KAPITEL ACHTZEHN

In dem wir einen Halt in New Orleans einlegen, sich Gonzo weigert, Fisch zu essen, und damit die Kacke in mir und in unserer Kellnerin zum Dampfen bringt

 

Auf dem Trip von Texas nach New Orleans schlafe ich die meiste Zeit. Ab und zu öffne ich die Augen und erhasche flüchtige Traumbilder der Welt. Tankstellen, die zu jeder Tankfüllung Plastiktassen gratis dazugeben. Überfüllte Einkaufsstraßen, in denen immer wieder die gleichen Läden und Restaurants stehen. Abgemagerte Hunde, die sich durch Abfall wühlen. Mit Müll übersäte Sumpfgebiete. Holprige Landstraßen, die sich unter halb fertigen Highways hindurchschlängeln. Fabriken, die giftige Rauchwolken ausstoßen. Für einen Augenblick überlege ich, ob dieser Planet wirklich gerettet werden sollte. Kurz vor dem Morgengrauen wache ich lange genug auf, um zu sehen, dass wir über eine gigantische Brücke fahren, die sich ins Unendliche zu erstrecken scheint. Wir sind von Wasser umzingelt. Irgendwie ist das cool, als ob ich übers Wasser gleiten würde.

»Lake Pontchartrain Damm«, sagt die Dame gegenüber. Sie trägt ein BESTE OMA DER WELT-T-Shirt. Unter ihrem geblümten Rock sieht man Stützstrümpfe, die nur bis zu ihren spitzen Knien reichen. Sie bietet mir ein paar Erdnüsse an. Ich lehne ab, sie steckt sie weg und zieht eine lange, dünne Zigarette hinterm Ohr hervor.

»Haste Familie in Nu’walins?«

»Nein.«

»Warste schon mal dort?«

Ich schüttle den Kopf.

»Is’n verdammt kultiger Ort. Früher jedenfalls. Aber nach dem, was sie ihm angetan haben …« Sie schüttelt den Kopf. »Wir überleben auch das, wir überleben das.« Sie singt ein kleines Lied vor sich hin. Es klingt alt und traurig und verspricht bessere Tage. »Oh, Land der Gerechtigkeit, bald werden wir dich betreten. Ich muss eine rauchen. Sie sagen, Rauchen bringt dich um, aber ich hab mein ganzes Leben lang geraucht und bin gesund wie ein Pferd.«

Sie hustet heftig, dreht immerzu ein Streichholzbriefchen zwischen den Fingern. Das Bild darauf kommt mir bekannt vor, und ich werfe den Kopf zurück, um besser sehen zu können. Es ist das Cover des Junior Webster-Albums, das mir Eubie gezeigt hat.

»Hast du vom Golden Trumpet Club gehört?«, fragt die alte Lady und hält das Streichholzbriefchen in die Höhe.

»Nein«, lüge ich. Ich will wirklich nicht in ein Gespräch verwickelt werden.

»Guter Platz. Hier. Du kannst das haben, mein Süßer.« Sie legt mir die Streichhölzer in die Hand.

»Nicht nötig.« Ich versuche, sie zurückzugeben.

»Nein. Nimm sie. Als Souvenir deiner ersten Reise nach Big Easy. Man weiß nie, wann man sie brauchen kann.«

»Danke schön.« Diese Streichhölzer sehen altertümlich aus. Mit ihnen kann man wahrscheinlich ums Verrecken nichts anzünden. Auf der Rückseite des Heftchens steht The Golden Trumpet Club, 141 N. Rampart Street, mit einer Telefonnummer, die mit Buchstaben beginnt. Ich stecke sie in meine Tasche, lege den Kopf an die Rückenlehne und blicke aus dem Fenster auf die Brücke, die kein Ende nimmt. Nach einer Minute fängt die Lady wieder an, ihr Lied zu singen, und wiegt mich damit in den Schlaf.

Gegen Abend kommen wir in der Stadt an. Die Skyline glitzert im dunstigen Licht der Spätnachmittagssonne. New Orleans sieht aus, als ob es gerade aus dem Wasser aufgetaucht ist wie ein Märchen, wie ein modernes Atlantis, das eigentlich nicht existieren sollte. Der Bus schnauft ins Depot, das genauso öd und versifft ist wie das, aus dem wir abgefahren sind. Unsere Mitreisenden strömen hinaus in die Straßen und wir folgen ihnen. Obwohl es ein später Februartag ist, hängt in der Luft eine schwüle Wärme und ein Hauch von Aggression.

Gonzo und ich haben Kohldampf, also suchen wir uns ein Lokal in der Nähe des Depots. Wir landen in einer Touristenkaschemme mit einer Menge Plastikalligatoren an der Wand und Mardi-Gras-Girlanden, die von sämtlichen Haken herunterhängen. Der Laden ist laut und dazu noch überfüllt, es ist schließlich Faschingsdienstag. Nach einer höllisch langen Wartezeit führt uns die Bedienung an einen winzigen Tisch ganz hinten. Die Speisekarte ist riesig, achtundvierzig verschiedene Fischgerichte stehen drauf. Ich entscheide schnell und futtere mich durch die auf dem Tisch liegenden Cracker mit Butter. Gonzo versteckt sich noch hinter der Harmonikatür seiner Speisekarte. Er trommelt nervös mit den Fingern darauf herum. Eine Kellnerin mit hochtoupiertem blondem Haar stellt uns zwei Gläser Wasser vor die Nase. Sie trägt ein Armband mit ungefähr tausend Anhängern, die klimpern, wenn sie sich bewegt. Um ihren Hals hängt ein Kreuz von der Größe Rhode Islands.

»Was kann ich euch Kumpels bringen?«, fragt sie und zückt Notizblock und Stift.

»Boudreax’s Fischteller mit Pommes«, sage ich.

»Pommes mit Ketchup?«

»Ja, bitte.«

Gonzo legt die Speisekarte schließlich weg. Jetzt bemerkt die Kellnerin seine Kleinwüchsigkeit. Sie sackt für ein paar Augenblicke zusammen, dann aber kommt das gezwungene Lächeln zurück.

»Und was ist mit dir, Schätzchen?«

Gonzos Augen sind groß wie Untertassen. Er schwitzt und hustet ein bisschen und zieht an seinem Kragen. Ich fühle einen Paniktsunami heranbrausen, obwohl ich nicht weiß, warum das gerade jetzt passieren muss.

»Entschuldigen Sie«, sagt Gonzo. Er hält die Karte vor sein Gesicht. Das behindert zwar nicht die Sicht der Kellnerin, lässt ihn aber wie einen Idioten aussehen. »Ich kann hier nichts essen, Mann.«

»Warum?«

»Es gibt nur Fisch.«

»Ja, stell dir vor. Das ist ein Fischrestaurant. Jambalaya Café. Steht direkt überm Eingang.«

»Ich kann keine Meeresfrüchte essen. Meine Mom sagt, ich könnte ne Allergie davon kriegen.«

»Könntest du oder kriegst du?«

»Das rauszufinden wäre die Hölle, Mann. Ich könnte einen anaphylaktischen Schock kriegen und innerhalb von Sekunden ein für alle Mal sterben.«

Das Lächeln der Kellnerin gerät aus den Fugen. Zweifellos stellt sie sich vor, wie ihr Trinkgelder verloren gehen, während sie den Notfallkoffer unterm Tresen hervorzieht. Im Licht der Neonröhren sieht ihr Gesicht müde und runzelig aus, wie eine der alten Schultertaschen meiner Mutter. Sie tut mir leid und ich bin stinksauer auf Gonzo.

»Also bestell den gebratenen Seewolf«, sage ich.

Die Kellnerin nickt. »Der Seewolf ist wirklich gut. Mein Favorit.« Ihr Stift schwebt über dem Notizblock, schreibbereit.

Gonzo schüttelt den Kopf. »Quecksilber, Mann.«

Ich überprüfe die Speisekarte. »’tschuldigung … ich sehe nirgendwo ein Quecksilber Spezial …«

»Nein, das Quecksilber im Fisch, Amigo. Einige Fischarten sind hochgradig quecksilberbelastet. Das kann Gehirn- und Leberschäden verursachen.«

»Weißt du, Gonz, es ist nicht so, dass sie hinten in der Küche Thermometer zerbrechen und Quecksilber übers Essen gießen. Reiß dich zusammen!«

»Das ist ne ernste Angelegenheit, Alter. Weißt du, wie viele Menschen jedes Jahr an Quecksilbervergiftung sterben? Das ist ne ernst zu nehmende Sch-«, Gonzo wirft einen Blick auf unsere Kellnerin. »Das ist zunehmend besorgniserregend.«

Neben uns werden Leute platziert. Leute, die vielleicht Mengen von Fisch bestellen wollen und dafür möglicherweise enorme Trinkgelder hinterlassen. Unsere Kellnerin klopft mit dem Stift auf den Notizblock. »Wenn ihr noch ne Minute braucht …«

»Gonzo«, zischle ich leise. »Ich raste gleich aus vor Hunger. Nun bestell einfach was, okay?«

Die Wirtin flüstert der Kellnerin zu, dass Tisch A3 bestellen möchte. Die nickt.

»Wir haben eine gute All-you-can-eat-Salatbar.« Die Kellnerin deutet auf ein Büfett in der Mitte des Raumes, wo Wannen voller strahlend bunter Speisen unter Schutzglas auf kleinen Eisbergen platziert liegen und von hunderttausend Glühbirnchen beleuchtet werden. Sieht aus wie eine kleine Salatcity.

Gonzo kneift die Augen zusammen. »Wie oft wird dieses Ding gereinigt?«

»Jeden Abend«, antwortet die Kellnerin. Sie lächelt angespannt.

»Das ist alles? Wissen Sie, wie schnell Listeria sich unter diesen heißen Lämpchen vermehrt, sogar wenn Eis drunterliegt?«

Jetzt geht’s los.

»Das kann innerhalb von fünf Stunden passieren. Fünf Stunden und Sie haben eine Salatbar des Todes!«

Die Kellnerin guckt verwirrt. »Von Listerine Mundwasser

»Lis-te-ri-a. Das ist ein Bakterium, das alles verursachen kann, von Symptomen der Lebensmittelvergiftung bis zum Koma.«

Das Lächeln der Kellnerin ist restlos verschwunden. »Oh Jesses. Seid ihr Jungs vom Gesundheitsamt? Weil wir nämlich vor zwei Monaten die Hygienekontrolle mit Glanz und Gloria bestanden haben. Mein Chef hat das Zertifikat in den Akten.«

»Nein, Ma’am«, sage ich und werfe Gonzo einen Ich-kill-dich-wenn-du-noch-mal-die-Klappe-aufmachst-Blick zu. »Bringen Sie ihm einfach ein überbackenes Käsesandwich.«

»Und Kaffee«, fügt Gonzo hinzu.

»Und Kaffee«, sage ich.

»Wird sofort erledigt!« Die Kellnerin nimmt die Speisekarten und flüchtet regelrecht von unserem Tisch. Ein Hilfskellner gießt uns eine Tasse dampfenden Kaffee ein.

»Wie bist du überhaupt an den Namen Gonzo gekommen? Bist du im St. Ironimus Krankenhaus geboren?«, frage ich, sobald unsere Kellnerin zur Kaffeestation gegangen ist, wo sie einer Kollegin von Gonzo erzählt. Sie dreht sich um und begafft uns.

»Du musst vorsichtig sein, Alter. Sie sagen zwar, dass sie das Zeug reinigen, aber in Wirklichkeit tun sie’s nicht.« Gonzo schüttet drei Päckchen Zucker in den Kaffee und rührt mit dem Griff seiner Gabel um.

»Weißt du, Gonzo, das ist eins der geringsten unserer Probleme«, sage ich.

»Das sagst du jetzt. Wenn du in einer Stunde deinen Mageninhalt ausgekotzt hast, denkst du anders darüber.«

Ich schiebe die Cracker weg. »Danke für die erfreuliche Aussicht.«

»Echt wahr, Alter, meine Mom hat einen Artikel in ner Zeitschrift gelesen – investigativer Journalismus –, über das, was in Restaurantküchen abgeht. Du willst das gar nicht wissen.«

»Hast recht. Will ich nicht. Vielleicht sollte deine Mom damit aufhören, solche Kacke zu lesen, die nur dazu da ist, die Leute kirre zu machen.«

Gonzos Gesichtsausdruck verdunkelt sich. »Erzählst du Scheiße über meine Mom? Wenn deine Eltern mehr auf Zack gewesen wären, hättest du vielleicht keinen schlechten Burger oder was auch immer gegessen und du hättest keine Löcher in deinem Hirn gekriegt.«

»Wie freundlich.«

»Ich mein ja nur.«

Wir starren uns über die fast leere Crackerschüssel hinweg an.

»Weißt du was? Halten wir einfach unseren Mund«, sage ich.

Gonzo zuckt mit den Achseln. »Nichts dagegen, pendejo

Die Kellnerin bringt unser Essen und ich haue rein wie ein Besessener. Gewöhnlich bin ich kein großer Feinschmecker, aber dieser Fisch ist einfach toll – als ob ich das erste Mal in meinem Leben etwas wirklich schmecke. Gonzo schnüffelt mehrmals an seinem Käsesandwich und beißt zögernd rein.

Als wir die Nachspeise gegessen haben und uns zu Fuß auf den Weg ins French Quarter machen, ist es bereits Nacht. Nun, da ich satt bin und so viel Trubel um uns herum ist, vergesse ich den Ärger mit Gonzo, und ihm geht’s wahrscheinlich ähnlich mit mir. Wir werfen uns einfach nur diese albernen »Boah! Guck dir das an!«-Grinser zu. Es ist wie in einer anderen Welt – all diese alten Häuser mit den Veranden, auf denen Menschen sitzen, die die vorbeiflanierenden Touristen betrachten. Die Straßen von New Orleans sind wie eine Collage. Auf ihnen tummeln sich alle möglichen Arten von Menschen. Dinge und Farben stoßen zusammen, gehen ineinander über, bis aus dem Gewirr etwas Neues entsteht. Studenten torkeln aus Bars und halten noch ihre Cocktailgläser in der Hand. Ein Mädchen mit einem Pferdeschwanz beugt sich über eine Mülltonne und kotzt. Straßenmusiker konkurrieren um Aufmerksamkeit: ein Gitarrenspieler mit Zylinder versucht eine Geigerin auszustechen und beide werden wiederum von einer Percussion-Combo ein paar Meter weiter überdröhnt.

»Ich seh verdammt noch mal nichts, Alter«, beschwert sich Gonzo.

Wir finden eine Lücke in der Menge. Ich zwänge mich durch und ziehe Gonzo hinter mir her. Wir bringen uns ganz vorne in Stellung. Als sich das Pärchen beschwert, das wir zur Seite gestoßen haben, deute ich auf Gonzo. »Seine Mom ist auf einem der Festwagen. Ich hab versprochen, ihn hierherzubringen«, lüge ich, und die betrunkene Frau wird ganz sentimental und fängt an, Gonzo Kinderlieder vorzusingen. Das ergibt zwar keinen Sinn, aber wenn ich irgendwas über Menschen zu lernen beginne, dann dass sie (a) grundsätzlich jedem misstrauen und Angst vor dem haben, der »anders« ist, und (b), dass sie die Angst dazu bringt, dämliche Dinge zu tun und zu sagen.

Gonzo macht ein finsteres Gesicht. »Will sie mich verarschen?«

»Nimm’s leicht, kleiner Kerl«, sage ich. »Wir sind hier und du kannst alles sehen.«

Gonzo kann nichts dagegen sagen. Also stehen wir an der Paradestrecke und nehmen alles in uns auf. Jecken mit verrückten Hüten und neonfarbenen Perücken tanzen und singen, als die Festwagen vorbeifahren. Sie verlangen nach Girlanden und die Besatzungen oben auf den Wagen erfüllen ihren Wunsch. Ich hänge mir ein paar um und gebe Gonzo welche ab. Der schüttelt den Kopf, als ob ich ihm die Beulenpest an den Hals hexen wollte.

»Mann, du weißt nicht, wo das Zeug herkommt.«

Eubie hatte recht – Mardi Gras ist einfach unglaublich. Ein Typ, der als Skelett verkleidet ist und sein Gesicht wie einen Totenschädel bemalt hat, tanzt die Straße hinunter. Akrobaten in glitzernden Harlekinkostümen purzeln und springen herum und schwenken Luftschlangen. Auf einem Wagen, der wie eine Flutwelle aussieht, winkt eine Dragqueen. Eine Trauerkapelle marschiert direkt an uns vorbei. Erst die Musiker mit Trompeten und Trommeln. Hinter ihnen werfen die Leute die Arme in die Höhe und tanzen, als wäre das nur eine weitere Party. Weiter hinten ertönt lauter Jubel und dann erscheint der aufwendigste Wagen, den wir je gesehen haben, mit riesigen Toren in der Mitte, eines weiß, das andere grau, mit dem angedeuteten Umriss einer Trompete drauf. Ein großer Kerl mit gefiederter Vogelmaske steht am Rand und breitet die Arme weit aus.

»Ich bin Morpheus, der König der Träume«, sagt er und die Lautsprecher tragen seine tiefe Stimme durch die Straßen. »Wir alle wandern in einem Land der Träume. Und deshalb bestehen wir aus nicht mehr als aus Atomen und Hoffnung, aus einer Handvoll Sternenstaub und Muskeln. Wir sind müde Wanderer und suchen unseren Weg nach Hause auf einer Straße, die niemals endet. Bin ich ein Teil deines Traums? Oder bist du nichts anderes als ein Teil von mir? Willkommen, mein Bruder Phantasus! Gewiss leben wir in einem Trugbild, in einer Welt der Fantasie, und alle sind wir Spieler.«

»Das ist der Hammer, Mann!«, überbrüllt Gonzo den Lärm. »Ich will mit so nem Wagen zur Schule fahren! Whoohoo!« Er grinst und tanzt auf der Stelle. »Wenn ich abtrete, dann genau so! Nichts als Party pur, weißt du.«

»Ja, sicher«, sage ich, aber irgendwas drückt in meiner Brust, als ich diesen Leichenzug die Straße hinuntermarschieren sehe. Das erste Mal, seit wir aus dem Bus gestiegen sind, wird mir bewusst, wie verrückt das alles ist, wie unheimlich und wie ungewiss. Ich bin beim Mardi Gras, eingeklemmt zwischen bierseligen Saufbolden, mit nichts weiter in der Birne als einem diffusen, wahrscheinlich wahnwitzigen Glauben, dass ich genau da bin, wo ich sein sollte. Meine Beine durchfährt ein seltsames Kribbeln, und ich bemühe mich, nicht in Panik zu geraten.

Zeichen. Fügungen. Der Zufall.

Krampfhaft suche ich nach Hinweisen. Ist irgendwo auf einem dieser Festwagen ein Transparent, auf dem steht »Dr. X ist hier«? Eine Plakatwand mit einem Pfeil drauf, der mir zeigt, wo’s langgeht? Ich reibe mit der Hand übers Armband des E-Tickets und hoffe, dass es mich lang genug vor diesen bösartigen Prionen beschützt, um Dr. X zu finden, wo immer er sein mag.

Durch die Straße schwappt eine neue Woge des Jubels und zieht mich zurück zur Parade.

Morpheus lacht und bläst irgendeinen Glitzerstaub in unsere Richtung, der unsere Hemden funkeln und mich wie wild niesen lässt. Ich suche in meiner Hosentasche nach einem Taschentuch und finde das Streichholzbriefchen, das mir die Lady im Bus gegeben hat. The Golden Trumpet Club. Junior Webster. 141 N. Rampart.

Zeichen. Fügungen. Der Zufall.

»Komm schon«, sage ich und stoße Gonzo am Arm. »Zeit zu gehen.«

»Gehen? Aber wir sind doch grad erst angekommen. Gehen – wohin?«

»Hier«, sage ich und werfe Gonzo das Streichholzbriefchen zu. Der fummelt dran herum und steckt es ein.

»Was ist das?«

»Unser nächstes Ziel.«