Kapitel 9: Letzte Zuflucht: weltweite Häfen für Schwarzgeld

Kapitel 9

Letzte Zuflucht: weltweite Häfen für Schwarzgeld

Die Finanzminister der großen Industrienationen sind nicht zu beneiden. Während sie seit Jahrzehnten versuchen, Privatpersonen und Unternehmen zur Ehrlichkeit zu erziehen, fahndet die Finanzindustrie weiter nach neuen Wegen und Staaten, mit deren Hilfe sich die Vermögen ihrer reichen Klientel verschleiern lassen. Ganz vorn in der Gunst von Liechtensteiner und Schweizer Treuhändern liegen derzeit Destinationen wie der Klassiker Panama und seit drei Jahren die Seychellen. In dem Zwergstaat im Indischen Ozean erfolgt die Gründung einer Offshore-Gesellschaft schneller und kostet zudem weniger als in Panama. Wer auf den Inseln keine Geschäfte macht, zahlt hier auch keine Steuern.

Ausschlaggebend ist aber vor allem eine Regelung, die in Panama ebenfalls gilt: Für die Direktoren der Scheinfirmen gibt es keine Domizilerfordernis. Die Treuhänder, die als Manager oder Aufsichtsräte der Firmen auftreten, können also in der Schweiz oder in Liechtenstein wohnen. Die Konten der Gesellschaften bleiben häufig ebenfalls in Europa. Die wahren Eigentümer der Offshore-Firmen tauchen nirgends auf.

Deutliche Indizien für diesen Trend liefert die Schweizerische Nationalbank (SNB). Jedes Jahr publiziert sie eine Bankenstatistik mit „der länderweisen Gliederung der bilanzierten Guthaben und Verpflichtungen“. 2006 gehörte Bankkunden mit Sitz auf den Seychellen ein Vermögen von 437 Millionen Schweizer Franken, Anfang 2010 waren es bereits 1,887 Milliarden Schweizer Franken.

Rund um den Globus gibt es weitere Steuerparadiese, die die Reichen aus dem kriselnden Europa oder dem aufstrebenden Asien anlocken. Asiens Finanzmetropole Singapur ist beliebt wie nie, dafür gibt es gute Gründe: Der Stadtstaat bietet einen sicheren Rechtsrahmen, die besten Experten für Asiens Wachstumsmärkte und stabile Banken. Singapurs Finanzwelt ist ein Kontrast zur Alten Welt, wo Politiker über die Rettung maroder Staaten und Geldhäuser streiten und darüber, dass sie die Schulden, die sie dafür aufnehmen müssen, mit höheren Erbschaft- und Vermögensteuern ausgleichen wollen.

Die Angst ums Geld geht bei den Reichen um wie schon lange nicht mehr. Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Gert Wagner, hat bereits höhere Steuern für Vermögen gefordert – am besten als überraschende und einmalige Abgabe. Auch die Grünen und die SPD wollen höhere Steuern für Reiche und – hinter den Kulissen – stimmen die Wirtschaftsberater der Bundesregierung zu. Mit einer Reichenabgabe läge Deutschland im Trend.

Frankreich hat im Oktober 2011 eine Sondersteuer auf Einkünfte ab 250.000 Euro beschlossen. Mit dem Regierungswechsel im Mai 2012 soll der Spitzensteuersatz für Einkommen ab 150.000 Euro jährlich von 41 auf 45 Prozent angehoben und die steuerliche Familienförderung für Reiche reduziert werden. Für Höchstverdiener mit einem Jahreseinkommen ab einer Million Euro soll der Spitzensteuersatz auf 75 Prozent erhöht werden. Für das 40-Milliarden-Euro-Loch in der Staatskasse werden alle diese Maßnahmen aber kaum reichen. Die Franzosen werden sich auf weitere Belastungen einstellen müssen.

In Spanien gilt seit November 2011 ebenfalls eine Reichensteuer, davon sind auch Vermögenswerte und Immobilie ausländischer Nicht-Residenten erfasst. Sie macht je nach Nettovermögen 0,2 bis 2,5 Prozent aus. Artikel 5.1b des Reichensteuergesetzes legt fest, dass Nicht-Residenten in Spanien der Steuerpflicht für „Güter und Forderungen“ unterworfen sind, „deren Inhaber sie sind, wenn diese sich auf spanischem Territorium befinden, hier ausgeübt werden können oder erfüllt werden müssen“. Doch wer beispielsweise seine spanische Immobilie über eine Gesellschaft hält, kann damit die Reichensteuer elegant umgehen: Das neue Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Spanien, das Anfang 2012 in Kraft getreten ist, schließt eine Besteuerung in Spanien aus, „unabhängig davon, ob die wichtigsten Aktiva der Gesellschaft direkt oder indirekt aus in Spanien befindlichen Immobilien bestehen oder nicht“.

USA: Auch hier plant die Regierung eine Reichensteuer, um das immense Staatsdefizit abzubauen (Buffet-Steuer). Dazu soll es für Reiche mit einem Jahreseinkommen von mindestens eine Million Dollar einen Mindeststeuersatz von 30 Prozent geben. Derzeit zahlt Präsident Barack Obama mit einem Jahreseinkommen von 1,7 Millionen Dollar lediglich 26 Prozent Steuern, sein millionenschwerer Herausforderer Mitt Romney bei einem Jahreseinkommen von 21,6 Millionen Dollar sogar nur 13,9 Prozent. Gleichzeitig soll der Höchststeuersatz von 30 Prozent Anfang 2012 abhängig von der Einkommenshöhe auf 25 beziehungsweise 12,5 Prozent gesenkt werden.

In den meisten Ländern drohen aber, wenn der Fiskus nicht zugreift, andere Gefahren:

  • Ausreichendes Wirtschaftswachstum, um die Schulden tragen zu können, gibt es nicht.
  • Auch das Heraussparen aus den Schulden funktioniert nicht, wenn es die großen Industriestaaten der Welt alle gleichzeitig tun und die Nachfrage kollabiert.
  • Als letzte Möglichkeit bleibt nur die finanzielle Repression.

Dabei halten Regierungen und Notenbanken die Zinsen für Staatsanleihen niedrig und lassen eine höhere Inflation zu, um die Staatsschulden zu entwerten. Leider schrumpfen dabei auch die in Euro-Anleihen angelegten Ersparnisse der Bürger. Nicht einmal Goldbarren gelten noch als sicher: Ein Verbot des privaten Goldbesitzes, wie es in den USA von 1933 bis 1974 in Kraft war, halten Experten nicht mehr für ausgeschlossen, falls der Goldpreis weiter steigen sollte. Da verwundert es nicht, dass Vermögende statt in Euro und Dollar lieber in asiatische Währungen investieren, deren Wert in den kommenden Jahren noch steigen könnte, dass sie einen Teil ihrer Goldbarren in einen Banktresor in Singapur deponieren möchten, wo Zwangsmaßnahmen und Goldverbote unwahrscheinlich sind, und dass sie gleichzeitig ein Konto, Aktien und Immobilien in Asien anschaffen, da dort keine Strafsteuern und Zwangsanleihen drohen.

Spätestens seit die Schweiz mit einem neuen Doppelbesteuerungsabkommen deutsche Schwarzgeldbesitzer außer Landes treibt, bleibt als einer der letzten offenen und zugleich sicheren Häfen noch Singapur.

Hotspot Singapur

Der Stadtstaat mit einer Fläche von nur 710 Quadratkilometern und knapp fünf Millionen Einwohnern wird in der globalen Schuldenkrise zum bedeutendsten Fluchtpunkt der Reichen und ihrer Berater. Singapur dürfte schon 2013 die Schweiz als wichtigstes Finanzzentrum für die Wohlhabenden der Welt ablösen, das ergab eine weltweite Umfrage von PricewaterhouseCoopers bei Banken und Vermögensverwaltern. Heute leben in dem tropischen Finanzparadies bereits 190.000 Dollar-Millionäre, im Jahr 2016 werden es mehr als 400.000 sein, schätzt die Credit Suisse in ihrem aktuellen „Global Wealth Report“, der Anfang 2012 veröffentlicht wurde.

Attraktiv wirken nicht zuletzt die kapitalstarken Banken. Das bestätigt eine Studie des Finanzmarktdienstleisters Bloomberg zu den stabilsten Banken der Welt von Anfang 2012. Mit weitem Abstand vorn: die Geldkonzerne Singapurs. DBS, die größte lokale Bank, liegt auf Rang fünf, gefolgt von der United Overseas Bank (UOB) auf Rang sechs. Auf dem Spitzenplatz rangiert die Oversea-Chinese Banking Corporation (OCBC) mit ihrer Privatbanktochter Bank of Singapore (BOS), die sich als stärkste Bank weltweit bezeichnen darf. Der Zufluss an Auslandskapital nach Singapur ist sehr groß. So ist das verwaltete Kundenkapital der BOS seit 2003 durchschnittlich um 24 Prozent jährlich gewachsen, bis auf 26,4 Milliarden Dollar Ende 2010. Nachteil: Die Gebühren sind im Vergleich zur europäischen Konkurrenz zu hoch, Liechtenstein, Österreich und die Schweiz bieten weit günstigere Konditionen, legale Vermögen sind hier immer noch bestens aufgehoben.

Doch Asiens Steueroase lockt nicht nur Anleger an, die sichere Banken und neue Wachstumsmärkte suchen. Massenhaft ziehen auch Steuerflüchtlinge nach, die ihr Schwarzgeld bislang in der Schweiz gebunkert hatten. Gab es 2011 bereits einen enormen Kapitalabfluss von den Schweizer Banken nach Singapur, wird erwartet, dass dieser in den kommenden Jahren noch massiv anschwellen wird. Denn mit dem neuen Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Schweiz und Deutschland müssen Schwarzgeldbesitzer bis 2013 eine Strafsteuer auf ihr komplettes Schweizer Vermögen zahlen – der Preis für Anonymität und Straffreiheit.

Doch die Teilenteignung durch den Fiskus wollen viele Steuerhinterzieher nicht hinnehmen. Bis zu 50 Prozent derjenigen, die jetzt in der Schweiz unter Druck geraten, sind nicht geläutert, sie suchen nach anderen Zufluchtsorten für ihr schwarzes Kapital. Ein Großteil davon wird in Singapur landen. Ende 2011 wurden dort bereits über 800 Milliarden Dollar Auslandskapital verwaltet. Die rund 600 Banken und Finanzinstitutionen tragen zehn Prozent zum jährlichen BIP des Stadtstaates bei.

Der Inselstaat hat zwar in den vergangenen Jahren ebenfalls Doppelbesteuerungsabkommen unterschrieben – unter anderem mit Deutschland –, aber in der Praxis hat sich nichts geändert. Das Bankgeheimnis ist dort heute mindestens so gut wie das der Schweiz in den besten Zeiten. Anfragen ausländischer Steuerbehörden werden von Singapur aus nur in einzelnen, detailliert begründeten Verdachtsfällen überhaupt zur Kenntnis genommen. Und bevor Ermittler im Ausland auf eine Antwort hoffen können, muss die örtliche Steuerbehörde das zweithöchste Gericht des Stadtstaates, den High Court, um Erlaubnis bitten, ob irgendwelche Daten herausgegeben werden können. Bankkunden genießen damit auch weiterhin Schutz vor der Enthüllung privater Informationen.

Dass die Lage im Tropenstaat noch paradiesisch ist, liegt nicht nur am Steuergeheimnis: Kapitalerträge wie Zinsen und Dividenden sind steuerfrei, die Einkommensteuer ist bei 20 Prozent gedeckelt. Ausländer zahlen sogar nur einen Pauschalsatz von 15 Prozent – und auch der lässt sich häufig auf null bringen. Das liberale Steuersystem macht Singapur als Wohnsitz für Millionäre und Milliardäre immer attraktiver. Eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten Ausländer, die mindestens fünf Millionen Singapur-Dollar (2,3 Millionen Euro) anlegen und über ein Gesamtvermögen von 20 Millionen Singapur-Dollar (9,3 Millionen Euro) verfügen. Die entsprechenden Formalitäten erledigen die Banken, die den Behörden auch das erforderliche Vermögen dokumentieren.

Die Finanzaufsicht legt großen Wert auf Sicherheit und verfolgt beim Thema Bankgeheimnis einen vernünftigen Ansatz. Hier besteht ein Bankgeheimnis, das seinen Namen noch verdient. Kundeninformationen werden nicht ohne Zustimmung des Kunden offengelegt. Singapur bietet einen nahezu idealen Rechtsrahmen für Europäer – nicht unbedingt als Ersatz für Basel, Genf und Zürich, aber als attraktiver Zusatz.

Viele in der Schweiz präsente Banken bieten auch das Ticket nach Singapur an. Wenn es einen Kunden dorthin zieht, reicht ein Gespräch mit dem Berater, der regelt dann diskret alles Weitere. Das Geld wird überwiesen, der Kunde muss noch nicht einmal in einen Flieger nach Fernost steigen. Der Fluchtpunkt Singapur ist für die Schweizer Banken sehr wichtig geworden, alle bekannten Namen sind dort mittlerweile mit gut funktionierenden Niederlassungen vertreten.

Singapur entwickelt sich immer mehr zum Tummelplatz für Asiens Reiche. Der Stadtstaat treibt seine Wirtschaft weg von der Produktion hin zu Tourismus und Finanzdienstleistungen. In Singapur entstehen Jachthäfen und Casinos gleich neben eindrucksvollen Hochhäusern, in denen Privatbanken residieren. Das sichert den Zustrom wohlhabender Ausländer. Und eine schnell wachsende Nachfrage nach Luxuswohnungen und Geschäftsräumen. Folge: Die Immobilien- und Lebenshaltungskosten sind extrem hoch. Aber das ist wohl der Preis für die Diskretion und die vielen Steuervorteile.

Auf dem Sprung: Labuan

Die 92 Quadratkilometer große Insel vor der Küste von Sabah ist Malaysias Steuerparadies. Mit umfangreichen Steuervergünstigungen für Offshore-Gesellschaften, Banken, Trusts und Versicherungsgesellschaften will Malaysia von hier aus internationales Kapital aktivieren, um den Sprung in eine voll industrialisierte Zukunft zu schaffen. Hier kreuzen sich die Hauptluft- und -seewege der asiatischen Region. Labuan liegt in gleicher Entfernung zu den größten Städten Südostasiens: Bangkok, Hongkong, Jakarta, Kuala Lumpur, Manila und Singapur. Die Infrastruktur ist gut, das Bankgeheimnis unbeschädigt, es gibt keine Devisen- und Kapitalbeschränkungen. Beste Voraussetzungen dafür, dass die Steueroase Labuan im südchinesischen Meer im Kampf um die Reichen aus dem ostasiatischen Raum die gleiche wirtschaftliche Bedeutung erlangen kann wie die Karibikinseln für die USA oder die Channel Islands für die EU.

Ende 2011 waren bereits knapp 10.000 Offshore-Gesellschaften und über 600 Offshore-Banken registriert. Da Labuan keinerlei OECD-Abkommen in Steuerangelegenheiten geschlossen hat, ist das Bankgeheimnis auch für Ausländer intakt. Noch ist Labuan eine Steueroase vor allem für Unternehmen, die die ehemalige malaysische Freihandelszone als Drehscheibe für ihre Aktivitäten in Ostasien nutzen. Da ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch Vermögende aus Asien und der Pazifikregion Labuan als sicheren Hort für ihr Kapital entdecken.

Hongkong: Chinas Geldquelle und mehr

Obwohl die Sonderverwaltungsregion (SVR) Hongkong mehrere Tausend Kilometer von Singapur entfernt liegt, hat sich in den letzten Jahren eine Rivalität zwischen den Standorten entwickelt. Hongkong punktet durch seine räumliche Nähe zum chinesischen Festland, zu einem der weltweit größten Containerhäfen, Rechtssicherheit und keinerlei Kapitalverkehrskontrollen. Inzwischen hat es seine Industrie (drei Prozent des BIP) nahezu vollständig in das benachbarte Perlflussdelta verlagert und sich zu einem Dienstleistungsstandort gewandelt. Dagegen positioniert sich Singapur als Handelsdrehscheibe für die ASEAN-Region, zudem verfügt der Stadtstaat noch über eine eigene Industrie, die rund 28 Prozent zum BIP beiträgt. Die Infrastruktur ist besser als in Hongkong, die Luft und der Umweltschutz sind es auch. Wer in Hongkong investiert, ist am chinesischen Markt interessiert, wer in Singapur investiert, am südasiatischen Markt.

Nirgendwo in Asien kommt mehr Geld ins Spiel als an der Börse in Hongkong, Chinas Sonderverwaltungszone ist das Kapitalbeschaffungszentrum für Unternehmen aus der Volksrepublik. Die rund 250 Finanzinstitute aus über 30 Ländern sind eng verbunden mit den mehr als 1.000 multinationalen Unternehmen, die ihr Asien-Headquarter in Hongkong aufgeschlagen haben. Wie ein Magnet wirkt auf diese die nahe gelegene südchinesische Boomregion um Shenzhen und Kanton. Doch Hongkong besitzt nicht nur in Sachen Renminbi (chinesische Währung) eine herausgehobene Stellung. Die ehemalige britische Kronkolonie ist für Anleger auch ein idealer Ausgangspunkt für China-Investitionen. Sie nutzen dort die Wachstumschancen des chinesischen Festlands und kombinieren sie mit der Rechtssicherheit, den niedrigen Steuern und einem flexiblen Arbeitsmarkt.

18_Marktkapitalisierung.pdf

Daneben spielt Hongkong eine wichtige Rolle als Offshore-Zentrum für den Renminbi. Die Börse in Hongkong ermöglicht es ausländischen Investoren, vom kapitalistischen Aufschwung in der Region zu profitieren. Dabei macht die besondere Konstellation aus Schwellenländern mit demografischen Vorteilen und Industrieländern mit großem Know-how, die sich gegenseitig befruchten, den besonderen Reiz des asiatischen Marktes aus.

Während Hongkong für die Volksrepublik China das Testlabor für den weltweiten Yuan-Handel ist, fühlen sich ausländische Investoren und Anleger mit schwarzen Vermögenswerten vom gesetzlich verankerten Bankgeheimnis angezogen. Und davon, dass im Ausland erzielte Erträge und Einkünfte steuerfrei sind, keine Quellensteuer auf Zinserträge erhoben wird und es keine Doppelbesteuerungsabkommen gibt. Dabei haftet die Hongkong Monetary Authority für Bankeinlagen, auch für die von Ausländern. Und diese kommen mittlerweile verstärkt aus Europa. Als Finanzplatz nimmt Hongkong nach einer aktuellen Studie des Weltwirtschaftsforums von Januar 2012 weltweit den ersten Platz ein. Erstmals überholte die Sonderverwaltungszone damit die USA (Platz zwei), Großbritannien (Platz drei) und Singapur (Platz vier). Auch wenn sich westliche Finanzzentren derzeit verständlicherweise auf kurzfristige Herausforderungen konzentrieren, sollte die Studie für sie ein Weckruf dafür sein, dass ihre langfristige Führungsrolle in Gefahr ist. Hongkongs Finanzindustrie ist kapitalstark und damit langfristig belastbar.

Mindestens kapitalkräftig sollte man als Investor sein, will man eine Immobilie kaufen. Honkongs Immobilienmarkt gehört derzeit zu den spannendsten der Welt. 2011 stiegen die Preise für Wohnimmobilien um 30 Prozent, die für Luxusimmobilien sogar um 40 Prozent. Im vergangenen Jahrzehnt haben sie sich verdreifacht. Preise von 50.000 Euro pro Quadratmeter sind keine Seltenheit. Der Trend ist wegen des Platzmangels ungebrochen. Experten warnen schon vor einer neuen Immobilienblase.

Attraktiv ist Hongkong aber nicht nur als Finanzplatz, auch Unternehmen und Händler fühlen sich von der Sonderverwaltungszone angezogen. Viele Einkäufer aus Europa schalten beispielsweise eine Offshore-Gesellschaft in Hongkong ein, um über diese Produkte aus Südostasien und China zu kaufen. Dabei führt der Weg über eine Zwischenholding in einem Drittland. Der Gewinn wird dann in Hongkong verzeichnet.

Um die Hongkonger Steuervorteile nutzen zu können, ist eine Firmengründung erforderlich. So werden dort viele Gesellschaften mit dem einzigen Zweck betrieben, Gelder bei den Banken in der Sonderverwaltungszone steuerfrei zu parken und zu verwalten. Deutsche Unternehmen mit einer Hongkong-Niederlassung müssen gegenüber dem deutschen Fiskus allerdings einen aktiven Geschäftsbetrieb nachweisen können.

Grundsätzlich bietet Hongkong – im Gegensatz zu Singapur – für ausländische Investoren keine steuerlichen Sonderanreize. Dennoch – der Steuersatz auf Unternehmensgewinne liegt zwischen null und 17,5 Prozent. Gewinne, die außerhalb der Sonderverwaltungszone erwirtschaftet werden, bleiben wie auch die Zinsen aus Bankguthaben steuerfrei.

Hongkong und Singapur im Steuervergleich (Ende 2011)

Einkommensteuer

Körperschaftsteuer

Mehrwert-, Verkehrs- und Verbrauchssteuern

Hongkong

16 %, Steuerbefreiung für Kapitalgewinne, Dividenden und ausländische Einkünfte, persönliche Freibeträge

0–17,5 %, Steuerbefreiung für Gewinne, die außerhalb Hongkongs erzielt wurden, und Zinsen aus Bankguthaben

Keine Doppelbesteuerungsabkommen

Singapur

Maximal 21 % (ITA), Steuerbefreiung für Veräußerungsgewinne, Dividenden und ausländische Einkünfte für besonders qualifiziertet Personen mit (Steuer-)Wohnsitz Singapur im Rahmen von Rulings 10 %, verhandelbar

20 % (ITA), bei Neugründung von dort ansässigen Firmen die ersten drei Jahre Steuerbefreiung (Full Tax Exemption), bei bestehenden Unternehmen bis zu einem Gewinn von 90.000 Dollar Steuerbefreiung für die Hälfte des Gewinns

5 % (GTS) für Güter und Dienstleistungen, DBA

Quelle: Bayern Treuhand Obermeier & Kilger

Hongkongs politisches und wirtschaftliches Schicksal ist unentwirrbar mit dem Geschehen in China verwoben. Solange die Metropole eine Schlüsselrolle für Chinas Finanz- und Handelstransaktionen mit dem Rest der Welt spielt, wird sie auch seine herausragende Rolle unter den Offshore-Finanzzentren der Welt halten können. Wer in Asien unternehmerisch tätig ist, für den ist Hongkong heute die allererste Adresse. Wer dagegen als steuerorientierter Investor seine Vermögensaktivitäten dauerhaft ausrichten will, trifft mit Singapur die bessere Wahl.

Mauritius: Steuersparen im Indischen Ozean

Mauritius gehört zu den malerischsten Inseldestinationen weltweit: tropische Sandstrände, kristallklares Wasser, üppige Vegetation und eine bizarre Bergszenerie. Dazu Golfplätze in atemberaubender Lage, die zum Bleiben einladen – vor allem Vermögende, die mindestens 500.000 Dollar auf der Insel im Indischen Ozean investieren. Ihnen winkt dafür das Integrated Resort Scheme (IRS), das es ihnen erlaubt, eine Immobilie zu erwerben, sich hier für immer niederzulassen und Mauritius als Steuerwohnsitz zu wählen. Mit der Zahlung einer einmaligen Grunderwerbsteuer von 50.000 Dollar entfallen Vermögen-, Erbschaft-, Schenkung- oder Kapitalgewinnsteuer bei einem späteren Verkauf der Immobilie.

Einkünfte und Vermögen im Ausland bleiben steuerfrei, Gelder, die auf der Insel erwirtschaftet werden, unterliegen einer Flat Tax von 15 Prozent. Ansonsten sind Grundstücksverkäufe an Ausländer eingeschränkt. Wer von außerhalb Vermögen verwalten will, für den kommt das Konstrukt eines mauritischen Offshore-Trusts infrage. Dessen Gründungskosten liegen bei 2.500 Dollar, die laufenden Kosten bei jährlich 1.000 Dollar. Trust-Vermögen und Erträge sind steuerfrei. Was die Zinsen angeht, hat Mauritius den Status eines Drittstaates, setzt aber das OECD-Informationsaustauschabkommen in Steuerangelegenheiten um. Hier hat das Bankgeheimnis also Löcher! Aber: Wird Geld von einer Schweizer Bank nach Mauritius transferiert, fragt dort niemand nach der Qualität des Geldes. Dennoch bleibt der nachvollziehbare Schwarzgeldfluss als Risiko für den Vermögensinhaber.

Interessante Perspektiven bietet Mauritius vor allem Unternehmen. Die stellen sich bei einer Auslandsinvestition die Frage, ob durch Treaty-Shopping die Steuerlast auf die Investition optimiert werden kann. Wie schon erwähnt, bezeichnet man als Treaty-Shopping die zulässige Implementierung einer internationalen Unternehmensstruktur in einem Land oder mehreren Ländern, um die Vergünstigungen von Doppelbesteuerungsabkommen nutzen zu können. Bei einer Investition in Indien bietet sich beispielsweise Mauritius als steuerliches Sprungbrett für das Treaty-Shopping deutscher Unternehmen an. Das Land hat als eines von weltweit nur fünf Staaten mit Deutschland ein vorteilhaftes Doppelbesteuerungsabkommen im Hinblick auf Veräußerungsgewinne und Ausschüttungen bei Kapitalgesellschaften abgeschlossen. Die Kombination aus günstiger innerstaatlicher Besteuerung in Mauritius und dem Schutz durch das Doppelbesteuerungsabkommen ermöglicht daher eine optimierte steuerliche Unternehmensstruktur.

STEUERLICHE OPTIMIERUNG

Was das bedeutet, verdeutlicht das Beispiel einer Veräußerung von Anteilen an einer nicht börsennotierten indischen Kapitalgesellschaft:

  • Bei der ersten Variante erfolgt die Investition direkt über eine deutsche Kapitalgesellschaft,
  • bei der zweiten über eine mauritische Zwischengesellschaft.

Dabei wird unterstellt, dass die indische Gesellschaft nicht den Regelungen des deutschen Außensteuergesetzes unterliegt.

Bei einer direkten Veräußerung der Beteiligung unterliegt der Gewinn der indischen Ertragsteuer, da Indien im Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland das Besteuerungsrecht hat (Art. 13 Abs. 4). Wurde die Beteiligung kürzer als ein Jahr gehalten, liegt die Steuer bei 41,82 Prozent, wurde sie länger gehalten, macht die Steuer 20,91 Prozent aus. In Deutschland wird der Veräußerungsgewinn zu 100 Prozent freigestellt. Folge: Die gezahlte indische Steuer kann in Deutschland nicht auf die Steuerschuld angerechnet werden, die Belastung aus der indischen Steuer bleibt damit in voller Höhe bestehen.

Bei einer Veräußerung der indischen Beteiligung über eine mauritische Gesellschaft bleibt der Veräußerungsgewinn dagegen steuerfrei. Denn das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Indien und Mauritius räumt Indien kein Besteuerungsrecht ein und Mauritius besteuert den Veräußerungsgewinn trotz Besteuerungsrecht nicht. Die steuerfreien Gewinne aus der mauritischen Gesellschaft müssen zur Weiterleitung nach Deutschland ausgeschüttet werden. Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Mauritius sieht vor, dass Mauritius darauf fünf Prozent Quellensteuer einbehält. Das Besteuerungsrecht für die Ausschüttungen hat grundsätzlich Deutschland, das sie aber von der Körperschaftsteuer freistellt und die mauritische Quellensteuer nicht anrechnet. Im Ergebnis beträgt die steuerliche Vorbelastung der Gewinne auf Ebene der deutschen Gesellschaft somit fünf Prozent statt wie im ersten Fall 41,82 beziehungsweise 20,91 Prozent.

Unter den derzeitigen steuerlichen Rahmenbedingungen ist für deutsche Unternehmen bei Beteiligungen an indischen Kapitalgesellschaften der Umweg über Mauritius eine lohnenswerte Empfehlung.

Seychellen: paradiesisch steuerfreundlich

Prognosen, dass sich die wie eine edelsteinbesetzte Sichel zwischen Äquator und Madagaskar liegende Inselgruppe innerhalb weniger Jahre zu einer Spielwiese für steuerunwillige Einwanderer aus Europa und Asien entwickeln würde, haben sich bislang nicht bestätigt. Ausländer werden nicht bewusst hergelockt. Dennoch kann man hier gegen eine geringe Gebühr steuerbefreite Unternehmen gründen. Operieren die nur im Ausland, unterliegen sie keiner Devisenkontrolle. Seit 1978 ist die Gründung von Foundations möglich, die der Stiftung in Liechtenstein oder Panama ähneln und den Vermögensinhabern größtmögliche Anonymität gewähren. Dieses Rechtskonstrukt setzen seit 2008 vor allem Schweizer Treuhänder in der Vermögensverwaltung ein. Ende 2011 wurden darüber von den Banken in der Hauptstadt Victoria bereits über zwei Milliarden Euro verwaltet – Tendenz steigend.

Der Inselarchipel gehört zu den schönsten der Welt. Jede der 115 Inseln birgt ihre eigenen Schönheiten und Geheimnisse. Nicht geheim sind die fehlende Einkommen-, Körperschaft-, Erbschaft-, Schenkung- und Grunderwerbsteuer. Das Bankgeheimnis ist zwar strikt, aber seit 2010 werden die OECD-Informationsstandards in Steuerangelegenheiten mit Drittstaaten umgesetzt. Damit lassen sich Schwarzgeldspuren nicht vermeiden. Offshore-Gesellschaften sind nach Zahlung einer Registergebühr von 1.000 Dollar steuerbefreit. Eine Steuerbefreiung gilt zudem für auf den Seychellen beschäftigte Ausländer.

Steuerfreiheiten am Golf

Abu Dhabi, Bahrain, Dubai und Katar kämpfen um die Führungsrolle im zukünftigen Finanzzentrum zwischen Europa und Asien. Bereits heute kontrolliert Abu Dhabi den mit 875 Milliarden Dollar größten Staatsfonds der Welt, der von der Abu Dhabi Investment Authority (ADIA) organisiert wird. Mit einem Anlagevermögen von weit über 400 Milliarden Dollar und rund 400 Banken gilt Bahrain als das Bankenmekka am Golf. Dubai setzt auf seine vollelektronische Börse International Financial Exchange (DIFX), die erste internationale Börse in Nahost. Und eine Börse für ein Drittel der Weltbevölkerung von Indien bis Ägypten, von Istanbul bis Kapstadt. Katar wiederum versucht, Dubai den Rang abzulaufen. Mit geschätzten 1,3 Billionen Dollar Privatvermögen stellen die Staaten des Golfkooperationsrats (GCC) für die Finanzwelt einen lukrativen Markt dar.

Privatpersonen, die hier eine Immobilie kaufen, profitieren von Nullsteuern, zudem gelten Steuerfreiheiten in den zahlreichen Freihandelszonen und Offshore-Zentren für Unternehmen aus dem Ausland. Steuerlich ist die Welt hier noch in Ordnung. Das gilt mit Einschränkung auch für Steuersünder aus Europa, Afrika und Asien, die bei den Banken in den Emiraten ihr Schwarzgeld parken. Wenn Geld aus der Schweiz überwiesen wird, fragen die Banken am Golf nicht danach, woher es stammt. Doch Vorsicht ist angebracht, die OECD-Informationsaustauschstandards in Steuerangelegenheiten werden seit 2009/2010 – je nach Emirat – umgesetzt. Der Fluss von schwarzem Geld beispielsweise aus der Schweiz ist also im Ernstfall rückwirkend nachvollziehbar.

Türkei: die Schweiz am Bosporus

Auf der weltweiten Suche nach einem sicheren Hafen für Schwarzgeld haben deutsche Steuersünder mit illegalem Geld in der Schweiz auch die Türkei entdeckt. Hier zeigen die Banken noch Verständnis, wenn ausländische Kunden ihr Vermögen sicher anlegen wollen – vor allem sicher vor der Steuer. Das drohende Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz hat Ende 2011, Anfang 2012 so manchen Steuersünder zu den Banken am Bosporus getrieben. Denn vielen ist die von den Schweizer Vermögensverwaltern angebotene Option Singapur zu weit weg.

Vom deutschen Fiskus weitgehend unbemerkt entwickelt sich die Türkei zum neuen Anziehungspunkt für deutsche Steuerflüchtlinge. Das Land ist politisch stabil und mit dem Flugzeug günstig und schnell zu erreichen. Die Wirtschaft boomt, die Banken streben nach internationaler Anerkennung und bieten Anlagen in allen gängigen Währungen an. Dazu kommt eine komplikationslose Übertragung bestehender Konten und Depots – beispielsweise aus der Schweiz. Das geht regelmäßig über Zwischenkonten vor sich. Die Unterlagen über die anonymisierten Nummernkonten werden, ebenso wie in der Schweiz, bankintern gelagert, um verräterischen Schriftverkehr zu vermeiden.

Zwar hat das deutsche Finanzministerium im September 2011 auch mit der Türkei ein Steuerabkommen geschlossen, das den Datenaustausch nach OECD-Standards ermöglichen soll. Es soll rückwirkend gelten, ist aber formell noch nicht in Kraft. Auch gilt Papier bei deutsch-türkischer Amtshilfe als besonders geduldig. „Deutsche Ermittlungsmöglichkeiten in der Türkei tendieren gegen null“, klagte Anfang 2012 ein hochrangiger Steuerfahnder, der nicht genannt werden will. Besonders hilflos sind hiesige Ermittler, wenn sie deutsches Vermögen aufspüren sollen, das über Clearing-Konten von der Schweiz direkt zu den Banken nach Istanbul geflossen ist. „Die Chancen, diesen Geldern auf die Spur zu kommen und sie den Steuersündern zuzuordnen, sind gering.“

Steuersünder sollten dennoch vorsichtig sein. Derzeit ist die politische Lage in der Türkei zwar stabil, es bleibt aber Konfliktpotenzial: zum einen der Machtkampf zwischen dem traditionell starken Militär und der amtierenden AKP-Regierung, zum anderen der immer wieder aufbrandende Konflikt mit der kurdischen Minderheit. Diese beiden Faktoren können die politische Lage in der Türkei jederzeit destabilisieren.

Karibik im Sinkflug

Sprach man in den letzten Jahrzehnten von Steuerhinterziehung und sicheren Orten für schwarze Kassen, wurden die Inseln der Karibik immer als Erstes genannt. Das galt für das Verwalten großer Privatvermögen wie für milliardenschwere Einlagen von Banken, Fonds und Versicherungen. Steuerfreundliche Gestaltungsmöglichkeiten bei Offshore-Gesellschaften und Trusts, kaum regulierte Fondsverwaltungen und haftungsmäßige Freiräume im Versicherungsbereich haben eine mächtige Finanzindustrie wachsen lassen:

  • Über 1.700 Versicherungsgesellschaften und rund 100 Rückversicherer auf den Bermudas
  • Etwa 10.000 Hedgefonds, 300 Banken und 500 Versicherungsgesellschaften mit einem verwalteten Vermögen von rund zwei Billionen Dollar und 80.000 Offshore-Gesellschaften auf den Cayman Islands
  • Weit über 800.000 Offshore-Gesellschaften auf den British Virgin Islands

Dazu kommen auf allen Inseln Banken im Überfluss. Einige Karibik-Oasen sind nach wie vor richtige Renner. Tatsächliche Steuerparadiese aber, die weder Einkommensteuern für Privatpersonen und Körperschaftsteuer für Unternehmen noch Kapitalertrag- oder Erbschaftsteuern erheben, gibt es in der ganzen Karibik nur drei: Anguilla, die Cayman Islands sowie die Turks and Caicos Islands.

Doch mit der Finanzkrise ist die schärfere Gangart ausländischer Finanzverwaltungen auch in der Karibik angekommen. Diese werfen den dort ansässigen Niederlassungen ausländischer Banken und Versicherungsgesellschaften vor, Milliardenwerte steuerfrei zu verwalten und gleichzeitig die Steuern bei den Muttergesellschaften in der Heimat zu reduzieren. So wie etwa die Schweizer Privatbank Julius Bär, die auf den Cayman Islands Milliardenwerte verwaltete, die Gewinne aber steuerfrei in der Schweiz kassierte („Tagesanzeiger“ vom 17.1.2011).

Derzeit wandeln sich die karibischen Offshore-Finanzplätze, um bei den High Net-Worth Individuals und institutionellen Investoren nicht an Attraktivität zu verlieren. Um den internationalen Sanktionen von OECD und EU aus dem Weg zu gehen, haben 2009 und 2010 zahlreiche der 34 Inselstaaten dem Druck der großen Industrieländer nachgegeben und einen Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten verabschiedet. Damit wurde gleichzeitig das früher strenge Bankgeheimnis für Ausländer ausgehebelt. Obwohl es die schwarze Liste der OECD-Staaten mit unkooperativen Steueroasen seit Anfang 2011 nicht mehr gibt, werden über die Steueroasen der Karibik weiterhin illegale Geldtransfers in großer Menge abgewickelt.

HELFER „WIE AFFEN“ TANZEN LASSEN

So wie beispielsweise im Fall des ehemaligen russischen Ministers für Telekommunikation Leonid Reimann. Dabei sollen nach Erkenntnissen der Frankfurter Staatsanwaltschaft hohe Erträge aus illegalen Geschäften über Tarnfirmen und Scheinrechnungen gewaschen und anschließend genutzt worden sein, um Anteile an Telekom-Unternehmen zu kaufen. Aus Russland floss das Geld auf Konten verschiedener Offshore-Firmen auf Zypern. Von dort aus ging es weiter auf Konten von Offshore-Anlagefonds auf den Bermudas. Aus der Karibik kam das Geld gewaschen zurück nach Russland, wo es für Beteiligungen an russischen Telekom-Unternehmen eingesetzt wurde. Abgewickelt haben diesen Geldkreislauf Treuhand-Firmen in Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg und auf den Cayman Islands. Der verursachte Schaden in Russland soll sich auf 440 Millionen Dollar belaufen.

Das Bundeskriminalamt (BKA) wusste so einiges über dubiose Vorgänge beim Verkauf von Staatsbetrieben in St. Petersburg und an anderen Orten, über dubiose Firmengeflechte in Steueroasen und heimliche Auslandskonten des Ex-Ministers. In Zeugenaussagen war Reimann mit einem Drehorgelspieler verglichen worden, der seine Helfer „wie Affen“ tanzen ließ. Einige Mitwisser sollen später aus Angst vor Rache nichts mehr erzählt, andere sollen ihre Aussagen versilbert haben.

Wie in diesem Fall bleiben viele Offshore-Treuhandgesellschaften im Hintergrund. Man kennt KPMG, Deloitte, Ernst & Young und PricewaterhouseCoopers, die für ihre Mandanten weltweit im Offshore-Bereich tätig sind. Hinzu kommen global operierende Anwaltskanzleien wie Appleby, Carey Olsen, Conyers, Maples and Calder, Mourant Ozannes und Walkers. Sie und die vielen Kanzleien vor Ort in den Steueroasen sorgen mit ihrer Infrastruktur für einen reibungslosen Ablauf im Offshore-System. Die damit verbundenen Dienstleistungen umfassen sowohl legale als auch illegale Praktiken.

Wichtigstes Element des karibischen Offshore-Geschäfts ist der Offshore-Finanzbereich. Er besteht aus Offshore-Banken und umfasst Finanzaktivitäten wie Fonds, Versicherungen, Trusts, Vermögensverwaltung sowie die Ausgabe von Bonds und Konsortialkrediten. Offshore-Gesellschaften sind eine Drehscheibe für all diese Aktivitäten. So kann beispielsweise eine Offshore-Bank auf den Bermudas bei Investoren in der Schweiz Geld sammeln und es an ein Unternehmen in Kanada verleihen. Da die geschäftliche Transaktion nicht auf den Bermudas erfolgt, wird sie als „offshore“ angesehen. Damit fallen für das Geschäft auf den Bermudas keine Steuern an, zudem lassen sich andere regulatorische Freiheiten nutzen.

Je weiter entfernt der Verwaltungssitz eines Vermögens liegt, desto umfangreicher sollte dies sein, um die Nachteile einer größeren Distanz wettzumachen. Kosten gehören dazu. Bedenken sollte man als Investor, dass bei den Banken auf exotischen Inseln mit Nullsteuern nicht automatisch gute Anlagespezialisten und Vermögensverwalter sitzen. Daher sollte man sich fern der Heimat immer nur auf erste Finanzadressen verlassen.

Während die Offshore-Zentren der Karibik für unternehmerische Aktivitäten trotz verschärfter Bedingungen auch heute noch attraktiv sind, gilt dies im Bereich der Vermögensverwaltung für Privatpersonen aus Europa weitestgehend nicht mehr. Es sei denn, man besitzt dort eine Immobilie und ist mehrmals im Jahr vor Ort oder man macht Geschäfte auf dem amerikanischen Kontinent und kann das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden.

Antigua: Ein 281 Quadratkilometer großer Fleck im Ozeanblau mit Stränden, die zu den schönsten der Welt gehören – und mit Nullsteuern für natürliche Personen. Offshore-Gesellschaften bleiben 50 Jahre lang steuerbefreit, danach beträgt die Steuer drei Prozent. Ausländer dürfen Antigua als ständigen Wohnsitz angeben, wenn sie sich dort mehr als 30 Tage im Jahr aufhalten und eine einmalige Gebühr von 20.000 Dollar für eine Arbeitserlaubnis bezahlen.

DER ZWEITGRÖSSTE ANLEGER-COUP

Die hatte der Texaner Sir Allen Stanford, Ritter der Insel Antigua, gerne gezahlt, um dann über die Offshore-Drehscheibe Antigua mit einem Firmengeflecht aus 100 Offshore-Gesellschaften nach Bernard Madoff den weltweit zweitgrößten Anleger-Coup zu landen. Als Stanford in den USA verhaftet wurde, hatte er über 30.000 Anleger um rund sieben Milliarden Dollar geprellt.

Statt das Geld der Anleger zu investieren, hat er damit seinen aufwendigen Lebensstil und seine unprofitablen Firmen finanziert. Mit 37 Millionen unterstützte er ein Cricket-Team, 333 Millionen wurden in karibische Fluggesellschaften gesteckt, weitere Millionen gab er für Jachten, Frauen und in Spielcasinos aus. Etliche Milliarden aber sind im Firmendickicht verschwunden. Bisher hat die US-Börsenaufsicht SEC vergeblich danach gesucht. Anfang März 2012 wurde der geadelte Betrüger schuldig gesprochen, im Juni wurde er zu 110 Jahren Haft verurteilt.

Bahamas: Die Inselgruppe mit über 700 Inseln ist eine klassische Steueroase. Sie gehört mit einem Bruttonationaleinkommen von 21.400 Dollar je Einwohner zu den reichsten Inseln der Karibik. In der Hauptstadt Nassau sind über 110.000 Offshore-Gesellschaften und 500 Banken registriert. Die Qualität, das Finanzdienstleistungsangebot und der Service auf den Bahamas bestechen, das verschafft ihnen einen Vorsprung in der Karibik. Mit einem verwalteten Vermögen von 130 Milliarden Dollar gehören die Bahamas zu den größten Offshore-Zentren für offene Fonds. Unternehmen und Privatpersonen sind steuerbefreit, hohe Register- und Verwaltungsgebühren sind der Preis dafür.

Wer sich auf den Bahamas niederlassen will, muss ein Mindestvermögen von zwei Millionen Dollar nachweisen und innerhalb von zwei Jahren nach Wohnsitznahme auf den Inseln mindestens 250.000 Dollar investieren. Zuzügler erwartet eine hohe Lebensqualität, allerdings auch hohe Lebenshaltungskosten.

Bermudas: Über 20.000 Offshore-Gesellschaften haben sich wegen der Nullsteuern auf den Bermudas niedergelassen. Vor allem für Rückversicherungsgesellschaften (1.700) sind sie ein Steuerparadies. Diese arbeiten vor allem für Konzerngesellschaften – ähnlich wie die Betriebskrankenkassen in Europa.

Auch Privatpersonen sind auf den Bermudas steuerbefreit. Dagegen ist eine Wohnsitznahme für sie hier kaum möglich, es gibt praktisch keine Aufenthaltsbewilligung. Bei der Vermögensverwaltung kommen Trusts zum Einsatz, die Einkommen über 100 Jahre steuerfrei akkumulieren können. Die OECD-Vorschriften gegen Steuerhinterziehung und -betrug werden allerdings umgesetzt. Für europäische Privatpersonen sind die Bermudas damit heute kaum interessant. Für Unternehmen, die offshore aktiv sind und daher die geltenden Steuerfreiheiten innerhalb ihres weltweiten Niederlassungs-Netzwerks nutzen können, sieht es anders aus.

British Virgin Islands: Mit über 600.000 registrierten Gesellschaften nehmen die British Virgin Islands im weltweiten Offshore-Geschäft einen Spitzenplatz ein. Für Unternehmen, aber auch für Privatpersonen sind Einkommen von außerhalb der Inseln steuerbefreit. Das flexible Trust-Recht und die gute Beraterinfrastruktur machen die British Virgin Islands zu einem idealen Standort für die Vermögensplanung mit Trusts. Damit lassen sich vor allem Vermögen vor Pflichtteilsansprüchen enterbter Erben schützen. Aufenthaltsbewilligungen sind auf 25 Jahre beschränkt.Beim Immobilienerwerb wird zwischen „Land der Krone“ (Land im öffentlichen Besitz) und „Privatland“ unterschieden. Während man Land der Krone nur pachten kann, benötigen Ausländer für den Kauf von Privatland eine von der Regierung erteilte Lizenz. Für wirklich Reiche sind auch einige Inseln im Angebot. Generell werden beim Immobilienkauf britische Zuzügler bevorzugt. Steuerhinterzieher aus den USA und Europa sollten vorsichtig sein: Die OECD-Vorschriften gegen Steuerhinterziehung und -betrug werden umgesetzt.

Cayman Islands: Die Caymans sind der fünftgrößte Finanzplatz der Welt, über zwei Billionen Dollar werden hier verwaltet. Eine echte Nullsteuer-Oase für Unternehmen und Privatpersonen. Das Trust-Gesetz gilt als vorbildlich im internationalen Offshore-Wettbewerb, es ermöglicht unter anderem, die strengen Erbschaftsregeln vieler Staaten zu umgehen. Trusts sind bis zu 50 Jahre steuerbefreit. Zuzügler erhalten für eine Aufnahmegebühr von 18.300 Dollar und ein Immobilieninvestment von rund 200.000 Dollar eine „Full Permanent Residence“ – wenn sie gute Referenzen nachweisen können. Für Fremde beschränkt sich das gesellschaftliche Leben auf den Inseln auf die multinationale und monetär orientierte Ausländergemeinde – vorrangig aus der Finanzwelt.

Die Cayman Islands sind vor allem für jene empfehlenswert, die für legale internationale Geschäfte eine Nullsteuerbasis suchen. Denn die OECD-Auskunftsrichtlinien in Steuerangelegenheiten werden eingehalten. Mit den Rekordverlusten in der Finanzindustrie 2008 haben auch die Staatsschulden der Caymans einen Höchststand erreicht. Um den Staatshaushalt zu sanieren, wurden 2010 die Steuern auf Tabak, Glücksspiel und Lotteriegewinne erhöht. Banken und Hedgefonds bleiben auch weiterhin steuerbefreit.

Niederländische Antillen und Aruba: Die Inselgruppe Bonaire, Curaçao und das heute unabhängige Aruba schufen als Erste Gesetze, die eine günstige Steuergestaltung für Offshore-Gesellschaften ermöglichten. Die Unternehmenssteuersätze liegen derzeit zwischen 2,4 und drei Prozent. Diese Steuervorzüge gelten bis 2019, aber nur noch für Gesellschaften, die vor 1999 gegründet wurden. Die Vorteile haben sich mit den Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den Niederlanden und den USA sowie Großbritannien auf die gesamten Niederländischen Antillen ausgeweitet.

Die neue, OECD-freundliche steuerbefreite Gesellschaftsform gibt es seit 2009. Sie heißt „Befreite Unternehmung der Niederländischen Antillen (NABV)“ und wird vorrangig als Holding eingesetzt. Bei ihr sind 95 Prozent des Einkommens aus der Beteiligung an einer ausländischen Gesellschaft steuerfrei, die restlichen fünf Prozent werden mit 34,5 Prozent besteuert. Das ergibt einen Effektivsteuersatz von 1,725 Prozent. Zudem dürfen gezahlte Auslandssteuern angerechnet werden. Immobilienfirmen sind von den Gewinn- und Kapitalertragsteuern auf Einkommen aus ausländischen Immobilieninvestitionen befreit.

Die Gründung einer Offshore-Gesellschaft auf den Niederländischen Antillen ist für international verschachtelte Unternehmen interessant, wenn aufgrund der Doppelbesteuerungsabkommen Vorteile im Vergleich zu einer Nullsteuer-Oase erzielt werden können. So ermöglicht es zum Beispiel das Abkommen mit den Niederlanden, Gewinne und Lizenzeinnahmen quellensteuerfrei auf die Niederländischen Antillen zu transferieren, um diese dort gänzlich steuerbefreit auszuschütten.

Privatpersonen sind mit ihren Auslandseinkünften und -vermögen steuerbefreit. Für ihre private Vermögens- und Steuerplanung bietet sich die private Stiftung, die „Stichting“ an, diese zahlt auf eingebrachte Vermögen keinerlei Steuern. Im Gegensatz zum Trust ist die Stichting eine juristische Person, die eine Trennung zwischen dem gesetzlichen und dem wirtschaftlichen Eigentümer von Vermögenswerten zulässt.

St. Lucia: Die nur 619,5 Quadratkilometer große Vulkaninsel zählt zu den modernsten Offshore-Zentren in der Region. Für Gesellschaften und Privatpersonen gilt Steuerfreiheit! Einziger Nachteil für Steuersünder: Das OECD-Informationsaustauschabkommen bei Steuerbetrug und -hinterziehung wird umgesetzt. Um vor lästigen Steuerbehörden in der Heimat sicher zu sein, müssen Steuersünder auf der Suche nach einem sicheren Hafen für Schwarzgeld also weiterziehen.

Die Immobilienpreise hängen stark von der Konjunkturlage der USA und vom Dollarkurs ab, um beides steht es 2012 nicht zum Besten. Karibik-Immobilien werden derzeit unter Preisdruck veräußert. Für Euro-Zahler ein guter Zeitpunkt, sich dort einzukaufen.

Fast jeder Inselstaat hat eigene Grund- und Immobilienkaufgesetze, daher sollte immer ein Anwalt eingeschaltet werden. Auf einzelnen Inseln gelten für Ausländer zwar Beschränkungen bei der Grundstücksgröße, grundsätzlich sind Fremde aber willkommen. Daueraufenthaltsgenehmigungen werden problemlos erteilt. Wegen der moderaten Preise sind bei deutschen Käufern vor allem Immobilien auf Antigua, Barbuda und in der Dominikanischen Republik bevorzugt. Als beliebteste Plätze bei internationalen Immobilienkäufern gelten Antigua, St. Lucia, Barbados, Curaçao und die Isla Margarita.

Das US-Offshore-System

Eine der bedeutendsten Steueroasen und das größte Schwarzgeld-Paradies weltweit, so lassen sich die USA beschreiben. Versuchten die US-Behörden Anfang der 1960er-Jahre noch, gegen den Offshore-Steuermissbrauch durchzugreifen und gegen die Steueroasen vor allem in der Karibik vorzugehen, sind die Vereinigten Staaten heute fest in das weltweite Offshore-System eingebunden. Das gilt vor allem für unternehmerische Aktivitäten.

Das US-Offshore-System funktioniert in drei Stufen. Auf Bundesebene bieten die USA eine Reihe von Steuerbefreiungen, Geheimhaltungsklauseln und Gesetzen, die darauf abzielen, in bester Offshore-Manier ausländisches Kapital anzulocken. So ist es US-Banken unter anderem erlaubt, Gewinne aus Straftaten, die im Ausland erfolgt sind, anzunehmen. Auch gelten für Banken Sonderregelungen, die sicherstellen, dass die Identität von Ausländern, deren Geld in den USA liegt, Dritten nicht preisgegeben wird.

Die einzelnen Bundesstaaten halten unterschiedliche Offshore-Köder bereit. In Florida beispielsweise wickeln vor allem Vermögende aus Lateinamerika ihre Bankgeschäfte ab. Ein Großteil dieser Vermögen stammt von Steuerflüchtigen oder ist kriminell erworbenes Geld, das durch die US-Geheimhaltungspraktiken geschützt ist, denn in der Regel tauschen die USA keine Bankdaten mit den Herkunftsländern der Kunden aus. In Bundesstaaten wie Delaware, Nevada und Wyoming gelten sehr günstige und ausgeprägte Formen kaum regulierter Geheimhaltung für Unternehmen, sodass hier große Mengen an illegalem Geld aus aller Welt angekommen sind. Diese Bundesstaaten unterliegen jedoch – wie alle anderen auch – den vollen Einkommen- beziehungsweise Körperschaftsteuern der USA. Steuerfreiheit gibt es nur, solange unter anderem keine Geschäfte in den USA abgewickelt, keine Handelslizenzen oder Bundessteuernummern beantragt und die Gewinne der Gesellschaft nicht in den USA ausgeschüttet werden. In jedem Fall ist vor Ort fachkundige Beratung nötig.

Vor allem Delaware ist mit seiner niedrigen Konzessionssteuer und seinem unkomplizierten Gesellschaftsrecht bei Ausländern für Gesellschaftsgründungen unter anderem von Offshore-Fonds gefragt. Hier sind Mitte 2012 nach Angaben des Registergerichts über 695.000 Gesellschaften registriert.

Unter ihnen befinden sich 50 Prozent all jener Unternehmen, deren Aktien an der Wall Street in New York gehandelt werden. Auch die Deutsche Bank ist vor Ort. Nach einer Attac-Recherche ist die deutsche Großbank in Delaware an mehr Offshore-Gesellschaften beteiligt als an Unternehmen in Deutschland zusammen. Laut Attac hat die Deutsche Bank insgesamt mehr als die Hälfte (51,35 Prozent) ihrer Tochter- und Zweckgesellschaften sowie assoziierte Unternehmen in Steuerparadiesen angesiedelt. Gefolgt von der mittlerweile ebenfalls zur Deutschen Bank gehörenden Postbank (22,33 Prozent) und der Commerzbank (23,43 Prozent). Mit ihren Niederlassungen in Offshore-Finanzplätzen enthalten die Banken dem Staat Steuern in Milliardenhöhe vor. Ganz so, als hätten sie seit 2008 – mit Ausnahme der Deutschen Bank –nie von den staatlichen Bankenrettungen profitiert.

Unternehmen nutzen den Standort Delaware auch, weil es hier weder eine allgemeine Verkaufssteuer noch eine Unternehmenssteuer gibt. Das Tax Justice Network bezeichnet den US-Bundesstaat als „den undurchsichtigsten und heimlichtuerischsten Finanzplatz der Welt“ – noch vor Luxemburg, der Schweiz, den Cayman Islands und Großbritannien.

„Was Delaware und Nevada für Steuerhinterzieher so wertvoll macht, ist ein Informationsgeheimhaltungs-Agreement mit der US-Steuerbehörde IRS“, stellte die Weltbank Anfang 2012 in ihrem aktuellen Schwarzgeldbericht fest. Die Schweiz und andere Steuerparadiese haben sich oft darüber beklagt, dass die US-Behörden bei der Verfolgung von Steuervergehen recht selektiv vorgehen. Der Finanzplatz Miami ist als sicherer Hafen für Offshore-Gelder vor allem aus der Karibik und Lateinamerika bekannt. Die US-Justiz nimmt jedoch auch 2012 keinen Anstoß daran, dass die Anleger in ihren Heimatländern Steuern hinterziehen. Bislang haben die US-Justizbehörden am Finanzgebaren von Delaware und Miami und der dort registrierten Banken, Hedgefonds und sonstigen Finanzinstitutionen nichts auszusetzen gehabt.

Was für Delaware gilt, gilt auch für den US-Bundesstaat Nevada. Die dortigen Steuerfreiheiten werden von namhaften US-Unternehmen wie beispielsweise Apple genutzt, wie die „New York Times“ am 28.4.2012 berichtete: Apple hat seinen Unternehmenssitz in Cupertino im US-Bundesstaat Kalifornien. Doch mit einem kleinen Büro und 20 Beschäftigten in Reno im US-Steuerparadies Nevada vermeidet Apple in Kalifornien und 20 weiteren US-Bundesstaaten Steuerzahlungen in Milliardenhöhe. Der Satz für die Unternehmensbesteuerung in Kalifornien lag Anfang 2012 bei 8,84 Prozent – in Nevada bei null. Außerdem hat Apple Firmenableger in den Steueroasen Irland, den Niederlanden, Luxemburg und auf den British Virgin Islands. Hier finden Außenstehende kaum mehr als ein Namensschild, einen Briefkasten und anonyme Büros in einer größeren Anwalts- oder Steuerkanzlei.

Auf den ausgewiesenen Gewinn von 34,2 Milliarden Dollar im Jahr 2009 hat Apple 3,3 Milliarden Dollar an Steuern gezahlt. Ohne das Zwischenschalten der Gesellschaften in den Offshore-Zentren wären es nach Berechnungen der „New York Times“ (Ausgabe vom 25.4.2010) 2,4 Milliarden Dollar mehr gewesen. Die Gesamtbelastung entsprach einer Steuerquote von 9,8 Prozent. Dagegen lag die Steuerquote beim US-Handelskonzern Wal-Mart bei 24 Prozent. Denn Wal-Mart musste – ohne Gesellschaften in Steuerparadiesen – für den ausgewiesenen Unternehmensgewinn von 24,4 Milliarden Dollar 5,9 Milliarden Steuern zahlen.

Ein wesentlicher Grund, warum US-Unternehmen wie Apple, Google, Cisco, Intel, Oracle, Amazon, Hewlett-Packard oder Microsoft selbst innerhalb der USA ihre Steuerlast offshore reduzieren können, ist, dass diese Unternehmen nicht nur Einnahmen aus dem Produkt- und Dienstleistungsverkauf, sondern auch aus Rechten und Lizenzen erzielen. Letztere fallen vertraglich gesteuert in Steuerparadiesen an. So bleiben beispielsweise bei Apple 70 Prozent der Gewinne im Ausland unversteuert.

Multinationale Konzerne geben in ihren Konzernbilanzen zwar an, wie viel Steuern sie insgesamt gezahlt haben. Sie veröffentlichen jedoch nicht, wie hoch die Steuern bei den Niederlassungen rund um die Welt im jeweiligen Sitzland waren. Geschweige denn, in welchen Ländern keine oder nur geringe Steuern gezahlt wurden. Jeder Kauf bei Apple, jedes Herunterladen von Songs, Filmen oder einer App irgendwo auf der Welt bewirkt bei der Apple-Tochter iTunes S.à.r.l. in Luxemburg Lizenzeinnahmen von 20 Prozent. 2009 kam so mehr als eine Milliarde Dollar zusammen. Diese Gelder werden in Luxemburg nur gering besteuert, anders als in Ländern wie Großbritannien, Frankreich oder den USA, wo der Kauf oder das Herunterladen erfolgt und eigentlich auch die Steuern anfallen würden.

Und das geht so: Apple gehörte zu den ersten Unternehmen, die Vertriebspartner im Ausland mit dem Status eines „Kommissionärs“ und nicht eines „Händlers“ belegten. Da Kommissionäre steuertechnisch gesehen zu keiner Zeit im Besitz einer „Ware“ sind, fallen bei ihnen auch keine oder kaum Steuern an. Das erlaubt beispielsweise dem Vertriebspartner – eine Apple-Tochter – im Hochsteuerland Deutschland das Geschäft virtuell über das Offshore-Zentrum Singapur abzuwickeln. Der Großteil des Gewinns aus diesen Transaktionen wird damit nicht in Deutschland, sondern mit den günstigen beziehungsweise Nullsteuersätzen in Singapur besteuert.

Über ein Netzwerk von Niederlassungen in Steuerparadiesen hat es Apple 2009 verstanden, auf den im Ausland angefallenen Gewinn in Höhe von 24 Milliarden Dollar – was 70 Prozent des Gesamtkonzerngewinns ausmacht – nur 3,2 Prozent Steuern zu zahlen. Im Jahr 2010 lag die Steuerquote sogar bei nur 2,2 Prozent. Und das, obwohl mindestens 50 Prozent der Produktherstellung, Patententwicklung und des Marketings in Kalifornien erfolgte. Teilt man die im Ausland gezahlten Steuern entsprechend dem tatsächlichen Aufwandsschlüssel zwischen diesen Ländern und den USA auf, zeigt sich, dass die USA 2,4 Milliarden Dollar mehr Steuern hätten einnehmen müssen. Unternehmensrenditen von 15, 20 und mehr Prozent sind ohne Steuereinsparungen über den Umweg Offshore-Welt kaum möglich.

Die Heimatländer der Konzerne wissen das. Aber was sollen sie dagegen unternehmen? Müsste Apple beispielsweise in den USA mehr Steuern zahlen, würde der Konzern damit drohen, aus Kalifornien wegzuziehen. Cupertino würde dann nicht nur seinen größten Arbeitgeber verlieren, sondern jährlich auch acht Millionen Dollar weniger Grundsteuer einnehmen. Und: 47.000 Beschäftigte mit ihren Steuer-und Sozialabgaben sowie ihrer Kaufkraft für den örtlichen Handel ständen für die Stadt auf dem Spiel.

Die dritte Offshore-Stufe der Vereinigten Staaten besteht aus einem kleinen Netz von Überseesatelliten: Während die US-amerikanischen Virgin Islands in der Karibik als Steuerparadies bedeutungslos sind, dienen die Marshallinseln vor allem als Schiffsregister. Der Pazifikstaat stellte beispielsweise die Gefälligkeitsflagge für die vom Ölmulti BP betriebene Ölplattform Deepwater Horizon, deren Untergang 2010 für die Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko verantwortlich war. Auch Liberia auf dem afrikanischen Kontinent ist als Schiffsregister bekannt.

Oh, wie schön ist Panama

Das größte Steuerparadies im US-Einflussgebiet ist Panama, das durch seine Freihandelszone zu einem der weltweit schmutzigsten Geldwäschebecken geworden ist. Das zentralamerikanische Land ist mit dreieinhalb Millionen Einwohnern gerade mal so groß wie Berlin. Doch der kleine Binnenmarkt hat ausländische Investoren 2011 nicht davon abgehalten, rund drei Milliarden Dollar zu investieren. Rund 14.000 Schiffe passieren jedes Jahr den Panamakanal. Sie transportieren Waren von Europa an die Westküste der USA oder von der US-Ostküste nach Asien. Die Giganten der Schifffahrt, die sogenannten Post-Panamax-Containerschiffe, passen noch nicht durch die Schleusen. Deshalb wird gerade für fünf Milliarden Dollar ein neues Schleusensystem gebaut, das 2014 in Betrieb gehen soll. Das Land erweist damit dem Rest der Welt einen großen Dienst, da es ein Nadelöhr im globalen Handel beseitigt.

Aber schon heute ist der mittelamerikanische Zwerg auf See ein Riese und die größte Seemacht der Welt: 25 Prozent der internationalen Flotte, das sind rund 12.000 Schiffe von Eignern aus aller Herren Länder, sind dort registriert. Die Gewinne, die sie mit ihren Schiffen unter der Flagge Panamas einfahren, bleiben steuerfrei. Hinzu kommt, dass Mannschaften hier billig zu haben sind, Tariflöhne sowie bürokratische Vorschriften, die von den Seemannsgewerkschaften vieler Hochsteuerländer gefordert werden, lassen sich umgehen.

Panama ist die größte Steueroase im amerikanischen Einflussgebiet, die steuerliche Anziehungskraft des Landes hat unter dem weltweiten Wandel der letzten Jahre nicht gelitten. Die Attraktivität des Standorts geht im Wesentlichen auf ein Gesetz aus dem Jahr 1964 zurück, mit dem vor allem Einkünfte aus dem Ausland steuerfrei gestellt wurden. Insbesondere reiche US-Privatpersonen und US-Unternehmen zieht es hierher. Berüchtigt ist der Staat unter den Steueroasen für seine Wildwest-Methoden. Die Infrastruktur mit Anwaltskanzleien und Treuhandgesellschaften ist zwar gut, man sollte sich die aber vorher schon sehr genau ansehen.

Zahlreiche Unternehmen nutzen die zentrale Lage Panamas mit der größten Zollfreizone der westlichen Welt. Für sie ist das Land eine Drehscheibe in Zentralamerika. Es gibt wohl kaum ein zweites Land weltweit, in dem die Gründung einer Gesellschaft so preiswert und unbürokratisch über die Bühne geht. Aktuell sind über 200.000 Offshore-Gesellschaften registriert. Sie brauchen weder Jahresabschlüsse vor- noch Profite offenzulegen und sie sind steuerfrei. Firmenmäntel kann man von der Stange kaufen, das Grundkapital liegt in der Regel bei 10.000 Dollar.

Steuerfrei sind auch Offshore-Gesellschaften, über die Vermögen verwaltet werden, darunter die sogenannten Panama-Stiftungen (Fundación de Interés Privado, LFIP), die nach dem Vorbild der Liechtenstein-Stiftung entwickelt wurden. Die Bandbreite der Stiftungszwecke entspricht dem Grundsatz der Stiftungsfreiheit im Lande. Dieser kann sich unter anderem auf die „allgemeine Steueroptimierung“ oder auf die „spezielle Steueroptimierung im Rahmen der Auslagerung des Vermögens des Stifters“ ausgerichtet sein. Ein Kapitalnachweis ist nicht nötig, eine Vermögensaufstellung ebenso wenig. Zudem werden die Statuten vom Registeramt nicht inhaltlich kontrolliert, ein lokaler Stiftungsrat ist nicht erforderlich und eine Staatsaufsicht besteht auch nicht. Das alles garantiert eine liberale, diskrete, praktische Gründung und Verwaltung. Da das Erbrecht von Drittstaaten in Panama keine Rolle spielt und die Auswahl der Begünstigten im freien Ermessen des Stifters liegt, bietet sich eine solche Stiftung für einen optimierten Vermögenstransfer über Generationen hinweg an.

Panama hat sich in den letzten Jahren immer mehr zu einem Rückzugsparadies für Reiche aus Europa entwickelt, nachdem die Festungen Liechtenstein und Schweiz von den Finanzministern der EU erfolgreich gestürmt wurden. Mit zweistelligen Zuwachsraten des Finanzsektors wird das Land zu einem Vorzugsziel von Steuerflüchtlingen, die ihre Gelder dorthin transferieren. Rund 150 nationale und internationale Finanzhäuser bieten eine umfangreiche Dienstpalette an. Die glänzenden Geschäfte der Banken haben einen Boom der gesamten Wirtschaft ausgelöst. Die Geldhäuser übernehmen nicht nur große Beträge, die bislang auf Konten in der Schweiz oder in Liechtenstein lagerten. Zu ihren Neukunden zählen aktuell auch vermehrt reiche Spanier, denen die Anlageplätze in Europa nicht mehr sicher genug sind und die den Anstieg der Steuern in ihrer Heimat leid sind.

Um die Inhaber der von ihnen verwalteten Gelder zu anonymisieren, stülpen die Banken in Panama in der Regel eine Gesellschaft (Sociedad Anónima, S.A.) über das Vermögen. Damit wird auch die EU-Zinssteuer umgangen. Die Gründungskosten liegen bei etwa 1.500 Dollar, die laufenden jährlichen Kosten bei etwa 500 Dollar. Alle ausländischen Bankkunden profitieren davon, dass das OECD-Informationsaustauschabkommen bei Steueranfragen aus Drittstaaten nicht umgesetzt wird. Für Deutsche ist eine Panama-Gesellschaft jedoch nur sinnvoll, wenn der Wohnsitz des Inhabers außerhalb Deutschlands liegt.

Ausländer können in Panama – abgesehen von Inseln, Stränden und bestimmten Grenzzonen – Grundbesitz frei erwerben. Die Immobilienkäufer sind auf 20 Jahre steuerbefreit und erhalten mit dem Kauf eine Daueraufenthaltsgenehmigung. Die Immobilienpreise sind im Vergleich zu den USA und Europa günstig, die Lebenshaltungskosten auch.

Panama ist heute der fortschrittsgläubigste, kraftstrotzendste und spannendste Staat in Mittelamerika. Das Land hat es dank seiner geografischen Logenlage zwischen zwei Ozeanen geschafft, sich wie eine Spinne im Netz der lateinamerikanischen Finanzströme und weltweiten Handelswege festzusetzen.

Uruguay: Steueroase mit Schattendasein

Uruguay auf dem südamerikanischen Kontinent stand weder wegen unfairen Steuerwettbewerbs auf der schwarzen Liste der OECD, noch hat es die Financial Action Task Force als unkooperativ in Bezug auf Anti-Geldwäsche-Politik eingestuft. Es sind zwei Faktoren, die die Anziehungskraft der „Schweiz Südamerikas“ als Steueroase ausmachen:

  • Gesellschaften in Freihandelszonen (SAZF), die überhaupt keine Steuern zahlen
  • Offshore-Banken in Freihandelszonen (IFE), die steuerbefreit sind, aber Beiträge zur Sozialversicherung zahlen

Die SAZF ist auf Tätigkeiten innerhalb der uruguayischen Freihandelszonen beschränkt und kann Inhaberaktien ausgeben. Eine IFE darf dagegen keine Inhaberaktien ausstellen und muss ein bestimmtes Mindestkapital einbringen. Zudem müssen ihre Direktoren registriert und die Aktionäre der Gesellschaft der Zentralbank genannt werden. Für Privatpersonen gilt steuerlich das Territorialprinzip, Einkommen aus und Vermögen im Ausland werden somit in Uruguay nicht besteuert.

Insofern ist das Land eine Steueroase für Privatpersonen. Sie profitieren heute auch davon, dass das OECD-Informationsaustauschabkommen in Steuerangelegenheiten nicht umgesetzt wird. Doch das Land ist zu klein, um sich dauerhaft dagegen wehren zu können, als Finanzplatz steht es unter enormem internationalen Druck. Zwischenzeitlich wurde ein Gesetz verabschiedet, dass bei Verdacht auf Steuerbetrug das Bankgeheimnis aufhebt. Das gilt vor allem für Ausländer, die vorranging aus den Nachbarländern Argentinien und Brasilien kommen, bei den Banken in Montevideo ihr Schwarzgeld bunkern und die Wochenenden in eigenen Immobilien verleben. Finanzielle Mittel für das Luxusleben an der Südatlantikküste haben sie reichlich.

Das politisch stabile Uruguay gehört zu den attraktivsten Ländern für Immobilien-Investitionen in Südamerika. Als Steueroase ist es nur für Südamerikaner interessant, als Offshore-Platz wird es trotz aller Anstrengungen auch künftig ein Schattendasein führen.

Ozeaniens Oasen

Wer träumt als Steuerhinterzieher nicht manchmal davon, seine Zeit ohne Steuerstress allein auf einer unbewohnten Südseeinsel zu verbringen? Die Inseln im Südpazifik locken nicht nur mit kristallklarem Wasser und bizarrer Schönheit, sondern auch mit Nullsteuern. Doch sie sind in den letzten Jahren wegen Geldwäsche weltweit ins Gerede gekommen. Und: Die fehlenden Finanz- und Serviceangebote machen so manchen Nullsteuer-Traum auf den Schatzinseln zunichte.

Hinzu kommt, dass sich die Großsteueroase südpazifischer Raum nicht so entwickelt hat, wie man das angesichts des boomenden asiatischen Marktes erwartet hatte. Die Folgen sind nicht ausgeblieben: Nauru ist pleite, die Staatsfinanzen in Papua-Neuguinea sind angeschlagen, auf den Salomonen herrschen bürgerkriegsähnliche Zustände und die Fidschi-Inseln werden von ethnischen Spannungen erschüttert.

Dennoch, neben den oben genannten Ländern versuchen sich auch andere mit Nullsteuern für Privatpersonen oder weitgehender Steuerbefreiung für Offshore-Gesellschaften, Banken, Fonds, Trusts und Versicherungen vor allem für Interessierte aus Australien und Südostasien zu profilieren: die Cook-Islands, die Inselgruppe Französisch Polynesien, die Marshallinseln, Mikronesien-Palau, die Pitcairn Islands, Samoa, Tonga und Vanuatu. Teils mit zweifelhaftem Erfolg. So war Nauru in den 1990er-Jahren eine berüchtigte Geldwaschanlage für die russische Mafia. Rund 70 Milliarden Dollar sind innerhalb weniger Jahre aus dunklen Quellen über Konten von 400 in Nauru registrierten Banken geflossen und gewaschen worden. Alle hatten dieselbe Adresse – ein Regierungspostfach. Diese Einnahmequelle ist mittlerweile auf internationalen Druck hin versiegt. Auch das Geldverdienen mit Vogeldung ist vorbei, der hatte die Insel einst zum reichsten Land der Erde gemacht. Durch den steuersparenden Kapitalismus ist Nauru jedoch innerhalb weniger Jahre in den Status eines Entwicklungslandes zurückgefallen.

Statt sich mit Angeboten zum Steuersparen bei Vermögenden und Unternehmen anzubiedern, sollten sich die Inseln im Pazifik lieber auf ihre Stärke besinnen: ein Paradies für Urlauber und vermögende Aussteiger zu sein. Damit lässt sich gutes Geld verdienen. Und Steuerhinterzieher können sich das mit ihrem in der Schweiz oder Luxemburg gebunkerten Schwarzgeld leisten.

Steuerparadiese auf See

Doch nicht nur an Land lassen sich Steuern sparen. Wer sich beispielsweise auf dem Luxusschiff „The World“ mit einem Appartement einkauft und im Jahr mindestens 183 Tage an Bord verbringt, hat offiziell keinen Steuerwohnsitz mehr und kann den harten Steuerrealitäten dauerhaft entfliehen. Die Hochsee-Residenz bietet auf zwölf Decks einer exklusiven Weltbürgergemeinschaft die Annehmlichkeiten eines Luxus-Ressorts, kombiniert mit der Mobilität eines Kreuzfahrtschiffs. Und das liegt nie länger als zwei, drei Tage am Stück in den Häfen dieser Welt. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist ein nachweisbares Eintrittsgeld von mindestens fünf Millionen Dollar.

Wer also über das nötige Kleingeld verfügt, die Verbindungen zur Heimat ernsthaft kappen will und seetüchtig ist, für den sind die vier Wände auf See eine steuerfreie Alternative. Im schlimmsten Fall wird er in dem Land versteuert, unter dessen Flagge das Schiff fährt – in den beiden hier aufgeführten Fällen eine Nullsteuer-Oase in der Karibik (weitere Informationen für Millionäre unter www.aboardtheworld.com und www.residences.fourseasons.com).

Brisant ist auch die Frage, wie Unternehmen, die auf einem Schiff registriert sind, ihre Einkünfte zu versteuern haben. Die Steuern werden prinzipiell dort erhoben, wo das Unternehmen als juristische Person seinen Sitz hat oder wo die Geschäftsleitung die Geschäfte steuert. Dies dürfte auf Schiffen schwer zu ermitteln sein – und zeigt das Dilemma des internationalen Steuerrechts: Das Sitzprinzip ist in einer globalisierten Welt antiquiert. Die Frage, wo virtuelle Unternehmen zu besteuern sind, ist kaum zu beantworten. Auch hier könnte es letztlich das Land sein, unter dessen Flagge das Schiff steht – in der Regel ein Steuerparadies.