Heute ist nun schon der 18.5.2005

Ich habe immer noch die Stufe, also am Tag stündliche Kontrolle und nachts alle 2 Stunden. Ist mir aber alles so egal. Es ist mir egal, ob ich nicht raus darf, ich habe kein Verlangen danach.

Letzte Woche sind fast alle Patienten, die ich kannte heimgegangen, die Betten waren innerhalb von 2 Tagen wieder alle belegt, nur ich bin seit Dezember hier und es sind jetzt 5 Monate – gestern auf den Tag 5 Monate. Heute ist gemeinsames Grillen im Park, alle sind draußen. Mich vermisst keiner, da mich kaum jemand kennt, bin ja meist nur in meinem Zimmer, was soll ich auch mit den anderen reden? Worüber? Über deren Beziehungs-, Arbeitsprobleme, das kann ich nicht. Ich habe in letzter Zeit einfach Angst loszuschreien, was meint ihr denn, was ich aushalten muss – ich würde gerne tauschen. Ich weiß, dass ist sehr ungerecht und es wird nicht passieren, doch manchmal bin ich so nah daran wenigstens ein bisschen von mir zu sagen, damit ich nicht so allein bin und mich nicht so isoliert fühle. Ich sehe es doch jetzt wieder, alle sind unten und plaudern, sind zusammen und ich...

Runtergehen kann ich nicht allein, nur mit Schwester und dann habe ich auch so schreckliche Kopfschmerzen, die ich kaum ertragen kann. Ich würde schon auch gerne ein gegrilltes Steak und ein Würstchen mit Salat essen, aber daraus wird wohl nichts werden. Hunger habe ich, habe heute nach dem Einzel mein Mittagessen nicht essen können, ich war so fertig und wollte nur zur Ruhe kommen und das habe ich geschafft mit Tavor und mit Schneiden. Erst war mein linker Arm dran, dann mein rechter Arm. Die Kopfschmerzen sind aber immer noch da und auch so geht es mir nicht gut. Ich wünschte mir jemand, der mich mal festhält, einfach nur festhält, wenn ich fast kaputtgehe daran. Aber da ist niemand. Da ist keine Mutti, keine Freundin. Eine richtige Freundin hatte ich nur einmal, (ich meine, so eine, der ich viel von mir erzählt und anvertraut habe), und ich dachte, es wird für immer so bleiben.

Ich habe sie hier in der Klinik kennen gelernt. Es hat nur 2 Jahre gedauert, dann war es vorbei mit der Freundschaft. Das hat mir sehr wehgetan und ich habe meine Freundin und Vertraute auch sehr vermisst, aber jetzt werde ich es nicht mehr soweit kommen lassen, mich jemandem so anzuvertrauen und jemand so zu vertrauen, da kann ich auch nicht mehr enttäuscht und verletzt werden. Es wäre schon schön, wenn da jemand wäre, wenn es mir so schrecklich schlimm geht, der mich in die Arme nimmt und tröstet und beruhigt und wo ich mich sicher fühle und auch ruhig werde. Wünschen tu ich mir das sehr oft, doch wenn mich dann wirklich mal jemand in den Arm nimmt, wenn es mir so richtig schlimm geht und ich nur noch heulen kann, dann ist es so, dass ich mich sofort versuche zusammenzureißen und nur noch sage, es geht mir gleich wieder besser. Einfach, um niemand mit mir zu belasten und dann auch wegen meinem schlechten Gewissen. Ja, ich lebe noch und habe bei all den Grausamkeiten zugesehen (nicht freiwillig), aber ich stand da und sah alles und habe nichts getan (aus Angst konnte ich mich nicht bewegen und ich hatte Angst, mich zu rühren, weil ich nicht wusste, was mir dann passiert), also stand ich da und musste zusehen, was da vor mir Schreckliches passiert. Wenn ich davon spreche oder daran denke, spüre ich diese Angst, kann mich nicht rühren oder kaum bewegen, dabei lebe ich noch. Ob ich noch leben will, hat mich keiner gefragt. Wenn es mir so schlecht geht und es so ist wie jetzt, dass ich einfach nur noch das Gefühl, besser gesagt, die Angst habe, es geht noch so weiter. Dann möchte ich lieber heute als morgen nicht mehr sein. Warum lieber heute als morgen? Ganz einfach, weil ich vor jeder neuen Nacht Angst habe, was wieder auf mich zukommt und ob es noch mehr so Grausames gibt, was auf mich zukommt. Ich will es nicht mehr wissen, halte es nicht mehr aus, habe das Gefühl ich drehe durch und dann, wenn ich Tavor habe, mich geschnitten habe und wieder einigermaßen ruhig bin, dann versuche ich mich auszuschalten. Manchmal gelingt es und dann bin ich wenigstens äußerlich total ruhig. Wenn ich das schaffe, dann ist alles so leer, zwar auch alles wie tot, gefühllos, aber es schmerzt nicht mehr so sehr und zerreißt mich nicht innerlich.

Heute in den Nachrichten habe ich gesehen, wie Polizisten ein Waldstück absuchten. Es ist wieder ein 5-jähriges Mädchen verschwunden. Diese Mädchen damals waren auch in dem Alter. Ich war ungefähr 8 Jahre alt, erst als ich 13 Jahre wurde, hat mich meine Mutter weggegeben, das hat mir wohl das Leben gerettet, denn davon hat mein Opa sicher nichts gewusst.

Es sind noch 5 Jahre, von denen ich nicht weiß, was passiert ist. Ich möchte es auch nicht wissen, ich kann das, was ich weiß kaum ertragen. Ich denke, dass ich damit nicht leben kann. Jeden Tag denke ich daran, wie ich es schaffen soll, dass auszuhalten und damit weiter zu leben und nach außen hin ein normales Leben zu führen. Soll das möglich sein? Ich kann es mir einfach nicht vorstellen.

Ich war und bin allein, damals und jetzt. Bis auf die Hilfe durch Herrn Dr. S., dem ich fast alles ehrlich anvertraut habe, bin ich allein. Ich kann nicht einfach losreden, wenn es mich überrollt, wenn ich reden möchte, wenn ich es nicht mehr allein aushalte.

Das ist ein Unterschied! Ich war damals allein und konnte nichts tun und, wenn ich hier raus gehe, bin ich wieder allein und muss schweigen. Es gibt nur einen Raum, in dem ich etwas davon erzählen kann, nur einen Raum und eine Person. Herrn Dr. S. und sein Sprechzimmer.

Aber, wenn ich entlassen werde und ich will hier raus, dann frage ich mich: „Wie soll ich klarkommen? Mit wem kann ich reden?“ Wenn ich auch reden darf – kann ich dann reden? Schaffe ich es? Wie ist es danach, wenn es mir schlecht geht und ich nach einer Stunde Gesprächstherapie auf der Straße stehe? Therapiezeit vorbei – ich muss gehen, die nächste Patientin steht vor der Tür und ich stehe in Breisig und es geht mir so schlimm, dass ich nicht mehr leben will?

Ich würde nichts sagen, wie ich mich gerade fühle (nicht die Wahrheit, denn habe ich ein Recht, mich so zu fühlen, wo es doch mein Opa war?). Ich würde gehen. Ich sage dort sowieso nur die Hälfte von der Hälfte und stoße dann auf sachliche und vernünftige Erklärungen, die ich alle kenne und die mich mundtot machen und mich nicht mehr sagen lassen, wie schlimm es ist und dass ich nicht mehr kann, nicht mehr will. Bei Herrn D. ist es mir schon oft so gegangen, ich habe erzählt und als dann die Resonanz kam, ich konnte nur noch schweigen und denken: „Ja, das weiß ich doch alles, aber ...“

Wie soll es weitergehen?

Diese Frage stelle ich mir in der letzten Zeit ständig. Warum? Weil ich mir einfach nicht vorstellen kann, nach Hause zu gehen und mein normales Leben wieder aufnehmen zu können. Ich kann mir nicht vorstellen, jeden Tag aufzustehen und so zu tun, als sei nichts passiert, aber genau das muss ich ja eigentlich tun. Denn verändern kann ich nichts mehr, ungeschehen machen kann ich auch nichts mehr. Die Angst, jederzeit mit meinen Erinnerungen konfrontiert zu werden ist groß. Ich weiß einfach nicht, wie ich das schaffen kann, ohne ständig daran zu denken, mich umzubringen, es sogar zu versuchen, wenn ich es nicht mehr aushalten kann.

Am Wochenende war ich zu Hause. In meiner Wohnung, bei meinem Mann und meinen Tieren. Wir haben 3 Katzen, einen Dackel und einen Papagei. Es ist gut, dass die Tiere da sind, sie haben mich schon oft davor bewahrt, einfach Schluss zu machen. Sie helfen mir auch immer wieder in Bewegung zu kommen, weil sie versorgt werden müssen. An mich selbst denke ich nicht, aber das die Tiere Futter haben müssen und es sauber haben müssen, das ist eine Pflicht für mich, die ich einhalte, egal wie es mir geht – das schaffe ich immer noch und wenn es das Einzige ist, was ich am Tag schaffe.

Unser Papagei redet sehr viel und er schafft es oft, dass ich lachen kann. Es ist dann fast so, als wäre ich in einer falschen Welt. Es gibt ein Hier und ein damals. Meist bin ich im Damals und wenn nicht, dann bin ich oft einfach gar nicht da, tue, was zu tun ist. Existiere eben, weil ich existiere. In den letzten Monaten habe ich sehr oft gedacht, wieso Ich? Wieso bin ich noch übrig? Warum lebe ich noch? Es wäre besser, ich wäre genauso tot, wie die Mädchen! Ich schäme mich, dass ich noch da bin. Und ich frage mich auch, wie ich es schaffen soll, einfach weiter zu leben, einfach hier zu sein. Es sagt sich so einfach: „Das ist Vergangenheit, das ist vorbei.“ Es ist nicht vorbei. Es wird nie vorbei sein, das weiß ich. Wenn ich sehe, wie schön draußen alles ist. Mai, alles schön grün.

Die Leute leben alle – ich bin auch am Leben, aber ich lebe nicht. Ich bin nur da und das um mich herum ist nicht richtig. Ich habe in den letzten Wochen so oft gedacht, ich will reden, alles jedem erzählen. Aber kann man das jemandem erzählen? Nein, man kann nicht und ich kann nicht. Ich denke sogar in der Therapie, nein, das kann ich nicht sagen, das kann ich niemand antun, auch nicht meinem Therapeuten. Ich fühle mich sicher bei ihm, habe Vertrauen, aber darum geht es nicht, es geht darum, dass man einfach niemand damit belasten kann. Wie oft wollte ich einfach alles erzählen. Es sagen, damit noch jemand weiß, was passiert ist damals und dann schweige ich doch und denke: „Nein, das ist zu grausam. Und, was ändert es, wenn ich das erzähle? Macht es etwas ungeschehen? Kann ich irgendetwas tun, um jemand zu bestrafen? Nein. Ich war 8 Jahre und jetzt bin ich 53. Das ist sinnlos.“

Ich möchte hinfahren, Spuren suchen, das Haus finden, die Männer finden. Ich weiß nicht, wo das Haus ist, ich weiß nicht, wie die Männer hießen und jetzt sind die vielleicht nicht mehr am Leben. Ich hoffe es – wenigstens das. Reden, Schreien, es würde keinem mehr helfen können, keiner könnte mehr etwas dagegen tun. . Also stelle ich mir eben oft die Frage, wozu bin ich noch da, wozu musste ich übrig bleiben – warum muss ich damit leben.

Am 7.6. werde ich entlassen. Ich möchte einfach weg hier, raus aus diesem Zimmer. Aber eigentlich will ich weg davon, weil ich nicht mehr kann, keine Kraft mehr habe weiter zu machen. Eine Therapiepause bis 15.8.. Es wird keine Pause, ich werde nur nicht hier sein. Alles wird bei mir sein, bei mir bleiben und ich muss es aushalten. Werde ich es schaffen, solange durchzuhalten ohne mich umzubringen? Ich habe Angst davor, denn ich kann nicht mehr, möchte nicht mehr daran denken, nicht mehr die Bilder sehen, die Schreie hören. Nur, danach, was ich möchte, fragt mich mein Kopf nicht. Als ich am Anfang meiner Therapie stand, war mein einziger Wunsch: „Ich möchte doch nur normal sein.“ Ich habe nicht gewusst, was auf mich zukommt. Damals wusste ich fast nichts mehr und trotzdem schon genug, um mich zu schämen und um mich anders zu fühlen, eben nicht normal.

Jetzt denke ich nicht mehr: „Ich möchte doch nur normal sein.“

Jetzt ist die Frage: „Kann man damit leben? Kann ich damit leben? Wie soll ich das schaffen? Will ich damit leben? Will ich noch leben? Weiß denn jemand, wie das ist?“

Ich fühle mich als Außenseiter. Fühle mich isoliert, nicht, weil ich isoliert bin, allein bin. Nein, weil ich damit allein bin. Weil ich einfach nicht zu denen, die lustig sind, die frei sind, die reden können, dazu gehöre. Weil ich allein bin. Ich bin nicht allein, sicher ich habe meinen Mann, ich habe die Klinik, alle hier helfen mir wirklich und doch bin ich allein, weil ich nicht reden kann. Das Leben ringsherum und das, was ich weiß, das passt nicht zusammen. Ich komme mir vor, wie im falschen Film und könnte einfach nur schreien, wenn andere lachen, lustig sind, normal sind.

Sagen, was passiert ist, damit sie begreifen, wie das Leben ist. Wie das Leben wirklich ist. Aber ich bin still und mache weiter, krieche weiter, schleppe mich weiter.

Heute ist der 27.05.2005

Die letzten Tage habe ich fast nur geschlafen, bin immer und immer wieder eingeschlafen und war dankbar dafür. Wenn ich mal munter war, ging es mir so schlecht, dass ich daran dachte, endlich Schluss zu machen, die Rasierklinge einfach mal richtig ansetzen und es zu Ende bringen. Sie liegt griffbereit unter meinem Kopfkissen. Es sind nicht viele, die ich fragen kann, ob man damit, wenn man so etwas erlebt hat, weiterleben kann. Ob es geht wieder glücklich zu sein, frei zu sein und nicht in der Gefangenschaft dieser Erinnerungen und schrecklichen Bilder, Schmerzen und der Ohnmacht über die eigene Machtlosigkeit, noch irgend etwas tun zu können, verzweifelt. Der Schmerz, die Trauer, das Erlebte, ich kann mir nicht vorstellen, es beiseite zu schieben und zu sagen, das ist Vergangenheit, ich lebe jetzt. Diese ganze furchtbare Grausamkeit ist da, die Angst, die schreienden Mädchen, die Verzweiflung, so hilflos zu sein, nichts tun zu können und selbst Angst zu haben, was passiert mit mir?

Ich weiß nicht, ob ich es schaffe – ich wünsche es mir, weil ich es so eben einfach nicht mehr aushalten kann und immer und immer wieder dieselben Fragen stelle:

„Kann man damit leben?“

„Kann ich damit leben?“

Mir ist klar, dass keiner will, dass ich mir etwas antue. Ich selbst möchte es denen, die mir so sehr geholfen haben ja auch nicht antun.

Aber ich habe so oft einfach nur das Gefühl, es bringt mich um, zerreißt mich, erstickt mich. Und? Was kann ich tun? Im Einzelgespräch reden, versuchen zu beschreiben, wie schlimm es ist, wie unerträglich.

Heute habe ich gesagt, ich möchte Einen, wenigstens Einen von denen, am besten meinen eigenen Opa, vor mir stehen haben und ihm in die Augen sehen und er soll wissen, wer vor ihm steht. Ich möchte sehen, ob er mir ins Gesicht sehen kann oder nicht, nach all dem was sie mir und nicht nur mir angetan haben. Wer weiß schon, wie es ist, wenn solange Zeit vorbei ist und alles, was ich jetzt weiß, was mich fast umbringt, nicht dazu helfen kann, wenigstens einen zu bestrafen. Wozu darüber reden? Ich kann nichts mehr tun und es ist schlimm zu wissen, dass ich nichts mehr tun kann, weil ich es solange (nicht bewusst) für mich behalten habe, geschwiegen habe. Wozu ist es gut, es jetzt noch zu wissen? Wozu?

Ich habe wirklich nicht die Hoffnung, je wieder so zu sein, wie ohne dieses Wissen. Und ich frage mich, wozu bin ich noch da, wenn ich doch nichts tun kann. Wenn es mich jetzt, wo es fast 45 Jahre Vergangenheit ist, so quält, erstickt, erdrückt. Wie soll ich das aushalten?

Die, die mir jetzt helfen und mein Mann, die haben mir nichts getan, die haben es nicht verdient, wenn ich weglaufe, nicht mehr leben will. Aber ich weiß nicht, wie ich leben kann, wie es weiter gehen kann. Ich möchte niemand weh tun, möchte auch leben, aber wie?

Wenn ich mich nicht zusammenreiße, dann heule ich nur und, wenn ich nicht heule, dann werden die Schmerzen so stark, dass ich sie nicht mehr ertragen kann.

Heute habe ich mir gewünscht, es wäre möglich jemand dafür zu bestrafen. Ja, ein Wunsch, bei dem mir schon, als ich ihn ausgesprochen habe klar war: Blödsinn, Phantasie, Hirngespinste. Nicht Einer ist da, nicht Einer.

Mit dem, was mir passiert ist, war es schon schwer zurechtzukommen und jetzt leben zu wollen. Aber es ging und ich wollte doch nur normal und in Ruhe mit meinem Mann leben. Doch jetzt – ich halte es nicht aus, es lähmt mich und macht mich schwer, so als hätte ich überall Bleigewichte an mir, die ich rumschleppe, dabei habe ich keine Kraft mehr, muss mich für alles zwingen und quälen.

Soll das die Zukunft sein? Seit dem 17.12.2004 bin ich jetzt hier und es geht mir nicht besser, sondern schlechter, wenn ich auch manchmal versuche, mir etwas vorzumachen, weil ich einfach will, dass es endlich besser wird.

Das Bild von dem kleinen Mädchen mit den dunklen Haaren und den großen dunklen Augen habe ich schon so lange gemalt und wusste nicht, warum und wer das ist. Eine Zeitlang habe ich es mit den anderen Bildern aufgehangen, dann wieder weggeräumt in die Mappe – ich wusste nicht, warum ich es gemalt habe und wer das sein soll. Eine ganze Weile habe ich es sogar fast vergessen, bis ich dann immer öfter an dieses Bild denken musste und es dann später auch immer wieder in die Hand nehmen und ansehen musste – ich wusste nicht, wer das ist. Aber dieses Bild ließ mich nicht in Ruhe und ich hatte auch Angst davor. Manchmal im Einzel habe ich dieses Bild erwähnt, doch dann wieder gedacht – nein, das kann nicht sein. Nicht noch einmal, ich halte das nicht aus. Gesagt habe ich nicht viel wegen dem Bild vom 14.02.05 – obwohl mich dieses Bild immer mehr beschäftigt und belastet hat. Ich hatte auch den Gedanken, es einfach zu zerreißen, damit es eben weg ist. Es wäre nicht einfach so weg gewesen.

Ich habe das Bild jetzt vor mir liegen. Nicht das Mädchen macht mir Angst. Da ist etwas Schlimmeres. Sie ist auch tot. Ich weiß es jetzt.

Jetzt sind es drei Mädchen von deren Tod ich weiß und ich wäre lieber tot, als das alles zu wissen und so ohnmächtig zu sein, wie ich es bin.

Es ist so grauenvoll, dass ich es kaum beschreiben kann und ich habe, als der Flashback kam nur geschrieen, immer nur geschrieen. Wie können Menschen so etwas tun? Wie ist das möglich? Mein Opa und die vier Männer, sie haben auch dieses Mädchen umgebracht. Alle zusammen haben sie sie fürchterlich gequält, bis sie gestorben ist und ich stand neben meinem Opa, als das alles passierte – ich wollte das nicht sehen. Ich wollte das nicht hören. Ich wollte helfen. Ich stand nur still und bewegungslos da und konnte es nicht fassen. Als es still war, sie nicht mehr schrie und ich auch spürte, sie wird nicht mehr schreien, sah ich hin.

Sie sah nicht mehr so aus, wie ich sie vorher gesehen habe, sie sah schrecklich entstellt und blutig aus. Dann habe ich gesehen, wie die Männer das Mädchen losgebunden haben vom Tisch und in die Ecke auf den Boden warfen. Einfach so, wie eine kaputte Puppe haben sie sie dorthin geworfen.

 Heute habe ich laut geschrieen und ich habe gedacht, ich werde verrückt, halte das nicht aus und habe geschrieen und geschrieen. Dann war Herr Dr. S. da und ich habe ihm erzählt, was da passiert. Am Abend zuvor hatte ich mir meine Arme noch fürchterlich zerschnitten, weil ich so unerträgliche Schmerzen hatte, heute bekam ich sofort Medikamente und habe fast zwei Tage durchgeschlafen. Geschlafen, ohne diese Hölle im Kopf zu haben.

Und doch muss ich sagen, es ist besser, mir die Arme zu zerschneiden, als diese Erinnerungen zu sehen, zu erleben und zu spüren.

Als ich Samstagmorgen aufstand, dachte ich, es kann nicht sein, es geht mir gut. Ich habe erwartet, wenn ich munter werde, weiter die Hölle zu erleben und nicht mehr leben zu wollen. Stattdessen war mein Kopf leer und ich fühlte mich wie befreit. Klar war ich dankbar, dass es mir nicht mehr so schlecht geht, aber irgendwo in mir drin, war auch ein schlechtes Gewissen. „Wie kann es mir jetzt so gehen, wie es mir geht? Was bin ich für ein schlechter Mensch, wenn ich daran nicht verzweifle, sondern herumlaufe und mich wie normal fühle?“

5 Tage ging es mir so, sogar fast jeden Tag besser und ich konnte es von Tag zu Tag weniger glauben, dass es so bleibt, habe aber gleichzeitig sofort daran gedacht, endlich heim zu können.

Während dieser 5 Tage hat sich viel verändert. Ich wusste jetzt, ich muss mich nicht schämen, dass ich noch da bin und ich will mich auch nicht für meinen Opa schämen. Ich war zu klein um etwas ändern zu können. Ich habe keine Verantwortung für das, was mein Opa getan hat und, ich konnte es nicht verhindern.

Wie habe ich mich geschämt, dass mein Opa dies alles getan hat, zugesehen hat, nichts verhindert hat. Er war doch mein Opa und mir hat er geholfen, damit ich am Leben blieb und es mir nicht so ging, wie den 3 Mädchen. Ja, ich habe mich verantwortlich gefühlt, weil es eben mein Opa war, mein Verwandter. Am liebsten hätte ich mich wegen dieser Schande umgebracht.

Am schlimmsten war es für mich, zu akzeptieren, dass ich damals nicht in der Lage war, den Mund aufzumachen und jemand zu erzählen, was ich erlebt habe.

Es ist immer noch schwer, damit zurechtzukommen, dass ich geschwiegen habe, ob aus Angst oder weil ich es weit in mir vergraben hatte und es nicht mehr zugänglich für mich war. Damit umgehen ist schwer, weil ich es nicht verstehen kann, dass es nun nach so langer Zeit da ist und ich nichts mehr tun kann – rein gar nichts.

Jetzt nach dieser langen Zeit ist nichts mehr herauszufinden und wenn, dann würde ich vielleicht nur schreckliche Wunden aufreißen. Also bleibt mir nicht viel anderes übrig, als zu schweigen, zu schreiben und mit meinem Therapeuten zu reden. Es macht mich so ohnmächtig, dass 45 Jahre vergangen sind seitdem und ich keinen mehr verantwortlich machen kann, nur mich selber für das jahrelange Verdrängen im Unterbewusstsein. Wozu soll das gut sein, wenn ich nach all den Jahren mit diesem grauenhaften Wissen konfrontiert werde. Statt jemand bestrafen zu können, will ich mich umbringen.

Was hat das alles für einen Sinn? Wozu bin ich denn noch am Leben?

Ich wäre lieber tot. In den letzten Tagen sind die Schmerzen wieder zurückgekehrt und es geht mir nicht gut. Ich habe geglaubt, ich kann nun leben, kann nun versuchen in die Normalität einzutauchen, mein Mann, meine Tiere, mein Haushalt usw.. Tatsächlich habe ich daran geglaubt. Als die 5 Tage so gut waren, dachte ich, der Alptraum ist vorbei. Doch so, wie ich mich inzwischen wieder fühle, ist er nicht vorbei und ich frage mich, ob er es jemals sein wird.

Klar, mir wird gesagt, ich werde frei davon werden und normal leben können – keine Schmerzen, keine Flashbacks mehr – ich habe es auch gehofft. Aber es waren nur 5 Tage und nun geht es mir wie vorher.

In den Tagen, in denen es mir besser ging, habe ich zu Herrn Dr. S. gesagt, wie dankbar ich bin, dass ich in dieser ganzen Zeit nicht nach Andernach in die „Geschlossene“ verlegt wurde. Er sagte mir, dass es immer so war, dass er mir vertrauen konnte, dass ich mich nicht umbringe, da wir diese Vereinbarung hatten. Er hat aber auch gesagt, wenn es nötig gewesen wäre, dann hätte er mich sehr wohl nach Andernach verlegt. Das war für mich ein Schock. Nein, es ist schon richtig, wenn er es hätte tun müssen, dann hätte er es getan um mich zu schützen. Aber für mich wäre es so gewesen oder würde es so sein, als würde er mir nicht vertrauen – nein, das ist verkehrt. Ich denke eher, es wäre so, wie früher, als meine Mutti mich einfach weggeschickt hat. Es gab dann kein zurück nach Hause mehr, keine Familie mehr, nur Fremde und ich habe mich angepasst und war eben dann dort. Ich würde mich auch in Andernach anpassen, aber ich könnte nicht mehr zurück, ich hätte das Gefühl, weggestoßen worden zu sein, weil ich nicht brav war. War ich damals nicht brav in Leipzig? Ich weiß es nicht, meine Mutti hat mir nie gesagt, wieso.

Jetzt habe ich einfach Angst zu sagen, wenn es mir so schlecht geht, dass ich es nicht mehr aushalte, weil ich dann Angst habe, weg zu kommen. Diese Angst habe ich sowieso immer und sage kaum, wie schlimm es ist und wie unerträglich. Diese Angst, nach Andernach verlegt zu werden habe ich seit jener Nacht, als mich die Nachtschwester und der Nachtpfleger, obwohl ich völlig klar war und keinesfalls suizidal war, nach Andernach verlegen lassen wollten.

Der Grund war, ich hatte Angst, habe in der Ecke auf dem Boden gehockt und konnte nicht ins Bett. Habe mich eben in der Ecke sicherer gefühlt. Diese Angst hat mich seitdem nicht mehr verlassen und nun ist sie wieder da. Ich denke immer nur, ein falsches Wort und ich bin fort.

Andernach kann mir auch nicht helfen, aber dorthin geschickt zu werden, wenn es mir so Schlecht geht, niemand zu haben, mit dem ich reden kann. Kein Einzel.

Ich denke sowieso sehr oft, das kann man doch keinem erzählen, das tut man nicht, das kann Ich doch niemand antun und versuche zu schweigen und es allein auszuhalten. Nun habe ich es nach 5 Jahren geschafft, fast offen reden zu können (aber nur im Einzel bei Herrn Dr. S.) und jetzt habe ich Angst, dass ich das verlieren könnte, dass diese Möglichkeit auf einmal nicht mehr da ist, weil ich weggeschickt wurde.

Nein, es ist bisher nicht passiert, aber ich habe unheimliche Angst davor.

Nein, es ist verkehrt zu denken, ich klammere mich mit meiner Therapie an

Herrn Dr. S. Wenn ich aus der Klinik entlassen werde, dann werde ich mich wieder an meinen ambulanten Therapeuten wenden. Nur im Notfall, wenn ich gar nicht zurechtkomme, werde ich zu Herrn Dr. S. gehen.

Warum ich das jetzt alles erzählt habe? Weil es mir gestern abends so schlecht ging, dass ich daran dachte, einfach Schluss zu machen. Ich war wieder so hoffnungslos, alles erschien so aussichtslos. Aber es war nur die Nachtwache da und da hätte ich nur etwas von meinen Gedanken sagen brauchen und ich wäre hier weg gewesen. Also, lieber geschwiegen und geschnitten.

In den Tagen, in denen es mir jetzt etwas besser ging, habe ich wirklich gedacht, ich kann damit leben, könnte für diese Mädchen mitleben, wäre es ihnen schuldig.

Aber jetzt, wo es mir wieder so schlecht geht, kann ich nur noch denken: „Glaubt denn wirklich jemand, dass man damit noch ein normales Leben führen kann? Glauben die das wirklich? Oder wollen sie nur, dass ich es glaube?“

Gestern Abend war es mir wieder so schlecht, dass ich fest davon überzeugt war, es ist noch nicht zu Ende. Es geht weiter und noch mehr wird hochkommen. Es klingt sicherlich schrecklich, wenn ich sage, dass es, obwohl ich schreckliche Angst davor habe, eigentlich doch egal ist, ob noch mehr oder nicht. Das, was ich weiß, reicht schon aus, um zu begreifen, das das, was um mich herum ist, nur eine Scheinwelt ist und das, was in mir ist, mich nie loslassen wird.

Ich werde nie frei sein, normal sein. Ich werde immer gefangen sein von diesen Erinnerungen und Bildern der Taten meines Opas und seiner Freunde.

Verdammt, wenn ich allein wäre, keine Verpflichtungen hätte, keinem Rechenschaft schuldig wäre, keinem weh tun würde – ich wäre so gern weg!

Ich habe so eine Sehnsucht danach, endlich Ruhe zu haben und nichts mehr zu wissen, nichts mehr zu sehen – eben nur Ruhe und Frieden – eben einfach tot zu sein.

Wenn ich das jetzt aussprechen würde, dann hätte ich das Risiko, nach Andernach in die „Geschlossene“ verlegt zu werden. Ich habe mein Zimmer schon fast ausgeräumt hier und ich hoffe, am nächsten Wochenende fast alles, was noch hier ist mit heim zunehmen und dann will ich mich entlassen lassen – egal, wie es mir geht. Über dieses, was ich in den letzten 5 Monaten hier durchgemacht habe in der ambulanten Therapie zu sprechen – das ist Utopie, das werde ich nicht können. Noch jemanden von diesen Grausamkeiten berichten, wenn ich allein damit nicht zurechtkomme? Nein, das kann und darf ich nicht. Was würde es auch ändern - es wird nichts ungeschehen gemacht dadurch. Es reicht, wenn es mir schlecht geht.

Oh verdammt, ich weiß nicht mehr ein noch aus, weiß nicht, wie ich es schaffen kann und denke, dass ich es nie schaffen werde, weil es einfach zu unglaublich ist, so etwas zu wissen und normal leben zu können oder zu wollen. Letzte Woche habe ich es mir so schön eingeredet, dass es möglich ist, weil es mir die 5 Tage besser ging und nun nach den 5 Tagen? Nichts ist mehr gut, es ist schlimm und ich habe Angst, es hört nicht auf. Verfluchtes Verdrängen, wozu soll das gut sein? Wenn es einfach so weg war, wozu taucht es dann wieder auf und das nach so vielen Jahren? Vorige Woche habe ich noch gesagt, ich kann dankbar sein, dass ich noch lebe – heute bin ich es nicht mehr, denke nicht mehr so. Ich wäre lieber tot, als noch mehr ertragen zu müssen.

Am liebsten würde ich Herrn Dr. S. alles, was ich weiß erzählen und dann fragen, ob er damit leben könnte und wollte. Aber ich kenne die Antwort. Er würde sagen: „Ja, es ist zu schaffen und ich könne es schaffen, weil ich stark bin.“

Ich bin nicht stark, überhaupt nicht, ich bin vollkommen am Ende und es geht kaum noch etwas und wozu auch? Was macht mein Leben für einen Sinn? Wozu bin ich da, wenn ich nicht einmal etwas tun kann, um diese Grausamkeiten aufzuklären. Jeder würde denken: „Die spinnt.“ Ist auch zu erwarten, dass mir keiner glaubt nach dieser langen Zeit und keinem konkreten Anhaltspunkt. Also, was macht mein Leben noch für einen Sinn?

Nachher habe ich Einzel um 15 Uhr. Wenn ich über all das, was ich jetzt geschrieben habe, reden würde – wäre ich dann noch hier oder schnell in Andernach? Ich werde nicht darüber reden. Ich werde sehen, dass ich nach Hause kann und dann sehen, wie es weiter geht.

Das Einzel ist vorbei. Ich habe viel von dem, was ich aufgeschrieben habe, angesprochen und auch gesagt, dass ich nicht mehr weiß, was ich tun soll und tun will. Das Ergebnis: ich habe jetzt wieder einmal „die Stufe“ und die Schwester bzw. die Nachtwache wird stündlich nach mir sehen.

Ich habe von den verdammten Kopfschmerzen berichtet und den Rückenschmerzen, die wieder da sind und auch mit Erinnerungen zusammenhängen. Ich konnte nicht darüber reden, was da wieder da ist, aber Herr Dr. Sanchez wusste den Zusammenhang zwischen Rückenschmerzen und einer bestimmten Erinnerung und sprach dies auch an. Bingo! Ins Schwarze getroffen und ich saß da und habe geheult. Es war aber nicht nur die alte Erinnerung, es war mehr, die letzte Nacht hat mir, als ich nicht schlafen konnte neue Bilder gezeigt.

Es ging nicht, ich konnte nicht reden, ich wollte nicht reden, denn was würde es auch ändern, wenn ich rede? Es ist passiert und jetzt ist es wieder da und darüber reden macht es nicht weg.

Dass ich die Stufe bekomme ist schon in Ordnung, nur damit ich nicht mehr rausgehe und weglaufe. Aber stündlich nach mir sehen, das ist nicht nötig, ich mache hier nichts, das würde ich nicht tun, das hat das Haus nicht verdient, dafür haben sie mir viel zu sehr geholfen.

Aber ich weiß, dass ich Gefahr laufe, wieder wegzulaufen, wieder zur Autobahn. Und dafür ist die „Stufe“ gut.

15.08.2005

Heute ist Montag und ich bin heute Morgen wieder in die Klinik gegangen. Am 7.6. bin ich nach Hause. Ich wollte einfach sehen, wie ich zurecht komme und ich habe es nicht mehr ausgehalten, dass ständig neue Mitpatienten, die man kennt, gehen können und du selbst bleibst zurück und weißt nicht, wann und ob es jemals besser wird. Ich musste einfach hier mal raus und es war richtig, eine Pause zu machen.

Ich habe mich nicht gefreut, nach Hause zu können. Es war nicht so, wie sonst, wenn es mir besser ging. Es ging mir schlecht und ich wusste, es wird nicht leicht. Es wird schon deswegen nicht leicht, weil ich die ganze Zeit schweigen muss. Wem soll und kann ich das sagen, wenn es mir total schlecht geht, wenn ich denke, lieber Schluss zu machen, als das, wie es mir geht, weiter aushalten zu müssen.

Würde ich das in dieser Zeit jemand sagen, (dem Hausarzt, oder der Psychologin), dann wäre ich sehr schnell in Andernach in der Geschlossenen. Mit dieser Angst bin ich heimgegangen.

Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich, um die Zeit zu Hause zu schaffen, jede Woche einen ambulanten Termin bei Herrn Dr. S. bekam. Diese Termine haben mich wirklich in dieser Zeit über Wasser gehalten.

Ich war zu Hause, habe von Anfang an darum gekämpft, mir einen Rhythmus zu schaffen, um den Tag und auch die Nacht zu überstehen.

Am Anfang hatte ich ja sehr viel zu tun, um meinen Haushalt mal wieder so richtig gründlich in Ordnung zu bringen. Ich habe gewühlt und geschafft und gemerkt, ich kann nicht, habe keine Kraft und als dann mein Mann in die Klinik kam, dachte ich, jetzt brauche ich bloß noch an mich zu denken und brauche nicht so zu tun, als ginge es mir gut. Ich brauch mich also vor niemand zusammenreißen.

12 Tage war mein Mann in der Klinik und dann war er wieder da und ich hatte gerade angefangen, mich mal hinsetzen zu können, ein bisschen lesen und ausruhen. Jetzt ging es wieder anders weiter, ich wusste nicht, wie ist er jetzt drauf und war ständig in Hab-Acht-Stellung, weil ich nicht traute, dass er ruhiger geworden ist und ich sicher sein kann, dass nichts mehr passiert mit „nebenan“.

Aber er war ruhiger, er verhielt sich ganz anders, als erwartet. Ich war sehr froh, dass ich keine Angst mehr haben musste, es passiert etwas – mein Mann reagiert über.

Er hatte sich im Griff und das bestaunenswert gut. Ich war durch die 12 Tage Alleinsein auf einer Seite entspannt und auf der anderen Seite so voll Schmerzen und Anspannung. Warum? Ich denke, weil mein Mann nicht da war, weil ich ganz allein war. Es war jedenfalls erst mal ein Schock, dass er die Behandlung einfach abgebrochen hat. Aber auf der anderen Seite – ich hätte es nicht länger geschafft, die Tiere allein zu versorgen. Vor allem morgens ging nichts mehr, ich lag so oft da und konnte mich einfach nicht mehr bewegen und der Hund wollte raus. Nun ist mein Mann morgens mit dem Hund gegangen und ich konnte noch liegen bleiben. Konnte ist gut! Ich war nicht fähig, aufzustehen, eben weil ich mich nicht bewegen konnte und total steif war. Oh Gott, wie viele Male habe ich mir da gewünscht, einfach tot zu sein, ganz abzusterben. Es tut alles so weh, ich kann mich nicht bewegen, also wozu noch leben, wozu mich weiter herumquälen.

Ich weiß noch, ich habe gesagt, ich will wissen, ob ich damit leben kann, deswegen will ich nach Hause. Wenn mich jemand fragen würde: „Ob man kann, ich hätte gesagt: „Nein, so kann ich nicht leben, das schaffe ich nicht.“

Es war aber ein Ziel da, ich musste ja nur durchhalten, durchhalten, bis ich wieder in die Klinik kann. Dabei war ich so froh, endlich aus der Klinik zu können.

Wie oft habe ich mir einfach nur gewünscht, allein zu sein – niemand im Stich zu lassen, wenn ich Schluss mache. Aber ich bin nicht allein, da ist mein Mann, da sind die Tiere und da ist dieses Versprechen, was ich gegeben habe. Aber mein Hauptziel war es, in diesen Wochen vom 7.6.05 bis zur Wiederaufnahme in die Klinik, zu erfahren, wie ich leben kann. Was das für ein Leben ist und wie es sich anfühlt, damit zu leben.

Ich habe es erfahren, mehr als ich wollte. Es war schlimm. Viele Tage habe ich nur geweint, es hörte einfach nicht auf. Alles in mir schmerzte und ich wusste nicht, was ich gegen diesen inneren Schmerz, geschweige denn gegen den körperlichen Schmerz tun kann. Ich war ausgeliefert und litt höllische Qualen, welche ich nur mit Tavor etwas lindem konnte.

Ja und nun ist die Zeit vorbei und ich bin wieder hier und weiß nicht, wofür. Weiß nicht, was ich noch tun könnte, um das besser aushalten zu können. Heute sprach mich Schwester Anni an, weil ich im Tagesbericht nichts Positives geschrieben habe. Was soll ich schreiben: Ich war heute Nachmittag in der Cafeteria, habe mir einen Milchkaffee gegönnt und die Zeit, die ich nicht in meinem Zimmer war, versucht zu genießen.

Ich sehe, wenn die Sonne scheint. Ich nehme alles wahr, aber spüren und genießen, das ist etwas Anderes. Ich spüre es nicht, es ist egal. Immer ist der innere Schmerz da und tut weh. Es ist ein Gefühl, als wenn es mich innerlich vor Schmerz zerreißt. Auch Angst und körperliche Schmerzen sind da. Ich kann es nicht mehr aushalten.

Heute im Einzel, es war so schlimm – ich denke daran und ich spüre, wie ich nichts tun kann. Oh nein, ich hatte nicht vor, mich zu schneiden, als ich in mein Zimmer bin. Ich konnte kaum laufen, so steif war ich und ich war froh, als ich in meinem Zimmer war – allein – mich nicht mehr zusammenreißen musste/wollte.

Ich denke immer, mich darf man nicht trösten. Ich habe zugesehen – nichts getan. Ja, ich konnte nichts tun. Habe nicht geschrieen, mich nicht bewegt. Warum nicht? Hatte ich Angst um mich? Ja ich hatte Angst, wenn ich schreie, merken sie, dass ich auch noch da bin und alles sehe und gesehen habe. Ich konnte nicht schreien, mich nicht bewegen – ich war wie gelähmt vor Angst und wenn ich heute daran denke, dann werde ich so steif, dass ich fast nicht mehr gehen kann, dass mich die Angst zu ersticken droht. Wissen Sie, wie schlimm das ist, dies zu spüren und dann immer noch daran erinnert zu werden – mit Fragen (das tun Sie und es ist sicher richtig, um es zu schaffen) aber wissen Sie, wie schlimm es dann wird. Ich sehe meine Hände und weiß, sie haben nichts getan, nicht geholfen – konnten nicht helfen - ich weiß, ich hätte nichts tun können. Aber damals wusste ich es nicht. Ich stand nur da – sah – und es geschah einfach vor meinen Augen. Ich stehe heute noch da und es explodiert in meinem Kopf, breitet sich aus, bis innen und außen alles weh tut und ich kaum noch atmen kann, weil der Schmerz mich innerlich erdrückt, erstickt.

Wenn Sie sagen, ich werde mich besser fühlen – bald. Dann würde ich am liebsten laut schreiend fragen: „Wann?“

Es wird nicht anders werden. Wenn Sie das sagen, dann spüre ich, wie es weh tut und das ich es nie losbekommen werde. Ich möchte vergessen und doch ist es nicht richtig, das zu vergessen.

Ich habe mir heute solche Mühe gegeben, wieder ruhig zu werden, wenigstens bis ich in meinem Zimmer allein bin und keiner sieht, wie schlimm es ist. Ich habe geheult, habe mich bis hochgeschleppt – aber nicht mit dem Ziel, mich zu schneiden – nein, daran habe ich gar nicht gedacht. Ich wollte nur allein sein, damit ich diesen Schmerz rauslassen kann und keiner sieht, wie es mir geht. Mir die noch da ist, die noch lebt, nichts getan hat, nicht geschrieen hat, sich nicht bewegt hat. Könnten Sie sich da so einfach trösten lassen? Ich weiß, ich konnte nichts tun. Doch es ist eben auch so, dass ich denke, ich habe nicht verdient noch da zu sein und dann noch geholfen zu bekommen, wo ich doch nicht geholfen habe.

Ich weiß es ist verkehrt so zu denken, aber meine Gefühle sind so, sobald Sie sagen, sie teilen den Schmerz mit mir. Ja, ich habe Schuldgefühle, weil ich nichts tun konnte. Ich weiß, dass ich sie nicht haben brauche, aber sie sind da und deshalb verkrieche ich mich lieber mit meinem Schmerz und will niemand belasten, nicht reden, nicht schreien. Ich habe das Gefühl, ein großer Teil des Schmerzes, der mich zu ersticken droht, besteht aus Schuld. Ich habe gedacht, wenn ich jetzt wieder komme, wird es nicht mehr so schlimm.

Alles war die ganze Zeit nicht da – nur Schmerz, riesengroßer Schmerz, Traurigkeit, Angst und auch dieses Gefühl von Hilflosigkeit und Ohnmacht.

Ich möchte soviel erklären, reden, sagen, und doch ändert alles nichts daran, dass ich da war und neben meinem Opa stand und noch lebe. Das ist ein Chaos in meinem Kopf, die Bilder, meine stumme Reglosigkeit und dann möchte ich nur noch weg, allein sein – habe nicht verdient, dass jemand da ist, der mich bedauert. Ich wollte das alles nicht, ich kann nichts dafür, was mein Opa getan hat, ich konnte nichts tun – ach, das ist mir alles klar und trotzdem...

Mein Kopf, mein innerer Schmerz waren heute so schlimm und ich wollte mir Tavor holen, um es auszuhalten, aber es war niemand da.

Ich wünschte mir, dass mich jemand in den Arm nimmt, wenn ich vor Schmerz heule und schreien könnte und wenn das jemand tut, dann fühle ich mich schuldig, denke, es ist nicht richtig. Wer hat die Mädchen in den Arm genommen und getröstet?

Ich habe heute den ganzen Tag geweint, nicht mein Arm hat mir weh getan – es hat mich innerlich fast zerrissen vor Schmerz und Trauer und Schuld.

Heute ist der 5.9.2005

In den letzten Tagen ist so viel passiert, dass ich aufpassen muss, damit ich nichts vergesse, zumindest nichts Wichtiges.

Letzten Donnerstag bin ich mit schlechtem Gewissen runter ins Einzelgespräch, weil ich mich in der Nacht aus lauter Verzweiflung an beiden Armen geschnitten habe und mich dafür geschämt habe.

Ich habe es wieder nicht geschafft, dies nicht zu tun, um mir zu helfen. Die Nacht war so schlimm und ich habe auch kurz vor dem Einzel noch aufgeschrieben, was los war, um zu erklären, wieso ich mich geschnitten habe.

Ich habe Herrn Dr. S. die 2 Seiten gegeben, damit er mich versteht. Dies tat ich gleich zu Beginn des Einzels und er hat es auch gelesen, aber ist in keiner Weise darauf eingegangen sondern fing sofort davon an, dass das Team in der Beratung darüber gesprochen hat, dass ich morgens nicht aus dem Bett komme und somit auch nicht am Frühstück teilnehme und das ich dies nun doch ab sofort versuchen solle, damit ich mehr ins Stationsleben einbezogen werde und nicht so am Rande der Station bzw. außerhalb der Station laufe. Ich habe nur noch gedacht, wie soll ich das schaffen. Vier Jahre habe ich es versucht, darum gekämpft, mich jeden Morgen geschämt, wenn ich es wieder einmal nicht geschafft habe und meine Medikamente so spät geholt habe. Nun habe ich nur noch gedacht, wie ist das möglich? Ist das jetzt das Wichtigste an meiner Behandlung, meiner Therapie hier? Ich kann das niemals schaffen. Da gehe ich doch total kaputt, wenn ich überhaupt nicht mehr schlafen kann, denn ich schlafe ja meist erst so gegen 4 bis 6 Uhr ein und schlafe dann bis 10 oder 11 Uhr richtig tief und fest und das ist der einzige richtige Schlaf, den ich habe und nun soll ich den nicht mehr haben und mich aufquälen, ob ich geschlafen habe oder nicht.

Es steht doch jeden Morgen in der Akte, dass ich nachts nicht schlafen kann, obwohl ich mehr als genug an Medikamenten schlucke. Ich habe nur noch gedacht, was passiert denn jetzt? Wie soll ich das schaffen? Wie soll ich da existieren können? Aber das scheint ja egal zu sein, wichtig ist nur, dass ich, wie alle Anderen aufstehe. Na ja, ich werde es tun, egal, wie es mir geht. Ich weiß, ich werde es nicht lange schaffen, dann drehe ich total ab oder will nicht mehr leben oder irgendetwas Schlimmes passiert. Gesagt habe ich nichts, nur, dass ich ab morgen versuchen werde, pünktlich aufzustehen. Am ersten Tag habe ich es nicht geschafft, ich bin angezogen und gewaschen gewesen und habe mich noch für 5 Minuten hinlegen wollen, weil es noch nicht soweit war, zum Frühstück zu gehen und da bin ich noch mal eingeschlafen und war erst munter als das Frühstück vorbei war. Ich habe mich mächtig geärgert über mich, weil ich so versagt habe. Am nächsten Tag bin ich pünktlich gewesen, habe mich ein paar Minuten an den Tisch gesetzt und bin dann wieder in mein Zimmer, nachdem ich die Medikamente geholt hatte. Ich war so müde und zerschlagen, ich habe den ganzen Tag gelegen, hatte heftige Schmerzen. Die Termine habe ich wahrgenommen und mich immer wieder hingelegt, weil ich mich kaum noch auf den Beinen halten konnte.

Am Donnerstag war es dann so, dass ich gar nicht mehr fähig war mich auf den Beinen zu halten, ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe herumzulaufen und nicht umzufallen oder vor Schmerzen zu heulen und zu schreien. Im Einzel um 15.00 Uhr hat es dann geknallt, ich konnte nicht mehr. Ich habe nicht mehr reagieren können, habe nur noch auf mein Zimmer gewollt, zu einem Gespräch fühlte ich mich nicht fähig. Dann weiß ich nicht mehr, was gelaufen ist, ich habe alles vermischt, war dissoziiert. Dr. S. hatte ein weißes T-Shirt an, das war wohl voll auslösend in dem völlig kaputten Zustand in dem ich war. Ich habe nicht mehr auf die Stimme von Herrn Dr. S. gehört, ich wollte nur noch weg und bin einfach nur gelaufen, gelaufen, weg von hier, ich kann nicht mehr – lasst mich in Ruhe – ich kann nicht mehr. Ihr bestraft mich, weil ich nicht brav war und pünktlich aufstehe, Opa ist böse und ich muss schnell weg, sonst tut er mir wieder weh und ich bin gelaufen, wohin? Ich weiß es nicht, ich bin nur gelaufen und wo ich mich hingedreht habe, da stand mein Opa vor mir – ich hatte Angst, er fängt mich ein und bringt mich wieder dorthin, wo das mit den Mädchen passiert ist, ich wollte weg – musste weg.

Mehr weiß ich nicht.

Am nächsten Tag bin ich dann gegen Mittag erwacht und habe erfahren, dass ich eine Spritze mit Neurocil und Haldol erhalten habe zum Ruhigstellen. Es ging mir besser, ich hatte mal liegen können und nichts gespürt. Aber später kam dann eine Unruhe in mich, ich konnte nicht sitzen bleiben, nicht schlafen, mich auf nichts einlassen, um mich zu beschäftigen (Lesen usw.) – keine Ruhe, keine Konzentration.

Wieder war ich so fertig, wieder war ich völlig am Ende. Ich habe im Einzel nur noch darum gebettelt, dass man mir hilft, weil ich nicht mehr kann, weil ich am Ende bin, weil ich keine Kraft mehr habe zu leben, zu laufen, zu existieren. Ich quäle mich – helft mir – bitte! Ich kann nicht mehr! Ich bekam Atosil und kam endlich zum schlafen und zur Ruhe. Tavor und Solian bekam ich auch noch und dann hatte ich Ruhe, keine Schmerzen, keine Gedanken, keine Qual mehr – ich bin eingeschlafen und heute morgen habe ich mich seit sehr sehr langer Zeit wieder einmal so gefühlt, dass ich dachte: „Ich möchte nicht mehr so weiterleben.“

Ich hatte heute einen besseren Tag.

Das Einzelgespräch heute war auch so, dass ich es durch die Medikamente, die noch in mir wirkten, gut überstanden habe. Ich habe vieles gesagt und bin dann raus und bin nicht zusammengebrochen vor Schmerz und Qual. Das war einmal ein ganz anderes Erleben. Obwohl ich heute etwas angesprochen habe, was gestern im Flashback und Erinnerungsblitzen aufgetaucht ist. Ich bekam keine Luft, habe geheult, hatte Panik, hatte schreckliche Schmerzen, habe geklingelt, Medikamente zur Beruhigung bekommen und dann habe ich mich geschnitten, solange geschnitten, bis ich still war und es vorbei war, nicht mehr weh tat und ich ganz ruhig und sicher war..

Natürlich war es wieder ärgerlich, weil ich mich trotz Medikamente und anderer möglicher Hilfe geschnitten habe. Aber ich konnte nichts erzählen, es war zu schlimm und es tat zu weh und ich habe mich geschämt, zu erzählen, davon zu erzählen, was die mit mir da unten gemacht haben. Außerdem ist es verdammt noch mal einfach nicht möglich so etwas gerade mal so der Schwester oder jemand zu erzählen. Das geht nicht, das kann man niemand antun, dass kann ich niemand antun. Ich weiß noch genau, als ich auf Station D lag, kam Herr Dr. S. einmal zu mir und sprach mit mir wegen der Verlegung auf B, damit das Team von D mal entlastet wird. Das war für mich so schlimm, dass ich jemand damit, was mir passiert ist so belastet habe, dass die eine Pause von mir brauchen, dass man mich verlegt und mir alle, zu denen ich Vertrauen gefasst hatte, wegnimmt und ich auf Station B sollte.

Im Haus hieß es immer: „Auf B sind die Süchtigen, Alkoholiker und Drogenabhängige, eben alles, was Entzug machen muss.“ Und nun soll ich auf diese Station, jeder wird denken, dass ich saufe, wie meine Mutter und mein Vater und mein Bruder.

Ich habe mich damals fürchterlich geschnitten, aber nicht geredet. Ich kam auf B und war eben dann auf B. Es hat sehr lange gedauert, ehe ich mich eingewöhnt hatte und dann war es für mich nicht mehr verkehrt - es war eine Chance, auf jemand Neues zuzugehen (Schwestern), zu jemand Neuem Vertrauen zu fassen.

Nur ist das wohl nicht so richtig gelungen, auf Grund der Aussage, dass das Team von D mal entlastet werden müsste und eine Pause brauchte, habe ich auf B gar nicht mehr geredet, nur noch im Einzel – sonst nicht bzw. äußerst selten und wenig. Nun aber kam es dazu, dass ich nach Meinung des Personals völlig außerhalb der Station, nur von Herrn Dr. S. betreut, auf Station B laufe, und es wohl kein zufriedenstellendes Bild, Gefühl oder wie soll ich sagen, für die Schwestern war.

Wieder einmal fühlte ich mich schuldig, so war es nicht richtig – auf D das Personal zu sehr belastet – verlegt. Auf B das Personal nicht belastet, also Stress, wie kriegen wir die in die Stationsgruppe rein? Ich war drin, war immer in der Gruppe, wenn es mir gut ging. Aber ich hatte auch kaum mit den Anderen gemeinsame Therapien, in denen man sich gegenseitig besser kennenlernen, verstehen und helfen kann, wie zum Beispiel die Psycho-Gruppe. Zu Sport, Ergo und anderen körperlichen Therapien war ich nicht in der Lage, hatte keine Kraft dazu – es ging mir einfach zu schlecht. Ich konnte ja nicht einmal in Ergo zur Beschäftigungstherapie – habe es nicht geschafft. Wenn ich gemalt habe, dann nachts und dann solche Bilder, die nicht unbedingt in Ergo, wo jemand neben mir sitzt und es sehen kann, auf dem Tisch liegen sollten.

Aber ein schönes Bild zu malen, das konnte ich nicht, ich habe nur Gefühle in meinen Bildern ausgedrückt – Schmerz, Trauer, Einsamkeit, Todessehnsucht Es war und ist bis jetzt noch nicht anders möglich gewesen und nun bekomme ich dafür wieder meine „Minuspunkte“ – fällt aus dem Rahmen. Einzelgänger, Eigenbrötler, lässt sich nicht helfen, will nicht dass es ihr besser geht, hängt nur in der Vergangenheit...

So denken die doch von mir. Aber wenn ich erzählen würde, warum ich so bin, warum es mir so schlecht geht, – ich würde mich nicht besser fühlen, ich hätte Angst, irgendwann wieder eine zu große Last zu sein und auf die nächste Station verschoben zu werden. Es ist mir doch so passiert und das, weil ich meinen Mund nicht gehalten habe und die Anderen mit meiner Problematik überfordert waren – also sei lieber still. Nun stehe ich da und weiß nicht mehr richtig, wie ich mich verhalten soll, was passiert mir, wenn ich rede, wenn ich wieder zu viel belaste.

Oh Gott, wie dringend möchte ich manchmal einfach losreden und erzählen, was mir passiert ist, damit man mich verstehen kann, warum es mir so schlecht geht. Aber ich schweige. Nur im Einzel rede ich, und da auch nur so wenig, wie möglich von dem Schlimmen.

Es ist einfach alles zu schlimm, zu grausam und zu unfassbar – es reicht doch, wenn ich es aushalten muss und musste. Wenn ich eine richtige Freundin hätte, ich würde ihr nichts erzählen, weil ich Angst hätte, sie zu verlieren, weil es zu schrecklich ist, zu belastend und zu abstoßend ist. Aber ich habe keine Freundin. Ich bin allein mit meinem PC, meinem Therapeuten in Sinzig, meiner Ärztin in Bad Breisig und der Hilfe hier in der Klinik.