2

»Also dann, in zwanzig Minuten am Präsidium. Können Sie bis dahin einen Kassettenrekorder auftreiben?«

»Wozu brauchen Sie einen Kassettenrekorder?«

»Seltene Vogelstimmen. Muß aber mit Batterie sein.«

»Ich werds versuchen, irgendwo haben wir so was. Ich frage meine Frau.«

»Beeilen Sie sich.«

»Ja, ja.«

Eine halbe Stunde später bog der blaue Benz in die Einfahrt des Polizeipräsidiums. Ich ging über den Kies auf ihn zu. Löff stieg mit einer glänzenden, schwarzen Aktentasche aus dem Auto. Er hatte Schlips und Anzug angelegt.

»Morgen, Herr Löff, haben Sie ein Tonband aufgetrieben?«

Er zog ein uraltes kleines Gerät aus der Aktentasche. Ich nahm es in die Hand und testete die Qualität der Aufnahme. Sie war nicht berauschend, aber für meine Zwecke langte es. Ich gab es Löff zurück.

»Behalten Sie es erst einmal. Noch brauchen wir es nicht.«

»Herr Kayankaya, was halten Sie davon, mir endlich zu erklären…«

»Nichts. Ich kann Ihnen noch nichts erklären. Entweder Sie helfen mir, ohne viel zu fragen, oder Sie lassen es bleiben.«

»Ich kann doch nicht ohne jede Information mit Ihnen zusammenarbeiten.«

»So, wie ich mir die Zusammenarbeit vorstelle, geht das schon.«

»So, und wie?«

»Hören Sie zu, Herr Löff, ich brauche zunächst nur Ihren Namen, der zählt in amtlichen Kreisen nun mal mehr als meiner. Das fängt gleich hier im Polizeipräsidium an. Mit Ihnen zusammen komme ich rein und kriege auf meine Fragen eine Antwort. Bis ich Ihnen erklärt habe, was ich wissen will und warum, ist der halbe Tag vergangen. Soviel Zeit haben wir leider nicht mehr.«

»Herr Kayankaya, wenn ich Ihnen aufgrund meiner Erfahrung etwas raten darf, dann…«

»Helfen oder nicht helfen?«

Er schaute mich eine Sekunde lang wütend an. Dann klappte er trotzig die Aktentasche zu.

»Also gut. Wo müssen wir zuerst hin?«

»Nochmal ins Rauschgiftdezernat und in die Kleiderkammer.«

»Dann mal los.«

Wir liefen über den Parkplatz, stiegen die Treppen zum Haupteingang hoch, durchquerten die Empfangshalle und fuhren mit dem Aufzug in den vierten Stock.

Vor Georg Hoschs Büro nahm ich Löff am Arm.

»Nicht zu Hosch. Wir müssen jemand anders finden.«

»Warum?«

»Darum!«

Löff holte tief Luft. Dann zeigte er auf die Tür gegenüber von Hoschs Büro.

»Sie gehen rein und spielen Begrüßung, oder was sonst unter Polizisten üblich ist. Ich stelle danach die Fragen.«

Löff klopfte energisch an die Tür.

»Jaaa. Immer rein in die gute Stube.«

Die freundliche Stimme gehörte einer jungen Dame im Minirock. Sie war dabei, Kaffee in den Filter zu löffeln.

Löff betrat den Raum mit der Würde und dem Selbstverständnis eines höheren Vorgesetzten. Er machte seine Sache gut. Leider hielt der Minirock nicht viel von würdevollen Vorgesetzten.

»Wen Sie auch immer sprechen wollen, alle sind weg.« Sie knipste die Kaffeemaschine an und drehte sich um.

Löff verschränkte die Arme.

»Ich bin Theobald Löff, ehemals Kriminalkommissar dieses Hauses.«

»Und?«

»Ich wünsche den diensthabenden Inspektor der Abteilung zu sprechen.«

»Herr Rolland ist dienstlich unterwegs.«

»Wann wird er zurück sein?«

»Das weiß der Herrgott.«

Löffs Vorstellung war zu Ende. Er drehte sich fragend zu mir um.

»Kayankaya mein Name. Außer wo der Kaffee steht, wissen Sie über die Abteilung hier noch was anderes?«

»Anzunehmen, ich arbeite seit zwei Jahren in dem Laden.«

»Es gibt ein Lager, wo der ganze beschlagnahmte Kram hinkommt, um irgendwann verbrannt zu werden. Wo ist das?«

»Am Flughafen ist eins, so ’ne Art Zwischenstation, und hier im Haus ist das Hauptlager. Verbrannt wird in einem Spezialofen hinten im Hof.«

»Wer hat hier im Präsidium Zugang zu dem Lager?«

»Sagen Sie mal, wollen Sie das Ding knacken?«

»Klar, ich lauf in die erste Polizei-Ranch der Stadt und erkundige mich, wie und wo ich…«

»Schon gut. Zugang hat nur eine Art Verwalter, der aufschließt, wenn neue Ware reinkommt, und kontrolliert, ob alles seine Ordnung hat.«

»Wie heißt er?«

»Im Moment macht das Herr Sörbier. Das wechselt aber jeden Monat.«

»Leitet der auch die Verbrennung?«

»Nee, das macht immer Herr Hosch.«

»Georg Hosch?«

»Ja.«

»Herr Kayankaya, was soll das? Ich kann nicht die ganze Zeit im dunkeln neben Ihnen herumtappen.«

Wir standen im Aufzug zum Kellergeschoß. Meine Finger tasteten nach der kaputten Rippe. Morgen würde ich beginnen, sie zu kurieren. So hoffte ich.

»Geht nicht anders, Herr Löff. Heute abend wissen Sie alles. Bis dahin Geduld. Sie haben Ihre Sache doch eben fabelhaft gemacht, besser gings gar nicht.«

»Also gut, ich mache weiter. Aber bitte, tun Sie mir einen Gefallen…«

»Der wäre?«

»… eignen Sie sich ein paar Umgangsformen an. Man kann mit Leuten reden, ohne sie gleich vor den Kopf zu stoßen. Sagen Sie das nächste Mal ›Danke‹ und ›Auf Wiedersehens wenn Sie die gewünschte Information erhalten haben. Schließlich fällt das auf mich zurück.«

Die Aufzugstür öffnete sich, und mir blieb die Erwiderung erspart. Wir liefen durch den neonbeleuchteten Flur bis zu einer Kioskfassade. Doch statt Stapel von Bierkästen und Lutschervorräten sah man dahinter eine riesige Halle, durch die sich hohe Eisenregale zogen. Olivgrüner Kleiderkram, Plexiglasschilde, Helme, Verkehrskellen, Schuhe, alle möglichen Sorten Schießwerkzeug, Walkie- Talkies, sogar ein Bündel Trillerpfeifen lagen relativ geordnet auf den Regalbrettern. Alles neu und sauber.

Ich drückte auf eine silberne Klingel. Aus dem hinteren Teil der Halle brummte jemand »ein Moment«. Löff sah mich kritisch an. Er erwartete offenbar immer noch eine Bestätigung seiner Bitte.

»Ich versuche, weder zu kleckern noch unaufgefordert zu rülpsen.«

»Was gibts?«

Ein runzliges Männlein humpelte durch die Halle auf uns zu. Es musterte uns durch dicke Brillengläser. Löff räusperte sich und stützte die Hände auf die Theke.

»Ach, der Herr Kommissar! Was treibt Sie denn hierher?«

»Tja, die Katze laßt das Mausen nicht.«

»Ach, was, Sie sind wieder im Geschäft?«

»Nein. Ich betreue einen Fall. Um die in langen Jahren gewonnene Erfahrung sozusagen an Jüngere weiterzugeben. Eine Art wandelnder Ratschlag.«

Das Männlein lachte herzlich.

»Das haben Sie gut gesagt, Herr Kommissar.«

Löff trat einen Schritt beiseite und stellte mich vor.

»Hier ist der Nachwuchs, wenn ich mal so sagen darf. Herr Kayankaya ist als freier Mitarbeiter mit der Lösung eines Falles betraut.«

Die kurzsichtigen Augen glitten ungläubig an mir herunter. Wahrscheinlich überlegte er sich, wo die Polizei enden würde, wenn blutverkrustete Türken ihren Nachwuchs bilden sollten. Löffs Geschichte war ebenso unglaubhaft wie phantasielos.

»Aha. Na gut. Was führt Sie zu mir?«

Bevor Löff noch mehr Unsinn loswerden konnte, schob ich mich kurzerhand vor ihn an die Theke.

»Führen Sie eine Kartei über die Geräte, die Sie ausgeben?«

»Natürlich. Das hat bei uns alles seine Ordnung.«

»Kann auch ein Beamter seine fehlende Ausrüstung bei Ihnen ergänzen? Angenommen, er hat was verloren, oder es wurde was beim Einsatz beschädigt?«

»Mit Bestätigung seines Vorgesetzten, aber sicher. Was glauben Sie, weshalb ich hier bin?«

Er belächelte die törichten Fragen des Nachwuchses.

»Wenn ich Sie zum Beispiel fragen würde, ob in der Woche nach dem zwanzigsten Februar neunzehnhundertneunundsiebzig sich einer oder mehrere der Kollegen bei Ihnen einen neuen Polizeischlagstock besorgt haben, könnten Sie das beantworten?«

Ein kurzer Seitenblick bestätigte mir, Löff war baff.

»Müssen Sie einen Moment warten, bis ich den Karteikasten finde. Ist aber sonst kein Problem.«

»Wir warten gerne.«

Das Männlein humpelte weg. Löff tippte mir auf die Schulter.

»Sonst ist alles in Ordnung, Herr Kayankaya?«

»Warten Sie’s ab.«

Wir standen stumm nebeneinander, bis das Männlein mit einem hellbraunen Holzkasten unterm Arm zurückkam.

»Hier haben wir neunzehnhundertneunundsiebzig, wollen mal sehen.«

Er blätterte die Kärtchen durch.

»Schlagstöcke haben Sie gesagt?«

»Ja.«

Es dauerte eine Weile, dann zog er zwei Karteikarten heraus und las vor.

»Da haben wir den einundzwanzigsten und den neunundzwanzigsten Februar. Jedesmal Schlagstock im Einsatz verloren, Antrag auf Ersatz. Bestätigungen der jeweiligen Vorgesetzten lagen vor.«

Er sah auf.

»Reicht das?«

»Die Namen der Antragsteller wüßte ich gerne.«

»Wenns weiter nichts ist.«

Er hielt sich die Karteikarten noch einmal dicht vor die Brille.

»Am neunundzwanzigsten war es Michael Kuch vom Mobilen Einsatzkommando D Strich A siebzehn einundzwanzig, am einundzwanzigsten Harry Eiler, Streifendienst, Nummer null null acht Strich sieben drei. Vorgesetzte waren im ersten Fall Hauptkommissar Norbert Rutel, im zweiten Kriminalkommissar Futt.«

Ich schaute zu Löff und sagte: »Vielen Dank und auf Wiedersehen, Sie haben uns sehr geholfen.«

Wir gingen durch die Empfangshalle hinaus auf den Parkplatz. Löff zog immer noch eine Schnute und sagte kein Wort.

»Herr Löff, holen Sie bitte das Auto. Ich bin da vorne bei der Telefonzelle, muß ’ne Adresse rauskriegen.«

Ich blätterte die dünnen, eingerissenen Seiten durch. Löff stand schon mit dem Benz vor der Kabine, als ich endlich fand, was ich suchte. Futt, Große-Nelken-Straße siebenunddreißig. Das lag in Hausen, einem Außenbezirk Frankfurts. Ich setzte mich neben Löff, und wir fuhren los. Sanft rollte das große Auto über den Asphalt.

»Hausen, Große-Nelken-Straße siebenunddreißig.«

»Was wollen wir da?«

»Ist Futt verheiratet?« Löff bremste leicht.

»Sagen Sie bloß nicht, Sie…«

»Doch. Ist er verheiratet oder nicht?«

»Ist er.«

»Also keinen Einbruch.«

»Keinen was?!«

Die Reifen quietschten, und der Wagen blieb am Straßenrand stehen. Löff stellte den Motor ab.

»Nochmal ganz langsam. Keinen was?«

»Nur mit der Ruhe. Wir fahren jetzt zu Futts Wohnung und unterhalten uns mit seiner Frau. Ist doch nichts dabei. Sie bleiben im Auto.«

»Hab ich mich wohl verhört.«

Wir rollten wieder los. Ich kurbelte die Scheibe runter und ließ meine Hand durch den Fahrtwind gleiten.

»Kennen Sie die Glückliche?«

»Nein.«

»Mal was über sie gehört?«

»Ja.«

»Was?«

»Gerüchte.«

»Welcher Art?«

»Als Futt das Drogendezernat leitete, ging herum, seine Frau sei Alkoholikerin. Dummes Gerede.«

»Warum?«

»Weil sowas immer dummes Gerede ist, darum.«

»Ah, ja.«

Wenig später hielten wir vor dem Haus Nummer siebenunddreißig.

»Suchen Sie sich einen anderen Parkplatz, bißchen weiter weg. Sie müssen aber den Eingang beobachten können. Ich werde spätestens in einer halben Stunde wieder hier sein. Sollte inzwischen ein Ihnen bekanntes Gesicht auftauchen, hupen Sie zweimal kurz. Das wäre jetzt alles. Bis gleich.«

Ich schmiß die Wagentür zu. Futt wohnte in einem dunkelgrün verputzten Fünfziger-Jahre-Wohnhaus. Ich klingelte. Die Tür summte, und ich stieg hinauf in den zweiten Stock. Der Name Paul Futt war in eine Messingplatte eingraviert. Die Wohnungstür stand halb offen.

»Horstilein, hier bin ich!«

Ich ging hinein. Der Flur stand voll mit alten, teuren Möbeln, die nicht zueinander paßten. An der Wand hing ein Sonnenuntergang mit Segelboot. Der Boden war mit drei oder vier Schichten Perser bedeckt.

»Hiiier, im Schlafzimmer, hi, hi.«

Ich durchquerte den Flur und betrat das Schlafzimmer. Wir starrten uns beide eine Weile fassungslos an.

Sie, weil ich nicht Horstilein war, sondern ein Türke mit angeschwollener Visage. Ich, weil vor mir eine dicke, grell geschminkte Frau lag, die ihre Schenkel weit auseinander spreizte und außer einem goldenen Glitterschal nichts am Leibe trug.

»Kayankaya mein Name. Schönen guten Tag.«

Langsam, ohne die Augen von mir zu lassen, begann sie, ihre weiße Haut mit einem Bettlaken zu bedecken. Auf dem Nachttisch stand das Gerücht. Eine halbleere Flasche Johnny Walker.

»Ich muß mit Ihnen reden. Ziehen Sie sich was an, ich geh solange raus.«

Ich griff mir die Flasche Johnny Walker, ging hinaus in den Flur und setzte mich auf ein seidenbespanntes Sofa.

Ende achtzehntes Jahrhundert war mein Tip. Ich spendierte mir einen Schluck auf Futts Kosten. Nebenan zog sich seine Frau an. Nach fünf Minuten stand sie im Türrahmen. Ihr fetter Körper schwankte, und die Augen glänzten. Sie hatte schon mächtig einen in der Krone.

»Wer sind Sie? Was machen Sie hier?«

Ich stellte die Flasche auf den Boden und erhob mich.

»Wie gesagt, Kayankaya. Ich bin hier, um Ihnen ein paar Fragen zu stellen.«

Sie hatte sich einen weißen, mit Drachen bestickten Kimono übergezogen. Der rechte Busen hing heraus.

»Wer gibt Ihnen das Recht, einfach in meine Wohnung einzudringen, ha?«

»Ich habe geklingelt, man hat mir aufgemacht.« Sie fuchtelte mit den Händen durch die Luft.

»Na und? Ich habe einen Freund erwartet. Kann ich wissen, daß fremde Leute einfach in die Wohnung kommen? Geht doch nicht! Ich warte auf einen guten Freund, und Sie kommen einfach hier herein. Geht nicht, sowas.«

Der Alkohol ließ sie lallen.

»Sind Sie die Frau von Paul Futt?«

»Was wollen Sie damit sagen? Hat der Arsch Sie hergeschickt? Weiß er doch alles, is ihm doch egal. Bin doch ’ne Frau, oder? Der impotente, fette Sack, der bringt nichts mehr. Is doch mein Recht, nich? Hab ein Recht auf Männer. Kann ich wissen, daß er son schlaffer Schwanz ist. Hat mir in der Kirche niemand gesagt. Kann ich doch nich wissen. Is doch mein Recht…«

Sie hielt sich die Hände vors Gesicht und fing an zu schluchzen.

»Frau Futt, es ist mir schnurzegal, ob Sie sich einen Liebhaber halten. Deshalb bin ich nicht hier.«

»Fiiiicken! Sagen Sie doch ficken, Sie Arsch. Das meinen Sie doch!«

»Frau Futt, es ist mir egal, mit wem Sie ficken!«

Sie lachte hysterisch. Ich nahm ihren Arm und drückte sie aufs Sofa.

»Nehmen Sie sich zusammen! Sagen Sie mir, wo das Zimmer von Ihrem Mann ist.«

Sie hörte auf zu lachen und sah mich kumpelhaft an.

»Sind Sie von der Polizei? Für ihn oder gegen ihn?«

»Wie soll ich das verstehen?«

Sie machte schnell einen Rückzieher.

»Gar nichts sollen Sie verstehen. Ich weiß nichts, gar nichts!«

»Ich bin gegen ihn, wenn Sie so wollen.«

»Trotzdem, ich weiß nichts. Er schlägt mich tot, hat er gesagt.«

»Ihr Mann?«

»Nein, der Weihnachtsmann, hi, hi.«

»Warum sollte er Sie totschlagen?«

Ihre lackierten Finger schmiegten sich um meinen Arm, dann drückte sie den Arsch an mich und legte ihren vernebelten Kopf auf meine Schulter. Sie roch nach Whisky und Kölnisch Wasser. Keine gute Mischung.

»Ganz schön neugierig, was?«

Die Hand glitt über meinen Nabel abwärts. Ich ließ sie gleiten, leckte mit der Zunge an ihrer Ohrmuschel und flüsterte: »Der Arsch macht viel Geld mit dem Stoff, was?«

Sie kicherte.

»Bist ein ganz raffinierter…, hi, hi…« Ich legte mich ins Zeug.

»Wenns rauskommen würde, müßtest du sagen, was du weißt.«

»Er wird mich umbringen, hi, hi.«

»Hinter Gittern kann er dich nicht umbringen.«

»Solche Schweine kommen nich hinter Gitter… laß ihn doch jetzt, is doch nich wichtig.«

Sie hatte Schwierigkeiten mit den Knöpfen.

»Gleich, sag mir nur, wo er das Zeug hat.«

»Ich hab mal was gesehen, in seinem Schrank, das is alles.«

Ich riß mich aus der Umklammerung und stand auf. Sie sah mich verdutzt an. Ich knallte ihr eine.

»Wo ist der Schrank?«

»Duuu, du wider…«

Ich knallte ihr noch eine.

»Jetzt werden wir wieder nüchtern, Verehrteste. Wo ist der Schrank?«

Eine Hand hielt die Backe, die andere zeigte auf die Tür gegenüber. Der Schrank stand in einem weiteren Schlafzimmer. Ich räumte Mäntel und Anzüge raus, bis in der linken hinteren Ecke ein Rucksack zum Vorschein kam. Ich zog ihn raus und öffnete die Schnallen. Alles mögliche Campingzeug lag obenauf. Ich kippte alles aus. Zwischen Emaillekochtöpfen, Gaskartuschen, Zelthaken und Nylonseilen purzelten auch kleine, in Plastik verpackte Päckchen auf den Boden. Ich nahm mir eins und riß die Ecke ab. Meine Zunge leckte am Plastik. Kein Zweifel. Als alles wieder eingepackt war, sah ich den zusammengefalteten Briefbogen:

FUTT MÖRDER, HALT EINE MILLION UND EIN KILO BEREIT; WIR MELDEN UNS. BIS BALD!

Ich steckte das Papier ein und ging hinaus auf den Flur. Futts Frau lag verrenkt im Sofa und heulte.

»… nichts, zum Kotzen, ich bin zum Kotzen…«

»Wo steht das Telefon?«

Sie sah mich an. Die schwarze Augenschminke war über das ganze Gesicht verschmiert.

»… in der Küche…«

Ich blätterte das Telefonbuch durch, fand die Nummer und wählte. Bei Hanna Hecht war besetzt. Ich mußte mich beeilen.

»Sie bleiben hier, bis ich wieder da bin, klar? Ein Kollege von mir wird gleich zu Ihnen kommen und bei Ihnen bleiben. Ist zu Ihrem eigenen Schutz. Wischen Sie sich den Dreck ausm Gesicht und bieten Sie ihm ’nen Kaffee an. Und sein Hosenlatz bleibt zu! Bis später.«

Ich rannte die Treppe hinunter, über die Straße zu Löff.

Er saß im Auto und hörte Radio.

»Herr Löff, es fängt an, spannend zu werden.«

»Ach ja?«

»Oben sitzt Futts Frau in ziemlich verstörtem Zustand. Sie müssen hochgehen und bei ihr bleiben, bis ich wieder zurück bin. Passen Sie auf, sie könnte Dummheiten machen. Sollte Futt vorbeikommen, halten Sie ihn fest. Wie, ist mir egal.« Ich gab ihm meine Parabellum.

»Hier, für alle Fälle. Schauen Sie nicht wie ein Pferd.

Wenn Sie immer noch nicht glauben, ich habe meine Gründe. Werfen Sie mal ’n Blick in Futts Kleiderschrank.«

»Is das alles?«

»Ja, das ist jetzt alles. Ich brauche etwa eine Stunde, sollte es länger dauern, rufe ich an. Ihren Wagen muß ich haben.«

Er drückte mir die Autoschlüssel in die Hand, schob die Parabellum in die Hosentasche und ging hinüber zu Nummer siebenunddreißig.

Ich ließ den Benz an und fuhr los. Die erste rote Ampel nahm ich mit Hundert.