Zaira Arbanassi

Soviel ich weiß, hieß sie Barbara Berlin und hatte vergessen, wie man betet. Sie arbeitete bei den Ausgrabungen von Jakulevo, sie war geradezu besessen von den Freilegungen. Eine zierliche, blonde Frau, deren Kinn von Harz glänzte. In ihrem Reisekoffer hielt sie Giftschlangen und Sternensteine, die sie angeblich während der Ausgrabungen gesammelt hatte. Ich weiß nicht, ob das stimmt, jedenfalls habe ich in Jakulevo nie einen Leichnam gesehen, der einen Meteoriten umkrallt hätte. Barbara Berlin hatte eine außergewöhnlich schöne Vorliebe. Wenn es geregnet hatte, legte sie sich ins Gras und hielt still, bis sich auf ihrem Bauch Schnecken versammelten. Da sie dann immer in einen verklärten Zustand geriet, merkte sie es gar nicht, als einmal eine Wildkatze sie um den Knöchel herum annagte. Von da an humpelte sie ein wenig, doch wenn sie im Zustand der Erregung war, rannte sie mit erhobener Stirn, mit dem Honigschein ihres Kinns leuchtend, in ein dichtes Gestrüpp oder ein ausgetrocknetes Bachbett und zeigte mit stets untrüglicher Sicherheit, wo es sich lohnte, die Erde anzusprechen und aufzuwühlen. Sie war die erfahrenste Spurensucherin in Jakulevo, dabei hatte sie vergessen, wie man betet. Ich weiß nicht. Vielleicht ja deshalb. Vielleicht weil es Menschen gibt, die dazu geboren sind, die anderen im Tod besser zu sehen als im Leben. Ich durfte mich geehrt fühlen, daß ich ihr zugeteilt worden war, daß ich der Schatten ihrer rechten Hand sein durfte, ich keuchte und trabte hinter ihr her und paßte auf ihren Knöchel auf, wenn sie sich nach dem Regen ins Gras legte. Wie ich heiße? Egal. Von meinem Namen später.

Kaum ein paar Wochen, nachdem Barbara Berlin mich angeheuert hatte, griff die Patrouille einen Bauern auf, einen gewissen Emil Arbanassi, der rasch zugab, das eine oder andere zu wissen. Sieh mal an. Als Emil Arbanassi zu reden begann, wurde seine Zunge himmelblau, und jedem war klar, daß er die Wahrheit sagte, nur war mein Verdacht durchaus richtig, daß er etwas verschwieg. Und das ist nicht alles. Wie nicht anders zu erwarten, geriet Emil Arbanassi mit einigen Worten und Gesten Barbara Berlins in Widerstreit. Mich interessierte es nicht, wer von ihnen recht hatte. Seit ich in Barbara Berlins Diensten stand, schreckte ich nachts häufig auf, weil mir mein Herz die Brust zu sprengen drohte. Ich hielt Barbara Berlins Stirn und zitterte. Die Spurensucherin wachte davon nicht auf.

Wo ist denn Ihre Frau, bedrängte Barbara Berlin Emil Arbanassi, am äußersten Rand eines breiten Tales stehend. Mit der Hand beschattete sie ihre Augen. Sie redete zu dem Bauern, ohne ihn anzusehen. Ihre Schultern schienen zu beben. Wir standen am Rande eines Gebietes, das noch nicht freigelegt war, aber einiges versprach. Emil Arbanassi hatte einen langen, gebogenen Stock, was nur bedeutete, daß er einmal ein breites Grab für sich beanspruchen würde. Über dem Tal wälzte sich schmutziger, watteartiger Nebel. Manchmal waren aus dem Gestrüpp, dem Dickicht der Bäume am Ufer herrenlose Schreie zu hören. Wir wußten, daß wir die Urheber der verirrten Schmerzensschreie vergeblich suchen würden. Es gibt eine Vermutung, wonach solche Schreie nur an Gott gerichtet sein können. Ich weiß nicht. Doch dann muß es, wenn es einen Schrei gibt, auch Gott geben. Manchmal fiel uns eine tote Krähe wie ein Stein vor die Füße. Emil Arbanassi kratzte sich verlegen die Stirn.

Ich spüre, daß hier mein Bruder ist, deutete er in die Runde.

Wo, seufzte enttäuscht Barbara Berlin.

Der Mann zeigte auf einen in blauen Dunst gehüllten Waldstreifen.

Da irgendwo, meine Dame.

Aber mir, Emil Arbanassi, haben Sie zuletzt von Ihrer Frau erzählt. Sie erzählten von ihrem blauen Haar, ihren blauen Augenbrauen, davon, daß blauer Flaum ihren Schenkelansatz bedeckt, sogar von ihrem Schatten haben Sie mir erzählt, der ebenfalls blau über der Erde strahlt.

So ist es, nickte der Mann ungehalten, ich habe Ihnen erzählt, daß die Nägel meiner Frau blau lackiert sind. Ja. Nur daß sie weiter weg ist, trotzdem. Einen halben Tagesmarsch, glaube ich.

Glauben Sie es oder wissen Sie es, fragte kopfschüttelnd Barbara Berlin und sah den Mann noch immer nicht an. Sie beobachtete das Vögelchen, das ihr auf den Handrücken geflogen war. Irgendein Singvogel vermutlich. Ein Fink, eine Amsel oder eine Nachtigall. Ich kenne mich da nicht aus. Emil Arbanassi antwortete schwerfällig.

Warum sollte ich sie Ihnen nicht zeigen, sagte er und machte sich gleich auf den Weg.

Warten Sie, sagte Barbara Berlin. Sie hob ihre Hand mit dem Vogel unters Kinn. Ein ziemlich großer Honigtropfen tropfte herab und verklebte die Flügel des Vogels. Ich glaube, in diesem Augenblick verliebte ich mich, einfältig wie ich bin. Natürlich. Ich beobachtete den leise schreienden Vogel. Die Spurensucherin warf ihn an den Rand des Grabens. Barbara Berlins Blick blitzte mich an.

Damit wir den Weg zurück finden, sagte sie.

Und die toten Vögel, fragte ich.

Die fallen überall herab, sagte Barbara Berlin.

Das stimmt, nickte Emil Arbanassi.

Der Bauer ging los. Und wir trotteten ihm schwerfällig hinterher, Barbara Berlin, die in Jakulevo Verliebte, und ich, ein herumstreunender Hilfsarbeiter, bescheiden, mit Spaten und Spitzhacke auf der Schulter. In der Tat fielen überall Vögel vom Himmel. Und jenseits der Nebelschwaden kamen sie alle tot an. Ihr dumpfer Aufprall begleitete uns auf unserem Weg. Wir waren kaum ein paar Stunden marschiert, als wir an ein menschenleeres Gehöft kamen. Nackte und stumme Wände, leere Viehställe, verkohlte Balkenstümpfe ragten aus der Erde. Großer Reichtum dürfte hier nie geherrscht haben, aber Leben, das hatte es gegeben, mit Sicherheit.

Wir sind in die falsche Richtung gegangen, hüstelte verlegen der Bauer, das hier ist nicht meine Frau.

Wer dann, fragte Barbara Berlin gereizt.

Mein Enkel.

Da schaute Barbara Berlin den Mann zum ersten Mal an. Wo?

Im Brunnen, und Emil Arbanassi zeigte auf das Gemäuer mit dem Deckel.

Er hielt den Strick fest, an dem ich mich in die nach Kadavern stinkende Tiefe hinunterließ. Zuerst mußte ich die Steine im Brunnen beiseite räumen. In jeden der Felsblöcke war ein Name eingeritzt.

Milenka Carica.

Milenka Carica.

Milenka Carica.

Als ich mit den Steinen fertig war, schleppte ich das schleimige, grünlich graue Wasser in Eimern hinauf. Ich brauche es wohl kaum zu sagen, Emil Arbanassis Enkel kam zum Vorschein. Und ich fand auch eine Frau, die keineswegs alt war. Sie dürfte die Geliebte des jungen Mannes gewesen sein, vermutete ich, denn sie hatte kein Hemd, keinen Unterrock oder dergleichen Kleidungsstücke an, sie war halb nackt. Sie waren überrascht worden. Oder die Leute, die ihnen den Garaus machten, hatten das Mädchen ausgezogen, bevor sie es vergewaltigten. Oder sie hatten sie erst getötet und dann vergewaltigt. Oder sie hatten Selbstmord begangen, der Enkel von Emil Arbanassi und seine Geliebte, als sie die fremden Männer erblickten, wie sie sich auf den Lattenzaun stützten, und deren Blicke sich, so meine ich, nur schwer von der Glut einer Zigarette unterscheiden ließen, an der jemand heftig zieht. All das sind nur wertlose Phantasien, natürlich. Man kann so vieles behaupten, erklären! Und warum sollte man sich nur auf eine einzige Lösung versteifen? Das Wesentliche war, daß der Enkel von Emil Arbanassi und eine junge Frau gestorben waren, dabei hatten sie gar keinen Grund dazu, sie hatten noch leben sollen, das wäre das Naheliegendste, das Richtigste in ihrem Leben gewesen, aber sie haben nicht selbst darüber entschieden.

Barbara Berlin markierte den Brunnen und erstattete über ihr Mobiltelefon Meldung. Bis wir zu Mittag gegessen hatten, war die Sondereinheit da, mit Hunden, elektronischen Suchgeräten, Minendetektoren. Mit zackigen Befehlen gingen die Jungs an die Arbeit. Wortlos traten wir den Heimweg an. Nur soviel noch, ich habe genau gesehen, wie Arbanassi auf dem Rückweg den Vogel zertrat.

Nach der Essensausgabe am Abend bat ich Barbara Berlin, auch mir die Suppe zu süßen. Zerstreut ließ sie es zu, daß ich ihr meinen Teller unters Kinn hielt. An den Lagerfeuern sangen Arbeiter aus Jakulevo. Jemand spielte hingebungsvoll Banjo. Nach einer Weile kam eine Lautsprecherdurchsage. Der englische Major, der ein Bein und eine Hand verloren hatte und Kommandant des Lagers war, hielt es für wichtig, die an den Ausgrabungen Beteiligten allabendlich zu begrüßen und zu ermutigen, die einfachen Hilfsarbeiter, wie ich einer war, und die Ingenieure, die Spurensucher und Chronisten, seine Ansprache richtete sich an alle. Die Sache war die, daß viele unter Berufung auf Brechreiz, Fieber, Halluzinationen am hellichten Tag und Schlaflosigkeit die Arbeit abbrachen, und das war, glaube ich, eine verständliche Ausrede, auch wenn es nicht stimmte. Man denkt, man legt ein Gebiet frei, man gräbt nur noch einen schmalen Erdstreifen zwischen zwei grün wuchernden, vom Gezwitscher der Vögel widerhallenden Waldstücken um, doch schließlich spürt man, daß alles umsonst ist, weil sich hinter den Wäldern wieder eine neue vielversprechende Wiese auftut, ein Tal, ein Bachbett, dann wieder eines und noch ein weiteres Gebiet, schließlich stellt man verblüfft fest, daß man genau dort ist, wo man angefangen hat, daß man, und nicht ohne Ergebnis, genau dasselbe Gebiet mit seinen Werkzeugen durchwühlt und aufscharrt, das unter großen Seufzern bereits abgehakt worden ist, von dem man geglaubt hatte, daß es von den stinkenden Überresten des Schicksals gesäubert sei, doch nein, wieder kommt einem ein bisher nicht bemerktes Haarbüschel vor die Füße, ein Fingerglied, eine Kindermütze, und man sieht ein, so dachte ich, und mein Gedanke war nicht gerade originell, daß man nichts anderes ist als der Zeiger der Zeit, der immer im Kreis läuft. Es war spät am Abend. In der Nähe schrie ein Kauz. Barbara Berlin breitete ihre Decke über sich, nahm einen Schluck aus der Tequilaflasche und machte sich zum Schlafen bereit.

Soll ich beten, fragte sie.

Wozu denn, Barbara, sagte ich.

Da ich ihr engster Arbeitskollege war, benutzte sie meinen Kopf als Kissen. Sie schlief reglos, ihre Schläfe an meine Stirn gedrückt, und ich durfte meine Hand unter ihr Kinn halten. Bis zum Morgen glitzerte auf meiner Handfläche Honig, Honig, Honig. Barbara Berlin räkelte sich entspannt.

Wir sollten Emil Arbanassi suchen, sagte sie gähnend.

Stimmt es, daß die Toten Meteoriten in den Händen halten?

Das stimmt nicht, sagte Barbara Berlin.

Stimmt es, daß auch Sie einen Himmelsstein haben, Barbara?

Es stimmt, aber ich habe ihn nicht in Jakulevo gefunden.

Der Bauer lebte damals noch in einem Zeltlager, unweit der Ausgrabungen von Jakulevo. Falsch: Das Zeltlager war ja ein Teil von Jakulevo, nur daß dort Menschen lebten, während in Jakulevo zwar auch welche lebten, natürlich, Arbeiter, Chronisten und Spurensucher, aber in der Mehrzahl waren es die Toten, die in der Tiefe der Erde ruhten, wenn man diese Form des Todes als Ruhezustand bezeichnen konnte, jedenfalls bestand durchaus die Möglichkeit, daß sie einen Meteoriten umklammert hielten, dort unten in der Erde. Emil Arbanassi beendete das Morgengebet, richtete sich schwerfällig auf und sah uns an. Sein Blick verhieß nichts Gutes.

An diesem Tag führte er uns an fünf verschiedene Orte, und jeder erwies sich als lohnend für die Freilegung, seine Frau fanden wir dennoch nicht. So verging noch eine Woche. Jeden Tag stießen wir auf etwas Wichtiges, Interessantes. In einem hübschen Tal zum Beispiel entdeckten wir ein Hügelchen aus Kinderspielzeug. Ein riesiger Haufen aus Spielzeuggewehren, Spielzeugmessern und Spielzeugschwertern erhob sich dunkel mitten im Tal. Ein anderes Mal stießen wir auf einen entfernten Verwandten von Emil Arbanassi, der nicht ganz tot war, wenn es auch nur seine Hand war, die noch lebte. Sie zeigte ständig auf seinen Kopf, wo auf der Stirn dunkel eine Einschußwunde klaffte.

Und vom Himmel fielen die toten Vögel, fielen und fielen, Krähen, Falken und Eulen, zuweilen sahen wir sogar Papageienleichen. Aber die Frau von Emil Arbanassi fanden wir nicht. Der Bauer blinzelte verschlagen. Und Barbara Berlin weinte. Sie war das Scheitern nicht gewohnt, die Arme. Abends taumelte sie in das Lager zurück wie ein geschlagener, betrogener Hund. Sie betrog sich selbst, aber sicher. Und es half ihr auch nicht, daß ich bei ihr war, mich bei ihr einhängte, sie stützte, damit sie nicht fiel.

Soll ich beten, fragte sie nach dem Abendessen.

Ich gab ihr die Flasche Tequila in die Hand.

Beten Sie nicht, Barbara, sagte ich.

Es wäre ein Fehlschlag, Barbara, streichelte ich ihr das Gesicht.

In dieser Nacht legte ich Barbara Berlin einen in ein Wickelkissen gehüllten Felsbrocken in Form eines Kopfes unter die Schläfe. Sogar im Traum weinte die Spurensucherin schon. In einem Glas fing ich ihre Tränen auf, stellte ihr ein kleines Gefäß unter das Kinn, und behutsam, als sei es der Abendwind, fächelte ich ihr mit den Federn toter Vögel den Schoß. Ich wartete, daß sie sich beruhigte. Das rostige Schloß ihres Koffers zerschlug ich mit einem einzigen Schlag. In der Tiefe der Tasche ringelten sich einige kranke Vipern, ein schwarzblau funkelndes Steinchen bewachend. Die Tränen von Barbara Berlin kippte ich auf die Schlangen, sie wurden sofort starr.

Barbara Berlin, sagte ich, und nahm den Stein an mich.

Dann stahl ich mich in das Zeltlager und bestach den Wächter, indem ich ihn in das andere kleine Gefäß schauen ließ, worin ich den Honig von Barbara Berlin gesammelt hatte. Der Mann, ein italienischer Freiwilliger, starrte es lange an.

Capito, sagte er, was für ein Abenteuer.

Emil Arbanassi schlief nicht. Im Schneidersitz wartete er in der Mitte seines Zeltes und machte sich entweder zum Gebet bereit oder hatte gerade ein Gebet hinter sich. Ich hob das Gläschen mit Honig an seine Lippen und ließ ihn trinken.

Allah hat es geschickt, log ich.

Schluck für Schluck, weich und schwer, vergiftete ich ihm die Seele. Emil Arbanassi hob seinen verschlagenen, traurigen Blick zu mir. Er hatte sich eine Frau besorgt, und jetzt graute ihm davor, sie zu verlieren. Woher hätte er mich auch kennen sollen, der ich mit Schaufeln und Spitzhacken auf der Schulter durch Jakulevo zog?! Unter der Wirkung des Honigs fing Emil Arbanassi ziemlich bald zu reden an. Seine Zunge verfärbte sich nicht blau, daher wußte ich, daß jedes seiner Worte eine ausgeklügelte und offensichtliche Lüge war. Und ich erinnerte mich auch noch gut an das Märchen, das er aufgetischt hatte, als ihn die Patrouille gefaßt hatte. Ich erinnerte mich an alle seine Verwandten, Geschwister und Enkel, die ich aus der Erde von Jakulevo ausgegraben hatte. Zwischen den ineinander verschlungenen Geschichten duckte sich wie ein kleines, feiges Tier die Wahrheit. Und da ich bereits wußte, wo die Frau von Emil Arbanassi sein mußte, brach ich in Richtung Süden auf. Ein grauer Schleier wand sich auf meinen Spuren, der Wind, der Wind. Der Morgen dämmerte, als sei es ein Irrtum. Vögel fielen vom Himmel, und die herrenlosen Schmerzensschreie schlossen miteinander Bekanntschaft.

Ich wußte, daß ich nicht allein war.

Ich wußte, daß Barbara Berlin meiner Spur folgte.

Ich wußte, daß man auch Barbara Berlins Spur folgte.

Die Frau von Emil Arbanassi war so jung, daß ich sie leicht für ein Mädchen hätte halten können. Blau war ihr Blick, und wenn sie sich im verdorbenen Dämmerlicht des Schuppens regte, der mit Zweigen voller Blätter bedeckt war, leuchtete auch ihr Schatten blau. Vorsichtig legte ich ihr den Meteorit in die Hand, den von Barbara Berlin gestohlenen Himmelsstein, dann setzte ich mich vor sie hin und sah gebannt zu, wie sie satt wurde. Sie hielt sich den Stein vors Gesicht und trank sein Licht. Ein kleines, blasses, in hellblauem Licht schwimmendes Gesicht, vorsichtig lehnte ich meine Stirn an ihre. Auf ihrem Rücken ertastete ich die Spuren der Schläge, die Narben von Schnee und Eis, die Striemen der Gurte des Weidenkorbes. Die Frau von Emil Arbanassi atmete durch den Himmelsstein hindurch mir in den Mund. Da stand auch schon Barbara Berlin vor dem Schuppen und schrie herum. Ihre Stimme war so, daß jemand, der die Spurensucherin nicht kannte, sie auch für Schmerzensschreie hätte halten können.

Soll ich beten, schrie Barbara Berlin.

Soll ich beten, schrie Barbara Berlin.

Soll ich beten?

Jetzt können Sie beten, Barbara. Verschließen Sie die Tür zu diesem Schuppen mit Ihrem Gebet, bevor Emil Arbanassi kommt, sagte ich und ließ mein Gesicht in ein strudelndes, tiefgründiges Blau gleiten.

Barbara Berlin versuchte mit jaulender Stimme zu beten.

Ich bete, rief sie, ich bete.

Wie heißt du, fragte ich die Frau.

Zaira Arbanassi, flüsterte sie.

Ist gut, Zaira, ich heiße Gott, und ich bin nur Hilfsarbeiter.

Ich verstehe, Herr, flüsterte Zaira Arbanassi und gab mir noch von dem Blau.

In der ganzen Gegend halfen die Vögel Barbara Berlin beim Beten, wie sie mit ihren kleinen, toten Körpern auf die Erde schlugen. Indes mit seinem langen Stock fuchtelnd Emil Arbanassi auf uns zukam, dessen Frau blau war, und dennoch haben wir sie in Jakulevo gefunden.