Reneé Hawk: Sextalk

»Puh, das war ’ne Nacht« sagte Liane, während sie sich in den Korbsessel fallen ließ.

 

»Dein Date?« fragte ich und sie nickte bestätigend.

 

»Anstrengend?«

 

»Mhm« antwortete sie knapp und schaute sich in dem kleinen Bistro nach dem Kellner um.

 

»Ich hab’ dir schon einen Latte Macchiato bestellt.«

 

»Die Latte hätte ich im Bett gebrauchen können« gab sie schmunzelnd zurück.

 

»Wie? Nix gelaufen?«

 

»Nicht wirklich.« Liane verdrehte ihre hübschen Augen.

 

»Hat er schlapp gemacht?«

 

»Er hat ihn nicht wirklich hoch gekriegt.«

 

»Oh – verstehe« sagte ich überrascht.

 

Der Kellner kam an unseren Tisch und begrüßte Liane mit einem knappen und aufgesetzt wirkendem Lächeln.

 

»Bitte schön – deine LATTE« sagte er betont freundlich und schüttelte ansatzweise den Kopf. »Danke, Georg. Wie immer sehr zuvorkommend.«

 

Liane riss verträumt ein Zuckertütchen auf und ließ die Kristalle auf die Schaumkrone ihres Kaffees rieseln.

 

»Mann-o-mann – ich kann dir sagen: so ’ne Nacht mach’ ich nicht mehr mit.«

 

Georg, der den Nachbartisch abräumte, schielte zu Liane hinüber.

 

»Nun aber von Anfang an, Liane. Ich kann dir nicht wirklich folgen« bat ich sie.

 

»Lass mich erst durchatmen …« Dabei fummelten ihre Finger in der Handtasche nach Zigaretten. Sie steckte sich einen Glimmstängel zwischen die knallroten Lippen und nestelte erneut in der Tasche, auf der Suche nach einer Feuerquelle, als eine kleine gelbe Flamme an ihrer Zigarettenspitze aufflackerte.

 

»Danke, Georg. Sehr freundlich.« Liane zwinkerte. Als der Kellner sich vom Tisch entfernte, blickte Liane ihm lüstern hinterher.

 

»Er hat einen hübschen Arsch« bemerkte sie »… ist mir gestern gar nicht aufgefallen.«

 

»Aber Liane, ich bitte dich. Das ist doch NUR der Kellner.«

 

Achselzuckend entgegnete sie: »Na und?! Deswegen kann er doch trotzdem gut im Bett sein.«

 

»Papperlapapp … Und nun erzähl mir von deinem Date.«

 

»Ok. Pass auf:

 

Pünktlich war er ja. Er sah auch nett aus – Bluejeans, passendes Hemd, Sakko – und stell dir vor …« Liane hielt sich die Hand vor den Mund »… Adidas-Turnschuhe. Sympathische Stimme und auch gute Manieren. Alles schien ok zu sein. Nach dem Essen – wir hatten Lammspieß auf Ingwer, dazu einen milden Portugiesen – plauderten wir über dieses und jenes. Du weißt schon. Ich klopfte ihn etwas ab, fragte nach seiner Einstellung zum Thema: Job, Frau, Familie und Karriere. Sehr emanzipierte Vorstellungen hatte er ja.

 

Er erschien mir auch nicht als der typische Mann, also klassische Rollenverteilung käme für ihn nicht in Frage, betonte er noch.«

 

Liane nahm einen Schluck Kaffee und blickte aus den Augenwinkeln zum Kellner hinüber, der die Theke wischte. Ich hörte ihr weiterhin gespannt zu:

 

»Alles war vorbereitet. Ich fragte, ob er mit dem Wagen da sei, er bejahte und wollte mich nach Hause fahren – gut eingefädelt.« Sie giggelte vergnügt.

 

»Die Nacht hatte ich also zu diesem Zeitpunkt schon sicher. Stell’ dir vor: mit seiner Corvette fuhren wir quer durch die Stadt …« und wieder kicherte Liane und ich runzelte die Stirn »… wenn er so schnell gewesen wäre wie sein Wagen – uiuiui – aber na ja, da komm ich noch hin. Jedenfalls brachte er mich vor die Tür. Meine obligatorische Frage: ›Darf ich dir noch was zu trinken anbieten?‹ kam für ihn unerwartet, aber selbstverständ- lich lehnte er nicht ab.

 

Wir – rauf zu mir. Ich machte die Tür auf und kaum dass er sie schloss, knutschten wir uns – wild und hemmungslos. Was soll ich dir sagen? Ich war heiß, geil und sah sexy aus.

 

Schwarze Spitzenwäsche, Strapse und den Rest kennst’ ja …«

 

Sie drückte ihre Zigarette im Aschenbecher aus.

 

Ja, ich kannte den Rest. Rasiert ist sie. Aber nicht einfach so. Nein.

 

Liane war beim Intimfriseur. Hat sich ein extravagantes Triblemuster rasieren lassen. Stolz wie Oskar hatte sie es mir am gleichen Abend noch gezeigt. Sie ist eine verrückte Nudel.

 

»Weiter« forderte ich sie auf.

 

»Jedenfalls lagen wir im Flur. Er hatte die Hose prall gefüllt, soweit ich das sehen und auch fühlen konnte. Ohne Umschweife wollte ich gleich zur Sache kommen, da flüsterte er mir zu, dass er keine Pariser dabei hätte. Na gut, dachte ich. Schnappte mir seine Hand und führte ihn ins Schlafzimmer. Kennst mich ja, hab’ immer Vorrat in der Schublade …«

 

Oh ja, Liana kauft beim Großhändler, dachte ich und musste kichern.

 

»… während er sich Hose und Hemd auszog, packte ich den Pariser aus und gierte schon auf seinen Schwanz. Tja …«

 

Liane seufzte enttäuscht und wieder schielte sie zum Kellner hin über, der blitzartig ihrem Blick auswich »… leider war er so schlapp wie ein nasser Lappen.

 

Ich lutschte, saugte, nuckelte und machte und tat. Sogar meine berühmte asiatische Fußmaßage half nichts …«

 

Lianes asiatische Fußmaßage ist das Beste, was einem Mann passieren konnte. Diese sanften Bewegungen, das wärmende Öl … Sehnsüchtig erinnerte ich mich an den Abend, als sie mich von ihrem Können überzeugte.

 

»Und?« wollte ich weiter wissen, dabei fiel mir der mürrische Blick des Kellners auf.

 

»Nix und. Ich hab’ ihm noch ein Glas Sekt angeboten, aber selbst das half nix. Abgemüht hab’ ich mich.«

 

Liane seufzte erneut und ließ sich erschöpft in den Sessel zurückfallen.

 

»Wirst du ihn wieder sehen?«

 

In ihren eisgrauen Augen konnte ich ein Leuchten erkennen.

 

»Klar werd’ ich ihn wiedersehen, mein Lieber. Muss doch wissen, ob er mehr drauf hat oder nur einen geilen Arsch hat.«

 

»Und wann?« meine Neugier musste befriedigt werden.

 

»Mal sehen … nichts genaues weiß man nicht« antwortete Liane lächelnd. »Und? Was war mit deinem Date?«

 

»Nichts! Der Kerl kam nicht!«

 

»Wie? Der hat dich einfach sitzen lassen?«

 

»Ja …« gab ich schmollend zurück. »Und gemeldet hat er sich auch nicht mehr!«

 

»Dann ruf DU ihn doch an. Ganz unverfänglich und frag einfach nach, warum er gestern nicht konnte.«

 

»Aber Liane, ich weiß nicht mal wie er aussieht, und so eine Chatbekanntschaft hat doch eh nix beständiges« wehrte ich ab. Nein, ich zierte mich auch und irgendwie war ich verletzt. So etwas hatte ich nicht verdient.

 

»Och Markus, nun komm schon … melde du dich bei ihm, vielleicht kam etwas dazwischen?«

 

»Dann hätte er sich ja melden können!«

 

»Hätte, hat er aber nicht« sagte Liane und griff nach meinem Handy.

 

»Was machst du da?« fragte ich und fingerte meinem Handy hinterher.

 

»Wie heißt er?« dabei tippte sie schon im Menü herum.

 

»Dede …« sagte ich und gab mich gleichzeitig geschlagen. Gegen Liane hatte ich keine Chance, sie setzte immer ihren Kopf durch.

 

»Aha! Da ist er!« Liane tätschelte mütterlich meine Hand. »Es klingelt.«

 

»Dede?« fragte sie ins Handy.

 

»Liane?« antwortete der Kellner, der gerade hinter der Theke ein paar Flaschen in den Kühlschrank räumte.