Jürgen Bruno Greulich: Das Geburtstagsgeschenk

Am Freitagabend war es soweit, der erste Termin mit einem Internetkunden. Carolin nahm ein Taxi, um sich die Suche nach der Adresse zu ersparen, und wurde vom jungen verschlossenen Fahrer wie prüfend gemustert, als wisse er genau, zu welchem Zweck er sie durch die Stadt chauffierte. Es war ihr, als könne jeder auf den ersten Blick sehen, was aus ihr geworden war. Er setzte sie vor einer der alten Villen am Fuß des Hügels ab und sie schaute dem davonfahrenden Wagen nach, fröstelnd im kühlen Wind, der durch die menschenleere Straße wehte. Der Gedanke schoss ihr durch den Kopf, sich einfach umzudrehen und davonzulaufen, dann ging sie zum Eingang und drückte auf den Klingelknopf.

 

Augenblicke später wurde die Tür von einer eleganten und recht hübschen Dame geöffnet. Sie war um die vierzig und etwas mollig, trug ein dunkles Kostüm mit knielangem Rock, hatte die Lippen blassrot geschminkt, die Fingernägel blutrot lackiert und das Haar kunstvoll hochgesteckt. Ihr Lächeln wirkte etwas gezwungen.

 

»Guten Abend, Carolin. Schön, dass Sie da sind.« Unter dem Blick der grünen Augen, die im Internet die Fotos von ihr begutachtet hatten, brachte Carolin nicht mehr als ein dürftiges »Hallo« zustande. Sie ließ sich aus dem Mantel helfen und wurde in ein Zimmer mit Schminktisch und großem Spiegel geführt. Es roch nach Haarspray und Parfüm, durchs Fenster sah man einen großen Garten mit hohen Bäumen schemenhaft in der Dämmerung. Um höfliche Sachlichkeit bemüht bat die Dame sie, das Kleid abzulegen; Carolin zog es aus und präsentierte sich mit einem roten Strapsgürtel und schwarzen Strümpfen. So hatte es Simon verlangt.

 

Die Dame streifte sie mit einem scheuen Blick. »Sie sind hübsch. Sie werden meinem Mann und seinen Freunden gefallen.« Seinen Freunden? Wie viele Freunde hatte er denn? Die Dame bemerkte Carolins Zaudern. »Nun ja, es ist mit Ihrem … Manager so abgesprochen, dass es drei Männer sind. Ist es ein Problem?« Drei? Da sie einen Moment lang befürchtet hatte, von einer ganzen Horde erwartet zu werden, ging das ja noch. Komisch aber, dass Simon ihr nichts davon gesagt hatte. Aber egal.

 

»Nein, kein Problem.«

 

Sichtlich erleichtert legte ihr die Dame nagelneue Ledermanschetten um den Hals und die Handgelenke, verschloss umständlich die Schnallen, als hätte sie so etwas noch nie getan, und reichte Carolin ein leuchtend rotes Kleid, in dessen Rocksaum an jeder Seite drei kurze Kettchen eingearbeitet waren. Was hatte das zu bedeuten? Skeptisch streifte Carolin es über. Es war rückenfrei und vom bis zum Bauchnabel hinab geteilt; eine einzige Schlaufe raffte es notdürftig über dem Busen zusammen. Eng schmiegte es sich um die Taille und nur knapp reichte der glockenförmig geweitete Rock über den Saum der Strümpfe. Sie musste die Hände an die Schenkel legen und die Kettchen des Rocksaums wurden an ihren Armbändern angeschlossen. Hob sie die Hände nun, was sie probehalber tun musste, schwangen beide Seiten des Rocks wie die Schwingen eines Vogels empor. Fast ein bisschen verlegen war das Lächeln der Dame. »Die Idee stammt aus einem Roman. Ich fand sie recht reizvoll.« Sie befestigte eine schwere Kette mit lederner Handschlaufe an Carolins Halsband und führte sie hinaus auf den Flur und ins Zimmer gegenüber, das sie betraten, ohne anzuklopfen.

 

Die Einrichtung war durch und durch gutbürgerlich. Bodenlange beigefarbene Gardinen vor dem Fenster, gestreifte Tapeten, Barockmöbel, ein Perserteppich und ein Kronleuchter – unter diesem saßen die drei Herren, versammelt um eine weiß gedeckte Tafel, in deren Mitte in einem goldenen Kandelaber sechs blaue Kerzen flackerten. Die Männer waren zwischen fünfzig und sechzig und trugen dunkle Anzüge. Der Korpulente mit dem geröteten Gesicht, der an der Schmalseite des Tisches saß und gerade Rotwein in sein Glas schenkte, hielt mitten in der Bewegung inne, der Hagere mit der Hornbrille krampfte die Hände ineinander, der Glatzköpfige mit den blauen Augen und der knorrigen Nase klaubte unsichtbare Krümel vom Tischtuch, und sie alle starrten Carolin mit heruntergeklapptem Unterkiefer an, als sei sie soeben vom Himmel herabgestiegen. Am liebsten wäre sie unsichtbar geworden, doch war sie genau das Gegenteil. Reglos hingen ihre Hände herab, um bloß nicht versehentlich das Kleid zu lüpfen.

 

Sachte stellte der Korpulente die Weinflasche ab. »Was ist das?«

 

Die Dame gab die Kette frei, darauf bedacht, sie nicht hart gegen Carolins Bauch schlagen zu lassen, und nahm mit einem verschmitzten Lächeln an der Stirnseite ihm gegenüber Platz. »Nicht was, sondern wer. – Das ist Carolin, mein Geburtstagsgeschenk für dich. Ihr könnt mit ihr tun, was euch gefällt.«

 

Der Blick seiner ungläubig großen Augen schweifte zu Carolin und wieder zurück. »Was? Ist das dein Ernst?«

 

»Du hast dir doch ein Mädchen zum Geburtstag gewünscht, oder nicht?«

 

»Aber das war doch nur ein Scherz.«

 

Die Dame lächelte ihren Gatten so wissend an, als sei sie die Pythia des Orakels zu Delphi persönlich. »Man muss mit den Scherzen vorsichtig sein, denn manchmal werden sie wahr. – Aber willst du jetzt deine Freude an ihr haben oder lieber weiter herumnörgeln?« Nachdenklich kratzte er sich am Kopf und schwieg. Die Dame wies zu einer Durchreiche, die wohl zur Küche führte, denn es duftete gut, und auf der eine längliche Platte mit Fleischscheiben stand.

 

»Bring uns die Speisen, Carolin.« Zögernd ging Carolin hinüber.

 

Nun konnten die Hände nicht mehr unten bleiben. Tapfer nahm sie die Platte hoch. Ihr Rock wurde geschürzt, der nackte Schoß enthüllt, die Blicke der Männer brannten sich fest. Rasch stellte sie das Fleisch auf dem Tisch ab und trat zwei Schritte zurück, um sich in Sicherheit zu bringen, in sehr illusorische. Kroketten, selbstgemachte Nudeln und Gemüse tauchten nach und nach in der Durchreiche auf, um von ihr geholt zu werden. Sie musste abwechselnd an die rechte Tischseite treten, an welcher der Hagere saß, und an die linke neben den Glatzköpfigen, der vor ihr zurückwich, als sei ihm ihre Nähe unangenehm. Niemand sagte ein Wort, atemlos war die Stille. Verwundert schüttelte die Dame den Kopf. »Ich wusste gar nicht, dass ihr so schüchtern seid. – Ihr könnt sie ruhig anfassen. Dafür ist sie da.«

 

Von links näherte sich die Hand des Korpulenten, glitt sachte über ihre Schenkel, befühlte die Strümpfe und strich andächtig über das Strapsband, als hätte sie so etwas noch nie ertastet. Von rechts nahten die Finger des Hageren und wanderten an ihrer nackten Haut bis zum Strapsgürtel hoch. Auch der Glatzköpfige wich nicht mehr vor ihr zurück, als sie neben ihn trat, stattdessen strich seine Hand über die Innenseite ihrer Schenkel. Die Scheu wich von den Männern, zudringlicher wurden die Finger, wagten sich allmählich zu ihrem Schoß vor. Beim Abstellen der Sauciere drang ein Finger in sie ein, krümmte sich, stieß noch tiefer, trieb ein Stöhnen von ihren Lippen. Endlich war alles zum Tisch gebracht, was ihr aber nichts nützte, denn nun musste sie die Speisen auf die Teller geben.

 

Wie Schlangen krochen die Finger über ihre Haut und erkundeten jeden Winkel, raubten ihr mehr und mehr die Beherrschung; ihr Körper wollte ihnen nicht mehr ausweichen, sondern schmiegte sich ihnen entgegen, ihre Seufzer stiegen zum Kronleuchter hinauf.

 

Sie gab ein Stück Fleisch auf den Teller des Hageren, stellte die Platte ab – und konnte sich nicht mehr aufrichten, da die Hand der Dame nach der vom Halsband baumelnden Kette griff und sie festhielt. Zugleich nahm der Hagere eine Kerze aus dem Kandelaber und pustete sie aus. Carolins Rock wurde hinten gelüpft und die Kerze drängte an ihren Po, fand den Eingang, durchbrach ihn und schob sich in sie, tiefer und tiefer, bis sie fest saß. Die Kette wurde freigegeben und Carolin richtete sich auf, leise stöhnend und mit wiegenden Hüften.

 

Die Hände fanden ein neues Ziel, spielten mit der Kerze, drehten an ihr, ließen sie ein Stück weit herausgleiten und schoben sie wieder tiefer, ließen Carolin beben. Die Dame lächelte großherzig, als schaue sie dem Spiel kleiner Kinder zu. »Sie dürfte jetzt scharf genug sein. Vergesst das Essen nicht.« Augenblicklich zogen sich die Finger zurück, als hätte eine Herrin einen strengen Befehl erteilt. Die Herren machten sich übers Abendmahl her und Carolin musste sich der Dame nähern und ihr die Hände hinstrecken, damit sie die Kettchen von den Armbändern lösen konnte. Von ihnen befreit erhielt sie den Befehl, ihr Kleid abzulegen, schälte sich aus ihm heraus und ließ es wie auf einer Nachtclubbühne zu Boden sinken.

 

Sicherlich hatten die Herren schon mehr Konzentration aufs Essen verwendet. Aber auch so wurden sie satt und streichelten schließlich ihre vollgestopften Bäuche. Carolin musste das Geschirr zur Anrichte bringen und erneut schürten unersättliche Hände die kaum verglühte Lust in ihr. Auch die Gläser, die Flaschen und der Kandelaber mussten vom Tisch, da man Platz für das Dessert brauchte. Carolin wurde von einem Wink der Dame gerufen und musste sich auf die Schmalseite des Tisches setzen, achtete darauf, ganz vorn am Rand zu bleiben, damit die Kerze nicht tiefer drang.

 

Die Hand der Dame legte sich an ihr Schlüsselbein und drückte sie hinab, bis ihr Rücken auf dem weißen Tuch lag. Wie von alleine verschränkten sich die Hände unter dem Kopf, winkelten sich die Beine an und stemmten sich die Füße in den hochhackigen Schuhen gegen die Tischkante; nur so war es nicht gar zu unbequem. Da lag sie nun mit pochendem Herzen, dargeboten zum Vernaschen. Blicke prasselten auf sie herab wie Hagelkörner, trafen sie überall. Worauf warteten die Männer? Nichts war schlimmer, als hilflos hier zu liegen wie ein Opferlamm … Der Korpulente trat zwischen ihre Beine, drängte sie weiter auseinander und öffnete seine Hose. Der Glatzköpfige tauchte links neben ihr auf und ließ den ausgestreckten Finger rund um ihre linke Brust kreisen, ihn den Hügel hoch wandern und mit der zitternden Knospe spielen.

 

Zögernd, sachte bohrte sich ein Pfahl in ihren Schoß und ihr Kopf wurde vom Glatzköpfigen weg zur anderen Seite gedreht, sie sah die Dame einige Schritte entfernt reglos neben einem Sessel stehen und schloss die Lippen um einen ungeduldig nahenden Penis. Brüderlich geteilt von den Herren, von denen jeder ihren Schoß und ihren Mund kennenlernte, aalte sie sich mit geschlossenen Augen auf dem Tisch wie in einem Himmelbett in den Armen des Geliebten, schon längst wusste sie nicht mehr, welcher der Herren wo in ihr wühlte, es spielte keine Rolle, was einzig zählte war die Lust, die sie in ihr zum Glühen brachten … Ihr Schoß wurde von einer warmen Flut überschwemmt, im nächsten Moment auch ihr Mund; eine Hand drehte ihren Kopf zur anderen Seite, noch während sie am Schlucken war, und der nächste Penis schob sich zwischen ihre Lippen, stieß bis zu ihrem Gaumen vor, immer und immer wieder rasch hintereinander, zog sich plötzlich zurück – und Sperma spritzte heiß auf sie herab, auf die geschlossenen Lider, die Nase, die Wange und in den offenen Mund. Ein Murmeln ließ sich vernehmen: »Die volle Ladung … Das wollte ich schon immer mal bei einem Weibsstück tun.« In zähen Bahnen krochen dicke Tropfen über ihr Gesicht. Der Pfahl, der nur noch ein biegsamer Stab war, verließ ihren Schoß. Sie war wieder alleine, wie aus einem Traum erwacht, hörte ihr Stöhnen verebben, leckte die salzigen Lippen sauber und öffnete vorsichtig die Augen.

 

Erschöpft ließen sich die Herren in Sessel sinken und griffen nach den Weingläsern, tranken ein Schlückchen. Mit spitzen Fingern drückte die Dame eine Serviette in Carolins Hand und schüttelte missbilligend den Kopf. »Dass sich diese Mannsbilder doch gleich wie die Schweine aufführen müssen, wenn sich mal eine Gelegenheit bietet.« Carolin wischte ihr Gesicht ab und hatte die klebrigen Mannesspuren im Nu auch an den Händen. Behutsam erhob sie sich vom Tisch, ließ die Serviette auf das festliche Tuch fallen und kam seufzend auf die Beine. Aufdringlich rief sich die Kerze in Erinnerung und noch immer glühte Lust in ihr.

 

Die Dame bedachte sie mit einem mitfühlenden Blick. »Sie brauchen eine Dusche. So können Sie nicht heimfahren.« Heimfahren? War der Abend schon zu Ende, die Herren genug beschenkt? Carolin sollte es recht sein. Sie verließ das Zimmer mit einem letzten flüchtigen Blick zu den Herren zurück, die ihr betreten nachschauten, als habe man ihnen aus völlig unerfindlichen Gründen das Lieblingsspielzeug weggenommen. In einem luxuriösen Badezimmer wusch sie unter der Dusche den Abend von sich ab, soweit möglich, und war bald darauf fertig zum Gehen, ohne Kerze und Bänder, aber wieder mit dem Strapsgürtel und den heil und unbefleckt gebliebenen Strümpfen an, um es auf dem Heimweg nicht gar zu kühl zu haben. Einen Moment zögerte sie, die Hände zu heben, aber es war kein Problem, der Saum ihres Kleides folgte ihnen nicht.

 

Sie fand die Dame draußen in der Diele, schlüpfte in den Mantel und bekam einen Umschlag gereicht. »Das ist für Sie. Sie sollen es Ihrem Manager geben … Ich denke, Sie haben es sich verdient … Ich habe auch ein Taxi für Sie gerufen.« Carolin nahm das Kuvert mit dem Versuch eines dankbaren Lächelns entgegen und stopfte es achtlos in die Manteltasche. Dass es vergleichsweise leicht verdientes Geld war, musste sie dieser Frau ja nicht unbedingt auf die Nase binden. Sie verabschiedeten sich mit der Gewissheit, sich kein zweites Mal bei einem solchen Abenteuer begegnen zu werden, und Carolin eilte im kühlen Wind zum wartenden Taxi.