13. KAPITEL

 

Jack lächelte über den Ausdruck, der über Laras Gesicht huschte. Der anfängliche Schock wurde zu Staunen, als sie sich in dem großen Raum umsah. Er spürte Stolz aufkeimen, weil der Raum wirklich beeindruckend war, wenn man ihn ganz und gar beleuchtete. Mario und Gianetta waren auf ihre alten Tage nicht mehr sehr behände, also war es wahrscheinlich ihr Enkel Lorenzo gewesen, der alle Kerzen angesteckt hatte, ehe er gegangen war, um seinen Auftrag auszuführen.

Eine kühle Brise wehte durch die offenen Terrassentüren und brachte die Kerzen zum Flackern und das Gold zum Leuchten.

Lara sah ihn unsicher an. »Nur ein kleiner Palazzo, was?«

Belanglos zuckte Jack mit den Schultern. »Es gibt über zweihundert Palazzi in Venedig. Das ist keine große Sache.«

»Klar. Jeder hat einen.« Sie folgte ihm hinaus auf den Balkon. »Ich kann es einfach nicht fassen. Wir sind wirklich in Venedig?«

»Ja. Venezia.« Er atmete die kühle, feuchte Luft tief ein. Hinter dem Prismenglas auf beiden Seiten der Terrassentüren leuchteten die Kerzen. Ein Bistrotisch mit zwei Stühlen stand in einer Ecke des Balkons.

Er blickte über das Geländer auf das Wasser unter ihnen. Das gespiegelte Mondlicht und die Lichter der benachbarten Palazzi funkelten darauf. Das Tor zum Wasser befand sich direkt unter ihnen im Erdgeschoss. Die Lampen am Wassertor beleuchteten die drei rotgestreiften Pfeiler vor seinem Heim.

Jack liebte es immer wieder, nach Hause zu kommen. Und jetzt hatte er jemanden, mit dem er diese Freude teilen konnte. »Wie gefällt es dir?«

»Es ist unglaublich. Sehr... alt.« Lara sah ihn merkwürdig an und fing plötzlich an zu zittern.

»Ist dir kalt?« Er schlang seine Arme um sie und zog sie an sich. »Ich hatte gefürchtet, dass es etwas zu kühl für dich sein wird. Gianetta soll dir etwas Warmes suchen.«

»Danke.« Lara sah sich neugierig um. »Es liegt nicht nur am kühleren Klima. Ich habe noch einen Schock, weil wir wirklich hier sind, und deine Art, uns zu transportieren, macht mir immer noch Angst.«

»Es war schnell und schmerzlos, oder nicht?«

»Der Augenblick reiner Panik war schnell vorbei, aber meine Verwirrung ist so groß wie nie. Wie machst du das bloß?«

Mit einem Seufzen streichelte er ihr Haar. »Ich weiß wirklich nicht, wie es funktioniert. Es ist einfach eine Gabe, und ich bin dankbar dafür.«

»Na gut, besser als zehn Stunden im Flugzeug ist es schon.« Sie drehte sich in seinen Armen, damit sie über das Geländer sehen konnte. »Mir war nicht klar, dass die Kanäle so groß sind.«

»Die meisten sind es nicht. Das hier ist der Canal Grande.«

»Oh. Schicke Adresse.« Sie drehte sich wieder zu seinem Haus um. »Nicht schlecht für einen Palast.«

Er grinste. »Leider sind viele der Palazzi in schlechtem Zustand. Dieser hier ist im sechzehnten Jahrhundert erbaut worden, aber es gibt immer irgendetwas, das repariert werden muss.

»Aber du liebst ihn«, sagte sie leise.

»Ja. Das tue ich. Er ist mein Anker. Eine Konstante, die immer für mich da ist und sich nie verändert.«

Sie betrachtete ihn mit zusammengekniffenen Augen. »An dir ist etwas so Altmodisches und... Edles.«

Das war ein hohes Lob für jemanden, der als Bastard geboren war. »Cara mia, ich danke dir.« Er küsste sie auf die Stirn.

»Giacomo! Du bist da«, sagte eine Stimme auf Italienisch.

Jack drehte sich um und sah Gianetta in der offenen Terrassentür stehen. » Bellissima. » Er umarmte sie und küsste sie auf die runden Wangen. Sie trug einen schweren Bademantel über ihrem Nachthemd, und ihr langes graues Haar lag zu einem dicken Zopf geflochten auf ihrer ausladenden Brust. Er antwortete ebenfalls Italienisch. »Es tut mir leid, dass ihr mitten in der Nacht aufstehen musstet.«

Sie klopfte ihm auf die Wange. »Es ist immer gut, dich zu sehen. Und es ist so aufregend, dass du ein Mädchen mitgebracht hast. Darauf warte ich schon so lange.«

Etwa fünfzig Jahre, nahm Jack an. So lange kümmerten sich Gianetta und ihr Mann, Mario, schon um den Palazzo. Sie hatten als Bedienstete angefangen, aber mit den Jahren waren sie zu treuen und geschätzten Freunden geworden.

»Sie ist sterblich, nicht?«, flüsterte Gianetta wieder auf Italienisch.

»Ja, ist sie. Ihr Name ist Lara Boucher«, antwortete er, auch auf Italienisch. »Sie ist Amerikanerin.«

»Und sehr hübsch.« Gianetta nickte wohlwollend und sprach dann mit einem starken Akzent weiter. »Es macht mich sehr glücklich, Sie kennenzulernen.«

»Danke.« Lara lächelte sie strahlend an. »Ich bin auch überglücklich, hier zu sein.«

»Sie braucht einen Mantel oder eine Jacke.« Gianetta sah Jack verwirrt an. Als er seine Bitte noch einmal ins Italienische übersetzte, verstand sie.

»Ah. Ich habe genau das Richtige. Und ich bringe auch die Erfrischungen.« Gianetta verbeugte sich und verließ den Balkon.

»Sie scheint sehr nett zu sein«, sagte Lara.

»Sie mag dich, und das ist gut, denn sie und Mario sind wie eine Familie für mich.«

Lara schnaufte. »Alle um uns herum versuchen, uns zu verkuppeln.«

»Als bräuchten wir deren Hilfe.« Er schlang seine Arme von hinten um sie und zog sie gegen seine Brust.

Sie legte ihren Kopf an seine Schulter. »Die Sterne sind wunderschön, aber ich wünschte, es wäre heller. Wann geht die Sonne auf?«

»Zu bald.« Er vergrub sein Gesicht an ihrem Hals. Sie hatten weniger als drei Stunden, ehe er sie zurück nach New York City teleportieren musste. Er konnte es nicht riskieren, vor ihr in seinen Todesschlaf zu fallen. »Es ist eine gute Zeit, um hier zu sein. Die Stadt ist ruhig. Alles, was man hört, ist das Wasser, das gegen die Gebäude schwappt, und ab und an den Ruf einer Eule.«

Sie legte ihre Arme auf seine. »Ich wollte Venedig immer schon sehen. Danke.«

»Bellissima, wir haben noch gar nicht richtig angefangen.« Jack deutete in die Ferne. »Siehst du das Licht dort auf dem Wasser? Das ist eine Gondel, die kommt, um uns abzuholen.«

»Das ist so cool. Danke, dass du mich gegen meinen Willen hergeschleppt hast.«

»Hmm.« Er strich mit den Händen ihren Rücken hinab. »Was kann ich dich noch gegen deinen Willen tun lassen?«

Mit einem Lachen legte sie ihm die Arme um den Hals. »Du weißt ja, wie man sagt - wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.«

Er stupste mit seiner Nase gegen ihre. »Ich will nur, dass du mir willig bist.«

»Mmm.« Sie schmiegte sich an ihn und vergrub ihre Finger in seinem Haar. »Ich kann dir nie widerstehen, Jack.«

»Cara mia.« Er küsste ihre Stirn, ihre Wangen, ihre Nase, und sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Lara wollte ihn, und er hatte keine Vampirtricks dazu benutzt. Sie war die erste und einzige Frau, der er begegnet war, in deren Gedanken er nicht eindringen und sie lesen konnte, und doch schienen ihre Gedanken im Gleichklang zu sein.

Als sich ihre Lippen berührten, er vorsichtig ihren Mund erkundete, schmolz sie in seinen Armen dahin. Lara in seinen Armen in Venezia - das Leben konnte kaum besser werden.

Jemand räusperte sich. »Scusi«, flüsterte Gianetta am Eingang zum Balkon.

Lara trat zurück und wurde rot.

»Ich bringe... Essen«, sagte Gianetta auf Englisch. Sie stellte ein hölzernes Tablett auf dem kleinen Bistrotisch ab. »Und ich bringe Mantel für die Signorina.« Sie nahm den Umhang, den sie sich über eine Schulter gelegt hatte, und schüttelte ihn aus.

»Du meine Güte, ist der schön.« Lara streichelte den mitternachtsblauen Samt.

Während Lara damit beschäftigt war, den Umhang zu bewundern, den Gianetta ihr um die Schultern legte, trat Jack leise an den Tisch, um nach dem Essen zu sehen. Natürlich hatte Gianetta ihm einen Bronzekelch mit erwärmtem synthetischem Blut gefüllt. Er trank ihn hastig, ehe Lara den Inhalt bemerken konnte.

Sie lachte. »Du warst ja wirklich durstig.«

»Ja.« Er stellte den leeren Kelch auf das Tablett. »Du siehst in dem Umhang wunderbar aus.«

Mit einem Lächeln drehte sie sich um sich selbst und ließ den langen Umhang um sich herumwirbeln. Der Samt hing in schweren Falten bis zu ihren Knöcheln hinab. »Ist das nicht schön? Er ist mit Seide gefüttert, und eine Kapuze hat er auch.«

Sie setzte sich die Kapuze auf, und Jack stockte der Atem. Ihre Augen sahen so dunkelblau aus wie der Samt, der ihr bezauberndes Gesicht einrahmte. Ihre Wangen waren vor Aufregung gerötet, und sie duftete nach pulsierendem Blut. Er war versucht, sämtliche Sehenswürdigkeiten links liegen zu lassen und sie einfach direkt mit nach oben in sein Schlafzimmer zu nehmen. Aber nein, erst musste er sie umwerben. Sie sollte ihn wirklich lieben. Wenn sie dann je die Wahrheit über ihn erfuhr, standen die Chancen besser, dass er sie nicht verlor.

»Sehr schöner Umhang«, sagte Gianetta auf Englisch. »Giacomo hat ihn mir vor zehn Jahren zum Karneval geschenkt. Giacomo sehr guter Mann.«

»Oh.« Lara warf ihm einen neugierigen Blick zu. »Damals muss er ungefähr achtzehn gewesen sein?«

Gianetta sah Jack verwirrt an und sprach auf Italienisch weiter. »Sie weiß es nicht?« Als er den Kopf kaum merklich schüttelte, sah sie ihn böse an. »Du musst es ihr sagen.«

»Stimmt etwas nicht?« Lara beobachtete die stille Zwiesprache der beiden.

»Ja.« Jack sprach wieder Englisch und zeigte auf das Tablett auf dem Tisch. »Dein Gelato schmilzt. Komm, setz dich.«

»Ja.« Gianetta eilte an den Tisch und stellte die Schale mit Eiscreme, eine Leinenserviette und ein Glas Wasser ab. »Gelato aus Venezia sehr gut. Sie versuchen.«

»Sehr gern.« Lara setzte sich an den Bistrotisch und arrangierte den Umhang vorsichtig um sich herum.

Jack gab Gianetta den leeren Bronzekelch und erhielt von ihr ein kleines Paket Vampos. Diese Pfefferminzbonbons sind extra für Vampire, die ihren Blut-Atem loswerden wollten.

»Grazie. Du denkst an alles.« Er steckte sich ein Pfefferminz in den Mund und reichte die Packung an Gianetta zurück, die sie schnell in die Tasche ihres Bademantels verschwinden ließ.

Lara betrachtete das leere Tablett und dann Jack. »Isst du kein Eis?«

»Nein. Ich bin... laktoseintolerant.« Er setzte sich ihr gegenüber an den Tisch. »Aber ich sehe gern dabei zu, wie du es dir schmecken lässt.«

Ihr Grinsen wirkte geheimnisvoll. »Du siehst gern zu?«

Jack lachte leise.

Während sie sich die Kapuze vom Kopf schob, schenkte sie ihm einen verführerischen Blick. Seine Kehle wurde trocken beim Gedanken daran, wie noch mehr Kleidungsstücke fielen.

Langsam führte Lara den Löffel an ihre Lippen und berührte das Gelato mit der Zungenspitze. Dann leckte sie daran. »Mmmm. So süß und cremig.«

Er sah sie mit hochgezogener Augenbraue an. Für einen süßen Engel konnte sie ganz wunderbar ungezogen sein. »Gefällt es dir?«

»Oh, ja.« Sie öffnete lasziv den Mund und steckte den Löffel hinein. »Mmmm.« Dann zog sie ihn genüsslich wieder heraus.

Sein Schoß zog sich zusammen.

»Oh, ja.« Sie schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken. »Ja. Ja!« Sie schlug mit der Faust auf den Tisch.

Jack rutschte in seinem Stuhl hin und her.

Gianetta legte ihm die Hand auf die Schulter und flüsterte auf Italienisch: »Ist alles in Ordnung mit ihr?«

»Ja.« Seine Stimme klang angespannt. »Sie mag das Eis nur wirklich gern. Das wäre dann alles, Gianetta.«

»Hm.« Gianetta griff sich das leere Tablett und ging auf die Tür zu, während sie über die seltsamen Sitten der Amerikaner murmelte.

Lara verzog das Gesicht. »Tut mir leid. Sie denkt wahrscheinlich, ich bin verrückt, aber ich konnte einfach nicht widerstehen.«

Diese Frau trieb ihn in den Wahnsinn. »Cara mia, ich vertraue darauf, dass du nicht widerstehen kannst.«

Es war erregend, ihr beim Eiscreme essen zuzusehen, und Jack war erstaunt, wie hart er von etwas so Einfachem und Unschuldigem werden konnte.

»Das ist echt gut.« Sie verzehrte den letzten Bissen. »Und diese Schale ist wunderschön.«

»Sie ist aus Murano, wo die Glasbläser arbeiten.«

»Das würde ich so gern sehen.«

»Jetzt sind sie nicht geöffnet, aber ich kann eine weitere Reise für uns arrangieren.« Er stand auf und sah über den Balkon. Der Gondoliere kam auf das Wassertor zu. »Heute Nacht will ich dir die Basilica und den Campanile auf der Piazza San Marco zeigen.«

Mit der extra bereitgelegten Leinenserviette tupfte Lara sich den Mund ab. »Ich nehme an, Basilica ist eine Kirche, aber was ist das andere?«

»Der Campanile. Der Glockenturm.«

»Oh, cool! Aber haben die nachts nicht geschlossen?«

»Ich habe... Beziehungen.«

Sie grinste. »Aus deiner Zeit als Chorknabe?«

Er lachte. »Nicht gerade. Unsere Gondel ist da. Willst du sie sehen?«

»Oh ja.« Sie sprang auf und spähte über das Geländer. »Du meine Güte, er trägt ein gestreiftes Hemd und einen Hut, genau wie im Film.«

»Sollen wir?« Jack deutete auf die Terrassentüren.

Lara begleitete ihn durch den Raum dahinter zur Treppe. Vor etwa fünfzig Jahren hatte er elektrische Leitungen ins Treppenhaus legen lassen, damit niemand in der Dunkelheit stolpern oder eine Kerze mitnehmen musste.

Lara sah die Treppe hinauf. »Wie viele Stockwerke gibt es hier?«

»Vier.« Er führte sie die Treppe hinab. »Das Wasserstockwerk ist unter uns. Ich lebe im ersten und zweiten Stock, und Mario und Gianetta leben im obersten mit ihrem Enkel.«

Gianetta wartete am Fuß der Treppe auf sie. »Mario hat sich um alles gekümmert«, teilte sie Jack mit, »Vater Guiseppe wartet auf der Piazza auf euch, und Lorenzo ist bald hier.«

»Grazie mille.« Jack umarmte sie. »Ich habe vielleicht keine Zeit, zurückzukommen.«

»Das verstehe ich.« Gianetta lächelte Lara an und wechselte zu Englisch. »Giacomo sehr guter Mann. Hat noch nie Mädchen hergebracht.«

»Wirklich?« Laras Augen leuchteten auf.

Unwirsch funkelte er Gianetta an und führte Lara dann in den Garten. »Das will ich dir noch zeigen, ehe wir gehen.«

Als sie den Garten betraten, verschlug es Lara förmlich die Sprache. Lange Schnüre aus weißen, funkelnden Lichtern rahmten seine quadratische Form ein. Ein Pfad aus Pflastersteinen führte um einen Brunnen in der Mitte. Eine Laube, die mit Glyzinien bewachsen war, verbarg eine Steinbank. Der Duft nach Gardenien und Rosen erfüllte die Luft, und mit ihr das plätschernde Geräusch des Brunnens.

»Es ist so schön hier«, flüsterte Lara. »Und so friedlich. Kein Wunder, dass du so gern hier bist.«

Jack blickte zu den Fenstern im zweiten Stock hinauf, wo sich sein Schlafzimmer befand. Er war versucht, Lara direkt dorthin zu teleportieren. Aber ihre Gondel wartete auf sie, und er war fest entschlossen, sie, wie es sich gehörte, zu umwerben. Niemals wollte er sich wie sein Vater verhalten und jede Frau nur als eine Eroberung behandeln, ehe er mit der nächsten weitermachte. Lara verdiente etwas Besseres. Und wenn sie ihn lieben konnte, dann würde er ihr für immer ergeben sein.

»Komm.« Er führte sie durch den Bogengang zurück an das Wassertor.

Mario wartete auf sie, wo die Gondel festgemacht hatte. Jack umarmte den alten Mann und stellte ihm Lara vor.

Mario schüttelte ihre Hand. »Brava, Bellissima. Giacomo sehr guter Mann.«

Laras schelmischer Blick brachte ihn zum Lachen. »Du musst die beiden sehr gut bezahlen.«

»Das tue ich wirklich.«

Er trat in die Gondel und half danach Lara beim Einsteigen. Sie machten es sich in den gepolsterten Sitzen unter einem Baldachin bequem, der ihnen etwas Privatsphäre gestattete.

»Piazza San Marco, bitte«, rief er dem Gondoliere hinten im Boot zu.

»Natürlich«, antwortete der Gondoliere und leitete sie geschwind auf den Kanal.

Lara schmiegte sich eng an Jack. »Das ist so romantisch.«

»Ich freue mich, dass es dir gefällt.« Er legte einen Arm um ihre Schulter und wendete sich ihr zu, damit er ihr Gesicht sehen konnte.

Lara sah sich neugierig um, während sie sich langsam den Canal Grande hinab bewegten. Er zeigte ihr mehrere Palazzi, die man in Hotels umgewandelt hatte. Sie waren beleuchtet, und vor einigen ankerten sogar Luxusyachten.

Sie sperrte den Mund auf. »Sieh dir diese Brücke an.«

Er blickte auf. »Das ist die Rialtobrücke.« Der mittlere Bogen wurde nachts beleuchtet.

Laras Augen funkelten aufgeregt. »Das erinnert mich an einen Film, den ich geliebt habe, als ich noch klein war. Ich fand, es ist der romantischste Film aller Zeiten. Susi und Strolch. Hast du ihn gesehen?«

»Nein.«

»Also, Strolch nimmt Susi mit in ein italienisches Restaurant, und die Kellner bringen ihnen einen großen Teller Spaghetti. Dann singen die Kellner ihnen dazu das Lied ›Bella Notte‹, und es ist so unglaublich süß.«

Bella Notte? Das musste er Mario sagen.

»Dann fangen Susi und Strolch an, an dem gleichen Spaghetti zu saugen, und er küsst sie aus Versehen auf die Schnauze.«

»Die... was?«

»Schnauze. Oh.« Lara lachte. »Hatte ich nicht gesagt, dass die beiden Hunde sind?«

»Romantische Hunde?«

Ihr Lachen erklang hell und fröhlich, dann gab sie ihm einen Klaps auf den Arm. »Ich war fünf Jahre alt. Und dieser Spaghetti-Kuss war wirklich heiß. Lady dreht sich mit diesem niedlichen Lächeln von ihm weg, als wäre es ihr furchtbar peinlich, und Strolch hat dieses wölfische Grinsen auf seinem Gesicht, als wollte er sagen. Kleines, lass uns das noch einmal machen'.«

Mit einem eigenen wölfischen Grinsen stupste Jack sie an die Nase. »Wenn ich also deine bezaubernde kleine Schnauze küsse, gehörst du mir?«

Ganz in ihrer Rolle, senkte Lara ihren Blick und wurde rot. »Ich bin mir nicht sicher, ob du der Strolch sein könntest. Er hat, glaube ich, nie in einem schicken Palazzo gelebt.«

»Ah. Aber ich bin ein Bastard, also dürfte ich mich immer noch qualifizieren.«

Sie stieß ihm gegen die Brust. »Du bist kein Bastard. Du bist ein Schatz.«

»Muss ich erst beweisen, dass ich ein Bastard bin?« Er fasste unter ihren Umhang und kitzelte ihre Rippen. »Nimm das. Und nimm dich in Acht, sonst schlage ich mit dem weichen Kissen nach dir.«

Sie wand sich aus seinem Griff und kicherte. »Hör auf, du... Strolch.«

Mit einem Lachen zog er sie auf ihren Schoß. »Mein Schatz.«

Wieder ernst geworden, legte sie ihm die Arme um den Hals und blickte in seine Augen. »Jack.«

Er drückte ihre Hüfte. »Wuff.«

»Ein echter Bastard könnte jetzt versuchen, die Situation auszunutzen.« Sie stieß mit der Nase gegen seine Wange.

»Ich werde mein Bestes tun.« Er drehte seinen Kopf zu ihr, um ihren Mund zu nehmen. Ihre Lippen öffneten sich einladend, als seine Zunge die ihre suchte und liebkoste.

Erst stöhnte Lara erregt auf, löste dann aber plötzlich den Kuss. Sie sah über die Schulter auf den dunklen Baldachin, der sie von dem Gondoliere trennte. »Ich hatte vergessen, dass wir nicht allein sind.«

»Die sind daran gewöhnt. Venedig ist schon immer eine Stadt für Verliebte gewesen.«

Sie fuhr mit der Hand durch sein Haar. »Willst du, dass wir das sind - Verliebte?«

»Mmm-hmm.« Unter dem Umhang fuhr er mit der Hand ihren Rock hinab bis er nackte Haut erreichte.

Sie strich mit den Fingerspitzen über seinen Kiefer. »Alle erzählen mir immer wieder, was für ein guter Mann du bist.«

»Mmm-hmm.« Seine Hand stahl sich unter den Saum ihres Rockes. »Ich bin so vertrauenswürdig wie ein Priester.«

»Das habe ich schon gehört. Shanna hat gesagt, ich kann dir vertrauen.«

»Mmm-hmm.« Seine Finger glitten ihren nackten Schenkel hinauf. »Ich bin praktisch ein Heiliger.«

Sie sah ihren Umhang hinab zu der Stelle, wo seine verborgene Hand eine Beule bildete, die immer weiter ihren Schenkel hinaufwanderte. »Was genau tust du da?«

Seine Mundwinkel zuckten. »Ich suche das Heilige Land?« Er erreichte den Rand ihres Höschens. Spitze, so wie es sich anfühlte.

»Vielleicht solltest du wissen, dass ich nicht - ich meine, normalerweise...« Sie keuchte, als seine Finger unter den Saum krochen. »Jack, du... Bastard.«

»Ganz genau.« Er knetete ihren nackten Hintern.

»Jack«, hauchte sie. »Wir sollten nicht...« Sie warf einen nervösen Blick auf den Baldachin.

»Ich weiß. Ich kann dir nur so schwer widerstehen.« Er klopfte ihren Hintern, bevor er den Rückzug antrat.

Doch als er seine Hand zurückziehen wollte, merkte Jack, dass der Slip sich mit nach unten bewegte. Eine schnelle Bewegung sollte das Höschen auf seinen Platz bringen, aber es half nichts. Hilfe, er wollte das nicht, was gerade geschah.

Merda! Ihr Spitzenhöschen hatte sich an seinem Ring verhakt, dem Siegelring, den er von seinem Vater geerbt hatte, Giacomo Casanova. Sein Vater hatte hunderte Frauen verführt, ohne dabei irgendwelche Probleme zu bekommen, und er hatte schon mit einer Schwierigkeiten. Das war der wahre Grund, warum er den Namen Casanova nie benutzte. Er konnte und wollte dem Ruf seines Vaters nicht gerecht werden. Wahrscheinlich drehte der alte Mann sich jetzt lachend in seinem Grab um.