5


Als ich Frederik die Tür öffnete, blickte er irgendwie sauertöpfisch drein. Schnell überlegte ich, ob ich dafür verantwortlich sein könnte. Er bedachte mich lediglich mit einem knappen Nicken und fragte dann: »Kommst du?«

Panik stieg in mir hoch. »Wohin?«

Er war bereits losgelaufen und drehte sich nun langsam um – fast schon bedrohlich langsam. Dabei wirkte er, als müsste er sich arg zusammennehmen, um mich nicht anzuschreien. »Frühstücken. Du musst den heutigen Tag mit mir verbringen, schon vergessen?«

Sein Tonfall ließ meine Kopfhaut prickeln. Okay, ich war definitiv an seiner schlechten Laune schuld, aber ich hatte keine Ahnung, was ich getan hatte. Allerdings war ich mir nicht sicher, ob ich das überhaupt wissen wollte.

An meiner Miene konnte er offensichtlich ablesen, dass aus dem Haus gehen nicht ganz das war, was ich mir darunter vorgestellt hatte, den Tag miteinander zu verbringen. Resignierend seufzte er und sagte: »Du hast doch nicht gedacht, dass ich mich den ganzen Tag hier einschließen und Sex haben würde?«

»Warum nicht?« Pikiert verschränkte ich die Arme. »Als ob das so eine schlimme Vorstellung wäre.«

Er schmunzelte, schüttelte den Kopf und fuhr sich dann mit der Hand durch die Haare. »Du treibst mich in den Wahnsinn. Ich brauche einen neuen Anzug und du darfst mich beraten, im Gegenzug bekommst du ein Frühstück und ich begleite dich zu der Party. Kein versteckter Haken, keine heimliche Hochzeit gegen deinen Willen und wir können unterwegs gern so tun, als ob wir uns gar nicht kennen würden. Ich möchte ja nicht, dass noch irgendjemand denkt, dass du dich mit Typen wie mir abgibst.« Nachdem er seinen Vortrag beendet hatte, lehnte er sich gegen den Türrahmen. 

Ich verdrehte die Augen. »Als ob es mir peinlich wäre, mit dir gesehen zu werden. Ich wusste nur nicht, dass ich heute den ganzen Tag unter Menschen verbringen muss.« Schon bei der Vorstellung schüttelte ich mich.

»Ich bin ja bei dir.« Frederik grinste mich an.

»Hm.« Langsam sah ich an mir runter. »Ich muss eben etwas anderes anziehen. Gib mir eine Minute.« Bevor er die Möglichkeit hatte, zu antworten, drehte ich ihm den Rücken zu und verschwand im Schlafzimmer. Vor dem Kleiderschrank blieb ich stehen und suchte nach einem passenden Oberteil.

»Wow«, erklang Frederiks Stimme hinter mir. »Ich nehme an, du hast eine gewisse Vorliebe für schwarze Kleidung.«

Ich zuckte mit den Schultern und fischte ein Oberteil mit V-Ausschnitt aus dem untersten Fach. Darin befanden sich fast ausschließlich Sachen, die ich auf Shoppingtouren mit Elena erstanden hatte. Sie nötigte mich regelmäßig dazu, mit ihr einkaufen zu gehen. Dabei kam ich eigentlich ganz gut allein zurecht. Während ich über meine Schwester nachdachte, musste ich mir wenigstens nicht den Kopf darüber zerbrechen, dass mein attraktiver Nachbar mir ins Schlafzimmer gefolgt war.

»Wir kommen aber vor der Party noch mal hierhin, oder?«, wandte ich mich zu ihm, nachdem ich das Top übergestreift hatte und nach einer Strickjacke griff.

Er nickte und grinste dabei so selbstzufrieden, dass ich mir sicher war, dass er tatsächlich den ganzen Tag durchgeplant hatte.

»Okay, ich bin bereit. Zumindest hoffe ich das.« Ich bedeutete ihm, vorzugehen.

Im Flur schloss ich meine Tür ab und fragte mich, was mich wohl erwarten würde. Ich konnte mich nicht daran erinnern, irgendwann einmal mit einem Mann einkaufen gewesen zu sein – von meinem Bruder abgesehen.

Ich hatte meinen Sicherheitsgurt gerade geschlossen, da traf seine Frage mich aus dem Nichts. »Warum hast du dich gestern Nacht davongeschlichen?«

Abwehrend zog ich die Schultern hoch und versuchte, mich so tief in den Beifahrersitz zu pressen, dass ich unsichtbar wurde. »Ich wollte schlafen.«

Das war nicht die Antwort, die er hatte hören wollen. Sein verkniffener Gesichtsausdruck versicherte mir das eindringlich. Er holte tief Luft, bevor er sagte: »Du hättest auch bei mir schlafen können. Das Bett ist groß genug und ich hätte mich nicht erschreckt, als ich aufgewacht bin.«

»Warum hast du dich erschreckt?«, fragte ich unbekümmert und er verdrehte die Augen.

»Vergiss es.« Er klang frustriert und wechselte dann einfach das Thema, bevor ich genauer nachfragen konnte. »Da du ja die Autorin unter uns bist, hast du dir doch sicher schon eine Geschichte überlegt, wie wir uns kennengelernt haben.«

»Wieso?« Langsam, aber sicher fühlte ich mich in seiner Gegenwart sehr begriffsstutzig.

»Im Ernst?« Er klang belustigt. »Okay, dann lass es mich erzählen: Also, Helen hat bei mir geklingelt, weil sie Probleme mit dem Computer hatte und eine knappe halbe Stunde später lag ich schon in ihrem Bett. Wie hätte ich mich wehren sollen?« Erneut schüttelte er den Kopf und fügte noch hinzu: »Das ist eine Geschichte, die unter Garantie für gute Laune bei deinem Bruder sorgt. Wird dein Vater auch da sein?«

Ich musste lachen und sah ihn von der Seite an. »Okay, ich verstehe, dass diese Version für keinen von uns beiden sonderlich schmeichelhaft ist.«

»Stimmt wohl. Du warst immerhin nicht gerade sittlich bekleidet.«

Tatsächlich färbten sich bei der Erinnerung daran meine Wangen rot. »Ich überlege mir etwas. Wobei das sicherlich nicht einfach wird, immerhin kennt meine Familie mich ziemlich genau.«

Während ich aus dem Fenster sah, sinnierte ich über die Möglichkeiten, die halbwegs glaubwürdig klangen. »Es ist natürlich von Vorteil, dass du mein Nachbar bist. Das ist das Fünkchen Wahrheit, dass die Geschichte glaubwürdig werden lässt.«

Frederik nickte und bog in die Straße, die direkt zu dem riesigen Einkaufszentrum führte. Ich ahnte, dass mir ein langer Tag bevorstand. Gleichzeitig war ich dankbar, dass ich mich wenigstens in seiner Gegenwart wohl fühlte und keine Krise bei dem Gedanken daran bekam, Zeit mit ihm zu verbringen – obwohl es außerhalb des Bettes war.

Schnell konzentrierte ich mich auf seine Fahrweise. Ich hasste es, mit anderen Leuten zu fahren, wenn ich nicht selbst am Steuer saß. Besonders bei meinen Geschwistern flippte ich regelmäßig aus. Elena versuchte alles, um uns im Straßenverkehr umzubringen, während mein Bruder langsamer als jeder Rentner fuhr – grauenvoll. Deswegen fuhr ich in der Regel selbst. Gut, Elenas Ehemann war in meinen Augen ein passabler Fahrer, er durfte mich auch kutschieren.

Erst jetzt fiel mir auf, dass ich mir bereits viel zu viele Gedanken über Frederiks Vorzüge machte. Unwirsch schüttelte ich den Kopf, doch bevor er darauf eingehen konnte, sagte ich schnell: »Okay, wie wäre es damit, dass Günther ein Paket für mich bei dir abgegeben hat?«

Frederik warf mir einen fragenden Blick zu. »Wer ist denn bitte Günther?«

»Na, der DHL-Bote«, sagte ich völlig selbstverständlich.

»Du zwingst mich in die Knie, Frau. Du bist zu jedem unfreundlich, aber den Paketboten kennst du mit Vornamen?« Frederik klang, als müsste er sich stark zusammenreißen, um nicht loszulachen.

»Hm.« Ich ignorierte ihn und beobachtete gespannt die Kreuzung vor uns. Nicht ohne Grund hieß diese Ecke »Bahn des Grauens«. Wer auch immer die Straßen hier geplant hatte, hatte auf ganzer Länge versagt. Die Spuren waren unübersichtlich, direkt drei Straßen und die Autobahnauf- und abfahrt liefen an dieser Stelle zusammen. Jetzt würde sich herausstellen, wie gut Frederik wirklich fahren konnte.

Zwei Minuten später war ich enttäuscht. Ohne mit der Wimper zu zucken war Frederik einem hupenden LKW ausgewichen, der wiederum auf der Flucht vor einem holländischen Volvo mit Wohnwagen als Anhang zu sein schien. Es war unmöglich, Frederik nicht beeindruckend zu finden.

»Außerdem schwächelt deine Geschichte«, erläuterte er mir. Dann stockte er und murmelte: »Wow, ist das Frevel, dass ich das zu dir gesagt habe, der Bestseller-Autorin?«

»Keine Sorge, deinen Tod habe ich sorgfältiger geplant«, entgegnete ich zuckersüß. »Wo steckt denn der Fehler?«

»Okay, erstens gehe ich arbeiten und du schreibst zuhause – es wäre also wenn überhaupt realistischer, dass das Paket bei dir abgegeben wurde. Aber jeder, der dich kennt, weiß, dass du die Tür nicht aufgemacht hättest.«

Verdammt. Mein Kiefer tat schon weh, so fest presste ich die Lippen aufeinander. Er war gut im Bett, attraktiv, konnte Auto fahren und war auch noch clever! Was für ein Mist. 

»Gut, da hast du Recht. Aber Günther hatte ein Paket für mich dabei und ich konnte es ihm einfach nicht abschlagen, deins anzunehmen. Als ich es dir gebracht habe, hast du mich als Dank zum Essen eingeladen.« Zufrieden nickte ich.

»Ist ein Essen nicht etwas übertrieben, nur dafür, dass du ein Paket knappe zwei Meter über den Flur getragen hast?«

Selbstgefällig sah ich ihn an und wies an mir herunter. »Bitte, ich bin umwerfend.«

Frederik lachte lauthals und fuhr in die Einfahrt des Parkhauses. »Ich werde mich hüten, etwas Gegenteiliges zu behaupten. Also gut, du hast ein Paket für mich angenommen und es war Liebe auf den ersten Blick.«

Ich zuckte zusammen, doch er nahm es gar nicht wahr, weil er sich aus dem Fenster beugte und das Parkticket zog. Liebe auf den ersten Blick? Ich hoffte nicht.

»Es wäre super, wenn du das Wort mit L nicht in der Gegenwart meiner Familie benutzen würdest.«

Er reichte mir nur schmunzelnd das Ticket, bevor wir uns auf die Parkplatzsuche machten. »Wärest du dann sauer?«

Ich verschränkte die Arme und fragte mich, wieso ich überhaupt das doofe Ticket nehmen musste. »Darauf kannst du Gift nehmen.«

»Die Art von sauer mit heißem Versöhnungssex im Anschluss?«, wollte er wissen und fuhr rückwärts in eine Parklücke, bei der ich bereit gewesen wäre zu schwören, dass sie viel zu schmal für das Auto war.

»Die Art von sauer, bei der ich anschließend deine Leiche im Wald verscharre«, stellte ich richtig und stieg aus.


Es war anstrengend mit Frederik einkaufen zu gehen – und das lag an mir, nicht an ihm. Ganz im Gegenteil: Es gefiel mir so gut, dass ich regelrechte Magenschmerzen davon bekam.

Ich war krampfhaft bemüht, ihn auf Abstand zu halten, dass ich jedes Mal, wenn ich merkte, dass ich mich in seiner Gegenwart entspannte, in eine Art Schockstarre verfiel. Ihn störte mein Schweigen allerdings überhaupt nicht, er plauderte mühelos für zwei. 

Gerade hatten wir einen seiner Arbeitskollegen getroffen, der mich so interessiert gemustert hatte, dass ich vollkommen in Panik verfallen war und die nächstbeste schwarze Hose von einem Ständer gezerrt hatte.

Seitdem versteckte ich mich in einer der Umkleidekabinen. Jetzt stand ich hier überfordert und wusste nicht, was ich eigentlich tat. Vermutlich war es leichter, wenn ich Frederik als Kumpel betrachtete – aber mit meinem Kumpel wollte ich nicht unbedingt schlafen. Warum schaffte ich es nur selbst, mir mein Leben so schwer zu machen? Ich war wirklich mein schlimmster Feind. Eines Tages würde ich mir das als Erinnerung auf den Unterarm tätowieren lassen. Obwohl: Auf meinem Grabstein würde sich das sicherlich ebenfalls gut machen.

Die Tür zur Umkleidekabine schwang auf und ich wirbelte entsetzt herum. Erleichtert stellte ich fest, dass es nur Frederik war. 

»Erschreck mich doch nicht so! Ich hätte schließlich nackt sein können«, fuhr ich ihn an.

Er grinste nur und zog mich an sich. Dicht vor meinen Lippen flüsterte er: »Weil ich dich vorher noch nie nackt gesehen habe?«

Noch während er mich küsste, machte er sich am Knopf meiner Hose zu schaffen. Aufgeregt versuchte ich, seine Hände beiseite zu schieben und wisperte: »Was tust du?«

Seine Lippen streiften mein Ohr, als er kaum hörbar antwortete: »Ist das nicht offensichtlich?«

Alles in mir schrie danach, zu protestieren. Allerdings wäre dann das Risiko, erwischt zu werden, sehr viel höher. Stumm schüttelte ich den Kopf und erschauerte, als Frederik mit seinen Fingern über meine Nippel strich, die bereits hart durch mein Shirt stachen. Mein verräterischer Körper! Wie sollte ich denn eine anständige Frau mimen, wenn ich mich auf diese Art ständig selbst verriet? 

Schon lag meine Hose auf dem Boden und mir wurde klar, dass ich mir meinen Widerstand genauso gut sparen konnte. Seine Berührungen erregten mich und gleichzeitig kam ich mir schäbig vor. Wir waren in einer verdammten Umkleidekabine!

Doch statt mich an meinen gesunden Menschenverstand zu klammern, öffnete ich den Mund und lockte seine Zunge mit meiner. Seine Hände glitten unter mein Oberteil und legten sich um meine Brüste. Als ich erstickt keuchte, flüsterte er nur leise: »Sei still!«

Er drehte mich um und ich hörte das vertraute Geräusch einer Kondompackung. Meine Handflächen prickelten und die Feuchtigkeit sammelte sich zwischen meinen Beinen. Ich sollte wirklich nicht so erregt sein. Frederik verlor keine Zeit und drang in mich ein. Wieder keuchte ich leise, doch sicherheitshalber legte er seine Hand auf meinen Mund und dämpfte die Geräusche, die ich von mir gab.

Seine andere Hand glitt nach vorne zwischen meine Beine und er berührte meine Klit, wie ich es am liebsten mochte. Rasend schnell baute der Orgasmus sich auf und plötzlich war ich dankbar für die Hand auf meinen Lippen, sonst hätte ich möglicherweise selbstvergessen aufgeschrien.

Die Muskeln in meinen Oberschenkeln spannten sich an, meine Finger wurden weiß, so fest presste ich die Hände gegen die Wand und kämpfte währenddessen mit meiner Selbstbeherrschung. 

Schließlich ließ ich meine Stirn gegen die Wand sinken, Frederiks Hand zog sich zurück, stattdessen packte er meine Taille. Er stieß noch ein paar Sekunden länger zu, beschleunigte sein Tempo, dann überlief ihn ein Schauer. Seine Lippen auf meine Schulter gepresst, konnte ich sein Stöhnen selbst durch das Shirt auf meiner Haut spüren.

Keine Minute später standen wir uns vollständig bekleidet gegenüber, als wäre gar nichts gewesen. Während ich das Gefühl hatte, dass mein Kopf rot glühte, wies nichts in Frederiks Gesicht daraufhin, dass er mich gerade für einen Quickie überfallen hatte.

Verhalten räusperte ich mich. »Machst du so etwas öfter?«

»Wovon redest du?«, fragte er unschuldig und hielt mir die Tür der Umkleidekabine auf. 

Ich bedachte ihn mit einem tödlichen Blick und trat auf den Gang. Trotz des samstäglichen Betriebs war es recht ruhig und tatsächlich schien niemand unser kleines Intermezzo bemerkt zu haben.

»Was hast du eigentlich deinem Kollegen gesagt, wer ich bin?«, wollte ich wissen und hing die Hose zurück an ihren Ursprungsort – sie hatte nicht einmal die richtige Größe gehabt. Im gleichen Moment wappnete ich mich für seine Antwort.

»Eine Freundin, was sonst? Überleg dir lieber, wie du mich vor deiner Familie betiteln willst«, sagte er nur grinsend und steuerte den Ausgang des Ladens an. Vor Schreck war ich wie angewurzelt stehen geblieben. Das war heute wirklich nicht mein Tag, daran hatte ich nämlich noch gar nicht gedacht.

»Helen? Kommst du?«

Ich beeilte mich, ihm zu folgen und verzog dabei das Gesicht. 

Er betrachtete mich von der Seite. »Was ist? Hast du daran etwa nicht gedacht?« Er machte sich gnadenlos über mich lustig.

Langsam schüttelte ich den Kopf und zügelte mein Verlangen, zu heulen. Himmel, das war alles zu viel für mich. »Nachbar?«, schlug ich unbeholfen vor.

»Liebhaber?«, stichelte Frederik weiter.

»Idiot?«

»Bester Mann auf der Welt«, hielt er dagegen.

»Groupie!«, stieß ich triumphierend hervor.

Frederik lachte, legte den Arm um meine Schulter und presste mir einen kurzen Kuss auf die Schläfe, bevor er mich wieder losließ.

»Okay, damit hast du dich gerade selbst zum Praktikanten degradiert«, rügte ich ihn.

»Was wären denn meine Aufgaben als Praktikant? Vielleicht gebe ich meinen Job auf.«

Ich warf ihm einen Blick zu, der eindeutig besagte, was ich davon hielt. »Du dürftest neben mir sitzen und mir bei der Arbeit zusehen.«

»Hm, ich weiß nicht. Das klingt irgendwie langweilig. Ah, da vorne, in den Laden will ich.« Er packte meine Hand und zog mich mit sich, als wäre ich zu blöd, alleine zu einem zehn Meter entfernten Geschäft zu laufen.

»Ich glaube, als dein Praktikant sollte es eher meine Aufgabe sein, dich auf deinem Schreibtisch zu vögeln. Erinnere mich daran, das später noch zu tun.«

Erschüttert schnappte ich nach Luft und tat mein Bestes, um sein selbstzufriedenes Grinsen zu ignorieren. Ich marschierte an ihm vorbei und betrat mit gerümpfter Nase den Laden, als er mir tatsächlich auf den Allerwertesten schlug. Doch mein böser Blick prallte einfach an ihm an. 

»Stell dich nicht so an«, sagte er und lächelte dann die Verkäuferin an, die für meinen Geschmack etwas zu hilfsbereit um meinen Nachbarn herumschwirrte.


»Siehst du, du hast es überlebt.« Mit diesen Worten warf Frederik sich ausgestreckt auf meine Couch und zwinkerte mir zu.

»Hm«, knurrte ich nur und brachte meine Tüte ins Schlafzimmer. Nachdem er mich die ganze Zeit genervt hatte, dass ich auch etwas kaufen sollte, hatte ich mir, nur um ihn zu ärgern, ein schwarzes T-Shirt und eine schwarze Strickjacke gekauft – exakt die gleichen Sachen, die ich bereits am Leibe trug. Allerdings hatte er nur gelacht.

»Darf ich mich jetzt ausruhen?«, fragte ich und setzte mich kurzerhand in den Sessel, weil Frederik mein gesamtes Sofa in Beschlag nahm. 

»Ein bisschen«, grinste er mich an. »Wann sollten wir da sein? Gegen acht, richtig?«

Bei der Erinnerung an die Party vergrub ich stöhnend mein Gesicht in den Händen und nickte. 

Frederik verschränkte die Arme hinter dem Kopf und sein Shirt rutschte dabei ein wenig hoch, entblößte einen schmalen Streifen Haut. Das allein reichte aus, um mich schon wieder nervös zu machen. 

»Gibt es dort etwas zu essen?«

»Bestimmt, Daniel fährt total auf diesen Kram ab.«

Frederik dachte kurz nach. »Dein Bruder, richtig?«

»Ja, er wird sicherlich gekocht haben. Irgendwie hat er Mo, seine Freundin, dazu bekommen, zu ihm zu ziehen. Natürlich direkt ein Grund zu feiern.« Verächtlich schüttelte ich den Kopf. »Dabei hatte ich sie für so eine kluge Frau gehalten.«

Er lachte nur und schloss die Augen. »Gut, dann lass mich noch einmal zusammenfassen: Du hast für niemanden ein Herz, außer für Günther, den Paketboten und deswegen konntest du ihm nicht abschlagen, ein Paket für mich anzunehmen. Als du es mir rübergebracht hast, war ich so von dir hingerissen, dass ich dich zum Essen eingeladen habe.«

»Genau«, bestätigte ich und ließ die Beine über die Armlehne des Sessels hängen.

»Aber warum hast du Ja gesagt?«, erkundigte er sich nun.

»Wieso sollte ich Nein sagen?«, antwortete ich mit einer Gegenfrage.

»Weil du bist wie du nun einmal bist?«, klärte er mich überaus belustigt auf und ich konnte nicht einmal dagegen argumentieren.

»Wenn mich jemand fragen sollte, werde ich improvisieren. Bis dahin bleibst du einfach ein selbstgefälliger Blödmann.«

»Ich liebe es, wenn du mich beschimpfst«, murmelte er und klang verdächtig müde dabei.

»Jetzt halt doch endlich mal die Klappe.« Dabei kuschelte ich mich in den Sessel und spürte, dass meine Lider schwer wurden. Einkaufen war verflucht anstrengend.

Obwohl ich mir größte Mühe gab, konnte ich in Frederiks Gegenwart einfach nicht schlafen. Natürlich redete ich mir lieber ein, dass das an dem unbequemen Sessel lag und nicht an der Tatsache, dass ich befürchtete, meinen Schutzwall aufzugeben, wenn ich einfach friedlich einschlief.

Kritisch beäugte ich den Mann, der solche Skrupel offensichtlich gar nicht kannte und zufrieden auf meiner Couch schlummerte. Er sah wirklich niedlich aus, wenn er schlief. Unwillig schüttelte ich den Kopf. Wie sollte ich mir denn jetzt die Zeit vertreiben? Die Chance, dass Frederik mich heute noch aus seinen Klauen lassen würde, erschien mir eher gering und irgendetwas sagte mir, dass er ungehalten reagieren würde, wenn ich ihn jetzt wecken und in seine Wohnung schicken würde.

Ich schielte zum Schreibtisch. Wenn ich mich ranhielt, würde ich sicherlich zwei- bis dreitausend Wörter zu Papier bringen, bevor wir zur Einweihungsparty mussten. In der obersten Schublade meines Schreibtischs lagen außerdem meine Kopfhörer – eins der wichtigsten Utensilien, die ich zum Schreiben brauchte. Sie waren unverschämt teuer gewesen, dafür aber schallisoliert und so leicht, dass ich sie Stunden tragen konnte. Elena hatte sich schon oft genug beschwert, dass ich mit ihnen ebenso gut auf einem anderen Planeten hätte sitzen können, so wenig, wie ich damit mitbekam.

Die Entscheidung war schnell gefällt und ich war froh, dass Frederik sich nicht einmal bewegte, als ich leise aufstand und zum Schreibtisch schlich. Ich würde mich lediglich bemühen müssen, nicht zu laut mit den Tasten zu klappern. Mit einem Seufzen verdrehte ich die Augen. Es war sehr lange her, dass ich beim Schreiben auf einen Mann Rücksicht genommen hatte und es war nicht gerade gut ausgegangen.


Als Hände mich an den Schultern berührten, zuckte ich so stark zusammen, dass ich aus Versehen eine ganze Zeile aus wild gemischten Buchstaben in das Dokument tippte. Mit klopfendem Herzen riss ich mir die Kopfhörer hinunter und drehte mich mit dem Stuhl herum.

Mein böser Blick wurde noch vorwurfsvoller, als ich Frederiks belustigte Miene sah. Ich wandte mich wieder zum Bildschirm und wollte wenigstens eine Sicherungskopie speichern, bevor ich den Computer ausschaltete.

Frederik stützte sich dicht neben mir auf die Tischplatte und sah interessiert auf den Bildschirm. 

Sofort minimierte ich das Fenster, in dem ich gearbeitet hatte. »Lass das. Ich mag es nicht, wenn jemand die Sachen liest, an denen ich gerade arbeite.«

»Hm. Frisch mal mein Gedächtnis auf. Wolltest du mir nicht eine Praktikantenstelle anbieten?«, neckte er mich und seine Stimme klang äußerst verführerisch. Mein Unterleib reagierte mit einem Prickeln, mein Kopf mit Entsetzen. Ich hatte das, als er es heute Vormittag gesagt hatte, als Witz abgetan. 

Doch schon umfasste er meinen Oberarm und zog mich aus dem Stuhl hoch. Meine Knie zitterten bereits und ich wollte protestieren, dass ich müde war und niemals die Party durchhalten würde, wenn wir jetzt schon wieder Sex hatten.

Ich kam nicht einmal halb durch den ersten Satz, da stieß ich bereits mit dem Po gegen den Schreibtisch und Frederiks Zunge eroberte dabei meinen Mund. Er hatte die Arme um mich geschlungen und presste seinen Körper gegen meinen. Es war unmöglich, seine Erektion nicht zur Kenntnis zu nehmen und ich wurde tatsächlich schon wieder schwach.

»Du musst zugeben, dass es wie eine Einladung wirkt, wenn du hier sitzt«, sagte er leise, mein Gesicht zwischen seinen Händen. Er knabberte zart an meiner Unterlippe und ich schloss mit einem Seufzen die Augen.

»Ich habe nur gearbeitet«, versuchte ich klarzustellen.

»Gut, dann sorge ich jetzt dafür, dass du demnächst bei der Arbeit immer an mich denkst.« Er klang durchaus, als würde er das sehr ernst meinen und meine Klit meldete sich prompt mit einem verlangenden Klopfen.

Ausweichen konnte ich ihm nicht, also probierte ich, ihn von mir zu schieben. Spöttisch zog er eine Augenbraue hoch, legte seine Hände auf meine, die sich in sein Shirt gekrallt hatten und fragte: »Soll das Nein heißen?«

»Ach, verdammt«, stieß ich hervor und griff nach dem Saum meines T-Shirts. Während ich es über den Kopf streifte, musste ich wenigstens nicht sein selbstgefälliges Grinsen ertragen. »Wenn ich nachher auf der Party einschlafe, ist das ganz allein deine Schuld.«

Frederik zog meine Hose nach unten und hauchte einen Kuss auf den Stoff, der meinen Venushügel bedeckte. »Damit kann ich leben.«

Ich wehrte mich nicht länger und ließ zu, dass er mich auf die Schreibtischkante setzte und meinen Oberkörper nach hinten drückte. Als ich das kühle Holz unter meinem Rücken spürte, war ich froh, dass mein Arbeitsplatz wenigstens ausnahmsweise aufgeräumt war.

Mein ersticktes Stöhnen, als ich erkannte, was Frederik vorhatte, belustigte ihn nur noch mehr. Er hatte in dem Stuhl Platz genommen und sich zwischen meinen Schenkeln positioniert. Meine Füße stellte er auf die Tischkante. Schon als er mit den Lippen nur leicht die empfindliche Innenseite meines Oberschenkels streifte, begann ich zu zittern.

Nur zu willig hob ich mein Becken an, damit er mir den Slip ausziehen konnte. Sein warmer Atem liebkosten meine Haut und machte mir die Feuchtigkeit bewusst, die sich bereits zwischen meinen Labien sammelte.

Seine Hand legte sich auf meine Pussy und ich hielt verzückt die Luft an. Dabei murmelte ich in meinem Kopf diverse Flüche vor mich hin, weil ich diesem Mann einfach nicht widerstehen konnte.

Als seine Finger in mich glitten, bog ich den Rücken durch und meine inneren Muskeln zogen sich um ihn zusammen. Langsam wichen seine Finger zurück, um kurz darauf mit einem leisen Schmatzen, das mir die Röte auf die Wangen trieb, wieder in mich zu stoßen. Er streichelte und liebkoste meine empfindlichsten Stellen. Dann legten seine Lippen sich um meine Lustperle und ich konnte das Wimmern nicht unterdrücken, schob ihm auffordernd das Becken entgegen.

Die Bewegungen seiner Finger und Zunge vereinten sich zu einem perfekten Rhythmus, der mich unaufhaltsam auf den Höhepunkt zu trieb. Die Röte auf meinen Wangen vertiefte sich, als ich bemerkte, dass ich gerade tatsächlich sehr kehlig Frederiks Namen gestöhnt hatte.

Dann wurden meine überflüssigen Gedanken von der Lust durcheinander gewirbelt, die heiß durch meine Adern pulsierte. Seine Finger stießen schneller in mich, während seine Zunge über meine Klit tanzte. Meine Muskeln verkrampften und ich schob mich ihm verzweifelt noch näher entgegen. 

Ich hob die Arme über meinen Kopf und suchte nach der Tischkante, um mich festhalten zu können. Der Orgasmus kam so heftig, dass ich überrascht aufschrie. Ich zuckte dermaßen unter Frederiks Mund, dass es mich wunderte, dass ich ihn nicht abwarf. 

Gerade als ich dachte, dass ich es möglicherweise überlebt haben könnte, beschleunigte er noch einmal das Tempo seiner Finger. Eine zweite Welle schloss sich nahtlos an die erste an. Mein Herzschlag raste und ich versuchte bemüht, dem Brennen in meinem Schoß irgendetwas entgegenzusetzen. Sekunden später bebte ich am ganzen Körper und wurde davon gespült. Vor meinen Augen flackerte es und ich glaubte, dass der Höhepunkt niemals enden würde oder dass ich zumindest vorher das Bewusstsein verlieren müsste.

Ein letztes Mal drang er mit seinen Fingern in mich, den Mund fest auf meine Scham gepresst. Ich starrte atemlos die Decke an und wartete darauf, dass ich wieder normal sehen konnte und nicht durch diesen zufriedenen Schleier.

Eigentlich hatte ich damit rechnen sollen, doch zuckte ich überrascht zusammen, als Frederik meine Beine packte und rechts und links auf seine Schultern legte. Wo auch immer er das Kondom her hatte – ich war froh, dass er daran dachte, denn mein Verstand hatte sich bereits in den Feierabend verabschiedet.

Ich keuchte auf, als er mit einem intensiven Stoß in mich glitt. Meine Nervenenden rebellierten, denn ich war unglaublich empfindlich und fast schon überreizt durch die atemberaubenden Orgasmen.

Meine Augen öffnete ich erst wieder, als ich seine Hand an meiner Wange spürte, bis dahin hatte ich mich ganz seinen hemmungslosen Stößen hingegeben. Meine Lider flatterten und ich brauchte einige Sekunden, bis ich klar sehen konnte. 

Frederik sah mich eindringlich an, bevor er sich vorbeugte, neben meinem Kopf abstützte und mich küsste. Die Oberschenkel auf meinen Bauch gepresst spürte ich ihn so noch tiefer in mir. 

Mein Puls machte einen bedenklichen Satz, als ich erkannte, dass er mich so voller Emotionen küsste, dass ich drohte, einzuknicken und über meine Gefühle für ihn nachzudenken. Zärtlich eroberte er mich und machte auf sehr sinnliche Weise seine Absichten klar.

Dass ich mich dabei selbst schmecken konnte, ließ unser ganzes Arrangement nur noch unmoralischer erscheinen. Wie hatte ich nur gedacht, dass es eine gute Idee sein könnte, mit meinem Nachbarn eine Affäre anzufangen?

Er hatte dieses Glitzern in den Augen, das jede Faser meines Körpers beunruhigte und für eine leichte Panik sorgte. Doch ich war wie gelähmt und konnte mich einfach nicht wehren. Allerdings wollte ich das auch gar nicht – das war der wahre Grund meiner Beunruhigung. Frederik ging mir im wahrsten Sinne des Wortes unter die Haut. 

Ich musste verrückt sein, denn kaum, dass er den Kuss unterbrochen hatte und schneller in mich stieß, schmiegte ich meine Wange an seinen Unterarm und presste meine Lippen darauf.

Frederik stöhnte heiser und drang ein letztes Mal hart in mich, bevor er verharrte und genau wie ich zuvor nach Luft schnappte. 

Aus irgendeinem Grund hatte ich das Gefühl, das Schweigen brechen zu müssen, das so ohrenbetäubend in der Luft hing und sagte: »Wow. Ich schätze, jetzt werde ich tatsächlich jedes Mal an dich denken, wenn ich den Schreibtisch sehe.«

Er grinste mich zufrieden an und ich brüllte in meinem Kopf: Scheiße. Scheiße. Scheiße! Verdammte Scheiße! Denn eigentlich hatte ich sagen wollen: Du bist wirklich unmöglich. 

Es war offiziell, Frederik hatte mir soeben das Hirn rausgevögelt.