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Am Charing-Cross-Bahnhof waren Menschenmengen, die Schlangen vor den Fahrkartenschaltern reichten bis zur Straße hinaus. Rebecca ging zu Fuß zum Embankment, um sich das Umsteigen zu sparen. Auch im U-Bahnhof war es voll, auf dem Bahnsteig der District Line standen die Leute so dicht gedrängt, dass sie zwei Züge davonfahren lassen musste, ehe es ihr gelang, sich in den dritten hineinzuzwängen. Sie schaute auf ihre Uhr: Es war viertel vor zwei. Die Besuchszeiten in dem Pflegeheim, in dem ihre Mutter seit zwei Wochen ihr Leben fristete, waren mehr als knauserig – an den Wochenenden von drei bis vier Uhr nachmittags und abends eine halbe Stunde. Bis zum Abend konnte sie nicht bleiben; das wäre zu riskant bei der Unzuverlässigkeit der Züge. Sie wurde auf dem Hof gebraucht, und Meriel hatte bei ihrem letzten Telefongespräch gesagt, sie pumpten ihre Mutter dermaßen mit Schmerzmitteln voll, dass sie kaum wahrnehme, ob man da sei oder nicht. 

Die großen Ereignisse der letzten Zeit hatte Rebecca nur wie aus weiter Ferne erlebt. Freude und Erleichterung über die Landung der Alliierten in der Normandie waren von der Erkrankung ihrer Mutter überschattet gewesen. Vor vier Wochen war Mrs. Fainlight zu Hause zusammengebrochen und sofort ins Krankenhaus gebracht worden. Die Röntgenbilder hatten Tumore in den Rippen und der linken Hüfte gezeigt. Der Hüftgelenksknochen war brüchig und würde ihr Gewicht bald nicht mehr tragen können. Nach zwei Wochen war ihre Mutter vom Ortskrankenhaus in ein Pflegeheim in South Kensington verlegt worden, wo sie bleiben würde, wie der Spezialist Rebecca und Meriel mitgeteilt hatte, bis ihr Zustand sich stabilisiert hatte. Und dann?, hatte Rebecca gefragt. Offensichtlich verlegen über ihre Direktheit, hatte er den Kopf hin und her gewiegt. Nun, sie müssten verstehen, dass der Zustand ihrer Mutter unweigerlich zum Tod führen werde. Man werde alles tun, um die Schmerzen zu lindern, aber das Fortschreiten des Krebses könne man nicht aufhalten. Wenn Mrs. Fainlight nach Hause zurückkehren wolle, werde sie nicht mehr für sich selbst sorgen können. Es müssten also entsprechende Maßnahmen ergriffen werden. 

Sie hatten beide geweint, als sie gegangen waren. Später war Rebecca aufgefallen, dass sie abwechselnd geweint hatten, Meriel auf dem Weg zur Bushaltestelle und sie – Rebecca – auf der Fahrt. Als müsste jetzt, da nur noch sie beide übrig waren, wenigstens eine immer fähig sein, nüchtern zu handeln, in diesem Fall den richtigen Bus anzuhalten und die Fahrscheine zu verlangen. 

Sie war zu früh dran und setzte sich in ein kleines Café in der Nähe vom Holland Park, um eine Tasse Tee zu trinken. Das Lokal war verqualmt, und der Tee schmeckte wie Spülwasser, aber Rebecca trank ihn trotzdem. Am Nebentisch saß eine müde aussehende Frau und schminkte sich, indem sie Wangen und Stirn mit einer schmuddelig aussehenden Puderquaste bearbeitete, mit der sie immer wieder energisch die kläglichen Reste aus den Rändern der Dose schrubbte. Die Puderdose wanderte zurück in die Handtasche, und ein Rougetöpfchen wurde herausgeholt, auch dieses fast leer. Dann Wimperntusche und ein Lippenstiftstummel. Rebecca hätte am liebsten zum Bleistift gegriffen, um den Vorgang in einer Zeichnung festzuhalten, die Puderrubbelei, das feste Zusammenpressen und Freigeben der Lippen, den stirnrunzelnden Blick in den kleinen Taschenspiegel. Als die Frau fertig war, stand sie auf, strich ihren Rock über den Hüften glatt und stakte auf hohen Absätzen hinaus.  

Sie hatte immer noch eine halbe Stunde Zeit. Da sie die Gegend kannte – hier hatte sie nach der Trennung von Milo gewohnt –, beschloss sie, einen Spaziergang zu machen. Sie kam an dem Café vorbei, in dem sie manchmal gefrühstückt hatte, wenn sie es im Speisesaal des Hotels nicht mehr aushalten konnte, und an einem kleinen Kurzwarengeschäft, wo sie Knöpfe und Strümpfe gekauft hatte. Bei der Rückschau auf die Frau, die sie damals gewesen war, empfand sie eine Mischung aus Mitleid und Ungeduld. Sie war so ziellos gewesen, so leicht zu verwunden. 

London sah trist und heruntergekommen aus. Es gab kaum Gebäude, die nicht irgendeinen Kriegsschaden davongetragen hatten, und von vielen war nur noch das Gerippe übrig. Bomben hatten klaffende Lücken zwischen den Häusern aufgerissen, abgeplattete Trümmerfelder, manchmal mit Kratern, die mit Haufen von Schutt, Backsteinbrocken, gesplittertem Holz und zersprungenen Steinen gefüllt waren. Hohes grünes Unkraut stand zwischen den Trümmern. Kinder spielten auf den Ruinengrundstücken, die schmutzigen Kleider entweder zu klein oder viel zu groß, die Strickjacken der Mädchen voller Löcher, die Hosenböden der Jungen fast durchgescheuert oder mit Flicken besetzt. Schreiend und kreischend, einander stoßend und puffend rannten sie in den zerstörten Häusern herum. Ein Junge von acht oder neun pinkelte in eine Pfütze, das magere Rattengesicht halb konzentriert, halb triumphierend.  

Rebecca merkte plötzlich, dass sie sich nicht mehr auskannte. Ganze Straßen schienen verschwunden zu sein, Gebäude, die früher als Orientierungspunkte gedient hatten, waren nicht wiederzuerkennen. Die Kinder schienen ihre Verwirrung zu bemerken; ein Junge blieb auf einem Schutthaufen stehen, und ein Mädchen, das einen Kinderwagen ohne Chassis herumschob, starrte sie an. Eine Pfütze spritzte auf, als Rebecca vorüberging; eines der Kinder hatte einen Stein nach ihr geworfen. Der Junge bückte sich und hob ein Stück Backstein auf. Rebecca bemerkte ein Aufblitzen von Erregung in den Augen des Mädchens. Es raffte seinen Rock und lief mit übertriebenem Hüftwackeln und gespitztem Mund neben Rebecca her. Die anderen Kinder johlten und lachten. Der Backstein traf Rebeccas Rücken, und sie schrie den Jungen an, er solle das ja nicht noch einmal tun, und sie grölten und lachten und rannten davon wie eine Schar wild gewordener Sperlinge.  

Endlich fand sie sich wieder zurecht; sie war nur ein paar Minuten vom Pflegeheim entfernt. Sie wischte den Schmutz vom Rücken ihres Regenmantels und ging eilig weiter zum Heim. Klein und geschrumpft von der Krankheit lag ihre Mutter in ihrem besten Nachthemd, das Haar ordentlich gebürstet, auf hohe Kissen gebettet. Rebecca wollte bei diesem Besuch vor allem erfahren, ob ihre Mutter nach Hause kommen oder lieber im Pflegeheim bleiben wollte. Aber das Gespräch verlief nicht nach Plan. Mrs. Fainlight war ungewöhnlich gesprächig, geradezu in Hochstimmung. Ob Rebecca die Zeitung gelesen habe – der Krieg werde jetzt bestimmt bald vorbei sein. Einen Absatz müsse sie unbedingt lesen. Rebecca musste die Zeitung durchforsten, um den Artikel zu finden, und las den Absatz dann laut vor. Na, was sagst du?, fragte ihre Mutter erwartungsvoll, und Rebecca sagte ja, das klingt doch sehr verheißungsvoll, Mama. Danach erzählte ihre Mutter ihr eine lange Geschichte von einer der Krankenschwestern, die aus Shrewsbury stammte, wo sie selbst als kleines Mädchen gelebt hatte. Die Geschichte war noch nicht zu Ende, als Mrs. Fainlight die Augen schloss und von einer Sekunde auf die andere einschlief. Einige Minuten später schaute eine Schwester zur Tür herein und sagte: »Na, Sie haben sie richtig müde gemacht, hm?«, und da es inzwischen fast vier Uhr war, küsste Rebecca ihre Mutter und ging. 

Sie überlegte, ob sie versuchen sollte, noch einmal mit einem der Ärzte zu sprechen, gab den Gedanken aber gleich wieder auf, da sie wusste, dass es sie nicht weiterbringen würde. Jetzt mussten sie und Meriel entscheiden. Sie würde gleich am Montag anfangen, die Pflegedienste anzurufen. Wenn ihre Mutter nach Hause wollte, dann sollte ihr das auch ermöglicht werden. Sie würde sich in der Schulzeit um ihre Mutter kümmern; vielleicht konnte Meriel die Betreuung während der Ferien übernehmen.  

Sie war froh, aus dem Pflegeheim hinauszukommen, wo es so durchdringend nach Bohnerwachs und Desinfektionsmittel roch. Sie wollte nicht gleich wieder in die stickige, volle U-Bahn steigen und beschloss ein Stück zu Fuß zu gehen. Die alten Schuldgefühle meldeten sich wieder, jetzt allerdings mit Kummer vermischt. Ihre Beziehung zu ihrer Mutter war immer von dem innigen Wunsch, ihr zu gefallen und der Gewissheit, dass sie das nie erreichen würde, bestimmt gewesen. 

Sie ging ein kurzes Stück die Kensington Road hinunter, dann bog sie in die Gloucester Road ab. Hier schien das Leben ganz normal, ohne die Bedrohlichkeit, die ihren Spaziergang von vorhin durch die Trümmerlandschaft begleitet hatte. Die Sonne schien, der Himmel war blau, und in den Gärten blühten die Rosen. Menschen gingen in den Geschäften aus und ein, und vor einer Metzgerei standen die Leute Schlange. Eine platinblonde Frau beugte sich aus einem Fenster im dritten Stock und rief jemandem unten auf dem Bürgersteig etwas zu. Gegenüber in einer Seitenstraße traten zwei junge Mädchen aus einem Haus. Sie waren vielleicht vierzehn oder fünfzehn. Die eine trug ein blaues Kleid und schwang einen Einkaufskorb, die andere trug grüne Streifen. 

Rebecca hörte plötzlich ein merkwürdiges Geräusch, ein dumpfes Knattern, das sich zu einem schrillen Heulen steigerte. Die Menschen hoben die Köpfe. Dann Stille, und dann, unmittelbar vor der gewaltigen Explosion, sah Rebecca etwas Großes, Dunkles am Himmel.  

Die Wucht der Druckwelle schleuderte sie gegen eine Wand. Sie sah einen Lichtblitz, den Hagel von Trümmern, einen Körper, der durch die Luft flog. Rebecca war taub und die Welt plötzlich geräuschlos. Alles schien in Zeitlupe abzulaufen: Ein Auto erhob sich in die Luft, wie von einem riesigen Staubsauger angesogen, und mit ihm ein Fahrrad, ein Kinderwagen und ein Straßenschild – und in einem anmutigen Bogen der Körper der blonden Frau, die aus dem Fenster gezogen wurde und auf die Straße stürzte. 

Dann konnte sie wieder hören. Menschen schrien, Sirenen heulten, rundherum krachte und klirrte es, als Backstein, Holz und Glas vom Himmel regneten. Sobald es aufhörte, stand Rebecca auf. Sie stellte fest, dass sie nicht verletzt war. Das Zentrum des Einschlags lag, wie sie sah, zwischen der Seitenstraße und der Gloucester Road. Ihr fielen die zwei Mädchen ein, die eine im blauen, die andere im grün gestreiften Kleid. Sie ging ein paar Schritte. Sie war nicht sicher, ob die rötlich-rosigen Klumpen auf dem Pflaster aus der Metzgerei stammten oder Teile menschlicher Körper waren. Es würgte sie. Dann tappte sie vorsichtig zur anderen Straßenseite hinüber, wo sie ein grün-weißes Stück Stoff erkannte. 

Das Mädchen im grünen Kleid war tot. Von dem Mädchen in Blau war nichts zu sehen. Mit den Händen begann Rebecca in dem Haufen aus Backstein und Mörtel zu graben. Weißer Staub wirbelte auf, und die Splitter von Stein und Ziegel zerschnitten ihr die Hände. Sie kniete in Schutt und Staub, riss Holzteile heraus und warf sie zur Seite, zerrte weit vorgebeugt mit ganzer Kraft Bruchstücke von Mauerwerk aus dem Trümmerhaufen. Sie grub und scharrte wie im Fieber, voller Angst, das Mädchen würde ersticken, bevor sie es erreichte. Sie nahm wahr, dass Polizeiautos und Rettungsfahrzeuge mit schwerem Gerät eintrafen, aber sie schaute sich nicht um, sondern konzentrierte sich einzig auf ihre Aufgabe. 

Endlich zeigte sich staubweiß ein Stück Stoff. Sie grub noch hektischer, schaufelte mit beiden Händen Staub und Splitter auf die Seite, kratzte mit einem Holzbrett Glasscherben weg. Da war das Bein des Mädchens, glatt und weiß. 

Jemand sagte: »Kommen Sie, lassen Sie uns weitermachen«, aber sie hörte nicht auf zu graben. Sie spürte, dass sie ermüdete und ihre Muskeln ihr nicht mehr richtig gehorchten, und scharrte nur umso verbissener, den Tränen nahe. 

Der Mann kauerte neben ihr nieder und legte ihr die Hand auf die Schulter. 

»Sie machen das sehr gut, aber jetzt müssen Sie uns weitermachen lassen. Wir können sie schneller herausholen.« Dann half er ihr aufzustehen. 

Sie beharrte darauf zu bleiben und den Feuerwehrmännern zuzuschauen, die das Mädchen aus den Trümmern befreiten. Jemand legte ihr eine Decke um die Schultern und ein anderer drückte ihr einen Becher Tee in die Hände. Ihre Zähne schlugen gegen den Rand des Bechers. 

Als sie das Mädchen herausgezogen hatten, sah Rebecca, dass sie fast nackt war, ihr Kleid in Fetzen gerissen von der Gewalt der Explosion. Ihr staubbedeckter Körper schien unberührt. 

Einer der Feuerwehrmänner legte die Finger an den Hals des Mädchens. 

»Lebt sie?«, fragte Rebecca. 

Der Mann nickte. »Gerade noch. Kennen Sie sie?« 

Rebecca schüttelte den Kopf. Als zwei Frauen das Mädchen auf eine Trage hoben und sie zu einem Rettungswagen brachten, verließ Rebecca den Schauplatz. Immer wieder auf Schutt und Geröll ausrutschend, suchte sie sich einen Weg zwischen eingestürzten Mauern und zertrümmerten Fahrzeugen. Als sie schließlich die Cromwell Road erreichte, machte sie sich auf den Weg zur U-Bahnhaltestelle South Kensington. Ihre Handtasche hing noch fest über ihrer Schulter. Sie nahm sie herunter und suchte das Geld für die Fahrkarte heraus. Sie war jetzt unnatürlich ruhig, und als der Mann am Schalter sie fragte, ob alles in Ordnung sei, nickte sie überrascht und sagte: »Ja, danke, es ist alles in bester Ordnung.« Aber als sie am Embankment ausstieg, wusste sie einen Moment lang nicht mehr, in welche Richtung sie gehen musste, und blieb auf dem Bürgersteig stehen, um sich umzusehen, im Kopf einen Trümmerhaufen wirrer Gedanken. 

Am Charing-Cross-Bahnhof wartete, o Wunder, ein Zug nach Tunbridge Wells, und sie suchte sich ein Abteil aus, in dem schon eine Frau ihres Alters saß. Sie trug ein graues Kostüm und dazu einen grauen Hut mit einer Garnitur künstlicher Kirschen. Als Rebecca ihr gegenüber Platz genommen hatte, sah die Frau sie an und fragte: »Geht es Ihnen gut, Schätzchen?«, und Rebecca, die jetzt sehr müde war, sagte noch einmal, ziemlich gereizt: »Danke, ja, es ist alles in bester Ordnung.« 

»Sie sehen ein bisschen staubig aus«, sagte die Frau. 

Rebecca blickte an sich hinunter. Sie war mit weißem Staub bedeckt wie das Mädchen in den Trümmern. »Ach, das habe ich gar nicht gemerkt«, antwortete sie. »Da war eine Bombe. Eine fliegende Bombe.« 

»Hier.« Die Frau bot Rebecca ein Taschentuch und einen Spiegel an. 

Rebecca schaute in den Spiegel und fand, was sie sah, ziemlich absonderlich. Ihre Haare und ihr Gesicht waren fast ganz weiß; nur das Grün ihrer Augen stach heraus. 

»Ach je«, sagte sie verlegen. »Ich sehe wirklich zum Fürchten aus.« 

Sie versuchte, den Staub mit dem Taschentuch zu entfernen, schaffte es aber nicht, weil ihre Hände so heftig zitterten. Die Frau mit dem Kirschenhut nahm ihr das Taschentuch ab und reinigte ihr das Gesicht. Rebecca musste daran denken, wie ihre Mutter früher, wenn sie unterwegs Schmutz in den Gesichtern ihrer kleinen Töchter entdeckt hatte, kurzerhand ihr Taschentuch mit Spucke befeuchtet hatte, um den Schmutz zu entfernen. Die Frau im Kirschenhut schaffte es ohne Spucke. 

Der Zug ratterte durch die grüne Landschaft von Kent. Rebecca schloss die Augen und verfiel in Halbschlaf. In ihrem Kopf jagten sich die Bilder, lebendig und in grellen Farben. Der Junge, der in die Pfütze pinkelte … ihre Mutter lebhaft und aufgekratzt mit ihrer Geschichte von der Schwester aus Shrewsbury … die Frau im Café beim Schminken. Und aus unerfindlichem Grund musste sie an eine Reise mit Milo nach London denken, auf der sie sich zwei Kostüme gekauft hatte, eines brauner Tweed, das andere rot. 

Sie dachte an das Mädchen im blauen Kleid. Es war beinahe ein Zwang gewesen, sie zu befreien. Warum?, fragte sie sich. Hast du geglaubt, damit ließe sich eine Rechnung begleichen? Hast du geglaubt, ein gerettetes Leben wäre eine Wiedergutmachung für ein verlorenes? War ihr verzweifeltes Graben in den Trümmern vielleicht eine Art Abbitte gewesen? 

Nein, dachte sie. Es war nichts dergleichen. Ich wollte einfach, dass sie am Leben bleibt. 

Nach der Einnahme Roms durch die verbündeten Truppen war das deutsche Heer, verfolgt von der 5. und der 8. Armee der Alliierten, durch die Toskana nach Norden geflohen. Jetzt blieb auch die Villa di Belcanto nicht mehr verschont. Eine deutsche Infanterieeinheit beschlagnahmte das Herrenhaus und errichtete Geschützstellungen in Nebengebäuden und hinter Mauern. Der Hauptmann, ein kultivierter Mensch, bemühte sich, dafür zu sorgen, dass seine Männer die Frauen im Herrenhaus nicht belästigten.  

Das Gebäude, in dem früher Schule gehalten worden war, diente jetzt als Munitions- und Brennstofflager. 

Tessa und Faustina brachten Betten, Kleider und Spielsachen der Kinder in die Stallungen. Am Abend packte jede von ihnen einen kleinen Koffer. In den ihren legte Tessa zuunterst die Andenken an Angelo. Sonst nahm sie nur ein paar Kleidungsstücke mit, ein extra Paar Schuhe, ihr Adressbuch, Seife, Handtuch, Haarbürste und Haarklemmen. Was noch? Sie zog die Schublade ihres Toilettentischs auf, blickte zu den darin verwahrten Dingen hinunter und hob den Kopf, um in den Spiegel zu sehen. Ihr Haar war lang geworden in den Jahren in Italien und von der Sonne flachshell gebleicht. Sie trug es zu einem Nackenknoten aufgesteckt. Ihr Gesicht war gebräunt und sommersprossig, und das Kleid aus blauer Baumwolle, das sie selbst geschneidert hatte, war verwaschen und an den Nähten fadenscheinig. Wo sie sich die Kratzer auf den Armen geholt hatte, wusste sie nicht mehr. Beim Anblick der Fältchen in den Augenwinkeln dachte sie, achtundzwanzig Jahre alt und schon Krähenfüße. Ihre Mutter hatte immer behauptet, die italienische Sonne tue dem englischen Teint nicht gut. Kein Wunder, dass die Soldaten im Haus sie im Großen und Ganzen in Ruhe gelassen hatten. Tessas Hand verweilte über der Schublade. Dann nahm sie eine kleine Schere, eine Pinzette und einen mohnroten Lippenstift heraus. Nein, mehr würde sie nicht mitnehmen. Sie klappte den Koffer zu und ging nach unten.  

Vor zwei Tagen hatte im Hof der fattoria eine Bombe eingeschlagen. Die gewaltige Druckwelle hatte die ganze Front des Hauses zum Einsturz gebracht und sämtliche Fensterscheiben in den umliegenden Häusern eingedrückt. In der Fassade des Herrenhauses, die die Explosion am stärksten zu spüren bekommen hatte, taten sich Risse auf. Die Villa di Belcanto, wie Tessa sie kennengelernt hatte, liebenswürdig und elegant, kühle Zuflucht in der Sommerhitze, Refugium in der Not, gab es nicht mehr. Drinnen waren die Böden mit Glasscherben übersät. Regen hatte die seidenen Vorhänge durchweicht – Zanetti-Seide –, ihre lebhaften Farben ausgewaschen und Wasserflecken auf dem feinen Stoff hinterlassen. Die Soldaten hatten Stühle, Decken und Geschirr zu ihren Stellungen in den Nebengebäuden und im Garten gebracht und den salotto zur Kantine umfunktioniert. Männer räkelten sich auf den Sofas oder durchstreiften das Haus auf der Suche nach etwas Essbarem oder Wein. Spielkarten lagen auf dem Teppich verstreut; in einem offenen Kamin verbrannten Papiere zu knisterndem Schwarz. 

Draußen, unter den Bäumen, standen mit grünen Zweigen getarnte Militärtransporter. Soldaten lagen schlafend oder rauchend im Schatten, die Oberkörper nackt oder mit aufgeknöpftem Kampfanzug. Jemand hatte das Grammophon aus dem Haus geholt, und die Klänge eines Mozart-Quartetts wehten durch den heißen Sommerabend, immer wieder gestört vom Knattern fernen Gewehrfeuers. 

Wenn der Lärm der Geschütze lauter wurde, eilten die Soldaten zu ihren Stellungen. Dann begann von Neuem das ohrenbetäubende Getöse dumpf krachender Donnerschläge, unter denen der Boden erzitterte. Nicht weit entfernt, unten im Tal, zogen Artilleriegranaten flammende Lichtbögen in den Himmel. 

Im Stallgebäude packte Tessa noch einen Koffer, diesmal für die Kinder: für jedes Kind eine Garnitur Unterwäsche und ein Paar Socken zum Wechseln. Sie suchte Pullover und Regenmäntel zusammen, faltete Kleidung und Windeln für die Säuglinge und verstaute die Sachen im Kinderwagen. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass alle Kinder schliefen, ging sie in die Küche. 

Faustina war dabei, Käse und Wurst in Stroh zu verpacken und die Päckchen in Körbe zu schichten. Tessa half ihr. Sie redeten über dies und das: die Hitze, eine Reise nach Marokko, die Tessa vor Jahren unternommen hatte, ein Mädchen, das sie beide von Mrs. Hamiltons Mittagessen in der Villa Millefiore in Erinnerung behalten hatten, das fürchterliche Essen bei diesen Einladungen. Nur über den Krieg sprachen sie nicht.  

Um elf ging Tessa zu Bett. Wach auf dem schmalen Feldbett liegend, fragte sie sich, wie sie genug Milch für die Säuglinge auftreiben sollten. Und wie Olivia, der es nicht gut ging, einen längeren Fußmarsch schaffen würde. Und wie die kleineren Kinder zurechtkommen würden. 

Aber wohin sollten sie überhaupt gehen, und wann sollten sie aufbrechen? Die Fragen quälten sie. Früher am Tag hatte sie mit dem deutschen Hauptmann gesprochen. Er hatte ihr geraten, die Kinder vom Landhaus, das so exponiert auf der Hügelhöhe stand, wegzubringen. 

Tessa fand keine Antwort. Setzten sie nicht vielleicht das Leben der Kinder aufs Spiel, wenn sie sie aus dem Landhaus fortbrachten, wo sie wenigstens einigermaßen geschützt waren? Aber wie lange noch, bis das Haus selbst zum Kampfplatz wurde? Und wenn sie sich wirklich auf den Weg machten, wohin sollten sie dann gehen und welche Route sollten sie überhaupt nehmen, da doch die Hügel offen angreifbar waren und die Straßen vermint und unter Maschinengewehrbeschuss? 

Sie würde es morgen entscheiden, sagte sie sich. Jetzt musste sie schlafen. Sie dachte an Guido, wo er jetzt wohl war und was er gerade tat, und bekam plötzlich heftige Sehnsucht, seine Stimme zu hören, sein Lächeln zu sehen, die Wärme seiner Arme zu fühlen. Ihre Liebe hatte nie den richtigen Zeitpunkt gefunden, dachte sie, und darum auch nie eine Zukunft gehabt. Guido hatte von seinem Bedauern darüber gesprochen, ihr nicht nach England gefolgt zu sein, aber sie selbst bedauerte es nicht. Guido gehörte nach Florenz. Woanders wäre er nicht glücklich gewesen. Er war kein Vagabund, kein Wanderer, wie sie. 

Tessa schloss die Augen und versuchte zu schlafen. 

Am nächsten Morgen sehr früh gab es einen Moment der Stille. Tessa sah auf ihre Uhr. Viertel nach fünf. 

Sie ging nach draußen. Ein Teil des Gartens hinter dem Haus hatte den Krieg bisher unberührt überstanden. Lavendel blühte auf schmalen Beeten und Rosen fielen üppig über Torbögen. Vom Kiesweg aus konnte Tessa ins Tal hinuntersehen. Die Granaten kamen jetzt näher; eine hatte im Olivenhain am Hügelhang eingeschlagen, und die knorrigen Stämme der Bäume zersplittert. An der Straße standen Zypressen wie schwarze Flammen. Der Tau auf dem Gras funkelte im Licht des frühen Morgens wie Juwelen. Wie frisch die Welt aussah, wie rein, dachte Tessa. 

Kurz vor dem Erwachen hatte sie geträumt. Während sie ins Tal hinausblickte, dachte sie darüber nach und hörte wieder die Stimme. Er hat etwas anderes aufgetan. So ein kleines Flittchen in Oxford. Es hatte sich angehört wie aus dem Nebenzimmer. 

Wer hatte gesprochen? Milos Frau natürlich. Tessa erinnerte sich jetzt, warum sie nach Oxford gefahren war. Sie wollte mit Milo reden, weil sie Angst gehabt hatte, ihn verloren zu haben. Es hatte stark geregnet, und Angelo hatte geweint, weil er so erkältet war. Sie selbst war müde und erregt gewesen. Sie sah wieder den Regen auf der Windschutzscheibe, das Metallschild, das im Wind schwankte, einen Radfahrer im gelben Ölmantel, das Licht seines Fahrrads, wie ein glühendes Zyklopenauge. Und den Lastwagen, der den Hang hinaufkroch. 

Dann begannen die Geschütze wieder zu feuern. Die Stille war zerstört, und sie ging zurück zu den Stallungen. 

Sie brachen am frühen Vormittag auf. Eine Artilleriegranate hatte die Terrasse getroffen, über die Tessa noch am Morgen in den Garten gegangen war, und der Hauptmann hatte Anweisung gegeben, alle Treibstoff- und Munitionsvorräte in die Keller zu bringen. Nun gab es auch hier kein sicheres Plätzchen mehr. Olivia hatte mit dem Hauptmann gesprochen, und der hatte ihr nochmals geraten, die Kinder wegzubringen. Sie seien hier nicht sicher, hatte er gesagt und sich dabei das unrasierte Kinn gestrichen. Jeder müsse für sich selbst sorgen. 

Also machten sie sich auf den Weg nach Greve, ein ungeordnetes Häufchen Frauen und Kinder. Die Kinder hatten Sonnenhüte auf und trugen ihre Pullover, und die Erwachsenen – Tessa, Olivia, Faustina, Perlitas Mutter Emilia und Maria, die in der Wäscherei gearbeitet hatte – nahmen die Koffer und Körbe. Emilia, klein und stämmig, schob den Kinderwagen über den unebenen Boden. 

Sie marschierten einen Feldrain parallel zur Straße entlang. Hundsrosen blühten in verwilderten Hecken, und im dichten Gras leuchtete Mohn. Sie wollten versuchen, höheres Gelände zu erreichen, wo dichtes Buschwerk und Gestrüpp, durch das sich Gräben und Hohlwege zogen, im Notfall vielleicht Schutz bieten würden. Die Straßen wurden jetzt unaufhörlich aus der Luft beschossen.  

Als Tessa sich noch einmal umdrehte, sah sie am fernen Straßenrand grau und kaum erkennbar einen Toten liegen. Nun, dann würde sie eben nicht mehr zurückblicken. Von jetzt an würde sie nur noch daran denken, einen Fuß vor den anderen zu setzen und die Kinder wohlbehalten in Sicherheit zu bringen. 

Sie ließen die Felder hinter sich und begannen den Anstieg in die Hügel. Von Zeit zu Zeit zählte Tessa die Kinder, um sich zu vergewissern, dass keines fehlte. In einem Wäldchen junger Birken machten sie Rast. Es war Mittag, über ihnen glühte die Sonne. Ein paar Kinder spielten Fangen zwischen den Bäumen, andere lagen im Schatten und lutschten am Daumen. Tessa sah zu, dass jeder ein paar Schluck Wasser trank und verteilte Brot und Wurst. Olivia, die blass und erschöpft aussah, gab sie mehr als den anderen zu trinken. Die Babys schliefen im Kinderwagen, und im Augenblick schien alles gar nicht so schlimm zu sein. Faustina, die sich mit solchen Dingen auskannte, las die Karte und schaute auf den Kompass. Noch knapp zehn Kilometer, sagte sie leise zu Tessa. Es wäre besser, wenn sie vor Einbruch der Dunkelheit in Greve ankämen. Sie sollten wieder aufbrechen. 

Tessa rief die Kinder zusammen, zählte sie noch einmal und sah nach, ob jedes seinen Pullover hatte. Vielleicht war es jetzt noch zu warm für Pullover, aber das Wetter konnte über Nacht umschlagen. Zwei Kinder weinten, also nahm Tessa sie an der Hand und sang ihnen etwas vor. Bald stimmten alle ein, sogar Faustina, die immer falsch sang, bis plötzlich donnernd ein Flugzeug aus dem Himmel zu stürzen schien. Sie rannten zu einem flachen Graben und warfen sich hinein. Maschinengewehrkugeln zerfetzten die Erde. Steine drückten sich in Tessas Knie, und ihr Mund war voll Staub. 

Die Maschine stieg wieder in die Höhe und war gleich darauf verschwunden. Sie kletterten aus dem Graben und gingen weiter, jetzt schweigend. Bald danach verengte sich der Weg und führte in einen Tannenwald. Sie hielten an, um zu beraten. Mit dem Kinderwagen würden sie nicht durch die Bäume kommen. Emilia bot an, mit dem Wagen auf einem der unteren Wege zu bleiben. Perlita solle mit Tessa oben laufen, wo es weniger gefährlich war. Olivia entschied sich, Emilia zu begleiten. Die Hügelpfade waren zu steil für sie. 

Einen Moment sprachen Olivia und Faustina leise miteinander. Dann umarmten sie sich, und Olivia folgte Emilia und dem Kinderwagen den Hang hinunter. Sie hielt sich am Griff des Wagens fest. Faustina hatte Tränen in den Augen. Sie nahm das kleinste Kind auf den Arm und trat in den Wald. Die Mädchen gingen Hand in Hand, die Jungen spielten mit den Tannenzapfen Fußball. Faustina führte sie. 

Es war kühler unter den Tannen. Der holprige Weg war von Tannennadeln bedeckt. Die Kinder erholten sich im erfrischenden Schatten. Vielleicht sollten sie hier, wo die Luft kühler war, noch einmal rasten – aber da bemerkte Tessa, dass sich in den Bäumen etwas bewegte. Soldaten huschten zwischen den Tannen hindurch. Im Waldesdunkel konnte sie die Farbe ihrer Uniformen nicht erkennen. Sie trieb die Kinder zur Eile an, zählte noch einmal nach, vertat sich, weil sie Angst hatte. Ein überwältigendes Verlangen nach zu Hause ergriff sie, aber sie wusste nicht, wo zu Hause war.  

Sie traten in den grellen Sonnenschein hinaus. Der Weg führte bergan, Eidechsen flitzten über die Steine. Die Tiefflieger schienen sich ein anderes Ziel gesucht zu haben. Als Tessa sich umdrehte, sah sie, wie weiter unten im Tal unablässig die Granaten fielen. Rauch stieg auf. 

Faustina setzte sich auf einen umgestürzten Baumstamm, breitete die Karte vor sich aus und strich sich das Haar aus der schweißfeuchten Stirn. Tessa verteilte Wasser und Obst. Es war fast drei Uhr nachmittags, die Hitze hing drückend in der Luft. Einige Kinder schoben sich ihre Pullover unter die Köpfe und schliefen. Tessa klebte Pflaster auf eine Wasserblase, schüttelte Steinchen aus einem Schuh. Ein Mädchen zeichnete mit einem Stock Kringel in den Staub, ein anderes wiegte seine Puppe. Tommaso lag mit angezogenen Beinen auf dem Rücken, die dunklen Augen zum Himmel gerichtet. »Schau lieber nicht direkt in die Sonne, das schadet deinen Augen«, sagte Tessa fürsorglich und schob ihm seinen Sonnenhut über das Gesicht. Aber schon einen Augenblick später schob er ihn wieder hoch und starrte weiter in den Himmel. 

Als Tessa sich neben Faustina setzte, lächelte diese ihr zu und drückte ihre Hand, ohne etwas zu sagen. Perlita krabbelte zu Tessa herüber und drückte sich an ihren Rock. Tessa streichelte dem Kind über das Haar und schloss die Augen. Sie dachte an ihren Traum und die friedliche Ruhe des Gartens in der Morgenfrühe. So war es also, dachte sie. Sie erinnerte sich, wie schwierig es für sie gewesen war, allein für Angelo zu sorgen, wie sehr sich die Wirklichkeit des Mutterseins von ihren Vorstellungen unterschieden hatte. Wie jung sie gewesen war, wie unwissend und wie alleingelassen. Sie war wegen Mrs. Rycrofts Anruf nach Oxford gefahren, weil sie Milo Rycroft geliebt und Angst gehabt hatte, ihn zu verlieren. Es war keine Nichtigkeit gewesen. Liebe war nichts Nichtiges, das wusste sie jetzt. Auch wenn sie vielleicht nichts anderes in ihrem Leben gelernt hatte – das hatte sie begriffen.  

Bis Greve seien es noch knapp fünf Kilometer, sagte Faustina, die aufgestanden war und sich Staub und Tannennadeln von den Kleidern klopfte. Sie müssten sich beeilen. Wieder zählte Tessa die Kinder, achtzehn, ja, das stimmte. Sie nahm die Kleinsten an der Hand; Perlita lief jammernd ein paar Schritte hinterher. Faustina nahm einen kleinen Jungen Huckepack, und sie begannen den Abstieg. Sie konnte jetzt an nichts denken als daran, beharrlich Schritt für Schritt den Hang hinunter zu setzen. Nicht an Guido, nicht an Angelo. Es gab nur diesen Augenblick, die Hitze und den Weg. 

Die Flugzeuge kamen von hinten, eine Formation von sechs Maschinen, deren ohrenbetäubendes Dröhnen sich an den Hängen brach. Sie rannten bergab zu einem flachen Graben, trieben die Kinder hinein, schrien sie an, sich zu ducken. Eins, zwei, drei, vier – wieder zählte Tessa. Wo war Perlita? Als sie sich umschaute, sah sie das kleine Mädchen angstgelähmt ein Stück weiter oben am Hang stehen. Sie sprang aus dem Graben, rannte hinauf und packte das Kind. Die Flugzeuge waren weg – aber da, über ihnen, ein greller Lichtbogen. 

Sie erreichten den Graben. Perlita war gerettet. Tessa sah an sich hinunter. Auf dem Blau ihres Kleides war ein roter Fleck, etwa in Höhe des Gürtels. Verwirrt legte sie die Hand auf die Stelle. Als sie sie wieder hob, war ihre Handfläche rot. 

Sie war auf einmal sehr müde, und sie fror. Sie setzte sich auf den Boden. Faustina kniete neben ihr nieder. Sie berührte den roten Fleck und sagte etwas, aber Tessa verstand sie nicht. Sie wollte ihr sagen, dass sie wohl verletzt sei und eine Weile rasten müsse, bevor sie weitergehen könne, aber sie konnte nicht sprechen. 

Sie hatte keine Schmerzen. Ihr war nur so kalt. Sie streckte sich im Graben aus. Einen kurzen Augenblick sah sie die Baumwipfel und den blauen Himmel. Dann kam die Dunkelheit und löschte alles aus.