05:49

Leben – ganz Uhr – hatten um 5.49 Uhr aufgehört zu schlagen. Vom fünften Stock aus hörte der valet den Tumult der ersten Schaulustigen. Den Schrecken der Katastrophe einmal überwunden, rief er auf der Wache an.

Als Piet, Gastón und Robín ankamen, bahnte sich der Inspektor gerade den Weg durch die Neugierigen. Schnell war er ihnen auf seinem side-car vorausgeeilt, mehr aus seinem persönlichen Ehrgeiz heraus, die Treffsicherheit seiner Eingebung zu bestätigen, als zur Erfüllung seiner Polizistenrolle.

Er blickte alle selbstgefällig und mit rechthaberischem Hochmut an.

Als sich Van Saal näherte, lähmten sich seine Sinne vor Entsetzen. Sein Gesichtsausdruck zeigte die ganze Bandbreite der Verzweiflung. Die Freunde versuchten, ihn zum Gehen zu bewegen, doch er beharrte darauf zu bleiben. In seiner Hartnäckigkeit lag ein augenfälliger Masochismus, als wolle er seinen Schmerz durch das Grauen lindern.

In dem Augenblick näherte sich ein lärmender Haufen von Nachtschwärmern. Doktor Daniel Orús Junior drängte sich vor. Als er den Leichnam des Statistikers sah, rief er seine Zechbrüder herbei. Und während er zwei Portionen Gehirnmasse mit der Stockspitze zusammenschob, erklärte er voller Spott: »Ich kenne diesen Typen hier … Er macht gern auf ohnmächtig … Wie es aussieht, ist er jetzt zu weit gegangen …«

Es krachte. Piets Nerven ertrugen die Beleidigung nicht. Er stürzte sich wütend auf ihn. Hätte sich der Inspektor nicht beschwichtigend eingeschaltet, wäre die Züchtigung handfest ausgefallen.

Robín, geschickt darin, Streitereien zu schlichten, griff daraufhin ein: »Tun Sie mir den Gefallen, Marietti. Bringen Sie Piet nach Hause. Beruhigen Sie ihn. Ich werde mich um die Übergabe des Leichnams kümmern.«

Als Van Saal ins Auto stieg, war er frühzeitig gealtert. Gebrochen von der Trauer, gebeugt von der Tragödie, hatte sich sein Gesicht nach innen gerichtet.

»Gut, Piet, Geduld! Zeigen wir den Mut einer aktiven Trauer. Auf daß unser Verständnis die Schwermut übertreffe. Op Oloop wird es uns danken. Sein Leben hatte die doppelte Schicksalhaftigkeit der Zahl: Ordnung und Philosophie zu sein. Seine Bücher sind abgeschlossen! Geduld!«

Er antwortete nicht. Es gab keinen wirksamen Trost für ihn. Er fuhr fort, den auf der schwarzen Leinwand seines Inneren erstarrten Freund zu betrachten. Und verweigerte sich dem Augenschein, indem er sich den vormaligen Glanz ins Gedächtnis rief.

Fast am Ende der Fahrt murmelte seine von Klagelauten befangene Stimme die unglücklichen Worte: »Ich sagte es dir, Op Oloop, ich sagte es dir … Die Liebe ist Licht und Finsternis … Ein blendendes Licht, wenn der Geist leer ist … Doch wenn er voller Wissen und Disziplin ist, Finsternis … Finsternis … Finsternis …«

 

Die Nacht ERHOB SICH AUS IHREM SCHATTENGRAB UND WURDE ZU EINEM NEUEN TAG.