1.08 Der Weltraum hinter der Tür


Der Zug rast durch die Tunnel. Auf der roten elektronischen Tafel wird die stolze Geschwindigkeit von 219 km/h angezeigt. Ich öffne meinen Rucksack und greife das alte Büchlein heraus. Ich schlage es wahllos auf und lese einige Zeilen.


WER, WENN ICH SCHRIEE, HÖRTE MICH DENN AUS DER ENGEL

ORDNUNGEN? UND GESETZT SELBST, ES NÄHME

EINER MICH PLÖTZLICH ANS HERZ: ICH VERGINGE VON SEINEM

STÄRKEREN DASEIN. DENN DAS SCHÖNE IST NICHTS

ALS DES SCHRECKLICHEN ANFANG,

DEN WIR NOCH GRADE ERTRAGEN,

UND WIR BEWUNDERN ES SO, WEIL ES GELASSEN VERSCHMÄHT,

UNS ZU ZERSTÖREN. EIN JEDER ENGEL IST SCHRECKLICH.


Es mag Menschen geben, die diese Worte verstehen. Es mag Menschen geben, die unentwegt solche Worte lesen. Menschen, die sie schreiben und zitieren. Doch mein Kopf brummt nur. In diesen Augenblicken fällt es mir schwer, mich auf die Buchstaben auf meinem Fahrschein zu konzentrieren.

Meine Gedanken kreisen unruhig um die letzten Stunden, um die letzten Tage. Eine Architektur aus Fragen und Rätseln baut sich vor mir auf. Weshalb sitze ich in diesem Augenblick nicht blass in irgendeiner Polizeistation und versuche mit brüchiger, kraftloser Stimme zu erklären, was sich in den letzten Stunden ereignet hat? Vor was bin ich geflohen? Wird der Schock sich erst später einstellen? Das muss es sein. Meine Gedanken sind zwar unruhig, mein Puls beginnt zu rasen, wenn ich an einzelne Momente der letzten Stunden denke — doch etwas in mir ist auf eine unerklärliche Weise euphorisch. Ich weiß nicht, was es ist. Ich versuche, meine Innenwelt zu analysieren und herauszufinden, welchen Streich mir da mein Unterbewusstsein spielt und mich damit zugleich über Wasser hält. Doch ich finde keine rationale Erklärung.

Nun, zum Teufel mit den Erklärungen. Ich bin froh, dass ich nicht am Rande eines Nervenzusammenbruchs stehe. Unauffällig blicke ich auf meine Hand. Sie zittert nicht mehr. Langsam geht es vorüber. Selbsterhaltungstrieb, Reflexe, Neugier...

Mein Sitznachbar mustert mich.

»Z´fü Kaffä?« Er hält seine Hand auf Augenhöhe. Ein lässig gekleideter Mittdreißiger. Österreichischer Akzent. Vermutlich Wien. »Das Problem habe ich auch immer. Zuviel Espresso an´am Tag und Sie san wie unter Strom...«

Ich nicke leicht und gehe auf Abstand, indem ich die Augen schließe und so tue, als würde ich schlafen wollen. Auf der Vierer-Sitzgruppe vor mir sitzen die Mädchen und dösen vor sich hin. Es ist schwer keinen Jesus-Komplex zu kriegen, von diesen kleinen mandeläugigen Magdalenen.

Mein Wunsch zu schlafen ist echt, aber wird es mir gelingen? Der ICE rast leise durch die Nacht. Sind wir in einem Tunnel oder schon wieder draußen? Ich schiele aus dem Fenster und sehe neben der Spiegelung meines Gesichts ein kleines Dorf und einen kargen Anlegeplatz, der sich im Flusswasser spiegelt. Kühle Scheinwerfer beleuchten einsam den Holzsteg.

Was geschah nur wenige Stunden zuvor?

Manzio und ich hatten die Mädchen gefunden. Bei unserer Ankunft verhielten sich die jungen Frauen leise. Sie waren mit Gewalt und Horror dazu abgerichtet worden, sich stets leise zu verhalten. Ihre Augen blickten uns unruhig an. Es gab zu diesem Zeitpunkt nichts, dass sie zu der Annahme verleitet hätte, wir seien die »guten Jungs«. Und waren wir denn die guten Jungs? Und weshalb ist das Gute stets so nah am Dummen?

Die blaue Tür.

Die Stimmen...

Manzio...

Was stimmte nicht mit Manzio? Ich konnte nicht anders, als ihm folgen. Hinein durch die letzte Tür, die nun offen vor mir stand und aus der nur reinste Dunkelheit herausquoll. Und es gab Stimmen. Da unten.

Ich hielt mich nur wenige Schritte hinter ihm. Es sah nicht aus, als ob er vor hatte, mich durch die Situation zu moderieren. Im Gehen löste er all das alberne Zeug von seinem Gürtel, das er sich zuvor hingehängt hatte. Dann wandte er sich plötzlich zu mir um und warf mir das kurze Maschinengewehr zu.

»Wenn es sich nicht vermeiden lässt, werde laut.«

Er behielt nur den Schlagstock in der Rechten. Er wirbelte ihn im Gehen ein wenig, als wollte er ein Gefühl für dieses Instrument bekommen und nahm Anlauf. Ich versuchte mit ihm Schritt zu halten.

Im nächsten Augenblick rannte er durch die nächste verschlossene Tür und tauchte springend in die Dunkelheit. Als ich Sekunden später an der Tür ankam, sah ich ihn unten, eine Etage tiefer, umgeben von mindestens fünf anderen Söldnern, die ebenfalls in schwarzen Kampfanzügen steckten. Manzios Bewegungen waren schnell und dynamisch. Ganz anders als die Bewegungen des Manzio, den ich bis dahin kannte. Wenn das hier irgendein Dope war, wollte ich davon auch etwas.

Aber das sind Scherze, die mir einfallen, während ich in meinem brüchigen Gedächtnis herumirre. Doch damals...? Oh, damals... Ich hielt dieses dunkle Gewehr in der Hand und begann zu ahnen, dass »laut werden« bedeutete »zu schießen« und dass ich zwar wusste, wo sich der Abzug befand, ansonsten jedoch mit dieser Aufgabe in jeder Hinsicht überfordert war. Somit klammerte ich mich gleichermaßen an die Maschinenpistole, wie an die Hoffnung, dass Manzio meine Hilfe nicht benötigen würde.

Es dauerte nur Sekunden. Ich hörte ungünstige Geräusche, die offensichtlich mit brechenden Knochen zu tun hatten, sah un deutlich die Gestalten die aufeinanderprallten oder um einander herumwirbelten, und dann stand dieser Spinner alleine da und blickte zu mir hoch.

»Beeil dich«, sagte er trocken und beugte sich zu einem der Söldner. Er riss ihm sein Messer aus dem Stiefel und schnitt dann ohne mit der Wimper zu zucken den Zeigefinger des Mannes ab.

Ich trippelte gerade die Steintreppe herunter und achtete darauf, mir nichts zu brechen, doch als ich dieses Geräusch hörte, das mich entfernt an das Pulen von Krabbenfleisch erinnerte, stolperte ich und kam unten zwar noch stehend, jedoch bedenklich taumelnd an.

Für Manzio war das kein ausreichender Anlass, mich zu beachten. Er setzte seinen Lauf fort.

»Links, rechts, rechts, links«, zitierte er, während er durch die Gänge eilte. »Diese Lunge ist vollkommen unnütz.«

Ich wollte ihn daran erinnern, dass der Lastwagen voller Dope daran schuld ist, den er über die letzten Jahre in seiner Bong weggeraucht hat. Doch für Polemik war keine Zeit.

An einer Stelle blieb er stehen und öffnete einen Metallschrank, der in die Wand eingelassen war. Er zog daraus ein Computerterminal, tippte eine Weile herum und hielt dann den abgeschnittenen Finger an einen biometrischen Sensor.

»Ab hier gibt es Kameras«, erklärte er ohne mich anzusehen. »Ich kann sie aber für eine Weile deaktivieren.«

Wir eilten noch einige Meter weiter und stießen in dem halbdunklen Gang auf einen verschlafenen Söldner, der aussah, als hätte er die ganze Nacht eine Disco bewacht und nun endlich ins Bett wollte. Manzio sprang ihm förmlich ins Gesicht, riss ihn herunter und kniete nur Augenblicke später über seinem regungslosen Körper.

»Ich brauche seine Kleidung«, zischte er. »Und ich habe auch eine Aufgabe für dich.«

Er riss dem Mann das schwarze Hemd herunter und setzte sich dessen dunkle Schirmmütze auf.

»Eigentlich dürfte ich mit dir überhaupt nicht sprechen«, gab er mir zu verstehen, während er sich hektisch das Hemd zuknöpfte. »Du bist nur unter Beobachtung.«

»Manzio, was geht hier ab, Mann?« fragte ich erstickt. »Was machst du hier? Wer bist du eigentlich?«

»Manzio?« erwiderte er, während er sich die Hose zuknöpfte. »Der Name steht in deinem Dossier.«

Ich sah ihn sprachlos an und merkte gar nicht, dass wir uns inzwischen wieder in Bewegung gesetzt hatten. Bald standen wir vor einer Tür, auf der nur die Buchstaben »HQ« standen. Manzio hielt seinen Zeigefinger an die Lippen.

»Danke, dass du mir hier den Rücken freigehalten hast«, flüsterte er mir zu und nahm die Waffe aus meiner Hand. »Jetzt brauche ich nur noch eine Sache von dir. Wenn ich hineingehe, folgst du mir im Abstand von einigen Metern. Halte dich im Schatten. Du wirst links einen Kasten in der Wand sehen. Bleib bei diesem Kasten. Er lässt sich öffnen und beinhaltet die Sicherungen. Ein Schalter ist von den anderen abgesetzt und leuchtet grün. Wenn du einen Schuss hören solltest, kippst du diesen Schalter um.« Er wollte sich abwenden, doch dann hielt er kurz inne und sah mich wieder an.

»Mein Name ist Aramis«, sagte er trocken.

Dann war er verschwunden.

Vor mir befand sich ein kurzer Gang, der nach wenigen Metern in künstliches Licht getaucht war, das gedämpft durch eine Reihe aus Fenstern entlang des Gangs quoll. Ich schaltete die Taschenlampe aus und schlich mich langsam weiter, bis zum ersten Fenster. Da wir uns unter der Erde befanden, war es offensichtlich, dass es sich nicht um Fenster zur Straße handeln konnte. Die Oberfläche musste mindestens zehn Meter über uns liegen.

Ich hatte schon zuvor über die Länge der Korridore, die wir passiert hatten, nachgedacht. Über ihre ungefähre Richtung. Es war offensichtlich, dass sich ein Großteil dieser Anlage unter dem Westpark befand.

Langsam schielte ich um die Ecke, durch das erste Fenster, um festzustellen, dass ich mich auf einer Art Galerie duckte, oberhalb eines riesigen Raums, der von der Decke mit breiten Flutern beleuchtet wurde. Sie hingen in meiner Augenhöhe. Gute sechs Meter unter mir befand sich ein schlichter Saal mit Stahlschränken, Stühlen, Computern und einem zentralen großen Tisch mit wuchtiger, ovaler Platte. Dieser Tisch war belegt mit Karten, bedrucktem Papier und Photographien, deren Inhalt ich aus der Höhe nicht erkennen konnte. Es war nicht viel Phantasie nötig, um sich hier einen typische Strategieraum aus einem Kriegsfilm vorzustellen. Nur die uniformierten Generäle fehlten. Statt dessen liefen hier einige Männer in Arbeitskombis umher, nicht selten mit Schirmmützen auf dem Kopf und Werkzeugkästen oder Geräten in der Hand. Es waren offensichtlich Elektriker und Klempner.

Am anderen Ende des Saals standen sogar zwei schwarze Hubschrauber. Die Decke besaß eine kreisförmige Wölbung, die wie eine Irisblende aussah und offensichtlich einen direkten Zugang zur Oberfläche darstellte. Es bedeutete, dass nachts mitten im Westpark der Boden aufgehen konnte und daraus Helikopter entstiegen.

Obwohl die Fenster verschlossen waren, hörte ich Stimmen und die Geräusche von Werkzeugen. Im Raum befanden sich ebenfalls einige bewaffnete Söldner, die definitiv nicht der Bundeswehr angehörten, denn diese Kerle steckten in bequemen schwarzen Overalls und erinnerten eher an Einsatztruppen der Polizei. Doch ihre Abzeichen waren mir vollkommen unbekannt.

Es war offensichtlich, dass dieser Saal zu anderen Uhrzeiten wesentlich voller und belebter war. Nun war es späte Nacht, und nur eine Handvoll Leute hielt hier Wache oder ging einer ominösen Beschäftigung nach. In jenen Tagen war es noch nicht üblich, hinter jedem Verbrechen und jeder Konspiration die Araber zu sehen, und so dachte ich instinktiv an Russen oder eine ähnliche östliche Macht. In den Zeitungen stand viel über Oligarchen und der russischen Mafia, den Vori v zakone. Ich hätte nicht entfernter von der Wahrheit sein können.

Solange die Gestalten unter mir von diesen breiten Lampenbänken beleuchtet wurden und ich hier oben im Dunkeln stand, konnte ich durch das Fenster kaum gesehen werden. Ich beugte mich weiter vor und berührte mit meiner Nasenspitze die verstaubte graue Glasplatte. Es war nicht schwer, ihn inmitten all der Geschäftigkeit zu entdecken.

In Herrn Mahrs Mund steckte eine Zigarre, und er trug die üblichen Latzhosen, als ob er gerade einige Heizungen repariert hätte. Er unterhielt sich angeregt mit einem dürren, älteren Mann im Anzug. Etwas an ihm kam mir bekannt vor. Ich war mir sicher, dieses Gesicht, diese eingefallenen Wangen und die hohen Wangenknochen schon mal gesehen zu haben, diese altmodisch zurückgekämmten silbernen Haare und diese steife Körperhaltung — wie die Karikatur eines Totengräbers in einem alten Western. Er wirkte hier wie ein Fremdkörper.

Mahr und sein Besucher kamen näher, so dass ich zunehmend ihr Gespräch verstehen konnte.

»Ich weiß nicht, was mich mehr überrascht. Dass Sie persönlich erscheinen, oder die etwas unchristliche Stunde, die Sie dafür gewählt haben«, brummte Mahr, sichtlich bemüht, nicht verschlafen zu wirken.

»Leider ist die Zeit stets gegen uns«, erwiderte der Besucher ausdruckslos, als hätte er weder Freude am Austausch von sarkastischen Bemerkungen noch Lust auf Erklärungen seiner Reisepläne. »Und wir sind besorgt über die neuen Allianzen, die Sie schmieden und die Verwicklungen, die sich daraus ergeben. Gar nicht zu sprechen von den Kollateralschäden, die Ihre klandestine Armee hier verursacht.«

Der Hausmeister schien sich an dieser Fremdwortwut nicht zu stören.

»Unser Geschäft mag ein blutiges sein. Doch denken Sie an die Kaninchenplage in Australien. Jetzt wissen es alle: Kaninchen gehören nicht nach Australien. Genauso ist es hier: die Aschewerdung gehört nicht in diese Welt.«

»Mein Name darf niemals mit diesen Dingen in Verbindung gebracht werden«, äußerte sich der Silberhaarige mit betonter und zugleich gedämpfter Stimme. Es schien keine Veranlassung zu geben, hier leise zu sprechen. Sein Halbflüstern entsprach wohl mehr einer Gewohnheit. »Ich bin ebenfalls hergekommen, um das noch einmal sicherzustellen.«

»Sie stecken genauso drin wie Ihr Verein, Monsignore. Wir führen hier keine Blumenkriege. Es geht nicht um mein oder Ihr Heil. Es geht um alles oder nichts. Wie, denken Sie, wird diese Welt in fünfzig Jahren aussehen, wenn wir einen Menschen wie Lichtmann gewähren lassen?«

Der Silberhaarige blieb stehen und sah Mahr mit ausdruckslosem Gesicht an.

»Es heißt nicht Monsignore«, sagte er schließlich mit kalter Stimme. »Es heißt Eure Exzellenz, oder wenn es unbedingt sein muss: Eure Erzbischöfliche Gnaden.«

Sein Name war Erzbischof Gruber. Er war ein konservativer Würdenträger, der die Kirche straffen wollte und offensichtlich genervt von ihrem Image als karitativer Verein für ältere Damen war.

»Vergeben Sie mir, Eure Exzellenz«, entgegnete Goldfinger mit einer Geste der Reue. »Ich bin nur ein unbedeutender Sünder. Und Sie können versichert sein, niemand erfährt von Ihrem Besuch hier.«

»Die Umstände zwingen mich, mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Doch sollte etwas durchsickern, werde ich bestreiten, Kenntnis von Ihrer Existenz zu haben.«

»Und sollte nichts durchsickern, Eure Exzellenz«, erwiderte der Hausmeister süffisant, »bestreiten Sie das am besten auch.«

Er marschierte leicht kopfschüttelnd einige Schritte weiter, blieb dann stehen und kehrte zu dem beherrschten Erzbischof zurück.

»Meine Organisation hat hundertzehn Jahre in vollkommener Verborgenheit existiert.« Herr Mahr gestikulierte jovial mit seinen Händen. »Hinter mir steht ein Ausschuss aus zwölf Ratsmitgliedern, die bereits in vierter Generation die Geschicke unserer Gruppe lenken. Ich muss zwei lokale Minister und einen Polizeichef bezahlen, damit diese unterirdische Anlage das bleibt, was sie ist: unbekannt. Dass Sie hier sind, ist ein Zeichen des Vertrauens. Aber wir haben schließlich eine Sache gemeinsam, und deswegen stehen wir nun hier: Wir wollen keine radikale Veränderung. Auf eine ›spirituelle Revolution‹ können wir verzichten. Wir möchten, dass die Dinge so bleiben, wie sie stets waren.«

Sie entfernten sich. Sie durchschritten langsam den Raum und befanden sich vor der Tür zum nächsten. Es wurde zunehmend unmöglich, ihr Gespräch zu verstehen. Nur einige Fetzen erreichten mich... Finanzierung... Geld... Zeit...

Eindeutig keine Mafia, dachte ich nur.

Langsam bewegte ich mich unterhalb der Fensterreihe, immer weiter den dunklen Gang entlang. Solange vor oder hinter mir niemand die Tür aufmachte und mich in dieser unwürdigen Körperhaltung ertappte, war es unmöglich, mich zu entdecken.

Am Ende des Gangs gab es wieder eine Tür und den angekündigten Stromkasten. Ich öffnete ihn leise und sah hinein. Es befanden sich ungefähr dreißig Sicherungsschalter darin, fast alle grün leuchtend und nur einige rot. Einer war in der Tat abgesetzt.

Ich probierte die Tür neben mir. Sie war nicht verschlossen. Dahinter aber befand man sich bereits auf einer eisernen Galerie ohne schützende Wand, oberhalb eines weiteren, benachbarten Raums. Das Geländer aus Stahl bot nicht genug Sichtschutz und so blieb ich hinten an die Wand gepresst, im dunklen Schatten. Hauptsache, niemand aus der unteren Etage kam auf die Idee, über die eiserne Treppe hierher auf die Galerie hochzukommen.

Ich reckte meinen Hals, um zu sehen, was sich unten abspielte. Die zweite Halle war deutlich kleiner, als der riesige Saal davor und glich eher einem großen Verließ. Die Wände waren unverputzt und das Licht gedämpft. Ich konnte zuerst nichts erkennen, außer einem leeren Stuhl inmitten des Raums.

Mahr und der Erzbischof waren eingetreten. Ihre Konturen zeichneten sich gegen das Licht ab, das nun durch die offene Tür in das dunkle Zimmer strahlte.

»Scheinwerfer«, sagte Mahr.

Ich konnte hören, wie direkt unter mir in einer Ecke des Raumes jemand aufstand und einige Schritte ging. Dann gab es ein lautes Klicken und das grelle Licht eines Scheinwerfers explodierte im Raum.

Ich zuckte zusammen.

Mahr, der Erzbischof und der Soldat blieben hinter dem Schein werfer im Schatten. An der Wand inmitten des grellen Lichtkegels stand oder viel mehr hing eine Frau. Sie drehte vergeblich das Gesicht beiseite, doch die blendenden Lichtstrahlen ergossen sich über sie und zeichneten den Weg ihrer Wunden nach.

Sie trug eine breite Männerhose nach Soldatenart. Nur ihr Oberkörper war entblößt. Auf ihrer Haut begegneten sich Prellungen, Schmutz und Striemen. Auf ihrer Stirn klaffte eine große Platzwunde, die sich wie ein Urwaldfluss verästelte. Ihre Brüste waren klein, ihre Oberarme muskulös. Ihr Oberkörper war verunstaltet mit Messerschnitten. Auf ihren Bauch hatte jemand mit einem scharfen Gegenstand das Wort »SLUT« geritzt, während über ihrer Brust noch das leicht blutende »HARLOT« geschrieben stand und auf der Seite unter der Achsel befand sich ein pragmatisches »WHORE«. Das hier war Gender Studies 101. Ich wusste nicht, was bizarrer anmutete: die hysterische Amerikanisierung, oder die eindimensionale Männlichkeit, die dieses noch lebende Dokument signiert hatte.

»Das muss Sie doch sentimental machen, Exzellenz. Ist das nicht wie damals?«

»Wie damals?« Der Blick des Kirchenmanns schwankte irgendwo an der Grenze zwischen Ahnungslosigkeit und Entsetzen.

»Nun, die Inquisition. Die hätten auf unserer Seite eine Menge zu tun. Vielleicht noch nicht jetzt. Aber bald. Denn wir haben einen Weg gefunden, wie wir sie erkennen können. Jederzeit. Mitten auf der Straße. Ich rechne damit, dass sich bald viel mehr von diesen...« Er stutzte auf der Suche nach dem richtigen Wort. »...von diesen Tieren in unserer Gewalt befinden werden.«

Der Kleriker schwieg. Die Szenerie war unwirklich. Die Frau hustete trocken und hielt weiterhin ihre Augen geschlossen. Ihr Kopf hing zur Seite, möglichst abgewandt von dem aufdringlichen Lichtstrahl. Sie sah aus wie ein weiblicher Christus.

»Das ist ein sehr rares, exotisches Vögelchen, das wir uns hier geschnappt haben. Lassen Sie sich von den weiblichen Rundungen nicht täuschen. Talitha Kumi ist ein Biest, mit dem Sie nicht allein in einem Zimmer sein möchten. Innerster Kreis. Womöglich Paul Lichtmanns rechte Hand. Auf jeden Fall eine seiner Geheimwaffen. Er befreit sie alle aus ihren erbärmlichen Lebensumständen, und sie gehen für ihn bis an die Grenze des Denkbaren. Ich habe sie für eine halbe Stunde den Söldnern überlassen. Sie hat den Mund gehalten. Aber ich habe nichts anderes erwartet. Aber hält sie die nächste halbe Stunde aus? Und die danach?«

Inzwischen betrat ein Söldner den Raum und sagte leise etwas zu Mahr. Die beiden befanden sich direkt unter mir, nicht mehr als vier Meter tiefer. Ich konnte trotz des Flüsterns das Wort »Kameraausfall« hören.

»Wir sind hier etwas in Eile, darum verzeihen Sie, wenn ich mich Ihnen nicht mehr widmen kann als nötig«, erklärte Mahr dem Erzbischof, der ihn ausdruckslos ansah. »Wo sind wir stehengeblieben?«

»Haben Sie denn nicht irgendwelche Chemikalien oder Medikamente, die das ein wenig zivilisierter gestalten?« wandte der Erzbischof mit der gewohnt gedämpften Stimme ein und deutete etwas verlegen auf die halbnackte Frau.

»Glauben Sie mir, das ist bei diesen Leuten vergeblich. Wir hatten schon bei dem Zwischenfall 1992 alles das versucht. Skopolamin und Natrium-Thiopental. Das Objekt lachte uns nur aus und zitierte John Milton und William Blake. Gestern haben wir diese Schlampe mit Alkohol abgefüllt, nur um zu sehen, was passiert. Sie kotzte einem der Soldaten über das Hemd und lachte mindestens zehn Minuten darüber. Sie lachte sogar noch, als der Soldat mit dem Messer seine Empfehlung auf ihren Bauch ritzte.«

»Was haben Sie nun vor?« wechselte der geistliche Würdenträger mit Ekel in der Stimme das Thema. »Führt das hier zu einem brauchbaren Ergebnis?«

»Wir üben uns in Geduld und Demut«, erwiderte Mahr kryptisch. »Früher oder später wird sie reden. Sie wird uns mitteilen, wo sich Paul Lichtmann aufhält. Und dort ist auch das Biofakt Delta. Wir haben uns nun mit ihrem Oberkörper befasst und werden ab heute unterhalb der Gürtellinie arbeiten. Früher oder später treffen wir den Nerv, der jeden zum Sprechen bringt.«

Der Silberhaarige wandte sich um und griff nach der Türklinke. Leise schlich ich mich zurück in den Gang und beobachtete den Geistlichen durch das Fenster, während er den Verhörraum verließ. Er hielt sich kurz ein weißes Taschentuch vor die schmalen, blassen Lippen.

Mahr kam nach und stand nun schweigend neben ihm. Sie beobachteten das verschlafene Treiben im Hauptquartier. Mahr wandte sich um und trat an einen der zahlreichen Tische im Saal. Dort lagen Waffen. Zwei automatische Pistolen. Ein kurzes, kompaktes Maschinengewehr. Ein langer, wuchtiger Dolch.

»Das hier haben wir ihr abgenommen«, erklärte Mahr. »Zwei GLOCK 34. Wie geschaffen für Frauenhände.« Er nahm eine der Pistolen und ließ das Magazin herausspringen, lediglich mit dem Ziel, es effektvoll wieder einrasten zu lassen. »9x19mm. Je siebzehn Schuss. Kunststoff, minimale Stahleinlagen. Manche Handdetektoren reagieren darauf gar nicht. Inmitten dieses friedfertigen Landes gibt es Leute, die mit so etwas durch die Stadt laufen. Dabei ist München nicht gerade Harlem oder Kandahar.«

Der Erzbischof musterte mit einem gewissen Unbehagen das ausgebreitete Arsenal.

»Diese Leute sind eine Bedrohung unserer Werte, Eure Exzellenz. Für all das, für das Sie und ich einstehen. Sicherheit, Stabilität, Tradition. Das sind Terroristen, Häretiker, Okkultisten und Mörder. Ich würde jeden Tag zehn solcher Frauen foltern, wenn ich die Garantie hätte, dass es den Frieden und das Seelenheil aller Bürger und Christen dieses Landes sichert. Für diese Zivilisation.«

Der Geistliche schwieg. Die Methoden schienen ihm nicht zu behagen. Doch er wirkte wie jemand, der keine alternativen Pläne besitzt.

»Die Seuche der Lux Aeterna muss ausgemerzt werden, Exzellenz!« zischte Mahr auf dem Gipfel seiner Agitation. »Ein für allemal!«

»Sie wissen, das alles ist nicht der Grund, weshalb ich Sie unterstütze.«

»Natürlich nicht«, erwiderte Mahr mit gedämpfter Stimme. »Sie sind auf unserer Seite, weil Sie wissen, dass wir unsere Auftrage direkt von den Himmlischen Boten erhalten.«

»Wann werde ich einem von ihnen begegnen?«

»Sie werden also mit dem Heiligen Vater sprechen?«

»Das ist nicht so einfach. Seine Heiligkeit ist, wie Sie wissen, schwer krank. Und...« Er zögerte einen Augenblick, als würde er die richtigen Worte wählen. »Die Kirche hat seit Jahrhunderten nicht mehr an solchen Unternehmungen partizipiert!«

»Die Frau da drin«, erwiderte Mahr und zeigte mit dem Finger auf die Tür zum Verhörraum, »ist nicht die Vertreterin einer neuen Befreiungstheologie. Wenn wir nichts unternehmen, ist es das Ende des Abendlandes, wie wir es kennen.«

»Vielleicht wird der nächste Papst für Ihre Vorschläge empfänglicher«, sagte der Silberhaarige. »Sie müssen sich gedulden. Aber erwarten Sie nicht, dass irgendwer die Inquisition wieder einsetzt, oder ähnliche obskure Ideen.«

»Keine Sorge«, sagte Mahr leise. »Wir verstehen unser Geschäft.«

Der Erzbischof streckte leicht seinen Arm zur Seite und hielt die offene Handfläche hoch. Aus dem Hintergrund trat einer seiner stummen Begleiter und legte ihm ein würfelförmiges, dunkelblaues Kästchen in die Hand. Der Erzbischof reichte es an Mahr weiter.

Der Hausmeister nahm das Kästchen und musterte das große griechische Symbol auf der Oberseite. Seiner Brust entglitt ein Seufzer.

»Das Zeta. Es ist unglaublich«, flüsterte er, kaum hörbar. Sie befanden sich nun am Rande des Saals, direkt unter meinem Versteck. »Nicht lebendig und nicht tot. Es ist etwas anderes. Die Loge wird sehr zufrieden sein.«

Der Erzbischof schwieg. Mahr das Kästchen zu geben, schien für ihn die einzige Option zu sein, aber nicht die Idealvariante des Spiels, was für ein Spiel es auch immer war. Der Hausmeister merkte ihm das Unbehagen an.

»Ich... Ich habe noch nie eins gesehen«, meinte Mahr leise, für mich kaum vernehmbar. Die Jovialität war aus seiner Stimme gewichen.

»Erstaunlich, gemessen daran, dass die Loge bereits zwei in ihrem Besitz hat«, brüskierte ihn der Erzbischof trocken.

Mahr hörte ihm kaum zu. Er öffnete langsam das Kästchen. Hypnotisiert beobachtete er die grünliche Kugel, eingebettet in eine schwarze Mulde. Das Gebilde strahlte in den unterschiedlichsten Grüntönen, wie ein Urwald in der Mittagssonne.

»Es leuchtet«, flüsterte Mahr ehrfürchtig.

»Natürlich«, erwiderte Seine Exzellenz trocken und sah auf seine Uhr. »Wir transportieren gerade das Alpha nach Rom. Der Wagen muss sich weniger als zweihundert Kilometer von hier befinden.«

»Sie reagieren aufeinander...« Von unten grünlich angeleuchtet, sah der Hausmeister wie ein dicker, chinesischer Dämon aus. »Ab wann könnten Erdbeben auftreten?«

»Wir wissen es nicht. Nach den Aufzeichnungen erst dann, wenn mindestens vier Biofakte zusammenkommen.«

»Woher weiß ich, dass das hier echt ist? Es könnte irgendein Trick sein«, rief Mahr plötzlich aus. Seine Augen wanderten unruhig zwischen dem Erzbischof und dem Biofakt.

»Sie müssen keine Farce für mich aufführen, nur um eine Berührung zu rechtfertigen«, erwiderte Gruber unterkühlt und blickte erneut auf die Uhr.

Mahrs Hand streifte zuerst zaghaft über sein Hosenbein, dann schob er sie langsam in Richtung des Kästchens. Er berührte die Kugel kurz mit den Fingerspitzen. Es dauerte nur Augenblicke, doch ich bemerkte, dass er währenddessen seine Augen geschlossen hielt.

»Unglaublich...«, flüsterte er anschließend. »Unglaublich...«

»Beweis genug?« fragte ihn der Geistliche mit dem Anflug eines grausamen Lächelns, während er das Kästchen aus Mahrs Händen nahm und es vorsichtig zuklappte. Ohne sich umzusehen, reichte er die Schachtel nach hinten. Sein Leibwächter nahm sie sofort aus seiner Hand und ließ sie in einem Aluminiumkoffer verschwinden.

»Gewagt, das Ding mit nur so wenig Mann zu transportieren«, bemerkte Mahr und schluckte trocken, noch immer unter dem Eindruck der Berührung.

»Glauben Sie mir, das Biofakt ist sicher«, beruhigte ihn Gruber.

»Ich kann kaum glauben, dass wir so nahe sind...«, murmelte der Hausmeister.

Dem Erzbischof war nicht nach Plaudern.

»Das Millennium Christi ist unabwendbar«, sagte er.

Zum Abschied reichte er ihm nicht die Hand. Auch erwartete er nicht, dass Mahr ihm den Ring küssen würde. Er nickte lediglich dezent und schritt mit seinem Leibwächter davon. Am Ausgang des Hauptquartiers standen zwei weitere stämmige Kerle in Anzügen mit Rollkragenpullovern bereit. Mahr wiederum nickte seinen Schergen zu, die dem Erzbischof und seinen Begleitern stumm eines der Metalltore öffneten.

Wo war ich hier nur? Und wo war Manzio? Ich ließ meinen Blick durch den Raum streifen und erstarrte beinahe. Einer der schwarzgekleideten Söldner durchquerte den Raum, und ich erkannte seine Statur sofort. Manzio. Er trug nun ebenfalls eine Schirmmütze, die er sich tief ins Gesicht gezogen hatte. Er stand zuerst einige Augenblicke in der Ecke des Raums und sah sich alles genau an, wirkte dabei jedoch nicht anders, als ein gewöhnlicher Wächter. Dann marschierte er erneut los, lässig und alltäglich. Das war derselbe Typ, der nur noch Bongs rauchte, da ihm das Drehen von Papier zu anstrengend war. Unterwegs griff er sich beiläufig den leeren Karton und klemmte ihn sich unter den Arm. Er steuerte den Tisch mit den konfiszierten Waffen an. Dort blieb er stehen und begann, mit gleichgültiger Miene, die Waffen in den Karton zu legen.

Mein Herz klopfte schneller als ein Trance-Beat. Doch Manzios lockerer Gang zeigte nicht die geringste Spur von Aufregung. Er verschwand hinter der Tür zum Verhörraum, als hätte er schmutziges Geschirr in der Küche abzuliefern.

Aufgeregt schlich ich mich wieder auf die Galerie oberhalb des Verhörraums. Der große Scheinwerfer war noch immer eingeschaltet. Ich konnte nicht sehen, was sich in der Dunkelheit hinter dem Scheinwerfer abspielte, doch ich hörte einige dumpfe Schläge und dann glitt der Körper der Wache stumm über den rauen Boden, hinein in den hellen Lichtkreis. Augenblicke später betrat auch Manzio das Licht und schlenderte zu der Frau. Er griff in den Karton und nahm das große Messer heraus. Er schnitt ihr damit die Lederfesseln durch. Dann stellte er die Kiste vor sie auf den Boden und kehrte zu dem bewusstlosen Soldat zurück.

Das alles geschah wortlos. Keine Begrüßung, keine Gesten, keine Mitteilungen. Die Frau beugte sich vor und stützte sich erst mal gegen ihre Knie. Sie verharrte einige Zeit in dieser Haltung. Ich sah nun die Tätowierung auf ihrer Schulter, die aus einem Kreis bestand, der im gleichen Abstand von fünf Punkten oder Kugeln unterbrochen wurde. Inmitten dieses Kreises war die römische Zahl VII eintätowiert.

Manzio zog inzwischen dem Soldat seine Jacke aus und brachte sie der Frau. Sie zog sie schnell über ihren nackten Oberkörper, nahm sich aber nicht die Zeit, die Knöpfe zu schließen. Statt dessen schlüpfte sie in das Schultergeschirr mit den beiden Pistolenhalftern und warf sich das kurze Maschinengewehr über die Schulter.

Im nächsten Augenblick hörte ich unten das Geräusch der Tür. Ich wand meinen Kopf zur Seite, um zu sehen, was passiert war, aber ich war zu langsam. Manzio riss mit einer einzigen Bewegung eine Pistole aus dem Halfter und feuerte in den Scheinwerfer hinein.

Sofort war es stockfinster. Geblendet von den Scheinwerfern, hatten meine Augen keine Möglichkeit, sich so schnell an das gedämpfte Licht anzupassen. Ich hörte nur die Geräusche von Stiefeln auf der Eisentreppe zur Galerie, überdeckt von weiteren Schüssen und schmerzerfülltem Geschrei. Panisch starrte ich in das schwarze Nichts. Dann sprang ich auf und schob mich hastig durch die Tür. Ohne nachzudenken griff ich in den Sicherungskasten und kippte den Hauptschalter um. Mit einem Schlag wurden alle Leuchten rot. Die gesamte Anlage tauchte in vollständige Dunkelheit.

Ich rutschte entlang der Wand in die Hocke und rätselte, was als nächstes passieren würde.

»Trödle hier nicht herum«, hörte ich plötzlich Manzios Stimme dicht neben meinem Kopf. Ich konnte die Frau riechen. Es war eine seltsame Mischung aus Schweiß, Blut und Spirituosen.

Mehr dem Gehör nach folgte ich den beiden durch die Dunkelheit, zurück in den Fenstergang oberhalb des Hauptquartiers. Wir rannten durch die Korridore, ohne jemandem zu begegnen. Nur nach einer Minute standen wir wieder vor der blauen Tür.

Erst jetzt holte mich langsam die Realität ein. Die Gegenwart war wie ein mächtiger Riese, der sich nun über mich beugte und mich ohrfeigte. Sei mir gegrüßt, denn hier bin ich, dein Nervenzusammenbruch. Flog mir gerade mein Leben um die Ohren?

Die asiatischen Mädchen lagen und saßen noch immer auf ihren Pritschen und blickten uns verängstigt an. Manzio schloss die verrostete Eisentür hinter uns.

»Wenn du die Thais unbedingt retten willst, dann nimm sie jetzt mit. Geh in die St. Pauls Kirche an der Landwehrstraße. Unter der fünften Kirchenbank ganz rechts ist ein Schlüssel angebracht. Du brauchst diesen Schlüssel, wenn du zum Hauptbahnhof gehst. Und du wirst ein Passwort brauchen. Es lautet: EKLIPSE. Wir werden uns oben auf der Straße trennen.«

Die Frau lehnte sich erschöpft gegen die Wand und prüfte schweigend die Magazine ihrer Waffen.

»Ich wollte sie nicht retten, das war doch deine Idee«, rief ich ihm zu, doch er beachtete mich nicht. »Und warum sollen wir uns trennen? Da unten gab es Tote! »

Manzio kniete sich auf den Boden zwischen die Pritschen und blickte alle Mädchen einzeln an. »Rao pay«, zischt er ihnen mit halbleiser Stimme zu. »Rao pay. Phom chuay!«

Es kam plötzlich Leben in sie. Die Thailänderinnen schienen nun eine Neubewertung der guten und bösen Jungs vorzunehmen.

»Los! Schnell! Rao pay«, raunte ihnen Manzio zu.

Wir liefen alle durch den Heizungsraum, hinaus in den kalten, feuchten Gang. Das Blut pochte in meinem Kopf. Ich rannte voraus, hinter mir die jungen Frauen. Ich hörte sie schwer und aufgeregt atmen, doch sie unterdrückten ihre Furcht. Vermutlich hatten sie weniger Angst als ich. Dennoch teilten wir alle das kollektive Gefühl, dass ein Drache nur wenige Meter hinter uns durch den Korridor jagte. Haben Sie jemals seinen heißen Atem im Nacken gespürt? Keine Achterbahn und kein Horrorfilm kann sich damit messen.

Manzio hielt an jeder Tür an und verschloss sie hinter sich. Dann brach er den Schlüssel im Schloss ab. Der Lichtkegel meiner Taschenlampe tanzte stets einige Meter voraus und führte uns an. Schließlich stießen wir die letzte Tür auf und standen im Souterrain unseres Hauses. Ich hatte endgültig die Schnauze voll von unterirdischen Abenteuern.

Der ursprüngliche Plan, zu sehen, ob die Luft rein sei, stand offensichtlich nicht mehr zur Debatte. Manzio und Talitha stürzten sich hinaus in den Hof. Wir folgen ihnen.

Die Thailänderinnen waren erstaunlich leise und beherrscht. Sie trugen nur wenig mehr als schmutzige Nachthemden. Doch es herrschte keine Panik, es gab kein Geschrei. Ich sah im Licht der Straßenlaternen die große Zeichnung der Kraniche neben der Eingangstür. Was für ein widersinniger Ort dieses Haus doch war!

Die befreite Kriegerin marschierte zielstrebig über den Hof und zielte mit ihrem Maschinengewehr abwechselnd in alle möglichen Ecken der umgebenden Hausfassaden.

Manzio holte uns auf. Ich zitterte am ganzen Körper, aber ich weiß nicht, ob es Aufregung oder Kälte war. Vermutlich beides. Der kalte Wind wand sich um einen schweißgebadeten Körper.

»Was wird aus meiner Wohnung? Meinen Sachen?« zischte ich panisch. »Was wird aus den Mädchen?«

Doch Manzio antwortete nicht. Er eilte zur Straße und öffnete dort einen Wagen. Seine Hände tauchten in die Dunkelheit hinter den Sitzen des Autos, und als er wieder den Gehsteig betrat, sah ich zwei weitere Schusswaffen.

»Der Schlüssel steckt. Ich hoffe, du kannst fahren. Ich verschaffe dir Zeit. Los!«

Ich blickte ihn ungläubig an.

»Dein Manzio ist tot!« schrie er über die Schulter. »Los!«

Plötzlich erklang der dumpfe Knall eines Pistolenschusses. Neben mir zersprang das Fenster eines BMWs. Die Scheibe verfärbte sich milchig und bröckelte in tausend kleine Scherben auf den Fahrersitz. Der pulsierende Alarm heulte auf.

Eine Sekunde später bellte im Stakkato das Maschinengewehr der Kriegerin los.

Auch Manzio wirbelte in die Schussrichtung und feuerte in kürzesten Abständen eine Salve aus vier oder fünf Kugeln ab.

Wie in einem Traum bewegte ich mich auf den Minibus zu und riss die Seitentür auf. Mehr im Hintergrund meiner sich überschlagenden Gedanken schälte sich die Erkenntnis heraus, dass das dumpfe Geräusch, das hinter mir auf dem Steinpflaster ertönte, von dem toten Körper eines Menschen verursacht wurde, der aus großer Höhe gefallen war. Doch ich blickte nicht hin. Ich begriff, dass ich den Mädchen nun irgendwie auftragen musste, in das Auto zu steigen. Doch die vier Thailänderinnen waren wesentlich gefasster als ich. Noch während ich mich zu ihnen drehte, schlüpften sie hinter meinem Rücken hindurch und ließen sich auf die Sitzbänke des Minibusses fallen. Nur zehn Schritte entfernt stand Manzio und ballerte durch die Gegend. Während ich mich hinter das Lenkrad zwang, sah ich die Frau, die der Hausmeister Talitha nannte. Sie hatte sich auf ihr linkes Knie gesetzt, um einen besseren Halt zu haben, und feuerte Salven in die Nacht. Ich glaubte nicht, dass seit 1945 etwas derartiges in München geschah. Könnte jemand den Film anhalten? Ich möchte mich mal übergeben. Panisch drehte ich an dem Zündschlüssel. Ich hatte mal einen alten Ford Escort. Doch das Ding hier war deutlich größer. Es kam mir vor wie ein Lastwagen.

»Was meint er mit tot?« murmelte ich abwesend, während ich am dem großen Lenkrad drehte.

Als ich mit quietschenden Reifen am Ende der Gasse abbog, um auf die Landsberger Straße zu fahren, hörten sich die Schüsse hinter mir bereits an, wie die Artillerie in einem Kriegsfilm. Und ein wenig wie Silvesterböller.

Polizei, dachte ich. Ich muss die nächste Polizeistation finden. Ich sollte mit denen gar nicht reden. Ich schicke nur die Mädchen hoch zu ihnen. War da nicht eine Polizeistation in der Bayerstraße, direkt neben dem Hauptbahnhof? Als ich das Zentrum erreichte, fuhr ich langsamer und vorsichtiger. Die Straßen um den Bahnhof waren leer. Das Ziffernblatt auf meinem Armaturenbrett zeigte vier Uhr morgens. Ich blieb am Postamt stehen und ließ den Motor laufen. Ich atmete tief aus. Stille. Keine Schüsse mehr. Ruhe finden. Runterkommen. Die Frauen schwiegen und warteten. Entweder verstanden sie meine Gefühlslage oder sie waren lediglich abgerichtet, in jeder Situation die Ruhe zu bewahren. Vermutlich traf beides zu.

Nach einer Weile drehte ich mich zu ihnen.

»Ihr müsst hier aussteigen«, sagte ich. Sie sahen mich ausdruckslos an. Zwei von ihnen flüsterten sich etwas zu.

»Ihr versteht kein Wort, oder?« meinte ich und trommelte nervös mit den Fingern auf dem Lenkrad. »Da hinten«, ich wies durchs Fenster auf die andere Straßenseite, »ist die Polizeistation. Polizei. Ihr geht dort hin und redet mit ihnen. Die kümmern sich um euch. Alles wird gut.«

Eine der jungen Frauen schien in der Gruppe das Sagen zu haben. Sie wirkte zwei oder drei Jahre älter als die anderen.

»No police«, erwiderte sie entschlossen. »No police.«

»Hey, das ist nicht so wie in Pattaya«, versuchte ich ihr zu erklären. »Das ist Bayern hier. Die werden euch nichts tun.«

»No, Sir. No police... Police bad.«

Sir, dachte ich. Das kann wirklich heiter werden. Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn und blickte wieder geradeaus.

»Das ist ein großer Fehler, den du hier machst«, sagte ich halblaut und legte den ersten Gang ein. »Einen großen Fehler machst du hier...« Ich setzte mich mit dem Wagen langsam in Bewegung und drehte eine Runde um den Hauptbahnhof. Dann bog ich ab und fuhr zum Bavariaring. Dort parkte ich und sah auf die Uhr. Wir beobachteten die St. Pauls Kirche und schwiegen, während der abkühlende Motor leise und unregelmäßig pochende Geräusche von sich gab.

Ich rechnete nicht damit, einfach so einzuschlafen. In meinem Kopf überschlugen sich Bilder und Gedanken. Nach irgendwelchen pathologischen Kriterien stand ich sicherlich unter Schock und brauchte psychologische Betreuung. Doch die war gerade Mangelware. Nichts ergab Sinn, und jede Zelle meines Körpers schien sich in einem Zustand der Unruhe zu befinden. Als ich nach einer Weile zu den Mädchen sah, schliefen sie alle, als wären wir auf einer Rundreise durch Südfrankreich.

Wo bin ich?! Ich riss mich hoch. Es war bereits hell. Im Wagen war es kühl. Die jungen Frauen hatten zwei Decken gefunden und sich darin eingewickelt. Die Fenster des Minibusses waren von unserem Atem beschlagen. Ich fuhr mit der Hand über das Glas und verschaffte mir etwas Sicht. Dann stieg ich aus und machte die Tür hinter mir zu. Ich röchelte etwas und rieb meine kalten Unterarme. Die Schlüssel steckte ich ein.

Die Kirche war bereits offen und menschenleer. Von draußen drang gedämpft das Geschrei von Krähen herein. Ich tat möglichst unauffällig und gleichgültig — was vermutlich ein erbärmliches Resultat ergab. Schließlich setzte ich mich in die fünfte Reihe, mit einem Gotteslob in der Hand und tastete die Unterseite der Bank ab. Nach wenigen Augenblicken berührten meine Finger etwas Metallisches.

Zurück im Wagen sah ich mir die vier Mädchen genauer an. Sie waren wieder alle wach und gähnten vor sich hin. Ich fragte mich, was all die Männer an Thailänderinnen finden, denn diese sahen aus wie vier Küken auf einem Strand, vor dem ein Erdöltanker havariert war. Ich sah sie so wie sie waren. Ohne dieses typische Lolita-Make-Up und die bauchfreien T-Shirts. Mit schmutzigen Wangen, zerzausten Haaren und in diesen Nachthemden steckend, die auch schon bessere Tage erlebt hatten. Es war unmöglich, mit ihnen durch die Stadt zu gehen, ohne nicht nach fünf Sekunden alle Blicke auf sich zu lenken und verhaftet zu werden. Ich musste mir etwas einfallen lassen. Ich fuhr mit der Hand über die Fenster, um den Beschlag wegzuwischen. Als die Frauen das sahen, taten sie es mir an ihren Fenstern nach.

Plötzlich legte eine von ihnen ihre Hand auf meine Schulter. Ich zuckte etwas zusammen und drehte mich zu ihr. Als sie meine Aufmerksamkeit hatte, lehnte sie sich auf ihrem Sitz zurück und zog das schmutzige lange Unterhemd hoch. Die anderen sahen ihr dabei zu.

So sehr ich surreale und bizarre Situationen schätze, hob ich instinktiv meine Hände hoch und wollte ihr pantomimisch deutlich machen, dass ich an einer »Bezahlung« für meine bisherigen Heldentaten nicht interessiert war.

Doch das Mädchen fuhr statt dessen mir der Hand an ihren Schoß und ich sah zwei ihrer Finger in dem Spalt abtauchen. Sie winkelte dazu ihr rechtes Knie etwas an und verzog das Kinn ein wenig, als führte sie gerade eine schwierige Übung durch.

Bevor ich begriffen hatte, was vor sich ging, saß sie wieder aufrecht auf dem Rücksitz, mit herunter gerolltem Unterhemd und hielt mir ihre Hand entgegen. Ich starrte auf ein kleines Stück Papier. Es war zu einem kleinen Röhrchen zusammengerollt. Ich nahm es. Es war weich und feucht. Vorsichtig trennte ich mit dem Fingernagel das klebrige Ende des Röllchens und entfaltete das Papier. Ausgerollt war es fünfzehn Zentimeter lang. Es war bedruckt mit einem Text, der mir sinnlos erschien. Eine Ansammlung von Buchstaben. Offensichtlich chiffriert. Ich nahm an, dass es eine Nachricht war. Es hatte diesen äußeren Charakter einer Botschaft oder eines Telegramms. Der Hausmeister mochte das Stück Papier bei einem seiner lüsternen Besuche im Keller verloren haben, und die Mädchen hatten es vermutlich tagelang bei sich versteckt. Auf eine äußerst delikate Art und Weise.

Langsam begann ich zu glauben, dass ich in einem Christopher-G.-Moore-Roman gefangen war.

»Ich werde es mir näher ansehen«, sagte ich statt dessen mit einem etwas schüchternen Tonfall.

Sie nickte mir zu, als hätte sie mich verstanden.

Wir fuhren zum Hauptbahnhof. Die tägliche Verkehrspsychose war bereits in vollem Gang. Es war inzwischen nicht leicht, dort einen Parkplatz zu finden. Vor allem nicht mit einem Minibus.

Wieder blieb mein Blick auf der Polizeistation haften. Die beste Idee, die ich heute haben konnte, war, einfach gegen den Willen der Mädchen einen Beamten, oder noch besser eine Polizeibeamtin herzuholen.

»You must wait here!« sagte ich den Thais mit Nachdruck und kletterte aus dem Wagen.

Ich überquerte die Straße und betrat eine der Telefonzellen. Während ich den Hörer abnahm, streifte mein Blick von dem schwarzen Van zu meiner Linken zur Polizeistation zu meiner rechten. Ich hatte keinen Pfennig Geld dabei und auch keine Telefonkarte. Doch der Apparat nahm Notrufe kostenlos entgegen.

»Notrufzentrale«, erklang es in meinem Ohr.

Ich sah die Köpfe der jungen Frauen in dem Minibus. Sie schienen sich zu unterhalten. Ich legte wieder auf.

Die Polizei konnte ich immer noch anrufen, tröstete ich mich, um mich nicht wie ein kompletter Narr zu fühlen. Doch ich hatte noch nicht einmal den Schlüssel versucht. Ich wollte zuerst mehr von dem verstehen, was hier vorging. Die Ereignisse der letzten Nacht verwirrten mich. Und Manzio? Wieso war dieser bekiffte Nihilist plötzlich so cool und draufgängerisch? Hatte er die Schießerei überlebt? Nichts ergab Sinn.

Ich drehte mich herum und versuchte mich zu erinnern, wo die Schließfächer standen. Ich fand sie schnell. Als ich den recht dunklen Seitengang mit den unzähligen Metalltüren betrat, sah ich mich um. Ich war alleine. Da stand ich mit einem Schlüssel in der Hand, um ein unbekanntes Schließfach zu öffnen. Ich sah am Ende des Gangs die Menschen im grellen Tageslicht und musste plötzlich lachen.

Wieso fand ich das alles nicht schrecklich? Wieso saß ich nicht schon längst bei einem Verhör bei der Polizei? Wieso...?

Der Gedanke war zu kühn...

Wieso gefiel mir das hier?

»Hey, ich mag das!« rief ich leicht hysterisch aus, als wäre ich von heimlichen Beobachtern und Zuhörern umgeben. Niemand beachtete mich.

Aber war es verwunderlich? Die Situation mochte ernst sein, vielleicht sogar gefährlich — doch diese ganze Geschichte mit Schlüs seln und Schließfächern war wie eine Blaupause für den ultimativen Knabenroman. Ich hatte gesehen, was Mahr mit den jungen Frauen anstellte. Und ich wollte verstehen, wie das alles zusammenhing. Die Polizei würde es mir nicht sagen, denn sie würden mich wie einen Dummkopf behandeln, wie einen Bürger, den man nicht mit zu viel Wahrheit behelligen sollte. So ist das schon immer gewesen — seit Lucius Aelius Seianus bis heute. Da unten, in den Kellern, in Mahrs Reich, hatte ich mich wie ein Feigling gefühlt. Ich wollte mir selbst noch eine Chance geben. Und dafür musste ich noch ein kleines Stück länger spielen.

Wenigstens hinter die Tür des Schließfachs blicken.

Dann sehen wir weiter.

In den Spiegeln
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