Kapitel 3: Wann ist ein Steuerparadies ein Steuerparadies?

Kapitel 3

Wann ist ein Steuerparadies ein Steuerparadies?

Steuerparadiese bieten Geheimhaltung, Schutz vor Finanzmarktregulierung sowie die Möglichkeit, den Steuergesetzen und Regeln anderer Länder zu entrinnen – vor allem den Regeln der Industriestaaten. Sie wollen Geschäfte machen, indem sie eine politisch stabile Infrastruktur zur Verfügung stellen, um Personen oder Unternehmen dabei zu helfen, sich den Gesetzen, Regeln und Regulierungen anderer Gebietskörperschaften zu entziehen. Die OECD wendet drei Kriterien an, um zu prüfen, ob ein Staat schädlichen Steuerwettbewerb betreibt:

  • Keine oder nur nominelle Steuern
  • Keine oder nur mangelhafte Transparenz
  • Kein wirksamer Informationsaustausch mit anderen Ländern

Nur wenn alle drei Kriterien gleichzeitig gegeben sind, ist von einem Steuerparadies in der technischen Definition der OECD zu sprechen. Weitere Merkmale sind:

  • Das Anbieten von Geheimhaltung in unterschiedlichster Form
  • Das Anbieten von Offshore-Dienstleistungen für Nichtansässige, etwa einen Nullsteuersatz, während die eigenen Einwohner voll besteuert werden
  • Ein im Vergleich zur lokalen Wirtschaft übermäßiger Finanzsektor
  • Die Politik des Landes mischt sich so gut wie nicht in das Geschäft des „Geldmachens“ ein

„Die Verachtung der Demokratie ist Teil des Offshore-Weltbildes“, so Konrad Hummler, ehemals Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung und ein Befürworter von Steueroasen. „Der Großteil der ausländischen Investoren, die ihr Geld in der Schweiz anlegen, hinterziehen Steuern“ („The Guardian“, 5.2.2009). Hummler, auch Mitinhaber der ältesten Schweizer Privatbank Wegelin & Co. in St. Gallen, bezeichnet die Nachbarstaaten Deutschland, Frankreich und Italien als „Unrechtsstaaten“, die ihren Bürgern exzessive Steuern abverlangen. Während Steuerparadiese für Franzosen „paradis fiscal“ und für Spanier „paraiso fisca“ sind, sind sie für Engländer ein „haven“ – hier wurde „haven“ (dt. „Hafen“) mit „heaven“ (dt. „Himmel“) verwechselt. Steuerparadiese bilden einen Kontrast zu den Hochsteuerländern. Sie sind ein Projekt wohlhabender und mächtiger Eliten, die es ihnen ermöglichen, am Nutzen von Gesellschaften teilzuhaben, ohne dafür zahlen zu müssen.

In der Welt der Steuerparadiese zählt das Geschäft, nicht der steuerliche Gesichtspunkt. Als Zufluchtsort vor Steuern sind sie sichere Häfen. Ihre Ursprünge liegen teils weit in der Vergangenheit. Die Reputation ist jeweils unterschiedlich: Das eine Extrem ist der steuerfreie Vatikanstaat, das andere Extrem sind Staaten, deren laxe Regeln Kriminelle anlocken. Das traditionsreichste der modernen Steuerparadiese beziehungsweise Offshore-Finanzplätze ist die Schweiz. Schon vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs floss in die Tresore und auf die Nummernkonten der Schweizer Banken rege Kapital aus Ländern, die von politischen und sozialen Unruhen gebeutelt wurden. Politische Neutralität und Währungsstabilität garantierten den Werterhalt der dorthin verlagerten Vermögenswerte, die Renditechancen waren dagegen gering.

Nach dem Krieg bildeten sich neue Steuerparadiese heraus, vor allem als Zufluchtsorte vor hoher Besteuerung. War Tangers Status als Steuerparadies nur eine kurze Episode der Geschichte, wurde er für Liechtenstein, Liberia und andere Länder zur Basis eines lukrativen Geschäfts. Eine dritte Ländergruppe, darunter die Turks and Caicos Islands, entwickelte sich zu einem lukrativen Offshore-Dienstleistungszentrum, wo spezielle Rechtskonstrukte für Unternehmen angeboten werden.

Studien zeigen, dass sich für jeden Prozentpunkt, um den die Spitzensätze der Unternehmenssteuern in Industrieländern während der letzten Jahre angehoben wurden, der Kapitalfluss in die Offshore-Zentren um fünf Prozent erhöht hat. In den Zentren der Karibik waren es sogar 19 Prozent (IMF Country Report 2010). Gleichzeitig haben die Steuerparadiese die Rahmenbedingungen für ein breites Spektrum von Geschäftsfeldern drastisch verbessert, um Bankgeschäfte, Investments, Versicherungsabschlüsse und andere Dienstleistungen zu erleichtern. Dazu schufen sie zielgerichtet Gesetze, unter anderem zur Behandlung von Trusts und international verflochtenen Konzernen, sowie sektorspezifische Regulierungen. Dazu kamen Null- beziehungsweise Niedrigsteuersätze.

Steuerparadiese und Offshore-Finanzzentren bieten neben Finanzaktivitäten eine Vielzahl anderer nicht finanzieller Aktivitäten, die mit Außenhandel, Schifffahrt, Luftfahrt, Produktion in steuerfreien Zonen oder Unternehmenszentralen in Zusammenhang stehen und ebenfalls den Steuerunwilligen nützlich sind.

Während etablierte Steuerparadiese expandieren, indem sie weitermachen wie bisher – die Bermudas beispielsweise mit dem Grundpfeiler Versicherungen – und gleichzeitig ihr Serviceangebot erweitern, können neue Steuerparadiese wie Labuan, Mauritius oder die Cook Islands nur wachsen, wenn sie ein besonderes „Produkt“ anbieten oder eine Nische finden.

Die Channel Islands sowie viele andere Niedrigsteuer- oder Nullsteuerländer haben an Steuersystemen festgehalten, die teilweise vor 50, 60 Jahren entwickelt wurden. Diese Systeme waren ursprünglich nicht dafür vorgesehen, ausländische Investitionen und Steuerflüchtlinge anzulocken. Damals ging es nur darum, ausreichende Einnahmen zu erzielen, um den inländischen öffentlichen Bedarf zu decken. Die Channel Islands etwa wollen sich nicht auf die finanzielle Unterstützung von Großbritannien oder der EU verlassen. Ihr wirtschaftlicher Erfolg basiert darauf, dass sie ihre Niedrigsteuerpolitik beibehalten, die ihnen so gute Dienste geleistet hat.

Das Ungleichgewicht, das heute zwischen Steuersystemen in Hoch- und Niedrigsteuerländern herrscht, könnte durch Veränderung in der Fiskalpolitik der Hochsteuerländer beseitigt werden. Dies wäre wirksamer, als wenn Politiker aus Industrieländern laut „unfairer Steuerwettbewerb“ rufen, um andere Länder dazu zu bringen, ihre Steuern anzuheben. Zwar senken viele Hochsteuerländer mittlerweile ihre Steuersätze, aber aufgrund von sogenannten verdeckten Steuern und Einschränkungen bei abzugsfähigen Beträgen sinken die Steuerlasten tatsächlich nur begrenzt.

So hat Deutschland 2007 eine Unternehmenssteuerreform beschlossen, der zufolge die Körperschaftsteuer 2008 von 25 auf 15 Prozent sank. Zusammen mit der Gewerbesteuer soll der Steuersatz für Unternehmen damit unter 30 Prozent fallen. Gleichzeitig wurde jedoch die Bemessungsgrundlage erweitert, indem Abschreibungsregeln verschärft und die Absetzbarkeit von Zinsausgaben begrenzt wurden. Für die meisten Unternehmen fällt der steuerliche Vorteil damit deutlich geringer aus, als die Steuersatzsenkung vorgaukelt. Und bei Privatpersonen glich die Regierung den auf 44,31 Prozent (inklusive Solidaritätszuschlag) gesunkenen Spitzensteuersatz aus, indem sie andere Vergünstigungen abschaffte.

Steuerparadies = Niedrigsteuerland

Auf der Homepage des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) wird der Begriff „Steuerparadies“ mit „Niedrigsteuerland“ gleichgesetzt. Und mit dem Begriff „Steuerflucht“ erklärt das BMF den Mechanismus, die inländische Besteuerung zu vermeiden, indem die Einkunftsquellen oder die persönlichen Anknüpfungspunkte der Besteuerung in einen Staat oder in ein Gebiet verlegt werden, das die betroffenen Einkünfte niedriger als in Deutschland besteuert. Hierfür kommen sowohl Staaten und Gebiete in Betracht, die keine direkten Steuern erheben, deren Steuersätze allgemein niedrig sind und solche, die nur bestimmte Einkünfte niedrig oder nicht besteuern. Dazu können auch von anderen Staaten abhängige Gebiete mit Autonomie in Steuersachen gehören (Jurisdiktionen).

Weiter stellt das BMF fest: Es ist grundsätzlich Sache eines jeden Staates, über sein Steuersystem frei nach seinen Bedürfnissen zu entscheiden. Dies darf aber nicht dazu führen, andere Staaten an der Durchsetzung ihres Steuerrechts zu hindern, indem Grundsätze fairen Verhaltens missachtet werden. Zu diesen Grundsätzen gehören die Umsetzung der OECD-Standards zu Transparenz und effektivem Auskunftsaustausch sowie der Verzicht auf Steueranreize, die faktisch nur nicht ansässigen Personen und Gesellschaften zugutekommen oder nur im Ausland erwirtschaftete Einkünfte begünstigen.

Wie gesagt, Steuern sind Ländersache. Je nach finanziellen Erfordernissen für Staatsausgaben und Schuldentilgung bestimmen Staaten frei über die Höhe ihrer Steuersätze. Um für ausländische Investoren attraktiv zu sein, finanzieren Offshore-Länder ihren Kapitalbedarf statt über Steuern häufig über Einfuhrzölle und Gebühren. Das trifft vor allem auf die Steuerparadiese in der Karibik und im Pazifik zu. Die nachfolgenden Übersichten zeigen beispielhaft die Steuerhöchstsätze für Einkommen von Privatpersonen und Gewinne von Unternehmen. Dabei zeigt sich im internationalen Vergleich: je niedriger die Steuersätze, je höher die Steuermoral der Steuerpflichtigen.

Einkommensteuerspitzensteuersatz inklusive regionaler und sonstiger Zuschläge im internationalen Vergleich

Staat

Prozent

Staat

Prozent

Bahamas

0

Ungarn

40

Bermuda

0

Großbritannien

40

Cayman Islands

0

Norwegen

40

Bulgarien

10

Irland

41

Russland

13

Slowenien

41

Litauen

15

USA

41,82

Tschechische Republik

15

Portugal

42

Rumänien

16

Spanien

43

Isle of Man

18

Italien

44,15

Slowakei

19

China

45

Singapur

20

Kanada (Ontario)

46,41

Guernsey

20

Deutschland

47,48

Jersey

20

Frankreich

48

Estland

21

Finnland

49,1

Lettland

23

Niederländische Antillen (Curaçao)

49,4

Zypern

30

Österreich

50

Polen

32

Japan

50

Malta

35

Niederlande

52

Luxemburg

38,95

Belgien

53,5

Schweiz (Zürich)

39,97

Schweden

56,6

Griechenland

40

Dänemark

59

Quelle: BMF, 2011

Gewinnbesteuerung von Kapitalgesellschaften (Körperschaftsteuern, Gewerbeertragssteuern, andere Steuern) im internationalen Vergleich

Staat

Prozent

Staat

Prozent

Bahamas

0

Dänemark

25

Bermuda

0

Griechenland

25

Guernsey

0

Österreich

25

Isle of Man

0

China

25

Jersey

0

Niederlande

25,5

Cayman Islands

0

Finnland

26

Bulgarien

10

Schweden

26,3

Zypern

10

Deutschland

26,35

Irland

12,5

Portugal (Lissabon)

26,5

Liechtenstein

12,5

Großbritannien

28

Lettland

15

Norwegen

28

Rumänien

16

Luxemburg

28,59

Singapur

18

Spanien

30

Polen

19

Italien

31,4

Slowakei

19

Kanada (Ontario)

33,5

Litauen

20

Belgien

33,99

Russland

20

Frankreich

34,43

Estland

21

Niederländische Antillen

34,5

Slowenien

21

Malta

35

Tschechische Republik

21

USA (New York)

39,62

Ungarn

21,28

Japan

42,34

Madagaskar

23

Quelle: BMF, 2011

Wer wird in den Steuerparadiesen bedient?

Für Unternehmen sind vor allem die unterschiedlichen Gesellschaftsformen vor Ort interessant: Holdings, Offshore-Banken und Investmentgesellschaften, Reedereien, Konzernversicherungen sowie Produktionsstätten und Umschlagplätze in zollfreien Sonderzonen. Für letztere Gruppe sind die Verfügbarkeit von Arbeitskräften vor Ort und der Zugang zu den Märkten häufig wichtiger als steuerliche Aspekte. Abgesehen von den Freihäfen auf den Bahamas oder in Colón, Curaçao, Hongkong und Shannon oder den Sonderwirtschaftszonen in den Vereinigten Arabischen Emiraten eignen sich die meisten Steuerparadiese jedoch nicht als Industriezentren. Denn hier sind Arbeitskräfte knapp und die Lohnkosten hoch oder der Zugang zu den Märkten ist schwierig.

Investitionsanreize in bestimmten Regionen, etwa den chinesischen Sonderwirtschaftszonen, gibt ein besonderes Netzwerk von Steuerparadiesen. Die dort geltenden Regelungen für ausländische Investoren sind häufig auf zehn bis 15 Jahre begrenzt. Hier können die sogenannten Paket-Angebote auch Investitionszuschüsse, örtliche Arbeitskräfte und nahegelegene Märkte umfassen.

Die zweite Gruppe der Nutzer von Steuerparadiesen sind vermögende Privatleute. Sie werden entweder indirekt in Stiftungen und Holdings oder direkt durch Emigration aktiv. Dazu kommen die vielen Steuerhinterzieher rund um den Globus. Sie suchen sichere Verstecke für ihr Schwarzgeld in den Steuerparadiesen, die mit mangelnder Transparenz, schwacher Finanzaufsicht, Verschwiegenheit und diversen Möglichkeiten zur Anonymisierung schwarzer Vermögen locken.

Die doppelte Nichtbesteuerung

In Bezug auf Steuern werden die illegalen Tricks als Steuerhinterziehung bezeichnet, wohingegen Steuervermeidung technisch gesehen zwar legal ist, aber ebenfalls den Absichten des Gesetzgebers zuwiderläuft. Zwischen Steuerhinterziehung und Steuervermeidung liegt eine Grauzone. Es bedarf oft langwieriger Gerichtsverhandlungen, um festzustellen, auf welcher Seite des Gesetzes die Methoden eines global operierenden Konzerns anzusiedeln sind. Steueroasen neigen dazu, in technischer Hinsicht zwar legale, aber dennoch missbräuchliche Handlungen als legitim darzustellen. Aber was legal ist, muss selbstverständlich nicht gerecht sein.

Illegale Formen der Steuerflucht sind unter anderem Steuerhinterziehung beim Privatkundengeschäft oder der Vermögensverwaltung, Gründung fingierter Trusts, Verschleierung von Geschäftspraktiken oder illegales „Re-Invoicing“ (Die Kosten eines Geschäfts werden offiziell falsch angegeben, um Geld im Geheimen über Landesgrenzen hinweg zu schieben). Hinzu kommen andere Praktiken, die mit Begriffen wie „Steueroptimierung“, „Vermögenssicherung“ oder „effiziente Unternehmensstruktur“ verschleiert werden.

Auf der legalen Seite der Steuerflucht gibt es das schon dargestellt Phänomen der Doppelbesteuerung. Angenommen, ein deutscher Multi investiert in eine Produktionsanlage in Brasilien und erwirtschaftet dort Gewinn. Wenn nun Brasilien und Deutschland den gleichen Gewinn veranlagen, ohne eine Verrechnung der Steuern des anderen Landes zu gewähren, würden dieselben Einkünfte zweimal besteuert. Steuerparadiese helfen Unternehmen dabei, diese Doppelbesteuerung zu vermeiden, obwohl das eigentlich gar nicht erforderlich wäre: Denn Doppelbesteuerung kann durch entsprechende Abkommen und Steuergutschriften verhindert werden.

Das Problem besteht darin, dass Steuerparadiese, die die Doppelbesteuerung eliminieren, etwas anderes möglich machen: doppelte Nichtbesteuerung. Das Unternehmen vermeidet nicht nur die zweifache Besteuerung desselben Gewinns, es zahlt über den Umweg Steuerparadies überhaupt keine Steuern (siehe auch Seite 206). Und genau so funktioniert die Offshore-Welt.

Steuerparadiese am Pranger

1998 stellt die OECD in ihrem Bericht zum internationalen Steuerwettbewerb fest: „Steuerparadiese und die damit verbundenen Offshore-Aktivitäten richten großen Schaden an. Sie höhlen die Steuerbemessungsgrundlage anderer Länder aus, verzerren Handels- und Investitionsflüsse und hintertreiben die Fairness, Neutralität und breite gesellschaftliche Akzeptanz von Steuersystemen im Allgemeinen.“ Erstmals wurde dokumentiert, wie wichtig das Offshore-System geworden war. Um den Eindruck zu vermeiden, sie schikaniere mit dem Bericht kleinere Gebietskörperschaften, war die OECD-Initiative nicht als Angriff auf die Steueroasen angelegt, sondern auf den schädlichen Steuerwettbewerb: Den Abwärts-Wettlauf, bei dem Staaten ungebundenes Kapital durch Nullsteuern und andere Anreize ködern.

Offshore-Finanzzentren weisen regelmäßig darauf hin, dass ihre Rolle darin bestehe, die Finanzmärkte effizienter zu gestalten. Doch der Mantel der Geheimhaltung, den sie bereitstellen, steht im direkten Widerspruch zur Idee des effizienten Marktes, denn dieser erfordert Transparenz. Als in den 1970er-Jahren die Nutzung von Steuerparadiesen explosionsartig anstieg und das Finanzwesen liberalisiert wurde, folgten darauf Steuerhinterziehung und Kapitalflucht. Heute liegt der Hauptsitz vieler wichtiger Konzerne in der Offshore-Welt – vor allem in der Schweiz.

Auch die superreiche Dachorganisation des Weltfußballs, die Féderation Internationale de Football Association (FIFA), hat dort ihren Sitz. Sie nutzte 2010 ihre Monopolstellung, um Südafrika dazu zu zwingen, ihr während der Weltmeisterschaft eine spezielle Steuerblase zu gewähren, damit sie die Einnahmen steuerfrei außer Landes schaffen konnte. Zur 200 Millionen Dollar teuren Firmenzentrale in Zürich.

Wie sich Steuerparadiese definieren

Nicht alle betroffenen Länder sind glücklich darüber, als Steuerparadies eingestuft zu werden. Hongkong etwa setzt bei der Investitionsförderung auf niedrige Steuern und freie Wechselkurse, statt auf Nullsteuern und beschleunigte Abschreibungen. Was ein Gebiet als Steuerparadies auszeichnet, sind Pauschal- oder Nullsteuern, die bewusst festgelegt wurden. Nach dieser Definition würden die Channel Islands, Luxemburg, Österreich, die Schweiz, Mauritius und Hongkong nicht in diese Kategorie fallen. Andere Länder sind auch deshalb attraktiv, weil ihre Steuersysteme über einen langen Zeitraum stabil geblieben sind. Dazu gehören unter anderem die Channel Islands, Luxemburg, Panama und Uruguay.

Von den modernen Informationstechnologien profitieren alle Steuerparadiese. Durch den Zugang zu internationalen Kommunikationsnetzen ist es möglich geworden, auch von der entlegensten Oase aus um einen Anteil am Offshore-Markt zu kämpfen. Der Wettbewerb ist hart, jedes Steuerparadies versucht, seine Angebote und Dienstleistungen ständig zu verbessern.

Das Ziel der Steuerparadiese ist, dass sie sich ein Stück von der Offshore-Geldmenge einverleiben wollen. Während die ständig wächst, weiß niemand, wie hoch der Wert der Betriebsvermögen, der Banken, Fondsgesellschaften, Versicherungen, Leasingunternehmen, Reedereien und andere Unternehmen in den Steuerparadiesen wirklich ist. Zusätzlich streiten sich die Offshore-Finanzzentren um die Milliarden der Individuen mit den höchsten Nettovermögen rund um den Globus. Über 7,5 Billionen Dollar liegen nach Berechnungen der Beratergruppe Boston Consulting Group im Ausland, hauptsächlich bei Banken oder in Offshore-Fonds.

Anteil der grenzüberschreitend verwalteten Vermögen weltweit

Offshore-Destination

Milliarden Euro

Anteil in Prozent

Schweiz

2.085

27

Großbritannien/Channel Islands/Dublin

1.930

26

Karibik/Panama

925

12

Luxemburg

850

11

Singapur/Hongkong

775

9

USA

620

8

Bahrain/Dubai

270

3,5

Übrige

270

3,5

Quelle: Boston Consulting Group/Global Financial Center, 2010

Bevorzugte Plätze für deutsches Schwarzgeld sind die Schweiz (180 Milliarden Euro) und Liechtenstein (75 Milliarden Euro) mit insgesamt 250 Milliarden Euro, Luxemburg mit 100 Milliarden und Österreich mit 80 Milliarden Euro. In exotischeren Offshore-Finanzzentren wie den Bahamas, Cayman Islands, Niederländischen Antillen oder Bermudas sollen nach einer Studie der Unternehmensberatung bbw von 2010 mindestens weitere 150 bis 200 Milliarden Euro Schwarzgeld von Deutschen liegen. Dazu kommt in allen Ländern das offiziell angelegte Vermögen, dessen Erträge die Vermögensinhaber regulär in Deutschland versteuern.