15.4.2004

Letzte Nacht bin ich erst wieder spät eingeschlafen. Mein Kopf war so, als würde ich gleich durchdrehen, Kopfdruck, Kopfschmerzen und ein Gefühl, als würde er gleich zerspringen. Ich dachte, ich werde wieder nicht schlafen können, dabei bin ich so sehr müde, regelrecht erschöpft und möchte am liebsten nur noch schlafen und nie mehr munter werden. Heute Morgen gegen 3.30 Uhr hatte ich wieder mal nach ein paar Tagen ohne Flashback einen Flashback. Eigentlich habe ich ihn schon erwartet. Mein Befinden hat ihn angekündigt. Immer, wenn ich so starke Kopfschmerzen habe, dann ist es soweit. Aber ich hatte gehofft, es ist vorbei und ich habe endlich Ruhe und es kommt nichts ganz Neues mehr. „Ganz Neues“ klingt vielleicht komisch, denn was ist schon neu, wenn „so was“ passiert, es ist doch immer das Gleiche. Aber ich bin es, der es passiert und ich bin noch keine 9 Jahre alt und alles tut so weh und ist so schrecklich eklig.

Mein Opa ist da, er hat mich mit hierher genommen, in dieses Haus. Es ist ein feines Haus. Alles ist so schön und so neu. Die Leute kenne ich nicht, denen das Haus gehört. Sie sind sehr nett, geben mir zu trinken, geben mir einen Becher mit leckerem Eis und reden viel und lachen und sind freundlich. Ich denke: „Die mag ich, hier möchte ich öfter hin, das ist viel schöner als zu Hause.“

Aber sie waren nur am Anfang nett, dann nicht mehr. Als ich ausgetrunken hatte und das Eis gegessen hatte, sollte ich mich ausziehen. Ich fand das komisch, denn die Leute waren nicht so, wie die anderen sonst und ich dachte, hier ist es anders, die tun mir nicht weh oder machen eklige Sachen mit mir. Ich wollte mich nicht ausziehen, ich schämte mich vor dem Mann, und der Frau, aber Opa sagte es noch einmal und wurde böse. Ich zog also meinen Rock, meinen Pulli und meine Schlüpfer aus und dann stand ich ganz nackt in der Küche in dem fremden Haus und es gefiel mir gar nicht mehr so gut, dieses Haus nicht und auch nicht die Leute.

Die Frau nahm mich mit und stellte mich unter die Dusche, dort hat sie mich gewaschen und mich überall angefasst und mir auch mit den Fingern unten rein gelangt. Ich fand das nicht schön, ich habe mich geschämt, sehr geschämt. Sie war sehr freundlich und hat mich überall gestreichelt und aus der Dusche rausgeholt und abgetrocknet. Dann sollte ich mich auf das Bett legen, ich war immer noch nackt. Sie zog sich auch aus und kam auf das Bett und jetzt mag ich sie gar nicht mehr. Sie hat mich gezwungen, sie unten mit dem Mund zu berühren und mich an den Haaren gezogen, bis ich es richtig gemacht habe, so wie sie mir das erklärt, wie sie es haben will. Es war ganz eklig, ich musste meine Zunge dort reinstecken, wo sie Pipi rausmacht und sie mit meiner Zunge streicheln. So hat sie gesagt, soll ich es machen und es gefiel ihr gut, denn sie hat mich dann nicht mehr an den Haaren gezogen und meinen Kopf da drauf gedrückt, weil ich ja gefolgt habe und gemacht habe, was sie wollte. Sie hat mich überall angefasst, gestreichelt, mit den Fingern bei mir unten drin hin und her gerieben. Ich musste leise sein, denn wenn Opa was mitkriegt, dass ich nicht höre, dann würde er mich schrecklich verprügeln und das gleich hier und dann käme ich trotzdem nicht drum herum zu machen, was ich soll. Also dachte ich, es geht schneller rum, wenn ich tue, was sie wollen. Aber es war so blöd, die Frau küsste mich auf den Mund, so richtig wie ein Mann eine Frau küsst, ich fand das nicht schön, durfte es aber nicht zeigen. Sie hat mich gestreichelt und ich musste alles so machen, wie sie es mir erklärt hat. Die Frau war nicht hässlich und nicht alt, aber das, was sie tat, war hässlich und ekelhaft. Es dauerte eine ganze Zeit, in der ich mit ihr allein war und ich alles tun musste, was sie wollte und sie sich richtig gefreut hat und es schön fand und mich auch gelobt hat, was ich für ein liebes Mädchen bin, und dass sie mich lieb hat.

Ich wollte nicht so lieb gehabt werden, aber das traute ich mir nicht zu sagen, denn wenn man so was sagt, können die Erwachsenen richtig böse werden und sind dann auf einmal ganz anders und tun einem schrecklich weh. Das weiß ich und deswegen halte ich lieber meinen Mund und bin still und mache alles, wie ich es soll, es geht ja vorüber. Es geht immer vorüber.

Dann hat die Frau sich geduscht und ich sollte noch im Bett bleiben, ich dachte, ich darf dann auch duschen und dann geht es nach Hause. Nein sie ging aus der Schlafstube raus und der Mann kam herein und er brachte einen großen Hund mit. Er sagte mir, dass dies Rocco sein Liebling sei. Ich habe Angst vor so großen Hunden, weil ich ja schon kenne, was Hunde tun können. Der Mann war nicht so freundlich, seine Augen waren blau und richtig unfreundlich. Er hat auch nicht mir geredet, er hat nur immer gesagt, mache dies, mache das und ich hatte Angst und habe mich so gedreht und gelegt, wie der es wollte. Ich habe irgendwann auch nicht mehr an den Hund gedacht, der saß ja ganz still da und hat nur geguckt.

Zuerst hat der Mann mir sein Ding in den Mund gesteckt und meinen Kopf so heftig hin und her geschoben, dass ich dachte, er macht mir den Hals kaputt, ich dachte, er stößt durch meinen Kopf durch und ständig hatte ich das Gefühl, brechen zu müssen, konnte aber nicht und habe nur gewürgt und gewürgt und der Kerl hat gelacht und gesagt: „Schluck schön, meine Kleine. Schluck schön. Du wirst genug davon bekommen.“ Ich konnte gar nichts anderes tun, als zu schlucken.

Jetzt ist er fertig, er schnauft und bewegt sich nicht mehr. Ich denke. „Endlich, jetzt ist Ruhe.“ Da setzt er sich auf dem Bett hin und sagt mir, ich solle eine „Brücke“ oder „Katzenbuckel“ machen. Ich dachte noch, wozu, der spinnt doch, habe es aber gemacht, weil er sonst gemein geworden wäre. Dann hat er gepfiffen und der Hund, es war so ein großer schlanker Hund, weiß mit schwarzen Flecken – aber ich mochte ihr nicht - sprang auf das Bett und auf mich drauf. Oh nein, dachte ich. Nicht das wieder. Nicht wieder so wie damals in dem Saal, das war so schlimm und ich war so dreckig und habe mich so sehr geschämt und die vielen Menschen und keiner hat mir geholfen. Hier ist nur dieser eine Mann, seine Frau ist nicht in der Schlafstube, ich bin allein mit ihm und dem Hund. Aber es passiert wieder, der Mann sagt etwas zu dem Hund, ich kann es nicht verstehen und der springt auf meinen Rücken, umklammert mich mit den Vorderpfoten und was jetzt passiert ist das Schlimmste, was ich denken kann, was einem passieren kann. Der Hund macht es in mir und dann als er fertig ist, bleibt er auf meinem Rücken eine ganze Weile liegen, weil er nicht aus mir rauskann. Der Mann erklärt mir, dass dies so sei bei Hunden. Mir tut der Rücken weh, von seinem Gewicht und von den Pfoten und den Krallen tun mir beide Seiten weh. Da läuft der Mann um das Bett herum und macht Fotos von seinem Hund und mir. Ich schäme mich so sehr und drehe mein Gesicht immer weg, bis er böse wird und mir eine knallt, damit ich in die Kamera lächle. Ich schäme mich und habe Angst, dass jemand die Bilder sehen und mich erkennen könnte und weiß dann, was ich für ein Schwein bin.

Ich schäme mich sehr und heule und fühle mich dreckig. Als der Hund fertig ist springt er runter von mir und legt sich in der Schlafstube auf den Boden. Der Mann geht mit mir in die Dusche und immer noch fotografiert er mich ständig, dabei bin ich nackig, habe gar nichts an und will nicht so fotografiert werden.

In der Dusche wäscht er mich und langt mir genauso, wie seine Frau unten mit den Fingern rein und dann muss ich noch mal sein Ding in dem Mund nehmen, aber ich kann es unter der Dusche ausspucken, er passt nicht mehr so genau auf. Danach gibt er mir einen Bademantel, der ist zwar viel zu groß, aber ich bin froh und ziehe ihn schnell an. Dann geht er mit mir in die Küche. Opa sitzt dort und guckt Fernsehen und raucht seine Zigarre. In der Küche muss ich etwas essen, die Frau hat schöne Häppchen gemacht. Sie sehen lecker aus, aber ich habe keinen Hunger, mir ist ganz schlecht vor lauter Ekel. Ich möchte nur heim. Aber soweit ist es noch nicht. Es soll noch weiter gehen. Party nennen die beiden das und ich bin ihr Partygast. Wenn Partys immer so sind, werde ich, wenn ich groß bin nie auf eine Party gehen, das weiß ich jetzt.

Sie trinken Sekt und sind fröhlich und lachen und haben Spaß, mich nennen sie Schätzchen, und Seelchen. Ich bin nicht ihr Schätzchen oder ihr Seelchen – ich will hier weg. Ich muss für morgen noch Hausaufgaben machen, da muss ich die ganze Zeit dran denken. Wenn ich sie zu spät mache und Mutti mich erwischt, kriege ich gemeckert und wenn ich sie vergesse, kriege ich einen Eintrag und kriege auch gemeckert. Also, ich muss sie unbedingt noch machen, was soll ich denn sagen, was ich den ganzen Nachmittag getrieben habe. Statt Zeit für meine Hausaufgaben zu haben. Ich sage es auch Opa, dass ich noch Hausaufgaben aufhabe, da lacht er und sagt, das schaffst du schon noch, du bist doch ein flinkes Mädel. Ich muss es eben irgendwie hinkriegen, ohne dass die Mutti meckert. Jetzt kann ich hier sowieso nicht weglaufen, da ist Opa, der passt auf und der bringt mich dann wieder heim, wenn die Beiden sagen, ich kann gehen.

Jetzt wollen sie beide erst noch mal mit mir zusammen in die Schlafstube und ich muss den warmen Bademantel wieder herausrücken und stehe wieder ganz nackt da und schäme mich vor denen und bekomme einen ganz roten Kopf. Die beiden finden das lustig. Dann geht es weiter, alle drei auf dem Bett, die Frau streichelt mich und ihren Mann und Ihr Mann steckt mir sein Ding unten rein und ich muss die Frau mit dem Mund wieder zwischen den Beinen berühren und alles so machen, wie sie es sagt, bis sie stöhnt und zufrieden ist. Es ist eklig, ich könnte kotzen – darf aber nicht. MUSS so tun, als sei das normal und richtig so, sonst werden die sauer mit mir und kneifen und schlagen mich. Der Mann ist unten fertig und ich bin unten dreckig von ihm, aber es ist nicht Schluss, die zwei drehen sich rum. Ich habe dem Mann sein Ding im Gesicht und die Frau steckt mir irgendetwas unten hinein. Es ist ganz komisch. Es ist nicht schön, es krabbelt wie Ameisen und dann wird mir schwindlig. Die Beiden lachen und sagen, nun hätte ich auch etwas davon gehabt. Ich schäme mich, ich will nichts davon haben, ich will gar nicht so was. Ich will nach Hause und diese Leute nie wieder sehen – ich schäme mich so sehr und ekele mich vor mir und all dem, was hier passiert ist. Ich darf duschen, mich anziehen, die Beiden sehen zu und schmusen miteinander, dann schicken sie mich raus zu Opa. Opa erlaubt, dass ich mich wieder anziehe und nun weiß ich, jetzt kann ich wieder heim und wir gehen auch. Opa sagt noch: „Tschüß, bis zum nächsten Mal!“

Das macht mir Angst, ich will nicht mehr hierher – aber es wird noch oft sein, dass er mich hierher bringt. Ich schäme mich wirklich sehr für das alles, den Hund, die Frau und alles, was ich getan habe, das ganze Eklige. Ich habe das nicht gewollt und es hat mir nicht gefallen, wirklich nicht gefallen.

19.4.2004

Mir geht es nicht gut. Am Freitag ging es mir gut und ich dachte: Super. So klasse ging es mir noch nie nach so einem Flashback. Ich hatte ihn am Mittwoch, habe ihn dann am Donnerstagmittag noch mal bekommen, mich hingesetzt und ihn aufgeschrieben. Ich habe mich da ziemlich viel geschnitten und dann ging es mir viel besser. Ich dachte, so schnell ging es noch nie, das ich so eine schlimme Geschichte überstanden habe und habe mich darüber gefreut, dass ich mich diesmal nicht so rumquälen muss, wie sonst, wo es manchmal l -3 Wochen gedauert hat, ehe ich wieder in Ordnung war.

Die Nacht vom Donnerstag zum Freitag habe ich gar nicht geschlafen – ich wollte nicht, hatte Angst – bin auch überhaupt nicht ins Bett gegangen. Am Freitag ging es mir trotzdem ziemlich gut – ich habe mich zumindest mal überhaupt nicht so gefühlt, als hätte ich gerade so einen schlimmen FB zu verarbeiten. Die Nacht von Freitag zum Samstag war ich so müde und ich bin ins Bett, ohne überhaupt an Angst zu denken, habe mich hingelegt und war weg. Ich habe geschlafen bis morgens und das ohne Unterbrechung, ohne FB. Es war eine wunderbare Nacht – sie war für mich so etwas wie ein Geschenk, sie hat mir richtig gut getan.

Am Samstag habe ich dann zu Hause alles, was zu tun war ohne Probleme geschafft, sogar noch viel mehr geleistet, wie ich sonst schaffen konnte und es ging mir gut dabei. Alles hat Spaß gemacht. Abends als ich dann im Bett lag, ging es wieder los, ich dachte wieder an den FB und hatte auch Angst, dass er wieder auftaucht. Ich war so müde und geschafft vom Tag und konnte und konnte nicht einschlafen. Sonntag war dann nur Quälerei und ich war froh, abends wieder hier zu sein. Aber die Nacht wollte ich auch wieder vor Angst nicht schlafen, ich war voller Unruhe und alles fing an mir noch mehr weh zu tun. In der Nacht habe ich mir dann Tavor geholt, um mich nicht zu schneiden, weil ich die Schmerzen nicht mehr aushalten kann. Nach 2 Uhr bin ich dann aber doch noch eingeschlafen und von den Schmerzen am Morgen muntergeworden.

Mein Kopf tat so weh und alles schmerzte, der Nacken, der Kopf am meisten die Arme und ich merkte immer wieder, dass ich die Hände fest zu Fäusten machte. Ständig öffnete ich sie wieder und legte meine Hände flach auf das Bett, damit ich keine Fäuste mehr mache, weil es so weh tut und doch hatte ich dann immer wieder Fäuste. Ich habe heute Morgen geheult vor Schmerzen, konnte mal wieder nicht aufstehen und bin dann endlich gegen 10.30 Uhr in die Dusche und habe mir das Wasser so heiß, wie möglich über Nacken, Schultern und Arme laufen lassen. Für kurze Zeit hat das etwas entspannt, aber nur für kurze Zeit. Dann ging es wieder los. Ich musste richtig kämpfen, mich nicht zu schneiden, weil ich wusste, ich kann so die Schmerzen, die wirklich unerträglich sind, loswerden.

3 mg Tavor haben nicht geholfen. Ich habe geheult und war verzweifelt. Ich habe doch am Freitag noch gedacht, klasse, jetzt wird es besser und ich kann bald heim und nun habe ich diese verfluchten schlimmen Schmerzen, so dass ich nur noch Rasierklingen im Kopf habe und krampfhaft versuche, nicht wieder zu versagen.

Die Schmerzen sieht keiner, aber wenn ich mich geschnitten habe, das sieht man dann und ob die es mir glauben, was für schlimme Schmerzen ich habe? Ich habe immer Angst, mir glaubt das keiner und außerdem schäme ich mich sehr, wenn ich es wieder nicht geschafft habe, mich nicht zu schneiden. Keine gute Leistung, sich zu schneiden!

Ich war froh, als es endlich 16 Uhr war und ich zum Einzel konnte und sagen konnte, wie es mir geht und, was ich für Probleme habe mit den Schmerzen.

Ich habe ja am Donnerstag den FB aufgeschrieben und nun stehe ich mit diesen Schmerzen da und die sollen noch dorthin gehören – Ich weiß es nicht. Aber im Einzel durch EMDR wurde dann die Verbindung zwischen dem FB und den Schmerzen deutlich. Ich will jetzt versuchen, es so aufzuschreiben, wie ich es mitbekommen habe.

Wenn ich an den FB denke, dann geht es mir nicht gut, ich schäme mich, ekle mich und denke daran, dass ich noch so getan habe, als sei es schön und mache mir Spaß. Ich schäme mich dafür, dass ich mich so verhalten habe, aber ich musste es doch. Opa saß draußen und hat gesagt, wenn ich nicht spure, wie er es mir erklärt hat, dann bekomme ich Ärger. Ich habe Angst, dass er böse wird, wenn ich es verkehrt mache oder zeige, dass es mich ekelt und ich die anlüge, mit dem, dass es mir Spaß macht und gefällt.

Es war so ekelhaft, was die Frau von mir verlangt hat und ich habe es getan. Wenn ich daran denke, wird mir schlecht und ich schäme mich wahnsinnig dafür. Ich wusste, wenn Opa mich irgendwo hinbringt, muss ich das tun, was die Leute verlangen, damit sie zufrieden sind und hier war es eben das, was die Frau wollte und was sie mit mir tat (mich küssen und mich unten anfassen). Sie war doch eine Frau und sonst tun das immer nur die Männer mit mir und das kenne ich. Es ist auch ekelhaft und vor allem, wenn ich das Ding in den Mund nehmen muss und wenn sie damit hinten so doll anstoßen, dass ich fast erbrechen muss, aber nicht kann, weil ich den Mund voll habe und wenn ich den Dreck runterschlucken muss. Entweder habe ich das Ding noch im Mund und muss schlucken oder sie halten mir den Mund und die Nase zu und lachen, wenn ich dann schlucken muss und mir die Tränen kommen vor Ekel. Als ich in dem großen Haus, wo die vielen Leute waren und wo das mit den 2 Hunden passiert ist war, da war auch eine Frau, die so was von mir wollte, aber die hat mich nicht angefasst, sondern nur gesagt, was ich machen muss, und das war genau dasselbe, wie hier. Das tut man doch nicht. Es ist so eklig und ich schäme mich so sehr dafür und auch wegen dem Hund und ich durfte nicht sagen: „Nein, ich will das nicht!“, sondern habe so getan, als würde es mir gefallen und die zwei hatten gute Laune und dafür sollte ich sorgen.

Ich durfte auch nicht reden, nur antworten und Opa hat gesagt, dass ich nichts von mir erzählen darf, und dass er nebenan sitzt und alles hört, auch wenn ich nicht spure und die Beiden nicht zufrieden sind mit mir. Ich sage keinen Ton, dass es mir nicht gefällt, aber ich muss immer schlucken, damit ich nicht brechen muss, sonst gibt es genauso Ärger. Ich hatte immerzu Angst, mich übergeben zu müssen, weil es so eklig war. Ich kann das nicht aushalten, wenn ich daran denken muss, dann ist mir schlecht, ich bekomme Kopfschmerzen und mir wird übel und ich habe Angst, immer Angst, dass Opa nicht zufrieden ist, oder die Leute nicht zufrieden sind. Opa hat mir gesagt, ich würde mich wundern, was mir passiert, wenn er sich ärgern muss wegen mir. Er hat gesagt, er will nicht einmal einen Mucks hören, nicht einmal, denn dann würde ich es nicht überleben. Ich bin sowieso nichts wert und mich brauche keiner und mich sucht keiner.

Ich kann mich daran erinnern, dass in Leipzig bei uns im Schwimmbad mal ein kleines Mädchen tot gefunden worden ist. Keiner kannte sie. Es stand in den Zeitungen, ich weiß das noch. Opa hat gesagt, die vermisst auch keiner, genauso, wie dich. Ich hatte immer Angst, er wird mich erschießen, wenn ich mich falsch verhalte und dabei war es so dreckig – ich fühlte mich dreckig, habe mich geschämt und habe Angst, immer Angst, etwas nicht richtig zu machen, wenn die mal ungeduldig waren. Immer, wenn ich dann wieder bei Opa war, dann habe ich erst mal geguckt, ob er zufrieden ist, oder mir Ärger blüht. Aber er war meist zufrieden. Ich hatte viel zu viel Angst und war froh, wenn er zufrieden war und dann selbst nur noch „das Normale“ mit mir zu Hause gemacht hat - ja ich war froh, wenn es nur das war.

Ich denke, es ist schlimm, dass ich darüber froh war, wenn er das mit mir machte. Es ist schlimm für mich, wenn ich daran denke, dass ich dabei gelacht habe und den Leuten vorgemacht habe, dass ich Spaß habe.

Ich schäme mich deswegen, weil es so ist, als hätte ich Spaß gehabt, weil ich mich so verhalten habe. Ich denke mit dem allen, was da passiert ist und jetzt wieder neu dazu gekommen ist, möchte ich nicht vor mir stehen und wissen, dass ich das war und bin. Ich fühle mich so dreckig, schmierig und eklig und muss so tun als sei ich okay. Ich will auch so tun, als sei ich okay aber ich fühle mich nicht okay und habe Angst, man sieht mir was an.

Es stimmt, am Freitag habe ich noch ganz anders geredet, aber da habe ich mich nicht so schlimm gefühlt und nicht solche Schmerzen gehabt. Ich habe es satt, mit diesen Schmerzen zurechtkommen zu müssen. Die gehen eh nicht mehr richtig weg. Sie kommen, wann immer sie wollen – wie eine Strafe, wenn ich nicht spure. Ich habe sowieso das Gefühl, ich bestehe nur noch aus „früher“ und alles Andere mache ich mir vor. Ich bin verzweifelt, weil es kein Ende nimmt und ich Idiotin hatte am Freitag von „Schlussakkord“ gesprochen und gehofft, nun wird alles besser. Ich habe ein Leben lang gehofft, es wird besser und...

Mein Tagesbericht von heute (jeden Abend abzugeben):

Der Tag war eine Quälerei und jetzt ist es 23.45 Uhr und ich bin hundemüde, traue mich aber nicht zu schlafen.

Es ist alles zu viel. Ich habe zwar versucht, zu schreiben und auch auf Kassette sprechen, aber es geht mir nicht besser. Die Schmerzen sind immer noch da. Ich habe es ziemlich satt und weiß nicht, ob das so gut ist, mit dem allen klar kommen zu müssen. Als es mir die Zeit gut ging, da war das hier alles noch nicht da und ich bin das und war es damals. Ich möchte nichts mehr wissen, habe genug davon, zu wissen, was ich getan habe und das ich dabei noch so tun musste, als sei es prima.

Ich kann so nicht, es kommt immer wieder und ich werde doch nie Ruhe haben. Wie ich mich fühle, kann ich nicht beschreiben (jedenfalls nicht so, dass ich sagen kann, damit könnte ich zurechtkommen).

Ich komme mir wie der letzte Dreck vor und habe Angst, Angst vor früher und Angst vor jetzt. Ich will mich vor mir selbst verkriechen. Am liebsten würde ich das was ich war zerstören, kaputtmachen – mich zerstören, mich kaputtmachen. Wem soll ich denn noch unter die Augen treten, ohne zu lügen, wie ich bin?

Ich bin das Letzte, da können Sie mir erzählen, was Sie wollen. Ich schäme mich, ekle mich vor dem, was war und vor mir und möchte gar nicht wissen, ob die Anderen mich dafür anspucken würden.

Ich habe die Schmerzen satt und ich habe es satt, mir etwas vorzumachen.

Sie wissen wozu ich alles da war und ich kann es nicht aushalten, das zu wissen!

20.04.2004

Heute geht es mir einfach nur schlecht. Ich habe das Gefühl, es wird nie anders. Der letzte FB hat mich wieder im Griff. Ich dachte, es ist vorbei und ich habe es überstanden. Es ist nicht überstanden. Mir geht es schlecht, mir ist übel und ich habe Schmerzen, die kaum auszuhalten sind. Ich habe es satt und ich möchte nicht mehr. Wozu soll das alles gut sein und wie soll ich denn nach all dem, was ich jetzt von mir weiß und immer wieder spüre und durchlebe, noch leben wollen. Ich fühle mich so schlecht, so eklig und so verabscheuungswürdig. Ich bin es nicht wert, dass mich auch nur jemand anspricht. Ich bin doch das Letzte und müsste mich unter die Erde verkriechen und schämen. Will ich auch. Ich habe es satt und denke, es ist nicht in Ordnung, dass man immer wieder von mir erwartet, dass ich weiter kämpfe und durch diesen Dreck wate und weiß, dass ich das bin. Ich habe heute Herrn Dr. S. gefragt, ob der denn da nachts schlafen wolle, wenn er immer mit diesen FB rechnen müsste. Er sagte: „Nein!“

Ja, ich habe verdammte Angst vor dem Schlafen und davor ins Bett zu gehen und dabei bin ich müde und könnte sofort umfallen und schlafen. Ich kann nicht mehr und will nicht mehr. Wer kann von mir verlangen, dass ich leben soll? Wer kann von mir verlangen, dass ich damit leben muss? Ich habe diese Schmerzen, diese FB satt und habe es satt mich so zu quälen! Ich kann einfach nicht mehr bin nur noch müde und will nicht mehr dieses Leben führen müssen. Ich weiß, wie ich war, was ich war und ich schäme und ekle mich heute so sehr dafür. Ich möchte, dass mich alle nur noch in Ruhe lassen.

Herr Dr. S. saß heute Morgen (ich habe die letzte Nacht nicht eine Minute geschlafen – ich hatte Angst davor) in meinem Zimmer und redete mit mir. Ich lag im Bett und wollte nichts mehr hören, wollte nicht mehr leben. Ich dachte, soll er doch reden. Und ich sagte sogar, wenn ich es tun würde, dann nicht hier. Ich nahm mir vor, so zu tun, als ginge es mir gut um mich entlassen zu lassen, damit ich endlich Schluss mit mir machen kann. Ich kann und will nicht mehr. Es hört nie auf, nie! Da kann er mir erzählen, was er will. Ich merke es doch am besten, wie es mir geht und spüre, was auftaucht und mich quält und es geht schon so lange so und ständig bekomme ich gesagt, es wird besser. Es geht voran. Ich fühle mich nicht besser, ich fühle mich beschissen, so beschissen, dass ich nicht mehr leben will. So will ich nicht leben.

Es ist Vormittag, gleich ist Visite auf Station, ich muss mich fertig machen dafür. Ach Quatsch, es gibt nichts fertig zu machen. Ich bin so blöd, jedes Mal, wenn ich aus dem Zimmer gehe, schaue ich erst noch einmal in den Spiegel, damit man mir nicht ansieht, wie es mir geht und, dass ich ordentlich aussehe. Sollte mir doch eigentlich völlig egal sein. Ist es aber nicht. Es steckt so drin. Es ist die Selbstkontrolle von Kindheit her. „Man darf mir nichts anmerken, keiner darf sehen, was gerade passiert ist.“ Nur ist jetzt nichts passiert und wird jetzt nichts passieren. Aber ich kann einfach nicht anders, ich muss immer noch aufpassen, dass nach außen alles in Ordnung ist – innen kann keiner sehen, da sieht keiner, wie es mir geht.

Na ja, dann also auf zur Visite. Da sitzen alle Therapeuten und Ärzte in einem Raum und man wird reingerufen. Diese Situation ist für die meisten schlimm und sie sind vorher aufgeregt und unruhig. Manchmal amüsiere ich mich darüber, wie aufgeregt die sind, wo doch da drin gar nichts passiert. Ich bin da ausgeschaltet, kein bisschen unruhig, aber ich bin dann auch meist wie ein kleines Mädchen, fühle mich so und verhalte mich so. Ich weiß das und merke das und versuche dann, wie üblich die Erwachsenen-Rolle so gut, wie möglich zu spielen. Also, auf zur Visite. Heute ist der Chefarzt sowieso nicht da und der Oberarzt ist mein Therapeut, umso besser, da bin ich schnell wieder draußen. Sonst bin ich auch immer sehr schnell wieder draußen, weil ich da kaum etwas sage, nur wenn es mal um eine Medikamentenfrage geht. Was soll ich sonst in so einem Rahmen sagen. Ich will nicht, dass noch mehr etwas von mir erfahren. Will nicht vor noch mehr Leuten über meine Probleme reden müssen, es reicht, wenn ich im Einzel rede und da schäme ich mich schon genug. Klar, es ist eine Illusion, wenn ich denke, dass die nichts von mir wissen, es wird ja vor dem Hereinrufen jedes Patienten über dessen Fall und Entwicklung während der Therapie gesprochen. Aber ich will da nicht dran denken. Ich weiß nur, dass mich die Ärztin und die anderen Therapeuten immer besonders lieb grüßen. Manchmal frage ich mich: „Wieso? Wer von denen kennt mich denn richtig, die kennen mich doch nur vom Sehen auf dem Flur.“ Aber klar, sie wissen mehr über mich, als mir lieb ist und deshalb sind sie so freundlich zu mir. Ist mir das recht? Ich weiß es nicht. Die letzten 4 Jahre war ich so oft und so lange hier, dass ich fast zum Inventar gehöre, das ist mir nicht recht. Also, die Visite war kurz, ich bin rein, bin begrüßt worden und bin wieder raus. Das war’s.

Jetzt ist gleich Mittag. Hunger habe ich nicht, aber in letzter Zeit esse ich wieder viel mehr wie sonst. Ich hatte gut abgenommen und nun sind schon wieder 6 kg drauf. Ich habe kein Gefühl, ob ich satt bin und bekomme auch manchmal richtig Heißhunger auf Süßigkeiten. Ich hasse das.

Nun noch um 13.30 zur Massage und Wärme, danach dann um 16.oo Uhr zum Einzel. Ich weiß nicht, was ich heute im Einzel soll, ich will nicht mehr und mir geht es so schlecht. Ich habe Schmerzen und mir ist kotzübel und dann ständig dieser Kloß in Hals. Aber wozu soll ich das sagen, es ist doch immer so und ich könnte es schon singen, aber ich denke, ich brauche das gar nicht mehr zu sagen – ich habe es gestern und die letzen 4 Jahre gesagt und habe es satt es immer zu sagen. Es wird nicht anders dadurch. Nichts hilft. Nur für kurze Zeit Tavor, oder, wenn ich es nicht mehr aushalten kann – schneiden.

Bis jetzt habe ich es geschafft, mich nicht zu schneiden. Bin ich stolz darauf? Nein. Ich habe die Rasierklinge und das Handtuch unter meinem Kopfkissen liegen und weiß, wenn ich nicht mehr kann, werde ich es doch wieder tun. Darauf bin ich auch nicht stolz. Aber wer und mit welchem Recht kann verlangen, dass ich diese Schmerzen aushalten soll und muss?

So, nun ins Einzel. Als erstes ging es darum, weil ich am Mittagstisch einen Pfleger angesprochen habe, weil eine Mitpatientin sehr stark nach Schweiß riecht und ich bat ihn darum, die Patientin doch zum Duschen zu veranlassen. Der Pfleger kam kurze Zeit später zu mir und sagte mir, ich solle selbst mit ihr reden. Ich habe aber beobachtet, wie aggressiv die Frau sein kann und ich fühle mich zur Zeit nicht in der Verfassung, mich mit ihr auseinander zu setzen. Ich ging deshalb zu meiner Bezugspflegerin Maria und bat um Unterstützung. Maria sagte mir zu, dies zu klären. Es geht darum, dass ich dann sehr schnell einen FB bekomme und einfach Angst davor habe, im Speisesaal vor allen Patienten in eine solche Situation zu geraten. Es ist mir immer lieber, ich kann mich schnell genug zurückziehen und keiner bekommt etwas mit und stiert mich dann tagelang an. Ich dachte, klasse, nun ist das schon wieder bis hier unten bei Herrn Dr. S. gelandet. Am besten hätte ich nichts gesagt. Es war mir peinlich, solche Umstände zu machen. Obwohl ich am Anfang dachte, ich muss für mich sorgen und dafür sorgen, dass ich keinen FB deswegen bekomme, weil es gerade mal ekelhaft nach Schweiß riecht.

Ich habe auch immer das Gefühl, ich selbst stinke, stinke so wie ich früher gestunken habe. Aus diesem Grunde wasche ich mich oft, sehr oft und achte sehr darauf, ob jemand merkt, ob ich stinke. Es ist mir noch nie aufgefallen, dass jemand darauf reagiert hat und mir aus dem Weg gegangen ist. Ich stinke nur in meinen Gedanken, habe also nur das Gefühl. Schäme mich und Ekel mich und fühle mich so, als würde ich stinken.

Seit dem letzten FB denke ich wieder, ich bin selbst schuld, habe ja alles so gemacht, dass es denen gefallen hat, dass sie mich loben und mit mir zufrieden sind. Ich weiß, draußen saß mein Opa und passte auf, dass ich spurte und ich hatte Angst. Doch in meinem Kopf ist es so, dass ich eine Rolle, wie eine Schauspielerin gespielt habe, zur Unterhaltung der Leute gut war und es gut gemacht habe. Es war nur eine Scheiß-Rolle, die ich spielen musste und gespielt habe. Jetzt fühle ich mich selber Schuld an allem und schäme und ekle mich vor mir, denn ich war es, die das alles gemacht hat und dann gelobt wurde. Was dahinter stand, die Angst, verprügelt oder die Androhung, umgebracht zu werden, helfen mir dabei nicht viel. Ich sehe mich, wie ich da agiere, wie ich mich verhalte und wie ich dann froh bin, wenn Opa zufrieden ist und nicht böse wird. Ja, ich bin auch froh, wenn er dann selbst noch mit mir tut, was er tun möchte und, wenn das nur das „Normale“ ist und er mich nicht quält. Ich denke, wie kann man überhaupt über so etwas froh sein – ist das nicht irre, ist das nicht krank?

Ich muss mich doch schämen dafür, das tue ich auch und ich ekle mich vor mir. Es ist so, dass ich weg sein will. Nicht mehr damit leben will, weil ich das war, weil ich das alles getan habe. Ich glaube, so wie ich meinen Opa geliebt habe, so habe ich ihn auch gefürchtet. Er war doch der einzige Mensch, der mal freundlich zu mir war, nicht gemeckert hat. Mich nicht nur „Dicke“ oder „Fette“ genannt hat. Der Einzige, der mich mal in den Arm genommen hat und getröstet hat. Auch wenn er derjenige war, der mir zuvor wehgetan hat. Wie kann man diesen Opa noch lieb haben, der einen in andere Häuser bringt, „zum Benutzen nach Bedarf“?

Ich habe ihn noch lieb gehabt. Ich weiß, das ist nicht zu verstehen. Aber er war auch derjenige, der mich immer wieder in Sicherheit gebracht hat (ich meine danach nach Hause gebracht hat, wenn alles vorbei war).

Wer das jetzt liest, der denkt sicher: „Die hat doch einen Knall, die ist nicht ganz dicht – so einen noch lieb haben, hassen musste sie ihn doch.“ Ja, musste ich.

Ich weiß nicht, was Hass war, ich konnte nicht hassen. Ich hatte nur Angst und war dankbar, wenn es vorbei war und nicht zu schlimm war. Aber hassen oder auf ihn oder jemand böse sein – nein, das kannte ich nicht.

Da ist nur Traurigkeit und Enttäuschung, weil ich nicht so bin, wie die anderen Mädchen. Aber merken tut das keiner, da passe ich schon auf. Ja, wenn ich da nicht so gut aufgepasst hätte, dass es keiner merkt, dann wäre es mir wahrscheinlich besser gegangen. Es ist schon ein Trauerspiel, dass hauptsächlich die Scham und dann aber auch die Angst verhindern, dass es aufhört und man endlich etwas sagt.

Es ist eine ganze Weile her, da war ich mal wütend wegen all dem und es war ein gutes Gefühl. Doch die Angst, die immer noch gegenwärtig ist, die mich fast ersticken lässt, die mich Hände am Hals spüren lässt, die mich würgen, haben die Wut nicht mehr zugelassen. Und ich muss sagen, ich vermisse sie, vermisse sie sehr. Sie hat mich stark gemacht, mich sicher gemacht und mir war da auch klar, ich konnte nichts dagegen tun, rein gar nichts. Ich hatte keine Schuld, dass mir das alles passiert ist. Auch die Schmerzen waren weg, als ich die Wut hatte, sie spüren konnte. Nun ist das alles wieder unterdrückt, durch diese anderen Gefühle, die stärker sind und die ich besser kenne, mein Leben lang kenne. Ich schäme mich wieder, fühle mich wieder schuldig.

Ich sage im Einzel wieder, wie es mir geht und das ich denke, es hört sowieso nie auf und das ich einfach nicht mehr die Kraft habe, es noch weiter durchzustehen. Herr Dr. S. fragt mich, ob ich meine, dass es noch unendlich viele FB gäbe. Ich sagte dazu nur, es waren 10 Jahre mit meinem Opa und was weiß ich schon von den 10 Jahren, es wird ein Minimum sein und ich will nichts mehr wissen, will keine neuen FB mehr erleben. Habe es satt und habe Angst. Mir geht es doch schlecht genug. Lieber will ich nicht mehr leben und in meinem Kopf habe ich das Ziel Schluss zu machen schon vor Augen. Ich muss nur noch hier raus. So denke ich. Ich sitze vor Herrn Dr. S. und hoffe, dass das Einzel bald vorbei ist. Ich will nicht hören, wie weit ich schon gekommen bin, was ich schon geleistet habe, was ich Schweres durchgemacht habe. Ich will das alles nicht mehr hören. Was weiß ich denn ob der Vorrat an FB unerschöpflich ist, ich weiß es nicht, will es nicht wissen. Ich will meine Ruhe, will mich nicht mehr schämen müssen vor mir.

Ich sagte noch: Wo ich dann zu meinem leiblichen Vater gekommen bin und es weiter passierte, das war nichts Besonderes, das war nur das „Normale“ und einer mehr. Es war so scheißegal. Ich konnte es nicht verhindern, dabei war ich 13 und dann 19 und dann 23 Jahre alt und es passierte.

Heute sagte ich, dass ich nicht mehr will und zum Schluss des Einzels kam dann die Frage, ob ich morgen früh noch da bin und ob er sich darauf verlassen kann, dass ich mir nichts antue. Ich antwortete, wenn dann tue ich es nicht hier, nicht, solange ich hier bin. Das würde ich der Klinik nicht antun. Herr Dr. S. meinte, er hätte große Achtung vor mir. Ich war wütend und sagte darauf: „Quatsch, Sie haben mich nicht gesehen, wie ich ausgesehen habe. Haben Sie auch Achtung davor, wie gut ich war?“

Er sagte mir, dass ich dies ja tun musste, gezwungen war dazu, dies unter Foltermethoden alles beigebracht bekommen habe und unter panischer Angst immer meine Aufgaben erledigte. Es sei vorbei und jetzt kommt das neue Leben, ich stehe kurz davor und er wolle das mit mir erleben und würde sich freuen, dies mit mir zu erreichen. Ich sagte wieder: Ich kann so tun, als wenn es mir gut geht, aber es wird kein neues Leben. Was wird denn besser? Es geht mir nicht gut. Es geht mir beschissen.

Er sagte, ich verspreche ihnen, es wird sich verändern. Zum Schluss kam dann: „Bis morgen? Ohne umbringen?“ In meinem Zimmer an meiner Merktafel hängt der Vertrag, dass ich mir nichts antue, solange ich die Therapie mache und daran werde ich mich halten – es ist ein Vertrag und ich habe es versprochen, war meine Antwort. Gedacht habe ich, „Ich muss nur hier raus, dann bin ich nicht mehr daran gebunden.“ Dann bin ich hoch in mein Zimmer und habe nur noch geheult und war verzweifelt, müde und kaputt. Abends kam dann Helga zu mir ins Zimmer, ich habe ihr die ersten 30 Seiten meines Buches zum Lesen gegeben, um zu wissen, wie sie es liest und findet. Sie brachte mir später einen Zettel mit, darauf stand:

Danke Tina!

Für Dein Vertrauen.

Für Deine Geschichte, die mich wieder an mich glauben lässt.

Für Deine Geschichte die mich in meiner Geschichte weiter kommen lässt.

Für den Mut, den du mir gibst durch Deine Geschichte.

Danke! Helga

(Helga ist Sept. 2008 verstorben, sie war so stark, doch ihre Krankheit hat gewonnen, ich werde sie nie vergessen)

Ich lag bereits im Schlafzeug im Bett und war total erschlagen vom Tag und es freute mich, dass Helga mir diesen Zettel nach so einem schrecklichen Tag brachte. Gestern noch war ich im Zweifel wegen dem Buch, als ich den FB immer im Kopf hatte und an kein Ende, keine Besserung glaubte. Ich sah mich und sehe mich als schuldig und kann mich schlecht mit dem geschriebenen identifizieren und nun dieser Zettel, dieses kurze „danke“ dafür. Wir blieben noch eine Weile schweigend beieinander. Helga saß am Boden neben meinem Bett und ich lag im Bett. Als sie ging, war ich einfach eingeschlafen. Einfach so. Ohne Angst vor der Nacht, ohne Angst vor einem FB. Ich schlief bis 10 Uhr nächsten Morgen, endlich einmal.

21.04.2004

Als ich aufstand war diese Stimmung, nicht mehr leben zu wollen weg. Ich hatte aber noch diese unheimlichen Schmerzen, aber diese Aussichtslosigkeit, diese Hoffnungslosigkeit – sie waren weg. Es war ein neuer Tag und ich dachte, wie konnte ich gestern wieder einmal daran denken mit mir Schluss zu machen und heute ist kein Gedanke mehr daran. Hätte ich es gestern getan, ich hätte nicht die Chance gehabt, heute zu sehen, dass ich eine ganz andere Stimmung habe und das schon am nächsten morgen. Ich will leben.

Ich finde es immer wieder schlimm, hinterher darauf zu blicken, dass es hätte passieren können, wenn ich nicht hier gewesen wäre. Aber ich war hier und bin froh, dass ich dieses mal wieder hier war und nicht zu Hause. Herr Dr. S. sagte gestern noch, dass dies nur eine vorübergehende Stimmung sei und es mir nicht lange so ginge. Ich habe das gehört und gedacht, er kann mir viel erzählen. Ich habe es nicht geglaubt, habe nicht daran geglaubt, dass es jemals wieder anders wird.

Der heutige Tag war nicht mit Todessehnsucht und Gedanken, mich umzubringen verbunden. Und doch hatte ich sehr starke Schmerzen. Trotzdem habe ich versucht am Morgen solange, wie ich kann zu schlafen, weil es einfach wichtig war, um wieder etwas Kraft zu bekommen. Ich lag noch im Bett, da bekam ich schon Besuch von Ute, einer lieben Freundin (ehemalige Mitpatientin von vor 2 Jahren), sie blieb bis zum Mittagessen und ich wusch und zog mich an und wir redeten über dies und das und über meinen Umzug in die neue Wohnung und meine Angst, wie ich das trotz meinem Krankenhausaufenthalt schaffen soll. Es sind viele, die mir helfen wollen und ich brauchte mir keine Sorgen zu machen, sagte sie. Ich habe gestern an keinen Umzug gedacht. Ich wollte gestern gar nichts mehr. Heute rede ich wieder darüber in den nächsten Wochen umzuziehen.

Nach dem Essen sind wir noch einen Kaffee trinken gegangen, dann musste Ute weg, sie hat 15.00 Uhr Einzel und um 16.00 Uhr wieder einen Dialysetermin. Dreimal die Woche muss sie an die Maschine.

Das Einzel war heute anders. Ich erzählte, dass ich gut geschlafen habe und dass die Stimmung von gestern verändert sei und ich mich nicht geschnitten habe. Herr Dr. S. sagte, er freue sich sehr darüber, dass es mir heute besser gehe und dass diese Veränderung wieder so unwahrscheinlich schnell vor sich gegangen ist. Ich sagte, heute ist alles weit weg, ich habe nichts davon in meinem Kopf.

Was mir nicht gefällt, sind diese starken Kopfschmerzen und die Schmerzen, die ich kaum aushalten kann und mit der gestrigen Stimmung nicht aushalten könnte. Ich verstehe sie nicht und weiß nicht, warum sie da sind, aber ich hasse diese Schmerzen. Nach dem Einzel bin ich noch auf eine Tasse Kaffe und ein Stück Bienenstich in die Cafeteria gegangen. Habe mich allein an den Tisch gesetzt und mich ein bisschen umgesehen. Ich tue das gerne, das Leben beobachten um mich herum und meine Ruhe haben. Manchmal bin ich auch neidisch und denke, ich möchte mich auch so fühlen, so lachen können, so plaudern können, so frei sein. Später habe ich dann draußen in der Sonne auf der Bank noch etwas in einem Krimi gelesen, konnte mich aber nicht darauf einlassen und habe dies dann aufgegeben.

17.20 Uhr bekam ich so starke Schmerzen, dass ich fast heulen musste. Ich bin hoch auf Station und habe mir 2 mg Tavor Expedet geben lassen. Zum Abendessen ging es mir plötzlich so schlecht, ich wusste nicht, wie mir geschah, ich saß auf einmal am Tisch und weinte – warum, wusste ich mal wieder nicht. Es hat mich einfach überfallen. Die Schwester brachte mich in mein Zimmer und blieb noch eine Weile. Ich versuchte, sie zu beruhigen und sagte, es ginge mir gleich besser und es sei nichts, es sei eben einfach so. Es ist immer wieder schwierig, wenn es mir schlecht geht und dann ist jemand da, der sich um mich kümmert. Ich kann damit schlecht umgehen – kümmere mich lieber allein und ziehe mich zeitig genug zurück. Heute habe ich den Zeitpunkt nicht gemerkt, es hat mich überrollt.

Später wirkte dann die Tavor und ich setzte mich hin und schrieb und konzentrierte mich darauf, das hilft davon weg zu kommen. Allerdings weiß ich nicht wovon, denn es war nichts in meinem Kopf, ich habe mich nur schrecklich schlecht und traurig gefühlt und die Schmerzen waren auch höllisch.

Jetzt ist es schon wieder 23.30 Uhr und ich muss sehen, dass ich ins Bett komme, morgen muss ich früh fit sein, da habe ich bereits 9.00 Uhr Körpertherapie.