13.12.2005
Ich habe mir heute vorgenommen, da ich nächste Woche, am 20.12. nach Hause gehe, mich wieder mit meinem Computer zu unterhalten. Ich meine nicht, mit ihm reden, ich meine, aufschreiben, was mich beschäftigt und um mir darüber klar zu werden, was alles dahinter steht und warum es mir nicht gut geht.
Der Computer ist eigentlich mein Ersatz-Therapeut, war es immer in den letzten Jahren, nur in den letzten 4 Monaten konnte ich ihm nichts anvertrauen, weil ich es nicht geschafft habe, das, was mich belastet, aufzuschreiben.
Heute nun will ich wieder damit anfangen – muss ich wieder damit anfangen, weil ich sonst draußen nicht zurechtkomme, ohne mit jemand zu reden und das alles zu verarbeiten. Schweigen und reinfressen, bzw. den Mund halten, da bin ich schnell wieder hier drin und das will ich auf keinen Fall. Das Einzel von gestern und heute ist sehr wichtig, weil das zur Zeit mein Hauptproblem beinhaltet.
Schuld, Verantwortung, Scham, darum geht es. Ich habe nicht viel aufgeschrieben in der letzten Zeit, weil ich einfach ein schlechtes Gewissen hatte, weil ich mich geschämt habe, aufzuschreiben, was damals passiert ist. Ich habe Angst, wenn das jemand liest und erfährt, was ich tun musste, dann werde ich verachtet und ich verliere die wenigen Menschen, die ich kenne und die mir wichtig sind.
Obwohl die wichtigsten Menschen doch wissen, was passiert ist und mir immer wieder sagen, dass ich nichts hätte ändern können.
Alle, die es wissen sagen mir das, doch es kommt nicht an bei mir. In der ersten Zeit wollte ich mich umbringen, mir die gleichen Verletzungen zu fügen, um es wieder gut zu machen. Aber nichts kann es wieder gut machen, weil es eben passiert ist und dieses kleine Mädchen nicht mehr lebt. Ich habe sie nicht getötet. Ich war erst 7 Jahre, aber ich war dabei als sie umgebracht wurde, habe alles mit ansehen müssen und was noch schlimmer ist, ich wurde gezwungen, sie zu verletzen. Ich musste das Rasiermesser in die Hand nehmen und das Mädchen am Bein schneiden. Ich wollte es nicht und da hat der Mann hinter mir meine Hand mit dem Rasiermesser in seine Hand genommen und mit meiner Hand einen langen Schnitt in das Bein des kleinen Mädchens gemacht. Ich wollte es nicht, ich hatte fürchterliche Angst und es tat mir so leid, was meine Hand da getan hat. Mir liefen die Tränen und ich sah das viele Blut und hörte das Mädchen schreien und weinen. Ich wollte das nicht, ich habe nicht zugedrückt, aber der Mann hat es getan und der Schnitt ging so tief und wurde immer länger. Es tat mir so weh, was ich da machen musste, aber ich konnte nicht sagen, dass ich das nicht tun will. Ich hatte viel zu viel Angst.
Ich habe nur: „Nein“ gesagt und geweint. Ich habe noch mehr getan, ich habe das Mädchen, ohne das mich die Hand des Mannes festgehalten hat, geschnitten. Ich habe das nicht gewollt. Ich habe geweint, bin rückwärts gegangen, wollte weg da, konnte aber nicht. Ich war wie immer nackt und hatte den Strick um meinen Hals, an dem mich mein Opa festhält. Ich bin rückwärts, weil ich das nicht machen wollte und weil ich mich so geschämt habe vor dem Mädchen. Ich wollte ihr doch nicht wehtun. Aber ich bekam einen Tritt in den Rücken und flog gegen den Tisch, auf dem das Mädchen festgebunden war. Ich war auch schon so oft auf diesem Tisch festgebunden, aber das war nicht so schlimm, wie das, was ich tun soll. Ich soll das Mädchen noch mal schneiden, ganz allein soll ich das tun. Wenn ich es nicht tue, werden sie mich schneiden. Ich habe Angst, ich möchte nicht geschnitten werden, ich sehe, doch, wie weh das tut und wie sehr das blutet. Aber ich muss es tun, sonst komme ich auf den Tisch. Es tut mir so leid und ich heule vor Angst vor dem, was ich tun soll. Ich kriege auch schlecht Luft, weil, als ich den Tritt bekam und zurück an den Tisch geknallt bin, der Strick um meinen Hals enggezogen wurde und deswegen kriege ich jetzt auch schlecht Luft, sehe vor heulen kaum, was vor mir ist und muss das Rasiermesser in die Hand nehmen. Der hinter mir stößt mich und sagt: „So, jetzt schneide – aber richtig, sonst zeig ich dir, wie es geht!“
Ich habe geschnitten.
Ich habe ganz allein das Rasiermesser in der Hand gehabt und geschnitten. Ich habe gesehen, wie es anfing zu bluten und musste, solange weiter schneiden, wie der Mann mir gesagt hat. Es tat mir so leid, wie das Mädchen geschrieen und geweint hat und ich war so schlecht zu ihr. Aber ich habe das doch nicht gewollt. Es tut mir so leid. Ich schäme mich so sehr deswegen und ich möchte sie drücken und ihr sagen, dass ich das nicht will, aber ich darf so was nicht machen, da werden die böse und ich habe Angst, das sie mir auch noch so weh tun. Das Bein von dem Mädchen blutet ganz schlimm, es tropft auf den Fußboden und ich habe auch Blut an der Hand und es spritzt mir vom Boden an die Beine. Es tut mir so leid und ich kann nichts sagen, nichts tun, um ihr zu helfen, sondern habe Angst, ich muss ihr noch mehr weh tun, aber der Mann hinter mir sagt: „Das hast du prima gemacht – braves Mädchen und dafür bekommst du die Kette von der Kleinen als Belohnung.“ Ich hatte noch nie eine Kette, aber die wollte ich nicht, sie gehört nicht mir, sie gehört dem Mädchen und ich will auch keine Belohnung. Aber der Mann macht dem Mädchen die Kette ab und macht sie mir um den Hals. Ich schäme mich für diese Belohnung, ich habe doch nichts Gutes gemacht, ich habe doch was ganz Böses gemacht, dafür bekommt man keine Belohnung, immer wieder sehe ich vor mir, was ich da tue, was meine Hand allein tut, wie die Wunde länger und länger wird und wie das Blut kommt und das Fleisch auseinandergeht durch den Schnitt. Ich weiß, das war ich. Das war meine Hand. Es hat mich keiner festgehalten, als ich das tat. Ja, ich hatte den Strick um den Hals, aber den hatte ich doch immer um und den hat mein Opa in der Hand. Aber ich weiß nicht, wer mich an den Tisch zurückgetreten hat, der Mann oder war es mein Opa. Es könnte auch mein Opa gewesen sein und wenn er es war, dann ist er sehr böse auf mich, weil ich nicht gleich gefolgt und gemacht habe, was die gesagt haben.
Seit ich das weiß, was da passiert ist, quäle ich mich damit, was ich getan habe. Kann es mir nicht verzeihen. Ich wollte es nicht, hätte es so nie getan – aber ich habe es getan, mit meiner Hand, ganz allein. Die anderen haben nur zugesehen und gelacht. Sie haben gesagt, dass ich das gut gemacht habe, aber das war nichts Gutes. Es tut mir so furchtbar leid und ich schäme mich so sehr dafür. Aber ich kann es nicht mehr gut machen, das Mädchen ist tot. Ich kann ihr nicht erklären, dass ich das alles nicht wollte, dass ich ihr niemals wehgetan hätte. Ich fühle mich so schuldig, weil meine Hand, also ich ganz allein das getan habe. Ich bekomme erklärt, dass ich voll traumatisiert war und unter diesen Umständen von einer Schuld meinerseits keine Rede sein kann. Ich kann das nicht so leicht so sehen. Ich weiß, was ich dachte – ich will nicht auf den Tisch – - ich will nicht, dass die das mit mir machen und ich hatte Angst, dass die es sich noch anders überlegen. Sie haben immer gesagt, wenn sie mich nicht mehr brauchen, dann bin ich dran, genauso, wie die Mädchen. Ich meine, dann komme ich auch nicht wieder lebendig von dem Tisch runter und ich habe gesehen, dass die Mädchen tot waren und alles kaputt war an ihnen und alles blau und blutig.
Ich schäme mich, dass ich noch lebe, dass ich noch da bin. Ich lebe noch, weil sie mich noch gebraucht haben und weil ich dann so plötzlich von meinem leiblichen Vater abgeholt worden bin, aber das war erst mit 13 Jahren und hier bin ich erst 7 Jahre. Ich habe gedacht, jetzt ist alles vorbei, es wird nichts Neues mehr auftauchen, mich überfallen und kaputtmachen. Aber wenn ich jetzt daran denke, ich war 7 Jahre. Und was war, bis ich 13 Jahre war?
21.2.2006
Jetzt bin ich erst aufgestanden, konnte erst aufstehen. Es ist 12.30 Uhr. Die letzte Nacht war einfach nur grauenvoll. Ich bin spät ins Bett, erst nach 24 Uhr, habe 2 Rohypnol und 2, 5 mg Tavor geschluckt und gehofft, ich kann schlafen. Mein Mann lag längst neben mir und hat geschnarcht. In meinem Kopf ging es rund und ich habe überlegt, wen ich anrufen könnte. Mit wem reden. Soll ich aufstehen und schreiben. Ich hatte Angst davor. Ich hätte schreien können, vor Schmerz, vor Angst und vor Grauen. Ich stand wieder da, habe gefroren, den Strick um meinen Hals und mein Opa saß im Sessel hinter mir. Ich sollte hinsehen, hinsehen, was die machen. Ich konnte kaum stehen, weil ich vorher dran war und mir tat alles weh aber jetzt habe ich Angst, sie bemerken mich, machen mit mir auch noch das, was sie gerade alles mit dem Mädchen da machen. Sie blutet, schreit, weint, das Blut tropft auf die Fließen und wird immer mehr. Die sind so böse, hören nicht auf und ich traue mich nicht zu schreien – ich wage mich kaum zu atmen, solche Angst habe ich.
Das ist alles so schlimm, es geht nicht mehr auszuhalten. Ich liege im Bett und denke, was soll ich machen, damit es aufhört. Ich habe solche Schmerzen und mir geht es so schlecht. Da sind die Rohypnol – wenn ich sie alle schlucke, wäre endlich Ruhe. Nein, das will ich nicht, ich will nur, dass es aufhört, es ist als würde ich durchdrehen, als würde es mich zerreißen und ich kriege keinen Ton raus, wenn ich aufstehe wird mein Mann munter. Wenigstens er soll schlafen, wenn ich es schon nicht kann. Vorhin habe ich noch mit ihm gesprochen, dass wir uns den Wecker stellen, für morgen früh 9.00 Uhr und gemeinsam mit Baatzi rausgehen und nun ist es schon 3.oo Uhr vorbei und ich drehe bald durch. Es ist nicht lange her, da habe ich mich geschnitten bis ich ruhig war und bin dann eingeschlafen. Aber ich kann mich nicht mehr schneiden. Es geht nicht, auch wenn ich es mir wünsche, um endlich Ruhe zu finden und das alles weg geht. Mein Kopf ist, als würde er zerspringen, ich habe das Gefühl, ich muss schreien, kann aber nicht. Ich habe solche Angst und die Bilder sind so schlimm. Warum hilft mir denn keiner? Ich kann nicht mehr! Halte es nicht mehr aus. Ich kann wirklich nicht mehr!
Tagesbericht, den 20.04.2006
Gestern war ich so verzweifelt wegen dem Versprechen und das ich es nicht so machen kann, wie alle anderen, die was versprechen und es dann einfach vergessen, nicht einhalten oder noch lachen, weil sie es erreicht haben, dass sie das versprechen nicht halten zu brauchen. Mein Mann hat mir immer und immer wieder etwas versprochen und mich immer wieder enttäuscht. Er weiß nicht, was er damit kaputtgemacht hat.
Überhaupt der Bergriff „Versprechen“ bringt mich total ins Alter von 7 Jahren, da bin ich sofort bei meinem Versagen und was deswegen passiert ist.
Wenn ich das alles gewusst hätte, dann hätte ich nie ein solches Versprechen gegeben, weil ich denke, ich werde nie richtig damit leben können und es wird sowieso nichts anders. Ich wünschte, ich hätte nie ein solches Versprechen gegeben. Ich komme mir vor, wie in einem Käfig, aus dem ich nicht raus kann, so als wäre kein Ausweg aus meiner jetzigen Situation möglich. Und ich kann nicht mehr, kann es nicht mehr aushalten, zu wissen, was ich getan habe. Zu wissen, wie ich mich verhalten habe. Ich weiß, ich brauche Hilfe. Ich habe immer auf Hilfe gehofft, mein ganzes Leben lang habe ich auf die Hilfe meiner Mutti gehofft. Diese Hoffnung ist nicht mehr da. Ich weiß jetzt auch, wenn ich klein bin, dass sie mir nicht hilft. Sie hasst mich, sie hätte mich noch ewig so verprügeln können, ich habe ja auch die Familie kaputtgemacht. Ich bin immer nur 13 oder 7 Jahre, ganz wenig Zeit mal älter und heute war ich 13 Jahre und ich habe wieder gesehen, was die 7jährige getan hat. Als ich letztens in Leipzig war und bei meiner Mutter geduscht habe. Sie hat sich vor die Dusche gestellt und mich keinen Moment aus den Augen gelassen, als ich geduscht habe. Da war es so, als hätte sie gesehen, wie ich bin. Das war es, worauf ich mein ganzes Leben lang aufgepasst habe, dass keiner sieht, wie ich bin. Ich habe mich so geschämt und es war so peinlich. Das war es, wovor ich mein ganzes Leben lang Angst gehabt hatte. Erkannt zu werden, wie ich bin, was ich bin.
Stellt man sich bei seiner über 50 Jahre alten Tochter hin und schaut ihr bei Duschen zu? Ich habe mich nicht getraut, zu sagen, sie möchte mich bitte allein lassen.
Heute habe ich auch die ganze Zeit wie ein kleines Mädchen vor Ihnen gesessen und es war schwer für mich, herauszufinden, was Sie mir erklären wollen. Ich habe mich unsicher gefühlt, war vorsichtig und sehr auf der Hut. Warum, weiß ich nicht, da war etwas im gestrigen Einzel, aber ich kann es nicht konkretisieren. Ich habe darüber nachgedacht und denke, vielleicht ist es, weil ich durch mein Versprechen gezwungen bin, hier zu bleiben und nicht weg zu gehen, also etwas tun muss, was ich nicht möchte.
Das letzte Mal, als ich mich erwachsener gefühlt habe, war nach dem Einzel vor Ostern. Ich habe in der letzten Zeit nichts tun können, gerade mal die Pflichtkür, alles was ich mir vornehme – nichts wird draus, ich schaffe es nicht. Was ich den ganzen Tag tue – ich weiß es nicht, bin irgendwo, nur nicht hier.
27.06.06
Es war schon 11 Uhr, ehe ich aufgestanden bin. Ich hatte wieder ganz starke Kopfschmerzen und dann nachdem ich früh kurze Zeit noch mal richtig tief geschlafen habe, bin ich immer wieder wie weggerutscht oder weg gedriftet mit dem Kopf. Es war anstrengend, zu schaffen, auf die Füße zu kommen. Ich fühlte mich schwindelig und schwach auf den Beinen. Wann genau ich Einzel habe, wusste ich auch nicht mehr und so bin ich 12.30 Uhr runter. Es war richtig, 12.30 Uhr hatte ich das Einzel. Im Gespräch habe ich gemerkt, wie es immer stärker wurde und ich habe gedacht, jetzt ist es gleich soweit und ich habe einen FB, aber durch das Reden konnte ich mich immer wieder fangen und ich war dankbar dafür, denn ich habe einfach nur Angst, was noch auf mich zukommt. Ich hatte ständig das Gefühl, ich habe eine Narkose bekommen und bin gleich weg, nur dass da noch eine, riesige Furcht dabei war und dann habe ich mich gefühlt wie damals, als ich das Blut an mir hatte und wie betäubt vor Schreck war. Dieser Moment ist das Schlimmste. Ich war das, die Pistole habe ich noch in der Hand und kann nicht begreifen, was ich gemacht habe, dass ich das war. Ich wollte doch nicht, dass die dem Mädchen so wehtun und es so verletzen, dass es jetzt überall blutet und so schlimm, schreit und weint. Ich weiß doch, wie weh das alles tut, aber das tut noch mehr weh, was die mit ihr machen. Warum machen die so was? Das darf man doch nicht, aber ich weiß, ich darf nichts sagen und ich muss stehen bleiben. Mir tut auch alles weh und mein Rücken tut so weh, dass ich Angst habe, ich kann nicht mehr stehen bleiben, aber ich muss stehen bleiben. Die wollen, dass ich stehen bleibe und mir angucken soll, was die machen und reden mit mir und ich muss antworten. Ich will nicht mit denen reden. Die machen mir Angst und sind so böse. Ich verstehe nicht, warum die so sind und warum die so zu mir sind und warum die das Mädchen so schlecht behandeln. Sie hat doch gar nichts gemacht. Sie war ganz sauber vorhin und jetzt ist alles voll Blut und ich auch und es ist soviel Blut, dass ich denke, soviel kann doch gar nicht in ihr drin gewesen sein. Alles ist voll, die sind voll, der Tisch ist voll, unten ist überall Blut und ich bin auch ganz voll damit. Ich habe viel Angst, weil ich nicht weiß, ob Opa noch hinter mir ist. Ich kann ihn nicht sehen. Ich habe Angst, er ist weg und ich bin dann mit denen allein und die machen mit mir dasselbe, wie mit dem Mädchen.
Ich kann nicht weiter schreiben, es geht mir nicht gut, mein Nacken wird ganz steif. Ich versuche es nachher weiter.
Nach meinem Suizidversuch am 7.03.2007
Ich habe eine Ewigkeit nicht mehr geschrieben, einfach, weil es zu schlimm war, um es aufzuschreiben. Auch auf Kassette habe ich nicht mehr aufgenommen. Ich hätte Angst, es wieder zu lesen oder wieder zu hören. Das ist Angst vor mir selbst, weil ich es bin. Es geht mir sehr schlecht, obwohl ich wirklich großes Glück habe und Schwester Hedi die Betreuung für mich übernommen hat, wenn ich zu Hause bin. Sie wird dann zweimal die Woche kommen und ich kann reden. Sie hat mir und auch meinem Mann schon sehr viel geholfen.
Noch heute frage ich mich fast täglich: „Kann ich damit leben?“ Ich glaube es nicht, weil ich eben immer und immer wieder denke, wie schlimm ich bin und diese schrecklichen Bilder vor Augen habe. Es ist kein Leben, auch wenn ich es mir einreden will – immer und immer wieder – weil die anderen es sagen. Aber es ist so schlimm, so grauenvoll und dann sagen die, das geht, damit kannst du leben. Was soll ich denn dann noch sagen? Ich halte es nicht aus! Es macht mich kaputt! Es zerreißt mich! Ich sage immer weniger. Was soll ich dem denn noch entgegensetzen, wenn die der Meinung sind, es geht. Am liebsten würde ich schreien – das könnt ihr doch nicht wissen! Woher wollt ihr das wissen! Ich merke doch, dass ich es nicht aushalte und lieber weg wäre, als mich so zu quälen. Ich lebe doch nicht, ich tu doch nur so, damit nach außen alles in Ordnung ist – so, wie damals. In mir ist alles ganz anders.
Es tut weh, ich könnte weinen, schreien erzählen (nein nicht erzählen, dafür schäme ich mich viel zu sehr und habe Angst) Ich bin nicht dankbar, dass ich am 30.4.07 meinen Suizidversuch überlebt habe. Ich wäre froh, wenn es endlich vorüber gewesen wäre. Ist es aber nicht. Es geht weiter, ich muss weiter machen. In der Klinik wird es auch immer schwieriger. Ich bin wieder einmal von D auf B verlegt worden und kann es nicht nachvollziehen, warum „Ich“? Was ist mit mir, warum werde ich ständig so hin und hergereicht, warum wollen die mich immer loswerden. Was ist an mir oder mit mir oder was tue ich, dass immer mir das passiert? Ich hatte gerade angefangen, dass ich mit Schwester Sieglinde reden konnte, einen Draht gefunden hatte und dann wird das einfach zerrissen, einfach so ohne Erklärung. Ich bin eben zu viel, also weg damit.
Ja, es wäre wohl am besten – weg damit, am besten ganz weg. Wäre mir auch recht. Doch noch mal Tabletten schlucken, kann ich meinem Mann nicht antun und auch nicht den Tieren.
Es ist so vieles, was ich jetzt gar nicht brauchen kann, ich wollte mich auf meine Therapie konzentrieren und schnell wieder klarkommen, wenigsten zurechtkommen, aber es wird ringsherum immer mehr, was stört, was mich runtermacht, was mir klarmacht, was ich bin und wo ich hingehöre. Heute war es wieder nicht anders. Ich wollte einfach weglaufen, wie früher, habe es aber nicht getan, Ich war nahe daran, mich zu schneiden, weil ich wieder einmal versagt habe. Ich habe es nicht getan.
Ich denke daran, was das alles überhaupt soll, ich habe den Kopf mit ganz anderen Sachen voll und es geht mir total schlecht, weiß nicht, wozu ich noch lebe, außer für meinen Mann und die Tiere und um niemand zu enttäuschen.
Ja, ich wünschte mir, ich wäre tot, da hätte ich vor all den Grausamkeiten Ruhe, endlich Ruhe, richtig Ruhe.