3. KAPITEL

 

Lara ignorierte das Flattern in ihrem Bauch und das Kribbeln auf ihrer Haut. Sie würde diesen Mann auf keinen Fall merken lassen, wie nervös er sie machte. »Ich bin nicht zum Vergnügen hier, Jack. Das hier ist eine Ermittlung.«

Sein Lächeln war umwerfend. »Ich fühle mich geschmeichelt. Mir war nicht klar, dass mir so viel Aufmerksamkeit geschenkt wird.«

Dieser Hund versuchte, mit ihr zu flirten, aber sie würde ganz professionell bleiben. »Sie können meine Fragen hier unten beantworten oder mit aufs Revier kommen.«

»Ich möchte die Hochzeit meines Freundes nicht verpassen.«

»Dann reden Sie jetzt mit mir. Ich will wissen, wie Sie das gemacht haben.«

»Was gemacht?« Er schlenderte zu den Stühlen mit den hohen Lehnen und legte ihren Beutel auf einem der rot gepolsterten Sitze ab.

»Das wissen Sie ganz genau. Ich bin heute Morgen noch einmal im Plaza gewesen, und die Suite war makellos.«

»Ich hatte doch gesagt, ich mache sauber.« Er spähte in ihre Tasche und blickte dann wieder zu ihr. »Ich halte mein Wort.«

»Wenn Sie so ehrlich sind, dann sagen Sie mir, wie Sie es geschafft haben.«

»Mir gebührt nicht die ganze Ehre. Einige sehr effiziente Hausmädchen haben mir geholfen.« Er zog eine hübsch verpackte Schachtel aus dem Beutel. »Sie haben ein Geschenk mitgebracht. Wie aufmerksam von Ihnen. Besonders, wo Sie weder Braut noch Bräutigam kennen.«

Ihr Gesicht wurde warm. »Das war doch das Mindeste. Jetzt aber zurück zum Thema. Als ich heute Morgen die Angestellten des Hotels befragt habe, konnte keiner von ihnen sich an Sie erinnern.«

Er zuckte mit den Schultern. »Ich bin wohl einfach der Typ, den man sofort vergisst.«

»Auf welchem Planeten?«, murmelte sie, und wurde dann rot, als er ihr ein sexy Grinsen schenkte.

Jack schüttelte ihr Geschenk. »Was ist da drin, Officer? Handschellen?«

»Sehr lustig.« Dieser Schuft wechselte immer wieder das Thema. »Ich werde die Frage beantworten, aber dafür beantworten Sie mir auch eine. Das ist eine versilberte Salatzange.«

»Silber?« Er lachte. »Das wird Ian gefallen.«

»Etwas Schickeres konnte ich mir nicht leisten. Ich musste heute drei Geschenke kaufen.«

»Sie sind auf drei Hochzeiten gewesen?« Seine Augen funkelten vor Belustigung. »Waren Sie auf irgendeine eingeladen?«

Wütend und mit einem ärgerlichen Funkeln in den Augenverschränkte sie die Arme. »Ich war auf allen Hochzeiten mit einem schottischen Bräutigam, die ich in der Zeitung finden konnte. Ian MacPhies Name kam mir irgendwie bekannt vor.«

Jack legte das Hochzeitsgeschenk auf einem anderen Stuhl ab. »Ian ist vor etwa sechs Monaten so etwas wie eine Berühmtheit geworden, als ihn ein Online-Dating-Service zum begehrenswertesten Junggesellen der Stadt gekürt hat.«

»Oh, stimmt. Jetzt erinnere ich mich.« Laras Mitbewohnerin hatte ihr die Seite in einem Internetcafé gezeigt. Alle Mädchen in dem Café hatten bei Ians Anblick angefangen zu sabbern.

Jack warf ihr einen misstrauischen Blick zu. »Waren Sie eine von Ians Bewunderinnen?«

Machte er sich Sorgen wegen der Konkurrenz? Lara setzte einen verträumten Blick auf. »Sie müssen schon zugeben, Ian ist unglaublich heiß.«

Jack sah sie mit gerunzelter Stirn an. »Er ist vergeben. Deshalb hat seine Braut darauf bestanden, die Anzeige in die Zeitung zu setzen. Sie will jeden wissen lassen, dass er nicht mehr zu haben ist.«

Jetzt konnte sie ihre Neugierde nicht mehr bremsen. »Was ist mit Ihnen? Sind Sie vergeben?«

»Das bin ich nicht, aber ich würde auch nicht sagen, dass ich zu haben bin.«

Eine merkwürdige Antwort. Sie wollte gern mehr wissen, aber sie musste professionell bleiben. »Zurück zu meiner Eingangsfrage. Wie haben Sie die Erinnerung dieser Leute gelöscht?«

»Sie sind also auf allen Hochzeiten mit schottischen Bräutigamen gewesen, bis Sie mich gefunden haben? Das ist ausgezeichnete Arbeit. Ich bin beeindruckt.«

Das Kompliment ließ Lara nicht ganz kalt, aber dann wurde ihr klar, dass er es schon wieder getan hatte. »Sie haben meine Frage nicht beantwortet.«

Er zog ihre Polizeimütze hervor. »Charmant.«

»Lassen Sie das. Und beantworten Sie bitte meine Frage.«

Er zog auch ihr gefaltetes blaues Hemd und die Hosen heraus. »Müssen Sie bald zur Arbeit?«

»Meine Schicht beginnt um zehn. Jack, wieso erinnert sich niemand an Sie?«

»Weil ich es nicht wollte. Ah, die Waffe.« Er zog den Gürtel, den Halfter und die Automatik-Pistole aus ihrem Beutel. Er öffnete den Halfter und nahm die Waffe heraus.

Sie streckte die Hand aus. »Geben Sie mir die.«

Er entfernte das Magazin und reichte ihr die leere Waffe.

»Glauben Sie, ich würde Sie erschießen? Sie verletzen mich«, wiederholte Lara seine Worte von letzter Nacht.

Seine Mundwinkel hoben sich. »Brava, Bellissima.« Er knöpfte seine Anzugjacke auf und steckte das Magazin in seine Hosentasche. »Sie sind sehr klug und begabt.«

»Ich habe vor, es eines Tages zum Detective zu bringen.«

Sein Lächeln wurde breiter. »Dann werden wir in der gleichen Branche arbeiten. Auch ich bin Detective. Für eine private Firma.«

»Welche Firma?«

»MacKay Security and Investigations.« Er spähte in den Beutel. »Da ist noch etwas anderes. Wie interessant.« Er zog einen weißen, spitzenbesetzten BH hervor.

»Legen Sie den zurück.« Lara wechselte ihre leere Waffe in die linke Hand und griff dann mit der rechten nach ihrem BH.

Er bewegte sich schnell und zog ihn außer Reichweite.

»Bellissima, warum stecken Sie Ihren BH in einen Beutel?«

»Damit ich ihn nachher anziehen kann, Sie Widerling. Geben Sie ihn zurück.«

Sein Blick wanderte zu ihrem tiefen Ausschnitt. »Soll das bedeuten, Sie tragen im Augenblick... nichts?«

»Das geht Sie nichts an.« Sie streckte ihre Hand aus, die Handfläche nach oben. »Geben Sie ihn zurück.«

Er betrachtete weiterhin ihre Brüste. »Ich denke, Sie müssen doch eine Art Korsett darunter tragen.«

»Ich werde mich nicht mit Ihnen über meine Unterwäsche unterhalten.«

Ein Leuchten machte seine Augen noch attraktiver. »Dann werde ich Sie wohl durchsuchen müssen.«

»Was? Wagen Sie das ja nicht.«

Unschuldig sah er sie an. »Was bleibt mir für eine andere Wahl? Sie haben sich bei der Hochzeit meines Freundes eingeschlichen und eine Waffe bei sich gehabt. Woher soll ich wissen, dass nicht noch ein Messer an Ihrem Schenkel steckt?«

Sie knirschte mit den Zähnen. »Wenn ich eines hätte, befände es sich jetzt schon mitten in Ihrer Brust.«

Seine Mundwinkel zuckten. »Und dann ist da der fragwürdige Bereich um Ihre Brüste. Sie müssen irgendeine Vorrichtung tragen, auch wenn ich keine Anzeichen dafür entdecken kann.« Er trat näher auf sie zu. »Das zwingt mich zu näheren Untersuchungen -«

»Das sind Haftschalen«, platzte es aus ihr heraus, und sie zuckte zusammen. Wie hatte ihr dieses Gespräch so entgleiten können? Sie sollte ihm mit ihrer leeren Waffe einen Schlag auf den Kopf versetzen.

»Bitte was?«

»Haftschalen. Polyurethanschalen, die man sich an die Brüste klebt. Zurück zu meiner Eingangsfrage -«

»Sie kleben an Ihren Brüsten?« Er sah angewidert aus und konzentrierte sich dann noch einmal auf ihren Busen. »Die haben Sie doch nicht mit Klebstoff an sich selbst befestigt?«

»Natürlich nicht. Sie haben eine selbstklebende Rückseite.«

Er verzog das Gesicht. »Wie Isolierband?«

»Würden Sie bitte aufhören, mich so anzustarren?«

»Aber tut es nicht weh, wenn man sie abreißt?«

»Das ist vollkommen unangebracht.«

»Scusi, Signorina, aber es ist auch vollkommen unangebracht, dass Sie Ihre Brüste verletzen. Sie sind doch sicher sehr empfindlich?«

Dieser Mann brachte sie wirklich um den Verstand. »Sie sind zäher, als sie aussehen.«

Sein Blick glitt noch einmal zu ihren wohlgeformten Brüsten. »Dann hätten Sie nichts dagegen, wenn man sie etwas härter anfasst?«

Der Kerl hatte vielleicht Nerven! »Darüber spreche ich nicht mit Ihnen.«

»Vielleicht ein wenig daran knabbert?«

Sie schnappte sich den BH aus seiner Hand und drehte ihm den Rücken zu, als sie ihn zurück in den Beutel stopfte. »Ich hätte nicht kommen sollen. Mit Ihnen kann man nicht vernünftig reden. Ich schwöre, Ihre Gedanken kennen nur genau eine Richtung.«

»Vielleicht«. Er seufzte. »Man hat mir schon immer gesagt, ich kann meinen Wurzeln nicht entkommen. Mein Vater hat zu Lebzeiten hunderte von Frauen verführt. Meine Mutter war seine letzte Eroberung.«

»Klingt wie ein echter Casanova.« Lara legte ihre leere Waffe ab und stopfte auch ihre Uniform zurück in den Beutel.

»Ganz genau«, sagte er trocken.

Zuletzt ließ sie ihre Mütze zurück in den Beutel fallen. »Da Sie sich weigern, meine Fragen zu beantworten, werde ich gehen.« Sie nahm ihre leere Pistole.

»Ich wünschte, ich könnte sie beantworten.«

Sie drehte sich zu ihm um. »Dann tun Sie es.«

»Ich... kann nicht.«

»Versuchen Sie es.«

Mit einem einzigen Blick verschlang er ihren Körper, bevor er Lara wieder in die Augen sah. »Ich bin sehr verlockt, Sie zu versuchen.«

Ihr Puls beschleunigte sich. »Muss das sein? Müssen Sie alles, was ich sage, in eine Art sexuelle Herausforderung verwandeln?«

»Ja, das muss ich.« Seine Augen leuchteten, als er sich vorbeugte. »Es ist nur ein Vorspiel, wenn Sie es auch merken.«

Sie versteifte sich. Es war wirklich unglaublich. »Ich merke überhaupt nichts.«

»Ich glaube schon. Ihr Herz rast.«

Woher wusste er das? »Geben Sie mir das Magazin meiner Waffe zurück.«

»Damit Sie mich erschießen können?« Er berührte ihr Haar und rieb eine Strähne zwischen Daumen und Zeigefinger. »Ihr Haar ist wie ein feuriger Nimbus, der einen Racheengel umgibt. Wie heißen Sie, Bellissima} Robby hat gesagt Susie, aber es schien ihm, dass sie lügen.«

Sie entzog sich seinem Griff. »Ich bin für Sie Officer Boucher. Und ich will mein Magazin zurück, damit ich gehen kann.«

Ihre Worte ignorierend, trat er näher. »Ich wette, Sie haben einen anmutigen, poetischen Namen, der zu der Schönheit Ihres Gesichtes passt. Einen vollen, melodischen Namen, der von der Zunge rollt und mich an die köstlichen Kurven Ihres prächtigen Körpers erinnert.«

Als Lara ihm ausweichen wollte, prallte sie gegen die Wand. Verdammt.

Er legte seine Hände gegen die Wand und schloss sie so ein. »Dein schöner Name, Bellissima. Wie lautet er?«

Sie kniff die Augen zusammen. »Butch.«

Er blinzelte. »Butch?«

»Die Jungs auf dem Revier nennen mich so. Das ist die Kurzform von Boucher.« Sie drückte gegen seine Schultern, aber er bewegte sich kein Stück. Sein Körper war wie ein großer Block Granit. Und sein Kopf ohne Zweifel ebenfalls.

»Butch«, murmelte er. »Du bist voller Überraschungen. Mir gefällt das.«

Da es zwecklos war, ihn irgendwie zu bewegen, musste sie eine andere Taktik anwenden. »Sag mal, Jack.« Sie schlang ihren rechten Arm um seine Taille, sodass die Waffe an seinem Rücken zu liegen kam. »Was gefällt dir sonst noch so an mir?«

Die goldenen Flecken in seinen Augen funkelten. »Ich mag deine Beharrlichkeit. Und wie klug du bist.«

Ihr Aussehen hatte er nicht erwähnt. Das gefiel ihr. Sie blickte auf seinen Mund und befeuchtete sich die Lippen mit der Zunge. »Erzähl mir mehr, Jack.«

Immer mehr näherte er sich, bis sein Mund nur noch ein kurzes Stück von ihrem entfernt war. Sie konnte seinen Atem auf ihrer Wange spüren. Sie lehnte sich ihm entgegen und steckte ihre linke Hand in seine Hosentasche, in der er ihr Magazin verstaut hatte.

»Bellissima.« Er rieb seine Nasenspitze an ihrer. »Du machst mich wahnsinnig.«

Wirklich? Gut. Das gefiel ihr. Ihr gefiel auch, dass sie das Magazin fest in der Hand hielt. Sie zog ihre Hand vorsichtig aus seiner Tasche und rieb ihre Wange an seinem stoppeligen Kinn. »Küss mich, Jack.«

»Bevor oder nachdem du mich erschossen hast?« Seine Hand schloss sich blitzschnell um ihr Handgelenk. Er hob ihren Arm, sodass er das Magazin darin sehen konnte. »Du solltest dich schämen, Butch.«

»Du solltest dich schämen. Du weigerst dich, meine Fragen zu beantworten. Machst dich lustig über meinen BH. Ich sollte dich aufs Revier schleppen und ein paar Tage in Sicherheitsverwahrung nehmen -«

Er packte ihre Handgelenke und drückte sie gegen die Wand. »Du hast dich auch geweigert, meine Frage zu beantworten. Wie heißt du?«

»Wie hast du die Erinnerungen gelöscht?«

»Hör auf damit«, knurrte er. »Du willst die Antwort gar nicht wissen.«

»Ich bin ein guter Detective. Ich finde es schon heraus.«

Flehend sah er sie an. »Halt dich einfach da raus, Boucher. Geh fort von hier und vergiss, dass du mich je getroffen hast.«

Ihr Blick durchforschte seine Augen. »Wie könnte ich

dich vergessen? Wer bist du? Was hast du vor?«

»Ich füge niemandem Leid zu. Kannst du mich in Ruhe lassen?«

Konnte sie das? Konnte sie dieses Gebäude verlassen und nie wieder an ihn denken? Nein, das konnte sie nicht. Sie würde noch monatelang nicht von ihm lassen können. Jahre. »Was ist mit dir, Jack? Willst du mich vergessen? Willst du mich nie wiedersehen?«

Seine Augen verdunkelten sich. Er streichelte die Innenseite ihres Handgelenks mit seinem Daumen und sorgte dafür, dass ihr ein köstlicher Schauder den Rücken hinablief. »Wenn du wüsstest, was du mir antust, würdest du davonrennen. Du würdest rennen, als wären die Hunde der Hölle hinter dir her.«

Rennen? Sie konnte sich ja nicht einmal einen Zentimeter weit bewegen. »Bist du nicht ein wenig zu dramatisch, Jack?«

»Bin ich das?« Er beugte sich vor, und sein Kinn rieb an ihrer Schläfe.

Das Kratzen seiner Barthaare ließ sie noch einmal erschaudern. All die kleinen Härchen auf ihren Armen stellten sich auf.

»Ich glaube, du hattest mich um einen Kuss gebeten, Butch«, flüsterte er ihr ins Ohr und zog sich dann zurück, um ihren Mund zu betrachten.

Ihr Atem stockte, als sie das rote Glühen in seinen Augen bemerkte. Das konnte nicht normal sein.

Ein Klopfen ertönte an der Tür. »Die Zeremonie fängt an«, rief Robbys Stimme.

Jack ließ sie los und trat zurück. »Ich muss gehen.« Er ging zu ihrem Beutel und hob ihn hoch. Als er sich wieder zu ihr umdrehte, hatten seine Augen ihre normale goldbraune Farbe zurück. »Du solltest auch gehen.« Er reichte ihr den Beutel.

Schnell lud sie ihre Waffe und überprüfte noch die Sicherung, ehe sie sie zurück in das Halfter steckte. Als sie es vorsichtig in ihren Beutel legte, überkam sie ein abgeschlagenes Gefühl. Sie war nicht imstande, ein Verhör korrekt zu führen. Sie hatte Jack gefunden, aber sie wusste immer noch fast nichts über ihn. Er zog sich gut an. Er sah gut aus. Er hatte anscheinend Probleme mit seinen Eltern, aber wer hatte das nicht? Und er konnte dafür sorgen, dass die Leute vergaßen. »Warum hast du es mir nicht auch angetan? Warum hast du alle vergessen lassen, nur mich nicht?«

Voller Traurigkeit blickte er sie an. »Ich habe es versucht, Bellissima. Du bist immun gegen mich.«

Sie drückte ihren Beutel gegen ihre Brust. »Nicht ganz.« Er hatte gerade gestanden, für eine Massenamnesie verantwortlich zu sein. War er so etwas wie ein Medium? Oder noch schlimmer? Und wie konnte sie sich so zu ihm hingezogen fühlen?

»Würdest du die hier annehmen?« Er zog eine Visitenkarte aus der Innentasche seiner Anzugjacke. »Meine Handynummer steht auch drauf.«

Er wollte sie wiedersehen? Ihr Herz schien sich in ihrer Brust zu weiten. Sie nahm die Karte und betrachtete sie intensiv. Giacomo di Venezia. War sein Nachname Venedig, oder war das seine Heimatstadt? Unter seinem Namen stand noch MacKay Security and Investigations.

»Ich möchte, dass du mich anrufst, wenn du je in Schwierigkeiten gerätst.«

Sie sah zu ihm auf. »Nur wenn ich in Schwierigkeiten bin?«

»Besonders, wenn du in Schwierigkeiten bist. Ich mache mir Sorgen um deine Sicherheit.«

»Jetzt klingst du wie mein Vater.« Lara steckte die Karte in den Beutel und ging mit eiligen Schritten auf die Tür zu.

Bevor Lara sie erreichen konnte, hatte Jack ihr bereits geöffnet. »Es ist mein Ernst, Boucher. Die Welt da draußen ist gefährlich. Gefährlicher, als du es ahnst.«

Anscheinend traute er ihr gar nichts zu, dachte sie wütend. »Ich bin nicht unfähig, Jack. Nur weil es dir gelungen ist, mich zu entwaffnen, bedeutet das nicht, dass jeder andere es auch kann.«

»Signorina, du bist es, die mich entwaffnet hat.«

War das wahr? Hatte sie wirklich diese Wirkung auf ihn? Oder sagte er diese Dinge einfach nur, um sie aus dem Gleichgewicht zu bringen?

Auf dem Weg in das Vestibül erblickte sie plötzlich die Braut. Sie war eine bezaubernde junge Frau mit langem blondem Haar, das teilweise unter einem Schleier aus weißer Gaze verborgen war. Vor der Brust hielt sie ein Bouquet aus weißen Lilien und Rosen. Ihre Augen funkelten vor Aufregung, und sie schaute mit einem strahlenden Lächeln in ihre Richtung.

Als der Hochzeitsmarsch anfing, begann sie ihren Weg zum Altar. Die Schleppe ihres eleganten weißen Kleides glitt hinter ihr über den Boden.

»Wow«, flüsterte Lara. »Was für eine schöne Braut. Sie hat vor Freude richtig geleuchtet.«

Jack legte eine Hand auf seine Brust und lächelte. »Amore. Sie bringt die Menschen von innen zum Leuchten.«

»Glaubst du an die wahre Liebe? An Glück bis ans Ende aller Tage?«

Sein Lächeln verblasste. »Bis zum Ende aller Tage wird noch eine lange Zeit vergehen. Für mich ist die Zeit bisher nicht sehr glücklich gewesen.« Er führte sie an eine Seitentür.

Was war mit Jack geschehen? Verdammt, sie wollte wirklich mehr wissen. Sie wollte alles über ihn erfahren.

Dann fiel ihr noch etwas ein. »Ich habe das Geschenk im Lagerraum gelassen. Gibst du es der Braut von mir?«

»Ja.« Er hielt ihr die Tür auf. »Rufst du mich an, wenn du in Schwierigkeiten bist?«

»Vielleicht.« Sie sah ihn an, und ihre Blicke begegneten sich. Ihr Herz setzte aus, als wäre die Zeit stehen geblieben. Und in diesem zeitlosen Augenblick von ein paar Sekunden wusste sie, sie würde ihn anrufen. Sie würde es nicht schaffen, ihm zu widerstehen. Er hatte etwas an sich, das ihre Sinne erregte und in ihr ein schmerzhaftes Sehnen verursachte.

Aber wie konnte sie einem Mann vertrauen, der die Gedanken von anderen manipulierte? Und was, wenn er auch sie manipulierte? War die Art, wie sie sich zu ihm hingezogen fühlte, echt, oder trickste er sie nur aus?

Sanft berührte Jack ihr Haar. »Pass da draußen auf dich auf, Butch.«

Es war, als verkrampfte sich ihr Herz. »Mein Name ist Lara.« Sie eilte die Treppen hinunter, aber hörte noch sein Flüstern, das auf einer nächtlichen Brise zu ihr getragen wurde.

»Lara Boucher. Ich wusste, er würde wunderschön klingen.«