16
»Er ist tot«, sagte Horatio.
Jason saß durchnässt und zitternd mit einer Decke um die Schultern auf einem Klappstuhl. Ihm waren Handschellen angelegt worden, aber Horatio hatte darauf bestanden, dass er die Hände vor dem Körper behalten durfte. Jason sah aus, als habe er tagelang nicht geschlafen, und in seinen Augen lag ein gequälter Ausdruck.
»Wir haben Sinhurma auf dem Boden liegend gefunden«, sagte Horatio. »Als die Rakete keinen Blitz auslöste, muss er sich etwas gespritzt haben – was, das wissen wir noch nicht. Er wurde von Krämpfen geschüttelt, als wir reinkamen.«
»Und die anderen?«
»Sind in Gewahrsam. Shanique Cooperville hat versucht, sich die Pulsadern aufzuschneiden, aber wir konnten das Schlimmste verhindern. Die anderen haben sich ergeben – anscheinend waren Sie nicht der Einzige, der Zweifel hatte.«
»Was passiert jetzt mit mir?«
»Nicht so viel, wie Sie denken. Weil Sie mit uns kooperiert haben und ohne Ihr Wissen Medikamente verabreicht bekamen, finden wir bestimmt eine Lösung.«
»Ich habe die Rakete nicht abgefeuert, Horatio – die, die Phil getötet hat. Ich schwöre, ich habe es nicht getan!«
»Das weiß ich«, entgegnete Horatio. »Ich habe das nachprüfen lassen – an jenem Tag haben Sie mit Dr. Wendall gearbeitet und waren gar nicht in der Nähe des Earthly Garden. Nein, die Rakete wurde von jemandem im Restaurant gezündet.«
»Und von wem?«
»Von demjenigen, der auch Ruth getötet hat …«
»Ich verstehe das nicht«, sagte Delko.
Er untersuchte mit Wolfe das Holzhaus. Sinhurmas Leiche lag ausgestreckt auf dem Boden. Der Tod hatte ihm alle Souveränität und Würde geraubt, um die er sich immer so bemüht hatte. Die Spritze, die in seinem Arm gesteckt hatte, war bereits fotografiert und eingetütet, und aus seinem geöffneten Mund tropfte schaumiger Speichel auf den Boden.
»Was gibt es da zu verstehen?«, entgegnete Wolfe, der gerade die Innenräume des Hauses fotografierte. »Er war verrückt, er hat sich umgebracht.«
»Das meine ich gar nicht«, erklärte Delko. »Shazam. Was zum Teufel ist ›Shazam‹?«
»Das ist das Zauberwort, das Billy Batson sagt, um sich in Captain Marvel zu verwandeln«, erklärte Wolfe, während er mehrere Fotos von der Leiche schoss. »Damit ruft er einen mystischen Blitzschlag hervor, der ihm seine Superkräfte verleiht.«
»Oh«, machte Delko. »Na, dann ergibt das wohl einen Sinn, jedenfalls für einen Geistesgestörten mit Messias-Komplex.«
Die Kabel zu den Sprengkörpern in den wasserdichten Behältern, die von unten an die Böden der Häuser geschraubt waren, hatte Horatio mit Jasons Hilfe durchtrennt. Das Kontrollpult stand jedoch noch auf dem Tisch neben Sinhurmas Leiche. Das Gerät besaß drei Schalter: einen zum Abschuss der Rakete und zwei für die Zündung der Sprengsätze unter den Häusern.
Wolfe nahm den Apparat in die Hand und untersuchte ihn. Auf der Rückseite befand sich eine Klappe, die er sofort aufriss. Dahinter verbarg sich eine Zwölf-Volt-Batterie.
»Sieh dir das an. Wenn sich jemand die Zeit genommen hätte, eine einfache Überbrückung zu legen, hätte Sinhurma sich beim Betätigen des Schalters auch selbst in die Luft jagen können.«
»Ja, aber Sinhurma war so davon überzeugt, Gott auf seiner Seite zu haben, dass er sich ganz auf das Gewitter verlassen hat.«
»Aber nicht Sinhurma hat das hier zusammengebaut«, sagte Wolfe, »sondern Jason. Und er wusste auch, dass die Rakete mit fünfzigprozentiger Wahrscheinlichkeit gar keinen Blitz auslösen würde.«
»Und?«
»Also war nicht Sinhurma derjenige, der sich auf Gott verlassen hat«, sagte Wolfe, »sondern Jason.«
»Der Typ denkt wie einer vom C.S.I.«, entgegnete Delko. »Vertrauen ist gut … aber Absichern ist besser.«
Calleigh und Horatio saßen dem Gefangenen mit dem orangefarbenen Overall gegenüber. Seit seiner Festnahme in den Everglades saß er im Bezirksgefängnis. Aufgrund der Tatsache, dass er nur knapp dem Tod entgangen war, schien sich seine Einstellung seit dem letzten Gespräch geändert zu haben. Seine Selbstsicherheit war verschwunden, und er wirkte reichlich nervös und zappelig.
Das mag natürlich auch daran liegen, dass ihm seine tägliche Spritze fehlt, dachte Horatio.
»Darcy Cheveau«, sagte er. »Sie haben Glück, dass Sie noch am Leben sind.«
»Ja, allerdings, wem sagen Sie das«, antwortete Cheveau. »Ich wusste ja nicht, dass der Typ so verrückt war, Mann, ich hatte ja keine Ahnung! Damals kam mir das alles ziemlich vernünftig vor, wissen Sie?«
»Kann schon sein«, erwiderte Horatio. »Aber ich würde Ihnen raten, das beim Mordprozess nicht zu Ihrer Verteidigung vorzutragen.«
»Was? Hey, ich war derjenige, der um ein Haar getötet wurde.«
»Vielleicht kommt ja noch was. Warten Sie ab«, entgegnete Horatio mit eisigem Unterton. »Sie haben es vielleicht nicht mehr mit einem religiösen Fanatiker zu tun, dafür aber mit dem Staat Florida und der Todesspritze.«
»Nein, auf keinen Fall! Wenn hier einer einen Mord begangen hat, dann der Doc.«
»Das ist nicht wahr«, erwiderte Horatio, »und das wissen wir beide. Sinhurma hätte sich mit so etwas nie die Hände schmutzig gemacht. Solche Dinge ließ er von loyalen Gefolgsleuten ausführen.«
»Ich weiß nicht, wovon Sie reden«, sagte Cheveau, machte eine verächtliche Handbewegung und sah fort.
»Ich rede von Ruth Carrell«, klärte Horatio ihn auf. »Krempeln Sie bitte mal Ihren Ärmel hoch. Den linken.«
»Warum?«
»Entweder machen Sie es selbst«, warf Calleigh ein, »oder wir rufen einen Officer, der Ihnen dabei hilft.«
Cheveau zuckte mit den Schultern. »Wie Sie wollen«, sagte er und rollte den Ärmel bis zum Ellbogen hoch.
»Da haben Sie aber einen hässlichen Striemen«, bemerkte Calleigh. Auf der Innenseite von Cheveaus Unterarm war eine geschwollene, rötliche Schürfwunde zu sehen.
»Nur ein Kratzer.«
»Stimmt«, sagte Calleigh. »Und ich kann Ihnen auch genau sagen, woher der kommt. Sie sind nicht besonders geschickt im Bogenschießen, nicht wahr, Mr Cheveau?«
»Nicht wirklich. Das war eher Julios Ding – er hat immer auf dem Schießstand der Klinik trainiert.«
»Deshalb hat Sinhurma ihn auch nicht eingesetzt«, bemerkte Horatio. »Das wäre zu offensichtlich gewesen. Julio hat die Ausrüstung besorgt, aber jemand anderes hat den Pfeil abgeschossen. Anfänger haben oft solche Striemen wie Sie – wenn man den Bogen nicht richtig hält, schrammt die Sehne beim Loslassen den Unterarm.«
»Natürlich«, sagte Cheveau. »Als hätte ich mir den Kratzer nicht auf viele Arten zuziehen können!«
»Dann wären aber keine Hautzellen von Ihnen an der Bogensehne haften geblieben«, erwiderte Calleigh wenig beeindruckt. »Und die passen zufällig zu Ihrer DNS-Probe. Damit kann ich beweisen, dass Sie diesen Bogen benutzt haben. Nicht schlecht, oder?«
»Na und? Dann hat Julio den mir eben geliehen, und ich habe auf dem Schießstand ein bisschen damit herumgespielt. Das bedeutet noch lange nicht, dass ich jemanden umgebracht habe.«
»Nein, das bedeutet es nicht«, pflichtete Calleigh ihm bei. »Und das hat mir wirklich zu schaffen gemacht, wissen Sie? Ich konnte den Bogen mit den Pfeilen in Verbindung bringen, die in Ferras Garage lagen, aber ich konnte nicht den Zusammenhang zu dem Pfeil, mit dem Ruth Carrell getötet wurde, herstellen. Aber so leicht gebe ich nicht auf … und irgendwann kam Licht ins Dunkel. Und wissen Sie, was ich sah?«
Cheveau lachte künstlich. »Ich habe keine Ahnung.«
»Luftverschmutzung.«
»Was?«
»Wussten Sie, dass Giftstoffe aufgrund des Wettergeschehens in Florida direkt in den Regenkanal des Landes gelangen?«, fragte Calleigh und öffnete die Mappe, die vor ihr auf dem Tisch lag. »Und das meine ich ganz wörtlich. Ein Großteil der Schadstoffe, die von der Industrie im Osten des Landes in die Luft gepustet werden, wandert mit dem Wind Richtung Küste und gerät dort in die vom Atlantik aufsteigende feuchte Luft. Sobald ein Gewitter entsteht, wäscht der Regen die Chemikalien wieder aus der Luft, doch damit sind sie nicht verschwunden. Aus der Luft gelangen sie in den Boden und die Gewässer und kommen mit allem in Berührung, was darin lebt und wächst.
In den Achtzigern war dies ein großes Problem. Verbrennungsanlagen für medizinischen und industriellen Müll waren extrem populär, und man entsorgte auf diese Weise sogar Batterien. In den frühen Neunzigern brachte die Umweltschutzbewegung endlich ein Gesetz durch, das so ein Vorgehen verbot, aber es dauerte ungefähr noch sieben Jahre, bis die ersten konkreten Erfolge sichtbar wurden.«
Cheveau starrte Calleigh an und versuchte, gelangweilt zu wirken, doch Horatio machte seine Bemühungen mit einem aufmunternden Lächeln zunichte.
»Die Veränderungen in der Vogelwelt Floridas«, fuhr Calleigh fort, »war solch ein Erfolg. Sehen Sie, der Vogelbestand in den Everglades ging zwischen 1950 und 1980 um fast neunzig Prozent zurück, größtenteils wegen der Giftstoffe, die dort landeten – insbesondere Quecksilber. Das weiß man, weil Quecksilber eine kovalente Bindung mit Keratin eingeht und Federn aus Keratin bestehen. Es wird über einen langen Zeitraum hinweg nicht abgebaut, sondern bleibt einfach da.«
»Und warum muss ich mir das alles anhören?«
»Weil diese Umweltveränderungen dadurch festgestellt wurden, Mr Cheveau, dass man den Quecksilbergehalt der Federn von einheimischen Vögeln gemessen hat. Die Pfeile aus Julio Ferras Garage und der Pfeil, mit dem Ruth Carrell getötet wurde, waren allesamt handgearbeitet, und das bedeutet, dass die Federn wahrscheinlich aus der Region stammen. Und da ich keinen DNS-Test durchführen konnte … habe ich sie stattdessen auf ihren Quecksilbergehalt untersucht.«
Sie nahm ein Blatt Papier aus ihrer Mappe und schob es Cheveau zu. »Wie Sie sehen, ist in beiden Federproben exakt dieselbe Menge Quecksilber enthalten, bis aufs millionstel Gramm genau. Sämtliche Federn stammen von demselben Vogel … und das hat zusammen mit der Tatsache, dass sie wie die anderen Pfeile mit Zwirn und Lack befestigt wurden, die Verbindung hergestellt.«
»Das verstehen Sie vermutlich im Augenblick nicht so ganz«, sagte Horatio, »denn Sie leiden ja noch unter den Nebenwirkungen von Dr. Sinhurmas Behandlung. Aber keine Sorge, der Staatsanwalt wird Ihnen den Sachverhalt genauestens erklären können.«
»Was Sie nicht sagen. Sind wir fertig?« Cheveau versuchte, lässig zu klingen, aber er konnte seine Nervosität nicht verbergen. Sein Blick wanderte unruhig zwischen Horatio und Calleigh hin und her.
»Noch nicht«, entgegnete Horatio. »Wir müssen noch über Phil Mulrooneys Tod sprechen.«
»Was, denken Sie etwa, das wäre ich auch gewesen?«
»Ja, Mr Cheveau«, entgegnete Calleigh. »So ist es.«
»Sie waren Sinhurmas Mann am Auslöser«, sagte Horatio. »Derjenige, an den er sich wandte, wenn etwas Unangenehmes zu erledigen war. Aber er war clever genug, nach einer Methode vorzugehen, die er von den Straßengangs kannte: Einer besorgt die Waffe, ein anderer feuert sie ab, und ein dritter entsorgt sie. Keiner plaudert etwas aus, und so wiegt man sich in Sicherheit, weil man glaubt, keinem könne etwas nachgewiesen werden. Aber die Beweiskette ist da, ganz egal, wie lang sie wird … mein Team deckt sie immer auf. Stück für Stück.
Jason hat die Rakete gebaut, aber ein anderer hat sie gezündet. Humboldt hat die Starthilfekabel beigesteuert, aber ein anderer hat sie angeschlossen. Ferra hat Pfeil und Bogen beschafft … aber ein anderer hat Ruth Carrell damit getötet. Und diese Person, Darcy, … ist niemand anderer als Sie, das wissen wir jetzt!«
»Das können Sie nicht beweisen«, sagte Cheveau mit einer Ausdruckslosigkeit in der Stimme, die Horatio bereits kannte. Unter extremem Stress kehrte Cheveau zu dem Verhaltensmuster zurück, auf das Sinhurma ihn programmiert hatte. »Phillips Tod war höhere Gewalt.«
»Eigentlich war der Mixer schuld«, erklärte Horatio. »Oder zumindest war er ein Komplize. Wir fanden das defekte Gerät im Müllcontainer des Restaurants, und an dem verschmorten Stecker fanden wir einen Abdruck, den wir nicht zuordnen konnten – wenigstens anfänglich nicht …«
Horatio sah von dem Mikroskop auf. »Die Kratzspuren am unteren Teil der Klinge passen zu der Klemme des Starthilfekabels«, sagte er. »An der klebt sogar noch etwas geschmolzenes Plastik. Dieses Messer ist zwischen Stecker und Steckdose eingeklemmt gewesen.«
»Aber wer hat das getan?«, fragte Delko.
»Jemand, der wusste, wo die Messer versteckt wurden, wenn sie nicht in Gebrauch waren«, antwortete Horatio.
»Albert Humboldt?«
Horatio studierte das Messer mit zusammengekniffenen Augen. »Das glaube ich nicht«, sagte er. »Ich denke vielmehr, dass beide Enden dieser Messerklinge ihre Spuren hinterlassen haben.«
»Samuel Lucent vermutete, dass Albert mit einem Kollegen auf der Arbeit kiffte«, sagte Horatio. »Und ich weiß, dass Sie das waren.«
»Ich weiß nicht, wovon Sie reden!«
»Oh doch, das wissen Sie«, erwiderte Horatio. »Sie stellen sich nicht nur beim Bogenschießen ungeschickt an, sondern auch beim Hot-Knifing, bei dem ein Stückchen Haschisch mit zwei heißen Klingen zusammengedrückt wird, während man sie unter eine Flasche hält, deren Boden entfernt wurde. Aber eigentlich ist die Flasche gar nicht nötig, nicht wahr? Wenn man etwas Erfahrung hat, hält man sich die Messer einfach dicht vor den Mund und inhaliert den aufsteigenden Rauch direkt. Hatten Sie schon Erfahrung damit gemacht, oder waren Sie einfach zu faul, Darcy? Wollten Sie angeben, oder hat einer von Ihnen die Flasche kaputtgemacht, und Sie waren zu stoned, um eine neue zu basteln?«
Cheveau starrte ihn an und sagte keinen Ton.
»Wie dem auch sei, das Ergebnis ist jedenfalls deutlich zu sehen – wie diese Brandwunde da in Ihrem Gesicht.« Horatio zeigt auf die weißliche, sichelförmige Narbe an Cheveaus Oberlippe. »Eine auffällige Narbe«, fuhr Horatio fort. »Und sie passt genau zu dem runden Ende der Messerklinge, die zwischen Stecker und Steckdose gerammt wurde.
Jason sagte Ihnen, die Chance, dass die Rakete einen Blitz auslöst, liege bei nur fünfzig Prozent, und das war Ihnen nicht genug, nicht wahr? Sinhurma vertraute darauf, dass das Schicksal auf seiner Seite war … aber Sie waren nicht so überzeugt davon. Sie wollten nicht das Risiko eingehen, Ihren geliebten Anführer zu enttäuschen, und so haben Sie gemogelt. Sie haben mit einem der Starthilfekabel Rohr und Rakete verbunden und dann einen Eimer Wasser ausgekippt, sodass sich von Mulrooneys Knien bis zu dem Abfluss im Boden der Küche eine Lache bilden konnte. Danach haben Sie den Holzgriff des Messers entfernt, das andere Starthilfekabel in die Hand genommen und eine der Klemmen daran befestigt. Die zweite Klemme wurde mit dem Rohr verbunden. Schließlich haben Sie die Messerklinge in die nicht geerdete Seite zwischen Stecker und Steckdose gesteckt. In dem Moment, in dem Sie die Rakete zündeten, haben Sie Phil einen Stromschlag verpasst. So waren Sie sicher, dass er auf jeden Fall durch einen Stromschlag zu Tode kam, wenn der auch aus der Steckdose kam. Danach sollte Humboldt die ganze Raketenausrüstung verschwinden lassen, was er auch tat – nur war er so dumm, die Starthilfekabel zu behalten. Das Messer und den Mixer wollten Sie nicht von Humboldt entsorgen lassen – niemand sollte erfahren, dass Sie an Sinhurmas Plan gezweifelt hatten –, und so haben Sie den Mixer in den Müll geworfen und die Messer versteckt. Sie dachten, man würde sie höchstens als Kifferzubehör identifizieren, wenn man sie fände.«
Cheveaus Blick verfinsterte sich, als ihm klar wurde, wie es um ihn stand. »Ich wollte kein Risiko eingehen«, sagte er matt. »Ich war bereits zum Küchendienst abkommandiert worden. Ich wollte mich absichern.«
Horatio taxierte Cheveau mit kühlem Blick. »Oh, ihr Ungläubigen …«
Calleigh und Horatio sahen zu, wie Cheveau von zwei Polizeibeamten abgeführt wurde.
Draußen ließ der Regen endlich nach, am nächsten Tag würde alles ganz frisch und sauber riechen.
»Ist schon komisch«, bemerkte Calleigh. »Der Fall begann mit den Auswirkungen eines Gewitters – und diese halfen uns auch, ihn zu lösen.«
Horatio schaute aus dem Fenster. Es blitzte immer noch hier und da, doch das Unwetter schien fast vorüber zu sein. »Wenn du so willst«, sagte er. »Aber ich würde doch sagen, unser Erfolg ist das Ergebnis harter Arbeit.«
»Stimmt, davon gab es jede Menge«, pflichtete Calleigh ihm bei. »Von dem Papierkram ganz zu schweigen. Wie lauten eigentlich die Anklagen gegen die anderen Sektenmitglieder?«
»Kim, Ferra und Humboldt werden wegen Mordkomplotts angeklagt. Da Sinhurma nicht mehr lebt, wird es wahrscheinlich Gerangel unter ihnen geben, wer mit der Staatsanwaltschaft den besten Deal aushandeln kann. Ich setze auf Kim, obwohl Humboldts Aussage ausschlaggebend sein dürfte, um das Gericht gegen Cheveau urteilen zu lassen.«
»Was ist mit Jason McKinley?«
»Das ist noch nicht raus. Der Staatsanwalt plädiert auf Beihilfe zum Mord, aber ich bin ziemlich sicher, dass ich ihn dazu überreden kann, diesen Anklagepunkt fallen zu lassen. Im schlimmsten Fall wird er wohl wegen grober Fahrlässigkeit angeklagt, aber ich bezweifle, dass er sitzen muss.«
»Nun, das ist doch was. Armer Kerl.«
»Ja. Er hat sein Herz verloren, seinen Verstand und beinahe auch …«
»Seine Seele?«, fragte Calleigh halb im Ernst.
»Sein Leben, wollte ich eigentlich sagen«, entgegnete Horatio. »Wenn das der Preis ist, den man für Anerkennung zahlen muss, dann bleibe ich doch lieber unbeachtet.«
»Keine Chance, Horatio«, sagte Calleigh grinsend. »Bei uns bist du nämlich sehr beliebt. Und fürs Protokoll: Für einen Cop in deiner Position hast du jede Menge Seele.«
»Vielen Dank. Und ebenfalls fürs Protokoll: Was meinen Glauben an die Existenz der menschlichen Seele angeht …« Horatio hielt inne.
»Was ist damit?«, drängte Calleigh.
»Sagen wir mal«, entgegnete er mit einem Lächeln, »es liegen mir noch keine aussagekräftigen Beweise vor.«