Als mein Atem nicht mehr rasselnd ging, sagte ich zu Frederik: »So, jetzt noch einmal in Ruhe.«
Frederik lachte und strich ein paar Haarsträhnen aus meinem Gesicht. Nach dem kurzen Intermezzo am Schreibtisch hatten wir uns auf der Couch niedergelassen. Frederik saß und hatte die Füße auf dem Wohnzimmertisch abgelegt, während ich ausgestreckt lag, den Kopf auf seinen Beinen gebettet.
»Ja bitte?«, fragte Frederik.
»Wir sind uns einig, dass das Sidney war, wo Bertram ist, oder? Ich meine, das war doch eindeutig das Opera House vor dem Fenster und das Glitzern, das muss das Wasser gewesen sein«, sinnierte ich.
Der Mann hustete dezent. »Ich muss zugeben, dass ich von der nackten Frau etwas abgelenkt war.«
»Du meine Güte! Männer! Ich meine, das war eine deckenhohe Fensterfront und von dem Bett war vielleicht ein Drittel zu sehen – du musst wirklich an deinem Fokus arbeiten, mein Lieber. Mir ist zum Beispiel entgangen, dass sie nackt war.«
»Ich würde sagen, dass uns das zu einem Spitzenteam macht, dem kein Detail entgeht«, versuchte Frederik, mich zu beschwichtigen.
Meine Augen taten schon weh, so oft hatte ich heute damit gerollt. »Klar, ein super Team. Das war doch diese australische Schauspielerin, oder? Ich komme nicht auf den Namen.«
»Leider kam die Dame mir überhaupt nicht bekannt vor, da kann ich dir nicht helfen.«
»Hm. Ich hätte Bertram gar nicht zugetraut, dass er weiß, wie man Frauen abschleppt«, sagte ich.
»Was soll ich dazu sagen? Ich bin irgendwie froh, dass er wenigstens in dem Punkt normal zu sein scheint. Von mir aus könnte er auch schwul sein, aber ich wusste nicht, dass er sich überhaupt etwas aus Frauen macht, geschweige denn aus Sex.« Frederik spielte weiter mit meinen Haaren – das schien er sehr gern zu machen.
»Na ja, immerhin ist er sehr attraktiv.«
Die Hand verharrte auf meinem Kopf. »Du findest meinen Bruder gut aussehend?«, fragte Frederik und klang dabei unfassbar beleidigt.
»Dir ist klar, dass ihr Brüder seid und euch sehr ähnlich seht, nicht wahr? Ich meine, das wäre ja, als würdest du mich hübsch finden, aber Elena nicht. Mit der Nummer brauchst du mir gar nicht erst zu kommen, mein Freund.«
Offenbar war dem Mann der Fehler in seiner Argumentation aufgegangen und er lenkte ein: »Dich finde ich aber viel hübscher als Elena.«
Widerwillig schmunzelte ich. »Das will ich dir auch raten. So, nun zum letzten Programmpunkt: Wir heiraten?«
»Jepp.«
»Cool«, sagte ich lässig und bemühte mich, das Zittern in meiner Stimme zu unterdrücken.
»Helen?«
»Hm?« Ich war eindeutig nicht mehr in der Lage, in ganzen Sätzen zu kommunizieren.
»Helen, heulst du etwa schon wieder?«
»Mhmh«, machte ich wenig überzeugend.
Mit einem Seufzen beugte Frederik sich nach vorne und küsste mich zärtlich auf die Lippen. »Aber nicht, dass das mit dem Weinen jetzt zur Gewohnheit wird. Immerhin hast du doch deinen Willen bekommen.«
Ich schniefte leise und sagte dann stolz: »Ich bekomme immer meinen Willen.«
Frederik biss in meine Unterlippe, entlockte mir einen kleinen Schrei.
»Was für ein Zufall«, neckte er mich. »Ich auch.«
Helen Kaspers. Helen Kaspers. Helen Kaspers. Helen Kaspers. Helen Kaspers.
»Was machst du da?«, fragte Frederik und sah über meine Schulter.
Verlegen versuchte ich, das Blatt mit meinen Händen zu bedecken. »Nichts«, krächzte ich ertappt.
»Übst du etwa deine Unterschrift mit meinem Nachnamen?«, lachte er.
»Möglich. Blödmann«, murmelte ich.
»Ha!«, triumphierend zeigte Frederik auf mich und wies dann auf das große Glas, das auf der Küchenanrichte stand. »Einen Euro! Das war heute schon der zweite ›Blödmann‹, mit dem du mich bedacht hast. Wenn du so weitermachst, reicht das Geld bald für einen Urlaub auf den Bahamas.«
Ich verdrehte nur die Augen und stand auf. Unter seinem strengen Blick warf ich meinen letzten Euro in das Glas. Wenn ich das nächste Mal bei der Bank war, musste ich mir unbedingt so eine doofe Rolle mit Ein-Euro-Stücken besorgen.
»Hier, du hast Post.« Frederik hielt mir den Umschlag hin und grinste dabei verdächtig breit.
Neugierig nahm ich den Umschlag und erkannte mit klopfendem Herzen den Absender: Es war der Verlag, mit dem der Anwalt eine Einigung erzielt hatte.
Darin musste der Scheck sein, ein Scheck über 350.000 Euro – ich konnte noch immer nicht glauben, was der Anwalt herausgeholt hatte. Das Ganze war einfach zu unrealistisch.
Frederik setzte sich auf die Sofalehne und sah mich auffordernd an. Selbst Schröder kam interessiert in unsere Richtung geschlendert.
Mit klopfendem Herzen und leicht zitternden Fingern riss ich den Umschlag auf. Das Begleitschreiben war gerade nicht relevant und ich suchte den schmalen Streifen Papier. Es war der Scheck und mein Magen machte einen Satz.
Als ich jedoch die Summe sah, hätte ich mich beinahe übergeben. »Das muss ein Missverständnis sein!«
Frederik trat neben mich und wirkte genauso verblüfft. Statt der erwarteten 350.000 Euro stand auf dem Scheck ganz eindeutig 700.000 Euro. Ich sah den Mann an, als hätte er eine Erklärung parat, doch er war ebenso überrascht wie ich.
Dann bemerkte ich die Büroklammer, die an der Seite des Schecks befestigt war. Sie diente dazu, einen winzigen Fetzen Papier zu fixieren, der ähnlich klein war wie die Streifen aus Glückskeksen. Die Aufschrift war hellgrün und schlecht zu lesen.
Ich brauchte drei Anläufe, um die Botschaft zu verstehen, dann reichte ich den Fetzen wortlos an Frederik weiter. Er kniff die Augen zusammen und las: »Aber nicht alles für Pizza ausgeben!«
Ich rieb mir über den Hinterkopf. »Gut, dass ich deinem Bruder einen Anteil von dem Geld anbiete und unser Hochzeitsgeschenk daraus besteht, dass er offensichtlich die Vergleichssumme vom Verlag verdoppelt hat.« Zischend stieß ich Luft aus.
Frederik rieb sich über die Augen und schien es genauso wenig glauben zu können wie ich.
»Ist das sein Geld? Weißt du das?«, wandte ich mich zu dem Mann und hatte ein wenig Angst vor der Antwort.
Er sah mir direkt in die Augen. »Einem geschenkten Gaul…«
Ich nickte schnell. »Ja, so etwas in der Art hatte ich mir auch gedacht. Dein Bruder ist echt die Härte.« Noch einmal blickte ich auf den Scheck und überlegte, dass Bertram sicherlich der richtige Ansprechpartner war, um die Enkelin vom heimatlosen Hans aufzuspüren. Ich hatte durchaus vor, mein Versprechen einzulösen – vorausgesetzt der Scheck platzte nicht.
Wir mussten den Schock beide erst einmal verdauen und setzen uns auf die Couch. Nach einer Weile grinste Frederik mich schief an. »Ich denke, Daniels Hochzeitsgeschenk wird nicht so großzügig ausfallen.«
Ich lachte. »Vermutlich nicht, aber dazu müssten wir ja erstmal heiraten.«
Frederik winkte ab. »Das machen wir schon noch. Meine Güte, Bertram hat entweder den Verstand verloren oder er ist total vernarrt in dich.«
»Aber warum sollte er das sein, wenn er mich doch für übergeschnappt hält?«, wollte ich wissen.
Der Mann hatte ganz selbstvergessen begonnen, Schröder zu streicheln und dachte nach. »Hm, vielleicht ist das bei dir und Bertram so ein Fall von ›Gleich und gleich gesellt sich gern‹.«
So fest ich konnte schlug ich auf Frederiks Oberarm. Der Kater warf mir daraufhin einen empörten Blick zu, weil Frederik für einen kurzen Moment die Streicheleinheit unterbrochen hatte.
Ich zog mein Handy aus der Hosentasche. »Ich schreibe Bertram eine Email, um danke zu sagen und frage, ob ich meinen nächsten Protagonisten nach seinem Vorbild gestalten darf.«
»Das würde ich nicht tun«, riet Frederik mir.
»Warum nicht?«, wollte ich wissen.
Der Mann zuckte mit den Schultern. »Wie du dir vorstellen kannst, ist Bertram etwas pingelig, wenn es um die Benutzung der Emailadresse geht. ›Im Notfall‹ bedeutet für ihn: Ausschließlich im Notfall.«
»Papperlapapp, ich will mich doch nur bedanken!«, entgegnete ich und tippte bereits.
Mit klopfendem Herzen richtete ich mich ruckartig im Bett auf. Mein rechtes Auge wollte sich erst nicht öffnen, mit dem linken schielte ich zum Nachttisch. Frederik neben mir stöhnte leise.
Warum zum Henker klingelte jetzt mein Wecker? Es war drei Uhr morgens und ich hatte ihn mit Sicherheit nicht gestellt. Es dauerte ein bisschen, bis ich die Tastensperre lösen konnte.
Das Menü mit den gestellten Alarmzeiten leuchtete auf und ich stieß einen erstickten Schrei aus. Frederik drehte sich unwillig um und fragte nuschelnd: »Was ist los?«
»Der Wecker ist so programmiert, dass er alle zehn Minuten klingelt – und zwar bis morgen nachmittag! Wenn ich ihn ausstelle, springt er sofort wieder um!«
»Ich habe dir gesagt, du sollst meinen Bruder nicht ärgern«, bemerkte Frederik trocken und kuschelte sich wieder ins Kissen.
Wutentbrannt sprang ich aus dem Bett, griff meinen Bademantel und rannte in meine Wohnung. Das durfte doch nicht wahr sein! Nur weil ich ihm eine witzige Email geschrieben hatte, führte diese Zicke sich so auf? Der konnte vielleicht was erleben.
Bevor ich meinen Computer anschaltete, fummelte ich den Papierstreifen von der Kamera ab. Ich brauchte das Programm der Kamera nur zu öffnen, da blickte ich bereits in Bertrams zufriedenes Gesicht.
»Helen. So früh schon wach?«, erkundigte er sich ruhig.
»Sehr witzig. Was soll der Unsinn?«, fauchte ich ihn an.
Bertram legte den Kopf schräg und sah mich aufmerksam an. Da ich meine Hände auf den Schreibtisch gestützt hatte, blickte ich von oben auf den Bildschirm und brauchte eine Weile, bis ich bemerkte, dass Bertram nicht in mein Gesicht schaute.
Ich senkte den Kopf. Den Bademantel hatte ich nicht zugeknotet und mein Nachthemd bot ziemlich tiefe Einblicke. Wutentbrannt klopfte ich auf den Bildschirm. »Hier ist mein Gesicht, Blödmann!«, knurrte ich.
Bertram zog eine Augenbraue hoch, sah mir aber wieder ins Gesicht. Für den Bruchteil einer Sekunde hätte ich schwören können, ein Grinsen erkannt zu haben. »Wenigstens bietest du auch ungeschminkt einen netten Anblick. Frederik hat dich darüber informiert, dass meine Email-Adresse nur für Notfälle reserviert ist.«
»Okay«, sagte ich und rollte mit den Augen. »Die Botschaft ist angekommen.« Dann kniff ich die Lider zusammen und starrte Bertram finster an. »Warte mal, mein Freund. Als Frederik mir das gesagt hat, warst du gar nicht da.«
Schuldbewusstsein schlich sich in Bertrams Miene, doch dann entgegnete er schnippisch: »Wenn du ein sicheres technisches Gerät für deine Notizen und zum Schreiben suchst, empfehle ich dir eine Schreibmaschine.«
Ich holte tief Luft. »Du hörst mir jetzt genau zu: Ich hätte dir nicht diesen lächerlichen Cartoon schicken sollen, aber wenn du uns noch einmal belauschst, komme ich und finde dich! Verstanden?« Immer näher brachte ich mein Gesicht an den Bildschirm und funkelte Bertram an.
»Verstanden«, nickte Bertram schnell.
Erst jetzt riskierte ich einen Blick hinter Bertram und mein Mund blieb offen stehen. »Ist das Japan? Tokio? Du bist in Tokio?« Meine Stimme überschlug sich fast.
Dann hörte ich das Flüstern – es war eindeutig japanisch und weiblichen Ursprungs. Auch wenn ich nicht eine Silbe verstand, klang es selbst für meine Ohren verlockend. Bertrams Augenbrauen glitten ein kleines Stück in die Höhe und sofort erinnerte er mich noch stärker an seinen Bruder.
Bertram deutete eine Verbeugung an und sagte: »Ich muss gehen.«
Sofort darauf wurde der Bildschirm schwarz.
Frederiks leises Lachen erschreckte mich. »Hast du es gerade etwa wirklich gewagt, meinen Bruder zu maßregeln?«
»Ich denke schon. Wie viel hast du gehört?«, wollte ich wissen und richtete mich auf. Sicherheitshalber klebte ich den kleinen Papierstreifen trotzdem wieder über die Kamera.
»Genug, um beeindruckt zu sein und mich zu fragen, ob mein Bruder schon immer so ein Frauenheld war.« Frederik klang beinahe neidisch.
Nachdenklich sah ich auf meinen Computer. »Dann habe ich mir den verführerischen Tonfall nicht eingebildet?«
Frederik kam zu mir und legte die Arme um mich. »Nein. Das war auf jeden Fall ein erotisches Angebot.« Er gab mir einen Kuss auf die Stirn. »Und du bist dir sicher, dass es Tokio im Hintergrund war?«
»Ziemlich. Es sei denn, dein Bruder sitzt in Paderborn und hat eine Auswahl an beeindruckenden Foto-Tapeten im Schrank.«
Er lachte. »Weißt du, was das Schlimmste ist?«
»Dass wir es nie erfahren werden?«, fragte ich und grinste.
Frederik nickte und sah dann von oben in meinen Ausschnitt. Ich schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass er nicht mitbekommen hatte, dass sein Bruder gerade erst die gleiche Aussicht genossen hatte.
Offenbar hatte bereits ein anderes Körperteil das Denken für Frederik übernommen und seine Augen verdunkelten sich merklich. Nachdem ich mich ein letztes Mal vergewissert hatte, dass die Kamera auch wirklich bedeckt war, bewegte ich meine Schulter mit einer anmutigen Bewegung und der Bademantel fiel zu Boden.
Frederik missverstand die Geste und wollte ihn aufheben, doch ich legte die Hand auf seine Brust. »Schon gut, dann habe ich gleich etwas Weiches unter den Knien.«
»Oh Gott«, murmelte er erstickt, als ihm aufging, was ich vorhatte.
Unter seinem Blick streifte ich die dünnen Träger des Nachthemds von meiner Schulter und der seidige Stoff glitt von meinem Körper. Ich streckte die Hand aus und berührte die warme Haut an Frederiks Bauch. Mit den Fingern fuhr ich unter den Stoff der Pyjamahose und zog sie hinunter. Dabei ließ ich mich auf die Knie sinken.
Sein harter Penis federte mir entgegen und Frederik sah fasziniert zu, wie ich ihn in den Mund nahm. Dabei streichelte ich seine Oberschenkel. Mit der Zunge liebkoste ich seinen Schaft, ließ seinen Schwanz dabei so tief wie möglich, ohne dass ich würgen musste, in meine Kehle gleiten.
Frederiks Atem ging verdächtig schnell und ich war mir sicher, dass es ihn enorm anmachte, mich bei dem zu beobachten, was ich hier gerade tat. Ich war nur zu gern bereit, ihm dieses Vergnügen zu gönnen. Seine Hand legte sich um meinen Hinterkopf und er ächzte kehlig.
Ich bewegte meinen Kopf vor und zurück, konzentrierte mich darauf, mein Zungenspiel nicht zu vernachlässigen.
Plötzlich wurde Frederiks Griff für einen Moment fester. Sofort saugte ich intensiver, presste meine Lippen fest zusammen, streichelte ihn zusätzlich mit meiner Zunge.
Warm und leicht salzig landete sein Sperma in meinem Mund und sein Stöhnen klang äußerst befriedigt in meinen Ohren. Ein letztes Mal glitt ich an dem Schaft entlang, bevor ich mich langsam zurückzog, dabei strich ich zärtlich über seine angespannten Oberschenkelmuskeln.
»Jetzt verrat mir mal, wie du es geschafft hast, meinem Bruder Angst einzujagen? Das versuche ich seit 34 Jahren erfolglos.« Frederik zeichnete mit der Fingerkuppe mein Schlüsselbein nach und ich kuschelte mich näher an ihn.
»Das ist ganz einfach: Ich bin eine Frau. Meine Theorie ist, dass es egal ist, welchen Beruf ein Mann ausübt – selbst wenn er Bomben entschärft – vor einer wütenden Frau hat jeder Angst.«
Frederik brummte etwas und sagte dann langsam: »Ich werde darauf ganz diplomatisch am besten nicht antworten.«
»Vermutlich besser so«, lachte ich und streichelte seine Brust. »Diese Decke war wirklich eine gute Anschaffung.«
Wir lagen immer noch auf dem Boden, aber Frederik hatte die Cashmere-Decke über uns ausgebreitet und wir betrachteten den Nachthimmel durch mein Wohnzimmerfenster.
»Wenn jetzt eine Sternschnuppe fallen würde, was würdest du dir wünschen?«, wollte der Mann von mir wissen.
»Dass du endlich mal die Klappe hältst!«