwunden bleiben würde. Er war es, der Nora Diamond erschaffen hatte, mit falschen Referenzen und einer Versicherungsnummer. Er nannte sie im Scherz »die Frau, die es niemals gab«, schärfte ihr jedoch ein, dass sie in größter Gefahr schweben würde, wenn sie ihre Tarnung jemals aufgeben würde. »Jack Trueman ist absolut skrupellos. Jeder, der sich ihm in den Weg stellt, wird es früher oder später bitter bereuen«, warnte er sie.

Die Ava-Gardner-Frisur und die ausgefallenen, eleganten Kleider mussten verschwinden. Nora färbte sich das Haar dunkelbraun und frisierte es sich zu einem wenig schmeichelhaften Knoten. Charles kaufte ihr ein matronenhaftes marineblaues Kostüm und klobige Pumps. Damit war die äußere Verwandlung abgeschlossen. Sie wurde die Ehrfurcht gebietende und äußerst korrekte Miss Diamond.

Dann kam endlich der Tag, an dem sie durch die Tür ihres Verstecks treten konnte und John sie in die freie Wohnung in der Dale Street schickte.

Er wusste von dieser Wohnung, weil er mit seinen Eltern und seinen beiden Schwestern in Nummer dreizehn lebte. John hielt das Arrangement für ideal, weil er sie auf diese Weise diskret im Auge behalten konnte. Andererseits konnte er sich bei Mr. Capel, dem Vermieter, nicht für sie verwenden, weil niemand von ihrer Verbindung zueinander erfahren sollte. Also erzählte Nora Mr. Capel, sie sei soeben aus Sussex gekommen, um sich in London eine Arbeit zu suchen.

Von jenem Tag an nickten sich Nora und John, wenn sie einander auf der Dale Street begegneten, lediglich höflich und wie Fremde zu. Anders konnte es nicht sein, aber sie hätte alles dafür gegeben, auch weiterhin seine Freundschaft genießen zu dürfen. Sie hasste Kennington, die Wohnung war grässlich, und ihr fehlte das Geld, um etwas an der Situation zu verbessern. Aber sie fühlte sich hier zumindest sicher.

Es war John gelungen, einige ihrer persönlichen Besitztümer einzupacken, aber auch wenn seine Fürsorge sie rührte, hatte sie in Wirklichkeit doch zum zweiten Mal alles verloren, was sie besaß.

Diesmal musste sie ganz von vorn anfangen und sich einen Job suchen, ohne sich dabei auf ihr gutes Aussehen stützen zu können. Außerdem würde sie immer über ihre Schulter blicken und Angst davor haben, erkannt zu werden.

Sie hatte sich sehr einsam gefühlt, als sie nach London gezogen war, doch es hatte Menschen in Dorset gegeben, Freunde, entfernte Verwandte und Bekannte, die sie gern hatte, Menschen, die auch an ihr Anteil nahmen. Aber nach Amys Verschwinden konnte Nora sich mit keinem von ihnen jemals wieder in Verbindung setzen. Sie weinte, als sie ihr Adressbuch verbrannte, denn wer war sie – ohne ihre Geschichte?

Kurze Zeit später fand sie einen Job bei der Telefonvermittlung, und bald darauf wurde sie in die Leitung befördert und war für achtzehn junge Telefonisten verantwortlich. In gewisser Weise hatte ihre Stellung große Ähnlichkeit mit ihrer Arbeit im Club, nur dass sie nicht länger eine schillernde Gestalt war und es sich nicht mehr leisten konnte, irgendjemanden nah an sich heranzulassen, weil sie immer befürchten musste, ihre wahre Identität preiszugeben.

Noras Zuneigung zu John war nie verblasst, trotz ihrer Enttäuschung darüber, dass er sich in die Welt der Kriminalität hatte hineinziehen lassen. Noch bevor er Vera kennen lernte und heiratete, kaufte er das Haus Nummer dreizehn von seinem Vermieter, und sein Name war inzwischen mit einigen der betrügerischsten Geschäftsleute verbunden, die sie in ihrer Zeit in Soho kennen gelernt hatte. Es waren Peter Rachman, ein skrupelloser Vermieter, der naiven, eingeschüchterten indischen Einwanderern in den Slums himmelhohe Mieten abknöpfte, Ronald Beasdale, der illegale Spielhöllen betrieb, und Albert Parkin, der von Schutzgelderpressung lebte.

Vor zwei Jahren hatte sie dann herausgefunden, dass John sich auch mit Jack Trueman eingelassen hatte. In der Zeitung war ein Artikel über den neuen Nachtclub erschienen, den Trueman in Soho eröffnet hatte, und ein Foto, das im Innern des Clubs aufgenommen worden war, hatte John als Manager hinter der Theke gezeigt.

John war, wie Nora sehr wohl wusste, klug genug gewesen, seine Beteiligung an den Ereignissen jener Nacht zu verbergen, in der er dem Earl und seinen Männern in ihrer Wohnung so übel mitgespielt hatte. Er würde sie auch gewiss niemals verraten, das wusste sie. Aber es erfüllte sie mit Entsetzen, dass John bereit war, für einen Mann wie Trueman zu arbeiten. Wie konnte ein Mensch, der sein eigenes Leben aufs Spiel gesetzt hatte, um einer schutzlosen Frau beizustehen, sich mit dem Schurken zusammentun, der dafür verantwortlich gewesen war?

Doch wenn sie das Ganze realistisch betrachtete, war ihr klar, dass John wohl nicht der hatte bleiben können, der er ein Jahrzehnt zuvor gewesen war. Er hatte immer ein »gutes Leben« erstrebt, und um dieses Ziel zu erreichen, hatte er Abkürzungen beschritten. Er wurde allgemein als Gangster bezeichnet, er hatte im Gefängnis gesessen und wahrscheinlich viele Verbrechen begangen, unter denen sein Idealismus zusammengebrochen war. Naiverweise hatte sie gehofft, dass er die Stellung in der Clubleitung angenommen hatte, weil er versuchen wollte, wieder auf den rechten Weg zurückzufinden; für einen Mann, der im Gefängnis gesessen hatte, war es sicher nicht leicht, eine Arbeit zu finden.

So wirkte es jedenfalls. Nora sah ihn fast jeden Abend aus Nummer dreizehn kommen, bekleidet mit einer Smokingjacke und einer Fliege, und am Morgen stand sein Wagen stets wieder vor dem Haus. Den Buschtrommeln in der Straße entnahm sie sogar, dass Vera glücklich sei, weil er jetzt häufiger zu Hause war – die Jahre während seines Gefängnisaufenthaltes waren eine schlimme Zeit für sie gewesen.

Dann hatte Nora an einem Freitagabend vor gut einem Jahr John zusammen mit Jack Trueman, den sie nach einem Zeitungsfoto erkannte, in Haus Nummer elf gehen sehen, wo Alfie die beiden mit einem sehr zufriedenen Grinsen erwartet hatte.

Trueman hatte sich im Laufe der Jahre nicht allzu sehr verändert, obwohl sein Haar jetzt eher silbern als schwarz wirkte. Er ging schätzungsweise auf die sechzig zu, aber er sah weit jünger aus und wirkte immer noch sehr kräftig.

Sie wusste nicht, was sie mehr schockierte, der Gedanke, dass John sich mit einem Dreckstück wie Alfie abgab, oder der Anblick des Mannes, vor dem man sie so eindringlich gewarnt hatte. Vollkommen verängstigt zog sie ihre Vorhänge zu, verschloss die Tür und hockte sich zitternd auf einen Stuhl, vollauf darauf gefasst, dass die Tür im nächsten Moment aufgebrochen werden würde.

Doch am folgenden Morgen hatte sie ihre Ruhe wiedergefunden. Es gab offenkundig einen guten Grund, warum John Trueman zu Alfie mitgenommen hatte, und was es auch war, es hatte nichts mit ihr zu tun. Leute, die in Soho Geschäfte machten, hatten häufig unangenehme Typen wie Alfie auf ihrer Lohnliste stehen, und da John hier in der Dale Street aufgewachsen war und Alfie schon sein Leben lang kannte, glaubte er vielleicht, der Mann könnte für seinen Boss nützlich sein.

Nach jenem Abend sah sie John nie wieder in Alfies Haus gehen, doch Jack Trueman beobachtete sie noch mehrmals vor Nummer elf, häufig in der Begleitung eines jüngeren, dunkelhäutigen Mannes, der ebenso gut gekleidet war wie er. Wahrscheinlich machte es den Männern nichts aus, ein derart verkommenes Haus zu betreten, wenn die Einsätze nur hoch genug waren. Nora war über Jack Truemans Besuche in der Dale Street natürlich keineswegs glücklich, und jeden Freitagabend war sie nur noch ein Nervenbündel, aber dieser Umstand spornte sie dazu an, sich bei mehreren Wohnungsmaklern eintragen zu lassen, und sie hoffte, schon sehr bald von hier fortgehen zu können.

Zu ihrer Schande verspürte sie nichts als Erleichterung, als sie von der Verhaftung der Muckles erfuhr. Nicht Zorn über das, was sie ihrem Kind angetan hatten, nicht einmal eine Träne für Angela, nur Erleichterung, weil Trueman nie wieder in dieser Straße auftauchen würde.

Aber jetzt war John tot, und es konnte kaum ein Zufall sein, dass zwei Menschen aus derselben Straße ermordet worden waren. Hinter den Freitagszusammenkünften in Nummer elf musste mehr gesteckt haben als Glücksspiele, das spürte Nora, und sie war sich fast sicher, dass John getötet worden war, weil er die Absicht gehabt hatte, diese Dinge zu offenbaren.

Sie wusste, sie hätte sofort zur Polizei gehen und ihnen von Jack Trueman erzählen sollen, aber dann würde man sie fragen, warum sie sich nicht eher gemeldet hatte. Als die Polizei nach Angelas Tod bei ihr gewesen war, hatten die Beamten wissen wollen, ob sie irgendeinen der Männer identifizieren könne, der an den Kartenspielen teilgenommen hatte.

»Es ist nicht meine Gewohnheit, meine Nachbarn zu beobachten«, hatte sie ziemlich schroff geantwortet.

Es war unmöglich, das jetzt zurückzunehmen. Sie konnte Truemans Namen nicht nennen, ohne zu erklären, woher sie ihn kannte, und damit würde sie gleichzeitig ihre Vergangenheit enthüllen und sich in Gefahr bringen.

Nora ging zum Fenster hinüber und blickte nach draußen. Vor Nummer dreizehn stand ein Streifenwagen. »Arme Vera«, murmelte sie, und in ihren Augen stiegen Tränen des Mitgefühls auf.

Frank verbrachte den frühen Abend damit, seine Küche zu putzen und die Schränke aufzuräumen, und ging erst ins Wohnzimmer, als es draußen dunkel war. Er trat ans Fenster, um die Vorhänge zuzuziehen, bevor er das Licht einschaltete, hielt jedoch inne, als er Yvette aus ihrem Haus kommen sah. Zu seiner Überraschung ging sie Hand in Hand mit einem Mann.

Nach all dem Kummer und den Ängsten der vergangenen Wochen und der Neuigkeit von Johns Tod heute heiterte dieser Anblick Frank ein wenig auf. Er mochte die Französin, und während all der Jahre, die sie ihm gegenüber wohnte, hatte sie seines Wissens nach noch nie einen Freund gehabt. Es war zu dunkel, um festzustellen, ob sie für einen besonderen Anlass gekleidet war, aber es sah so aus, als wäre sie wegen irgendetwas unentschlossen, denn sie ging wie widerstrebend neben dem Mann her.

Frank lächelte, als der Mann die Arme um sie legte. Yvette lebte seit so vielen Jahren wie ein Eremit, dass es ihr vielleicht widerstrebte auszugehen. Aber Frank zog die Vorhänge zu, denn er wollte nicht wie ein neugieriger Nachbar wirken, und wenige Sekunden später hörte er den Wagen davonfahren.

Er schaltete die Lampe und den Fernseher ein und setzte sich, doch als er nach seiner Pfeife griff, überlegte er, dass er später vielleicht bei Stan anklopfen und einen Besuch im »Rifleman« vorschlagen würde. Er hatte in den letzten Wochen fast so zurückgezogen gelebt wie Yvette, und es wurde Zeit, damit aufzuhören.

Am nächsten Morgen verließ Fifi um Viertel nach acht das Haus. Sie hatte in der Nacht kaum ein Auge zugetan, denn Bilder von Angela, Dan und sogar von John Boltons Leichnam, wie er aus dem Fluss gezogen wurde, hatten ihr den Schlaf geraubt.

Es nieselte, und es war ziemlich kalt, und als sie die Straße hinaufging, dachte sie lustlos an die bevorstehenden Wintermonate. Die Fenster in der Wohnung waren undicht, der Gasheizer war uralt und viel zu schwach, und vermutlich würde sie die meiste Zeit über erbärmlich frieren. Wenn Dan nicht bald nach Hause kam, sollte sie sich vielleicht auf die Suche nach einem möblierten Zimmer begeben, wo sie es wenigstens warm hatte.

Sie war bereits auf halbem Weg zur U-Bahn, als ein blauer Wagen neben ihr abbremste und anhielt. Zwei Männer saßen darin, beide Ende zwanzig oder Anfang dreißig.

»Hallo, Fifi!«, rief der Beifahrer aus dem Fenster. »Sie sind doch Fifi, oder? Dan hat gesagt, Sie seien groß, blond und schön!«

Bei der Erwähnung von Dans Namen tat Fifis Herz einen Satz. Beide Männer sahen aus wie Arbeiter in ihren typischen dicken, wasserfesten Jacken.

»Ja, ich bin Fifi«, antwortete sie und beugte sich ein wenig herab, damit sie die Männer besser sehen konnte. Der Fahrer hatte dunkelrotes, gelocktes Haar. Vermutlich war er der Zimmermann, den Dan immer »Red« nannte. Er wirkte ein wenig hart und mürrisch. Der andere Mann hatte hellbraunes Haar und keine besonders auffälligen Gesichtszüge; er war unrasiert, doch er hatte ein nettes Lächeln. »Wie geht es Dan?«, fragte sie.

»Sie sind es wirklich! Gott sei Dank«, rief der Mann auf dem Beifahrersitz. »Wir waren schon bei Ihnen zu Hause, aber Sie müssen gerade weggegangen sein. Wir haben bisher mindestens sechs Blondinen gesehen, und zwei davon haben uns eine hübsche Abfuhr erteilt, als wir sie angesprochen haben. Wahrscheinlich haben sie uns für Freier gehalten, die sie anmachen wollten. Es ist nämlich so, Dan hat uns gebeten, herzukommen und Sie zu holen. Er ist krank geworden.«

Sofort stieg Panik in Fifi auf. »Was ist los mit ihm? Wo ist er?«

Der Beifahrer stieg aus dem Wagen und klappte seinen Sitz nach vorn, damit sie hinten einsteigen konnte. »Springen Sie rein, wir erklären es Ihnen unterwegs«, meinte er.

Der Berufsverkehr war unangenehm, doch der Fahrer bog an der Kennington Road rechts ab und fuhr am Kriegsmuseum vorbei in Richtung Camperwell.

Der braunhaarige Beifahrer stellte sich als Martin vor, und der rothaarige Fahrer hieß Del.

»Ein paar von uns waren am Sonntag draußen, um einige Dinge für den Boss zu erledigen«, erklärte Martin an Fifi gewandt. »Die Baustelle liegt in der Nähe von Eltham. Ihr Dan war nicht er selbst, aber er hatte am Samstagabend auch ziemlich viel getrunken. Am nächsten Abend ging es ihm allerdings erheblich schlechter, und der Boss meinte, er solle lieber über Nacht dort bleiben. Wie dem auch sei, gestern ging es ihm nicht besser, und er konnte nicht arbeiten. Der Boss hat erzählt, Dan hätte die ganze Nacht hindurch nach Ihnen gefragt, deshalb sollen wir Sie holen.«

Fifi war der Schreck in die Glieder gefahren. Dan war niemals krank, außerdem war er überhaupt nicht der Typ, der irgendjemandem zur Last fiel, erst recht nicht jemandem wie seinem Boss. Er musste ernsthaft krank sein.

»Oh mein Gott«, rief sie aus. »Was hat er denn?«

Martin zuckte die Schultern. »Der Boss meinte, es sei eine Art Fieber, mit hoher Temperatur und allem Drum und Dran. Er ist zu schwach, um aufzustehen.«

»Hat der Boss einen Arzt gerufen?«

»Keine Ahnung, aber ich nehme es an«, antwortete Martin. »Er hat uns lediglich aufgetragen, Sie zu holen.«

Fifi hatte keine Ahnung, wo Eltham lag, was für eine Gegend es war oder wie lange die Fahrt dorthin dauerte. Aber während sie weitere Fragen nach Dan stellte und jedes Mal nur eine sehr kurze, bisweilen sogar schroffe Antwort bekam, gewann sie den Eindruck, dass die Männer es übel nahmen, von ihrem Arbeitgeber als Taxichauffeure eingesetzt zu werden.

Zu ihrer Angst um Dan kam noch eine andere Sorge: Was würde man in der Kanzlei sagen, wenn sie nicht zur Arbeit kam? Es würde einen schlechten Eindruck machen, nachdem sie erst am vergangenen Tag die Arbeit wieder aufgenommen hatte. Aber ihre Hauptsorge galt Dan, und sie fragte sich, ob er Samstagnacht vielleicht im Freien geschlafen und sich eine Erkältung zugezogen hatte. Es war schließlich nass und kalt gewesen, und wenn er sehr viel getrunken hatte, war es ihm möglicherweise nicht aufgefallen. Wenn er nun eine Lungenentzündung hatte?

»Ich dachte, Arnie wohne in Essex«, bemerkte sie, als ihr plötzlich etwas einfiel, das Dan ihr einmal erzählt hatte.

»Wer?«, fragte Martin, ohne sich umzudrehen.

»Der Boss«, sagte sie.

»Oh, der ist nur ein vergleichsweise kleines Licht«, erwiderte Martin hochtrabend. »Er leitet lediglich die Baustelle. Der eigentliche Boss ist Ken, doch er kommt nicht allzu oft zu uns heraus, er ist mehr mit der Planung der Arbeiten beschäftigt.«

»Oh, ich verstehe«, murmelte Fifi und verfiel wieder in Schweigen.

Sie kamen durch New Cross und Lewisham, Orte, von denen sie zwar gehört, die sie aber bisher nie gesehen hatte.

»Sind wir jetzt bald da?«, erkundigte sie sich, als sie sah, dass sie hinter den viktorianischen Reihenhäusern von Lewisham rechts einbogen und auf eine breitere, freundlichere Straße mit vielen Bäumen und einigen neu gebauten Häusern kamen.

»Ja, fast«, antwortete Del, der Fahrer.

Plötzlich befanden sie sich auf einer zweispurigen Schnellstraße in einer halb ländlichen Gegend. Hinter den Häusern, die vermutlich in den Dreißiger- oder Vierzigerjahren erbaut worden waren, erstreckten sich Felder. Es war genau die Art von Umgebung, in der man das Haus eines Baustellenleiters vermuten würde. Sie erinnerte Fifi an Henbury daheim in Bristol.

Kurz darauf bogen sie von der breiten Straße auf eine schmalere ein, durch die sie in einen engen Feldweg gelangten. Zu beiden Seiten standen hohe Hecken, sodass Fifi nicht sehen konnte, wo sie hinfuhren.

Erst da beschlich sie zum ersten Mal ein leises Unbehagen. Sie wusste nicht, wo sie war, sie hatte nur sehr wenig Geld bei sich, und vor dem heutigen Tag war sie keinem dieser zwei Männer je begegnet. Vielleicht hätte sie nicht gar so leichtfertig in den Wagen steigen sollen?

Aber sie tat diese Gedanken als lächerlich ab. Natürlich brachten sie sie zu Dan, warum sonst hätten sie nach ihr suchen sollen? Es war wunderbar, dass Dan sie bei sich haben wollte, und sobald sie im Haus seines Chefs war, würde sie im Büro anrufen und die Situation erklären können.

Der Feldweg war sehr schlammig und führte steil bergauf. Fifi lehnte sich auf ihrem Sitz nach vorn, denn sie erwartete, am Ende des Weges ein Haus zu sehen. Aber als sie auf dem Gipfel des Hügels angelangt waren, hatten sie meilenweit nur ödes Land vor sich. Alles, was sie entdecken konnte, waren eine große Scheune und einige Nebengebäude.

»Wo ist das Haus?«, fragte sie. Es regnete inzwischen heftig, und der Regen trommelte auf das Autodach, deshalb wirkte die Scheune vielleicht so finster und abgelegen.

»Oh, das Haus!«, rief Martin. »Es liegt hinter der Scheune, man kann es von hier aus nicht sehen.«

Fifi bemerkte einen harten Unterton in seiner Stimme, und der verstohlene Blick, den er Del zuwarf, gefiel ihr überhaupt nicht.

Ihr Herz begann zu hämmern. Plötzlich begriff sie: Sie war in eine Falle gelockt worden! Die ganze Geschichte von Dans Krankheit war lediglich eine List gewesen, um sie hier rauszuschaffen. Warum, wusste sie nicht, aber es handelte sich genau um die Art von Gefahr, vor der Yvette sie gewarnt hatte, das spürte sie.

Der gesunde Menschenverstand sagte ihr, dass sie sich ihren Verdacht nicht anmerken lassen durfte. Sie musste sich arglos stellen, und sobald die Männer sie aussteigen ließen, wollte sie versuchen zu fliehen.

Doch als Martin die Wagentür öffnete, blickte sie auf ihre Schuhe hinab. Es waren ihre Lieblingsschuhe, vorne sehr spitz, aber durchaus bequem, und die Absätze waren nur fünf Zentimeter hoch. Trotzdem würde sie in diesen Schuhen nicht rennen können, nicht auf unebenem Boden. Auch ihr Rock war zu eng; die Männer würden sie im Nu einholen.

»Raus mit Ihnen«, sagte Martin, als er seinen Sitz nach vorn klappte, um sie aussteigen zu lassen.

Del stieg auf seiner Seite aus, ging um den Wagen herum und packte Fifi am Arm, wodurch ihr eine Flucht ohnehin unmöglich war.

Ihre Befürchtungen waren absolut gerechtfertigt. Das bewies allein die Art, wie die Männer sie festhielten. »Dan ist nicht hier, nicht wahr?«, sagte sie tonlos. »Was soll das Ganze?«

»Hören Sie denn niemals auf, Fragen zu stellen?«, brummte Martin ungeduldig und ohne sie auch nur anzusehen. »Kommen Sie endlich, sonst werden wir noch nass bis auf die Haut.«

Sie versuchte, sich loszureißen, aber die beiden Männer hatten sie zu fest gepackt und zogen sie unerbittlich zu der Scheune hinüber.

Fifi setzte sich zur Wehr und sah sich verzweifelt um. Es war erst neun Uhr am Morgen, doch sie konnte niemanden entdecken. Keinen Mann mit einem Hund, keinen Farmer, der einen Trecker fuhr, niemanden. Sie konnte auch kein Haus sehen. Zu ihrer Rechten lag ein Wald, hinter dem vermutlich ein Haus stand, aber sonst war da nichts, nur viele Hektar Stoppelfelder, auf denen vor einiger Zeit Weizen oder Gerste geerntet worden war.

Die Scheune und die dazugehörigen Schuppen waren offensichtlich recht stabile Stahlkonstruktionen, und an der Tür waren zwei dicke Ketten und riesige Vorhängeschlösser befestigt. Jetzt hatte Fifi wirklich Angst; sie konnte ihr Herz hämmern hören, und ihr Magen krampfte sich beinahe schmerzhaft zusammen. Martin hielt sie fest, während Del die Scheunentür aufschloss.

»Bitte, sagen Sie mir, worum es bei dem Ganzen geht«, flehte sie sie an. »Ich habe Ihnen nichts getan. Warum sollten Sie mir etwas antun wollen? Wo ist Dan? Warum machen Sie das?«

»Halten Sie endlich den Mund, ja?«, befahl Del, während er die große Tür öffnete und Fifi dann abermals am Arm packte. Die Scheune war bis auf einige Ballen Stroh vollkommen leer, und Fifi versteifte sich. Sie weigerte sich weiterzugehen, bevor die Männer ihr erklärten, was sie vorhatten.

Die beiden wirkten nervös, schleiften sie aber dennoch an den Armen über den strohbedeckten Boden zu einem Gebilde hinüber, das aussah wie ein großer Käfig. »Dort werden Sie bleiben, bis der Boss entscheidet, was mit Ihnen geschehen soll«, eröffnete Del ihr, dann öffnete er die Tür zu dem Käfig, stieß sie hinein und schloss die Tür ab. »Sie können schreien, so viel Sie wollen, hier ist niemand, der Sie hören wird. Wir werden später noch einmal zurückkommen.«

»Gehen Sie noch nicht«, flehte sie, trat vor die Gitterstäbe und musste sich daran festhalten, weil sie befürchtete, dass die Beine unter ihr nachgeben würden. »Sagen Sie mir nur, warum. Was habe ich getan?«, fragte sie, während ihr die Tränen über die Wangen strömten.

Sie sah kein Mitgefühl in Dels Gesicht, nur den Wunsch, möglichst schnell wieder zum Wagen zu kommen und wegzufahren. Aber Martin wirkte betroffen.

»Da ist etwas Wasser und eine Decke.« Er zeigte in die Ecke des Käfigs, wo eine Matratze lag.

»Tun Sie das nicht!«, rief sie. »Meine Eltern werden zur Polizei gehen, sobald sie erfahren, dass ich verschwunden bin. Ich arbeite für einen Rechtsanwalt, ich bin kein Mensch, der einfach verschwinden kann, ohne dass sich irgendjemand Sorgen um ihn macht!«

»Sie reden zu viel«, antwortete Del leidenschaftslos. »Komm, Martin. Lass uns gehen.«

Jetzt schrie sie, so laut, dass sie glaubte, man müsse sie meilenweit hören können. Aber die beiden Männer wirkten vollkommen ungerührt. Sie gingen davon und schlugen die Scheunentür hinter sich zu, dann hörte sie nur noch das Klirren der Kette, als sie das Vorhängeschloss einklicken ließen.

Einige Sekunden später fuhr der Wagen davon.

Fifi schrie nicht mehr, denn sie wusste nur allzu gut, dass niemand sie hören konnte, und wenn sie still war, würde sie es zumindest mitbekommen, falls jemand draußen vorbeiging. Aber sie konnte ihren Tränen keinen Einhalt gebieten, und sie verfluchte sich für ihre Dummheit, in einen Wagen mit fremden Männern gestiegen zu sein.

Um zehn Uhr hatte Fifi den Käfig einer genauen Musterung unterzogen, aber keine Schwachstelle entdecken können, die ihr vielleicht geholfen hätte, sich zu befreien. Sie vermutete, dass der Käfig für die Sicherung wertvoller Waren in einem Lagerhaus hergestellt worden war. Er war aus Stahl gebaut, mit einem leicht erhöhten hölzernen Boden und viel zu stabil, um ihn zerbrechen oder verbiegen zu können. Er maß etwa drei Quadratmeter, und sie konnte Schleifspuren erkennen, die zur Scheunentür führten und die Vermutung nahelegten, dass man ihn mit einem Gabelstapler hierher gebracht hatte. Er konnte sich auch noch nicht lange hier befinden, denn es waren weder Spinnweben noch Staub zu sehen.

Sie hatte nichts auch nur annähernd Nützliches in ihrer Handtasche; sie hatte bereits versucht, das Vorhängeschloss mit ihrer Nagelfeile zu öffnen, die sehr bald abgebrochen war. Nicht einmal ein Buch oder eine Zeitschrift hatte sie, um sich die Zeit zu vertreiben.

Die Scheune war sehr groß, höher als ein Doppeldeckerbus, und ziemlich finster, weil das einzige Licht durch einige waagerechte, schmale Fenster im Dach kam. Es war Platz genug für dutzende von Traktoren oder anderen Farmgeräten, aber sie war vollkommen leer, was darauf schließen ließ, dass sie vor kurzem ausgeräumt worden sein musste und seither nicht mehr benutzt wurde.

Die Matratze und die Decke darauf wirkten ordentlich, sie fühlten sich trocken an und rochen sauber, als wären sie erst vor kurzem hierher geschafft worden. Das ließ zumindest hoffen, dass ihr Entführer, wer immer er sein mochte, nicht gänzlich unmenschlich war. Aber vielleicht hatte er auch die Absicht, sie für einige Zeit hier festzuhalten.

Fifi setzte sich auf die Matratze und dachte darüber nach, wie lange es wohl dauern mochte, bis irgendjemand sich ihretwegen sorgen würde. In der Kanzlei würde man nichts unternehmen, sondern in ihrer Abwesenheit allerhöchstens ein Ärgernis sehen. Frank würde sich fragen, wo sie war, wenn sie am Abend nicht nach Hause kam, aber es würde einige Tage dauern, bevor er sich ernsthaft Sorgen machte. Und für Miss Diamond galt dasselbe.

Fifi konnte nur hoffen, dass Dan ihren Brief auf der Baustelle bekommen und in die Wohnung gehen würde. Aber höchstwahrscheinlich würde er denken, sie sei von der Kanzlei aus mit einer ihrer Kolleginnen noch ausgegangen. Würde er auf sie warten? Und wenn ja, würde er vielleicht auf die Idee kommen, dass sie die Nacht bei einem anderen Mann verbrachte?

Vielleicht würde Frank ihm von den Männern erzählen, die sie am Morgen abgeholt hatten! Dann würde er doch gewiss Verdacht schöpfen?

Mit einem tiefen Seufzer machte sie sich klar, dass die beiden in diesem Punkt höchstwahrscheinlich gelogen hatten. Schließlich hatten sie von Anfang an vorgehabt, sie zu entführen. Und da hatten sie sich gewiss nicht vorher einem Nachbarn vorgestellt, der sie später würde identifizieren können. Wahrscheinlich hatten sie einfach am Ende der Straße in ihrem Wagen auf sie gewartet.

Von welcher Warte sie das Ganze auch betrachtete, es würde zumindest zwei Tage dauern, wahrscheinlich länger, bis irgendjemand sich um sie sorgte. Und selbst wenn es so weit war, wie sollte man sie hier finden? Woher sollte irgendjemand wissen, wo er auch nur mit der Suche beginnen sollte?

Yvettes Warnung ging ihr wieder und wieder durch den Kopf, und sie zweifelte nicht daran, dass ihre Entführung etwas mit ihrem Besuch bei der Polizei am Samstag zu tun haben musste. Aber woher hatten ihre Entführer davon erfahren? Und woher wussten sie, dass Dan nicht das ganze Wochenende bei ihr gewesen war?

Im Geiste ging sie alle Informationen durch, die sie während der letzten Wochen zusammengetragen hatte, und kam zu dem Schluss, dass irgendjemand von Dans Baustelle eine Verbindung zu Alfie und seinen Kartenspielern haben musste. Der Überfall auf Dan kam ihr in den Sinn. Auch daran war wahrscheinlich einer von Dans Kollegen beteiligt gewesen, der Alfie einen Tipp gegeben hatte, wann Dan von der Baustelle kommen würde. Und als Dan sie verlassen hatte, musste derselbe Mann eine günstige Gelegenheit gewittert haben, ihrer habhaft zu werden.

Aber auf der Baustelle arbeiteten dutzende von Männern – jeder Einzelne von ihnen konnte einer von Alfie Muckles Komplizen sein. Sie fragte sich, ob Dan je davon gesprochen hatte, dass sie ständig über den Mord redete und das Geschehen auf der Straße vom Fenster aus beobachtete? Nein, das konnte sie sich nicht vorstellen, aber vielleicht hatte er irgendwann in seinem Ärger über sie Dampf ablassen müssen?

Trotzdem blieb die Frage, warum man sie entführt hatte. Welchen Nutzen konnte sie für diese Leute haben? Sie hatte der Polizei bereits alles gesagt, was sie wusste!

Während der Morgen langsam verstrich, wuchs Fifis Verzweiflung. Niemand wurde ohne Grund entführt; es ging bei dergleichen Dingen stets darum, jemanden zum Schweigen zu bringen oder Lösegeld zu erpressen. Letzteres schien in ihrem Fall unwahrscheinlich zu sein; die Leute in der Straße wussten, dass sie sich ihrer Familie mehr oder weniger entfremdet hatte und dass sie ohnehin nicht reich waren. Also wollte jemand sie zum Schweigen bringen.

Wahrscheinlich war John Bolton getötet worden, weil er zu viel gewusst hatte. Aber was glaubten diese Leute, was sie, Fifi, wusste? Dachten sie, sie hätte von ihrem Fenster aus irgendetwas gesehen?

Dan zufolge versorgten immer wieder Leute von der Polizei irgendwelche Ganoven mit vertraulichen internen Informationen. Hatte vielleicht irgendjemand dem Mann im Jaguar erzählt, dass sie ihn am Abend vor dem Mord an Angela in Alfies Haus hatte gehen sehen?

Das musste es sein! Vielleicht hatte er Angst, bei einer Gegenüberstellung von ihr identifiziert zu werden.

Ganz gleich, aus welchem Grund man sie entführt hatte, Fifi verspürte eine kalte Gewissheit, was den Ausgang des Ganzen betraf. Sie würden sie töten müssen, denn sie konnte die Männer identifizieren, die sie hierher gebracht hatten. Allein bei dem Gedanken daran brach ihr der kalte Schweiß aus, und ihr Herz schlug schneller. Sie wünschte bei Gott, niemals zu dem Fahrzeugdepot der Müllmänner gegangen zu sein.