Kapitel 1: Grundlagen der Steuervermeidung

Kapitel 1

Grundlagen der Steuervermeidung

Privatpersonen, die hohe Steuerlasten zu tragen haben, stehen in demokratischen Ländern mehrere Optionen offen:

  • Sie können die Steuergesetze befolgen. Das ist der Weg des geringsten Widerstands.
  • Sie können Steuern vermeiden, was fließend in illegale Steuerhinterziehung übergehen kann. Wer beispielsweise während des Urlaubs in Frankreich Alkohol zu den dort niedrigen Steuersätzen einkauft und diesen mit nach Deutschland bringt, umgeht die deutsche Steuer legal. Wer das jedoch jede Woche tut, handelt illegal.
  • Sie können in ein Land mit niedrigen Steuersätzen auswandern. Menschen mit hohen Einkommen sind zwar mobil, sie ziehen in der Regel aber weg, um ihr Einkommen zu steigern, nicht, um Steuern zu vermeiden. Zahlreiche Hochsteuerländer bieten etwa Expatriates, also Fachkräften, die vorübergehend im Ausland arbeiten, attraktive Steuervorteile. Superreichen und Ruheständlern offeriert man an einigen sonnigen Orten besondere Willkommenspakete mit niedrigen Steuern.

In Deutschland gilt jedoch, dass die meisten Bürger von Beginn ihres Berufslebens an daran gewöhnt sind, Steuern zu vermeiden, zum Beispiel mit Abschreibungsmodellen für Schiffe oder Immobilien oder steuersparenden Gesellschaftsformen bei Unternehmensgründungen. Wer beispielsweise eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, eine GmbH, gründen will, um das persönliche Risiko auszuschalten, dem empfiehlt der Steuerberater aus steuerlicher Sicht eine GmbH & Co KG, oder besser noch eine doppelstöckige GmbH & Co KG. Das versteht der Bürger zwar nicht. Er erfährt aber, dass Steuern sich beispielsweise allein durch Änderung der Rechtsform sparen lassen. Die Steuerlast scheint somit beeinflussbar zu sein.

Das gilt auch für Unternehmen, wie der 1,5-Milliarden-Trick des VW-Konzerns Mitte 2012 zeigt. Während die Steuererklärung des Kfz-Meisters von nebenan ein jährlicher Spießrutenlauf ist, darf Volkswagen den Zuffenhausener Sportwagenbauer Porsche übernehmen, ohne dabei die eigentlich anfallenden 1,5 Milliarden Euro Steuern zahlen zu müssen. Ausgerechnet Volkswagen, einer der größten Konzerne der Welt mit 160 Milliarden Euro Umsatz und 16 Milliarden Gewinn im Jahr 2011. Ausgerechnet der lässt seine hochbezahlten Anwälte und Steuerexperten so lange über dem Milliardendeal brüten, bis sie in den Steuergesetzen und Verordnungen die entscheidende Lücke gefunden haben: Mit Verschiebung einer einzigen VW-Aktie wird aus einem zu versteuernden Milliardenverkauf eine steuerfreie Umstrukturierung des Unternehmens gemacht.

VW profitiert dabei von den spitzfindigen Bestimmungen des Umwandlungssteuergesetzes, einst eingeführt, um Firmen leichter zu restrukturieren. Auch wenn die Manager in der Öffentlichkeit das Image eines gierigen Großkonzerns nicht gebrauchen können, hatten sie aktienrechtlich wohl gar keine andere Wahl, als das Schlupfloch zu nutzen. Allein weil es da ist. Das klingt absurd, aber tun sie es nicht, stehen ihnen Klagen ihrer eigenen Aktionäre ins Haus, denn deren Anwälte sind auf Fälle wie diese spezialisiert. Die Vorwürfe aus dem juristischen Baukasten klingen dann so: Der Konzern, eigentlich dem Wohl des gesamten Unternehmens und seiner Aktionäre verpflichtet, habe nicht alles getan, um dem zu entsprechen. Und dabei in Kauf genommen, dass wegen hoher Steuerzahlungen Gewinn und Rendite des Konzerns niedriger ausfallen als möglich.

Wer daran etwas verändern will, sollte nicht darauf hoffen, dass Konzerne wie VW künftig auf legale Steuerschlupflöcher verzichten. Er muss dafür sorgen, dass diese Wege, in großem Stil auch in Deutschland Steuern zu sparen, politisch verbaut werden.

Dass auch Anleger in Deutschland immer noch legal Steuern sparen können, obwohl die Abschreibungsmodelle abgeschafft wurden, zeigt der Trick mit den Goldspekulationen. Dem Fiskus entgehen so jährlich dreistellige Millioneneinnahmen. Es geht dabei um Gold und um millionenschwere Spekulationen über Firmen, die im Ausland operieren. Die setzen auf den steigenden Wert des Edelmetalls und streichen die Gewinne ein, ohne dem Fiskus seinen Anteil zu geben. Auslöser für diese Art des Steuersparens waren die Finanzkrise und die anschließende Euro-Krise. Gold und andere Edelmetalle sind für Anleger, denen die Aktienmärkte und Staatsanleihen wegen der Turbulenzen als unsicher erscheinen, wieder attraktiv. Darauf setzt das Steuersparmodell, gleichzeitig auf die vielen Ungereimtheiten bei den bilateralen Steuerabkommen mit anderen EU-Ländern. Anleger beteiligen sich dabei an einer Personengesellschaft in einem EU-Land, dessen Steuerabkommen so gestaltet ist, dass die Einkünfte der Gesellschaften hierzulande steuerfrei, aber dem sogenannten Progressionsvorbehalt unterworfen sind.

Beispiel: Ein kinderloser Alleinstehender zahlt auf sein Einkommen von 60.000 Euro einen Steuersatz von 29,9 Prozent. Bei einem zusätzlichen Einkommen mit Progressionsvorbehalt von 20.000 Euro steigt der Steuersatz auf 33,5 Prozent. Der ist allerdings nicht für 80.000 Euro fällig, sondern auf die Ursprungssumme von 60.000 Euro. Die Steuererleichterung macht 6.700 Euro aus. Der Gewinn aus der Spekulation wird nicht besteuert, sondern hebt lediglich den Steuersatz für die Teilhaber. Damit wird das Modell vor allem für Vermögende interessant, die mehr als 250.000 Euro (Verheiratete: 500.000 Euro) pro Jahr verdienen und den Höchststeuersatz von 45 Prozent zahlen. Denn bei ihnen wirkt der Progressionsvorbehalt nicht, die Goldspekulation bleibt damit nahezu steuerfrei.

Perfekten Schutz vor Steuerhinterziehung wird es ebenso wenig geben wie absoluten Schutz vor Terroranschlägen. Es sei denn, jemand führte ein Weltfinanzamt ein und stattete die Behörde mit polizeistaatlichen Befugnissen aus. Möglich ist es allerdings für Hochsteuerländer, die Anreize für Steuersünder zu senken. So gilt beispielsweise in Deutschland seit Januar 2009 für Kapitalerträge eine Abgeltungsteuer von einheitlich 25 Prozent, sie liegt unter dem Spitzensatz der Einkommensteuer. Für sich genommen ist das ungerecht, aber dies ist der Preis für den ehrenwerten Versuch, Kapital im Land zu behalten und zumindest etwas zu versteuern.

Sinnvoller wäre es, das Steuerrecht radikal zu vereinfachen. Nach einer Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) aus dem Jahr 2011 steht Deutschland derzeit mit der Steuerlast unter den 27 Staaten der Europäischen Union (EU) im oberen Drittel, nur in sechs Ländern ist sie höher. Und sollten die Parteien aus der Opposition nach der nächsten regulären Bundestagswahl 2013 an die Macht kommen und ihre steuerpolitischen Aussagen verwirklichen, droht die effektive Steuerbelastung kräftig zuzunehmen. Wie im Nachbarland Frankreich soll der Einkommensteuersatz für Millionäre bis zu 75 Prozent zulegen. Ganz anders in Großbritannien, wo zur Ankurbelung der Wirtschaft der Spitzensteuersatz Mitte 2012 von 50 auf 45 Prozent abgesenkt wurde. Die britische Regierung will ihr Steuersystem zu einem der attraktivsten in den G-20-Ländern machen.

Insgesamt aber prägt ein klarer Trend hin zu mehr Steuern die Zukunft der Steuerpolitik in den Industrieländern. Und dies nicht nur, weil die Finanzkrise lang anhaltende Effekte auf die öffentlichen Haushalte zeitigt. Schwerer wiegt, dass die Länder in dieser Krise eine fundamentale Neuorientierung im Verhältnis zwischen Staat, Wirtschaft und Gesellschaft erleben. Die Bürger müssen also genau beobachten, ob die Abgabenlast aufgrund realer Haushaltszwänge steigt oder ob ein erstarkender Staat die Grenzen zwischen privater Freiheit und öffentlicher Geltungsmacht neu definieren will. Dabei ist der internationale Steuerwettbewerb als zentrales Paradigma der Steuerpolitik zu begreifen. Vor allem der Wettbewerb um mobiles Kapital setzt die Gesetzgeber unter Druck.

Das unverständliche Steuersystem

Das Problem für die Steuerpflichtigen ist nicht so sehr die Höhe der Steuerlast, sondern der unverständliche Zugriff des Fiskus. Die Bürger beklagen die Ungleichheit und Ungerechtigkeit der Besteuerung. Angesichts relativ hoher Steuersätze und zahlreicher Ausnahmetatbestände muss jeder Steuerzahler denken, dass die anderen besser wegkommen. Also sucht er nach Lücken. Der Respekt vor dem Steuergesetz, das Vertrauen in das Recht gehen verloren. Wenn man alle legalen Ausweichmöglichkeiten vermeiden und einen einheitlichen Steuersatz von zum Beispiel 25 Prozent einführen würde, den wirklich jeder Bürger zahlen muss, würde der Anreiz zur Steuergestaltung verschwinden. Ganz zu schweigen von Flat-Rate-Tax-Sätzen in Europa von beispielsweise zehn Prozent in Bulgarien, 15 Prozent in Tschechien oder 20 Prozent auf den Channel Islands.

Steuer- und Abgabenquote* 2010 im internationalen Vergleich

Land

Steuer-/Abgabenquote

Land

Steuer-/Abgabenquote

USA

17,5

14,0

Deutschland

22,6

37,0

Irland

22,3

25,6

Luxemburg

26,2

37,5

Japan

15,6

26,1

Ungarn

26,6

39,1

Slowakei

16,7

29,3

Niederlande

24,6

39,1

Griechenland

19,4

29,4

Norwegen

31,2

41,0

Schweiz

23,2

30,3

Frankreich

25,5

41,9

Spanien

16,6

30,7

Österreich

27,9

42,6

Kanada

26,1

31,1

Finnland

30,3

43,1

Großbritannien

27,5

34,3

Belgien

26,6

43,2

Polen

22,9

34,3

Italien

29,7

43,5

Tschechien

19,5

34,6

Schweden

35,1

46,4

Portugal

23,7

35,2

Dänemark

47,2

48,2

* Hohe Abgabenquoten finanzieren meist gut ausgebaute Sozial- und Altersversicherungssysteme, für die ansonsten private Mittel aufgewandt werden müssten. So ist etwa in den USA das staatliche System der sozialen Sicherung im Vergleich zu Kontinentaleuropa deutlich geringer.

Quelle: OECD (Hrsg.), Revenue Statistics 1965–2009, Paris 2010

Während Deutschland wahlweise marginale Steuerentlastungen oder höhere Steuern diskutiert, haben inzwischen acht EU-Länder eine Flat Tax. Weltweit suchen insgesamt 27 Staaten ihr Heil in einem einheitlichen – und niedrigen – Steuersatz, es muss ja nicht gleich eine Nullsteuer sein wie auf den Bahamas, den Cayman Islands oder Anguilla in der Karibik.

Fehlende Steuermoral

Steuerhinterziehung ist für Hochsteuerländer ein ernstes Problem – vor allem wenn sie Einkünfte aus Kapitalvermögen betrifft. Doch auch wenn es Steuerbetrug immer geben wird, ist es möglich, die Steuermoral der Bürger zu erhöhen. Je besser die Güter sind, die der Staat anbietet, und je weniger Verschwendung es von staatlicher und kommunaler Seite gibt, desto eher sehen die Steuerpflichtigen den Sinn der Steuern ein. Auch Abschreckung wirkt. Insofern könnten die Razzien nach den Steuer-CD-Ankäufen (siehe Kapitel 10) eine erzieherische Wirkung haben: Wer Steuern hinterzieht, geht heute ein sehr hohes Risiko ein, da sich die Finanzbehörden immer stärker international vernetzen. Rund 50.000 Selbstanzeigen in den letzten beiden Jahren sprechen für sich.

Doch trotz der schärferen Kontrollen werden in Deutschland nach Schätzungen der Deutschen Steuergewerkschaft jährlich rund 30 Milliarden Euro hinterzogen. Insgesamt wurden über 300 Milliarden Euro in den letzten Jahrzehnten ins Ausland geschafft, der Großteil in die Schweiz. Diese Geldtransaktionen sind eher ein Vergehen der Mächtigen und Reichen – sie bleiben in der Regel ungestraft. Und was die Großen ohne Konsequenzen tun, glauben auch die normalen Bürger zu können. Nur eben mit kleinerer Münze.

Es gibt zudem keine Berufsgruppe, in der nicht Steuern hinterzogen werden. Selbst Steuereintreiber scheuen vor Steuerbetrug nicht zurück. So wie jener Ministerialrat aus dem Finanzministerium eines Bundeslandes, der mit „erheblicher krimineller Energie, Phantasie und Raffinesse“, wie ihm das zuständige Gericht bescheinigte, den Fiskus, seinen Arbeitgeber, „schamlos betrogen“ hat.

Steuersünde 1: Seine Freundin hatte für rund 300.000 Euro ein Haus erworben und das an ihren Lebensgefährten für 1.000 Euro im Monat vermietet. Sie selbst wohnte offiziell wechselweise beim Bruder beziehungsweise bei den Eltern ihres geliebten Beamten. So setzte sie den Kaufpreis für die Immobilie nach und nach von der Steuer ab, was die Abgaben kräftig drückte. Tatsächlich lebte sie mit ihrem Partner in ihrer Wohnung.

Steuersünde 2: Der Beamte machte beim Fiskus für den Weg zu seinem Arbeitsplatz Fahrtkosten geltend, die laut Urteil „bewusst wahrheitswidrig viel zu hoch angesetzt waren“.

Steuersünde 3: Der Beamte erklärte dem Fiskus, er habe seine Großmutter jahrelang mit insgesamt gut 20.000 Euro unterstützt. Die vielen Euros waren auch tatsächlich geflossen. Was der Staatsdiener aber verschwieg: Die Oma hatte ihm das Geld wieder auf sein Sparbuch zurücküberwiesen.

Steuersünde 4: Die Freundin rechnete gegenüber dem Finanzamt Fahrtkosten von ihren Schein-Wohnsitzen zum Arbeitsplatz ab. Die waren rund viermal so hoch wie die von ihrem Wohnsitz aus.

Übrigens verdiente auch die Lebensgefährtin des Ministerialrats gut. Sie arbeitete bei einer Staatsbank. Zusammen mit ihr hatte der Beamte mehr als 75.000 Euro Steuern hinterzogen. Vor der Urteilsverkündung hatte der Ministerialrat noch schnell seine Entlassung aus dem Staatsdienst beantragt, woraufhin die Justiz befand, eine Strafe auf Bewährung sei „gerade noch vertretbar“. Ansonsten wäre der Ex-Beamte zu mindestens einem Jahr Gefängnis verurteilt worden.

Die Politik macht es dem viel zitierten kleinen Mann besonders leicht, sich zu ärgern. Denn immer wieder sorgen spektakuläre Fälle für Aufsehen, die den Eindruck hinterlassen, dass man sich den Weg durch den Steuerdschungel mit einem ordentlichen Steuerberater schon freischlagen kann. Nur leisten muss man sich so einen Fachmann erst mal können. Der kann aber auch nichts retten, wenn die Einkünfte nicht hoch genug sind, um in steuersparende Öltanker oder Biokraftwerke investieren zu können. Wer fest angestellt ist, bei dem wird sowieso jeden Monat fix die Lohnsteuer abgezogen. Da ist Betrügen schwieriger. Leichter haben es Selbständige oder Menschen mit großen Vermögen, denn bei ihnen ist der Gestaltungsspielraum bei der Steuererklärung größer.

Und was soll man als Steuer-Normalbürger davon halten, dass den dicken Fischen im Steuerhinterziehungsteich von der Bundesregierung seinerzeit ein attraktives Amnestieangebot gemacht wurde, die Angesprochenen aber nicht anbissen? Mit dem „Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit“ tröpfelten damals nur 1,4 Milliarden Euro in die Kassen des Fiskus. Das war gerade mal ein Viertel der Summe, die die Finanzverwaltung erwartet hatte. Wenn also die Großen selbst bei einem so interessanten Angebot ihrer Steuerpflicht nicht nachträglich nachkommen, warum soll es dann der Durchschnitts-Steuerhinterzieher tun?

Letztlich deshalb, weil ethische Grundsätze nur für alle verbindlich gelten können – einschließlich der Manager, Politiker und Superreichen. Anderenfalls sind sie keine Moral, sondern Willkür. Auch hilft es ungemein, sich gelegentlich bewusst zu machen, dass unsere Straßen eben doch in einem besseren Zustand sind als beispielsweise die in einer chinesischen Provinz oder im afrikanischen Uganda. Steuern sind für alle da, sie kommen jedem persönlich zugute. Nur das wird zu wenig kommuniziert. So wird in Talkshows zwar über Steuersenkungen diskutiert, dabei aber nicht erwähnt, wofür der Staat das Geld braucht. Beim Bürger entsteht so ein vages Gefühl der Ungerechtigkeit, die Motivation und Legitimation für vieles ist – auch für Steuerhinterziehung.

Warum Bürger Steuern hinterziehen

Bei Steuerhinterziehung geht es selten nur um Geld. Wer aus anderen Gründen hinterzieht, lässt sich durch Strafen nicht abschrecken, der kalkuliert nicht.

  • Häufig werden Steuern als Verlust empfunden und oft als ungerecht. Vielen Bürgern ist gar nicht klar, dass der Staat das Geld eben braucht, beispielsweise für Polizei, Schulen, Kindergärten oder Krankenhäuser.
  • Bei anderen steht der Kitzel, das Spiel im Vordergrund. Sie wollen schlauer sein als andere, vor allem als der Staat.
  • Wieder anderen geht es um empfundene Ungerechtigkeit. Das ist gerade bei denjenigen, die gut verdienen und deshalb hohe Steuern zahlen, der Fall. Sie sehen sich als die Leistungsträger der Gesellschaft und denken so: Ich will nicht so viel von meinem hart verdienten Geld irgendwelchen Hartz-IV-Empfängern hinterherwerfen.
  • Vielen, auch normal verdienenden Bürgern fehlt es ganz einfach an Unrechtsbewusstsein.
  • Andere Bürger empfinden durch den Zwang, Steuern zahlen zu müssen, einen Kontrollverlust.
  • Eine kleine Gruppe ganz Überzeugter zahlt die Steuern aus politischen Gründen nicht. Sie wollen derzeit beispielsweise nicht, dass ihr Geld nach Griechenland fließt.
  • Und dann gibt es Vermögende, die Steuern hinterziehen, weil sie das Gefühl haben, dass sie mit dem Geld besser umgehen können. Mehr rausholen können als die Finanzbeamten oder Politiker. Sie sehen nicht ein, warum sie ihr hart erarbeitetes Geld an Behörden abgeben, wo es von Menschen ausgegeben wird, die es nicht selbst verdient haben. Und die ihrer Meinung nach auch nicht immer effizient dabei vorgehen.

Zum Schein vermietete Eigentumswohnungen, zu Unrecht von der Steuer abgesetzte Essen und Reisen oder Schwarzgeldkonten im Ausland sind das Ergebnis. Reue zeigt kaum jemand, der Steuern hinterzogen hat. So mancher Steuersünder überlegt sogar, Deutschland wegen der hohen Belastung für immer zu verlassen.

Damit solche Einstellungen gar nicht erst entstehen, schlagen Experten vor, die Bürger stärker einzubeziehen, zum Beispiel bei der Realisierung lokaler Projekte. Vorbilder wie einige Kantone in der Schweiz, in denen sehr viel direkt demokratisch entschieden und mitgestaltet wird, zeigen, dass dies zur Steuerehrlichkeit der Bürger beiträgt. Direkte Demokratie hilft zu verstehen, wofür das Geld nötig ist. Solange das nicht praktiziert wird, werden Steuern auch weiterhin als zu hoch empfunden. Der Widerstand dagegen wird den Fiskus trotz verschärfter Kontrollen Jahr für Jahr Milliarden kosten.

Schattenwirtschaft und Schwarzmarkt

Die Geschwindigkeit, mit der gegenwärtig weltweit Gesetze gegen Steuervermeidung verabschiedet werden, spiegelt die Sorgen der Steuerbehörden bezüglich ihrer zukünftigen Einkommensquellen wider. Aus dem gleichen Grund wird der Kampf gegen Schattenwirtschaft und Schwarzmärkte, die in vielen Industrie- und Entwicklungsländern für einen großen Teil der Steuerhinterziehung verantwortlich sind, vorangetrieben. Eine Schattenwirtschaft hat sich vor allem deshalb entwickelt, weil Einkommensteuern, Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung und bürokratische Regularien die Kosten für gesetzliche Arbeit so sehr steigen ließen, dass sie in keinem Verhältnis mehr zum Wert der geschaffenen Leistung stehen. Es ist nachvollziehbar, dass die Schattenwirtschaft Produktion und Handel zu Niedrigpreisen und damit Einkünfte in hochbesteuerten oder hochregulierten Bereichen möglich macht. Nicht nachvollziehbar sind in einer Schattenwirtschaft dagegen Schmuggel, Drogenhandel, Geldwäsche oder Prostitution. Und dabei geht es um richtig viel Schwarzgeld.

Allein in Deutschland werden jährlich über 50 Milliarden Euro „schmutziges Geld“ gewaschen, schätzt die Financial Action Task Force (FATF), obwohl Jahr für Jahr die Suche nach Schwarzgeld verstärkt wird. Schon heute speichern Casinos Daten von Personen, die mehr als 2.000 Euro in Jetons tauschen, und Banken notieren jeden, der mehr als 15.000 Euro auf ein Konto einzahlen will. Künftig soll der Betrag in den Casinos auf 1.000 Euro sinken und es sollen alle Personen, die eine Prepaid-Zahlkarte kaufen, alle Betreiber und Standorte von Glücksspielautomaten und sämtliche Anbieter von Sportwetten erfasst werden. Schließlich ist Deutschland ein Rückzugsraum für die italienische Mafia.

Nach Berechnungen des Tübinger Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) wurden hierzulande 2010 in der Schattenwirtschaft 347,6 Milliarden Euro umgesetzt. Das entspricht 13,9 Prozent des gesamten Bruttoinlandsprodukts (BIP). Unter den Mitgliedsländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) liegt Deutschland damit im Mittelfeld. In den USA ist die Schattenwirtschaft mit sieben Prozent am niedrigsten, in Griechenland mit 25,8 Prozent des BIP am höchsten. Die größten Schattenwirtschaften findet man in den Entwicklungsländern: In Nigeria beispielsweise beläuft sie sich auf 70 Prozent des BIP. Dort wird die Schattenwirtschaft aber nicht so sehr durch Steuerhinterziehung im eigentlichen Sinn, sondern durch Verbrechen und korrupte Bürokratien angetrieben.

Könige beim Schwarzgeld sind jedoch die Inder. Die Superreichen des Superkontinents haben in den letzten Jahren über 500 Milliarden Dollar außer Landes in Steuerparadiese geschafft, um dem Fiskus zu entgehen. Die größte Demokratie der Welt leidet derzeit unter einer nicht enden wollenden Kette von Korruptionsfällen. Dabei zeigt sich immer wieder, dass das Schwarzgeld erst an Orte wie Dubai, Singapur und Mauritius gelangt. Von dort fließt es dann weiter – häufig in die Schweiz und nach London. Es ist also nicht verwunderlich, dass derzeit bei Schweizer Banken die Kunden mit den höchsten Einzahlungsbeträgen aus Indien kommen. Nach einer Untersuchung der Global Financial Integrity (GFI) ist Indiens „Untergrund-Wirtschaft eng mit dem illegalen Finanzausfluss“ ins Ausland verbunden. Auf 50 Prozent des BIP wird in Indien die Schattenwirtschaft geschätzt, über 70 Prozent des generierten Schwarzgeldes landen auf Konten im Ausland.

Steuerflucht: ein globales Problem

Steuerflucht ist kein deutsches, sie ist ein globales Problem. Doch je höher sich derzeit die Schulden einzelner Länder türmen, desto intensiver versuchen nationale Steuerfahnder, Steuerflüchtlingen auf die Schliche zu kommen.

In Afrika sind Steuern eine heikle Angelegenheit. Weil viele Behörden korrupt sind, ist es auch schwierig, Steuern einzutreiben. Es ist nach wie vor einfach, mit den Steuerbeamten Geschäfte zu machen, von denen beide Seiten profitieren. In vielen Ländern des afrikanischen Kontinents fehlen aber auch die Voraussetzungen, um überhaupt steuerliche Bemessungsgrundlagen festzustellen. Grundbuchämter oder Meldebehörden existieren nicht überall oder funktionieren nicht. Tendenziell gilt, dass das Steuerwesen in Nordafrika weiter entwickelt ist als in den meisten Staaten südlich der Sahara.

In Frankreich etwa gehört Steuerhinterziehung zum guten Ton. Unternehmen prellen mit Vorliebe die Körperschaftsteuer und noch lieber die Umsatzsteuer. Wer viel verdient, gibt in seiner Steuererklärung weniger an – in der Hoffnung, nicht erwischt zu werden. Und Reiche, denen die Steuern trotzdem noch zu hoch sind, gehen ins Ausland, nach Belgien, Großbritannien, in die Schweiz oder in die USA. Obwohl die französische Regierung den Spitzensteuersatz und die Vermögensteuer herunterschraubte, kehrte in den letzten Jahren kein prominenter Franzose heim.

Das ehemalige Fußballidol Zinédine Zidane lebt in Spanien, Tennisstar Amélie Mauresmo und die Chansonsängerin Patricia Kaas wohnen in der Schweiz, die Familie Mulliez, Besitzer des Hypermarkt-Imperiums Auchan, in Belgien. In der Schweiz leben etwa 200.000 Franzosen – der Steuer wegen. Insgesamt haben die Steuerfahnder im vergangenen Jahr 16 Milliarden Euro zusätzlich eingenommen. Gleichzeitig wurden von den Franzosen 77.000 Auslandskonten erklärt, dreimal so viel wie im Jahr zuvor. Bei der im Finanzministerium eingerichteten Abteilung zur steuerlichen Legalisierung haben sich zudem 4.700 Steuersünder freiwillig gemeldet. Das brachte Nachzahlungen und Strafgebühren von 1,2 Milliarden Euro ein.

Während in Griechenland die Normalbürger 2012 unter Rentenkürzungen und Massenentlassungen leiden, retten viele Reiche sich und ihr Geld ins Ausland. Die Clans der Latsis, Niarchos und Onassis residieren schon lange in der Schweiz, in Großbritannien oder in Brasilien. Ihre Milliardenvermögen haben sie mit Reedereien in Piräus und Thessaloniki gemacht, den griechischen Spitzensteuersatz haben sie aber nicht gezahlt. Heute fahren ihre Containerschiffe meist unter afrikanischen Billigflaggen. Seit Beginn der Krise sind über 5.000 Griechen ins Visier der Steuerfahndung geraten, weil sie ihr Geld ins Ausland geschafft haben. Im Zeitraum 2009 bis Mai 2012 waren es 75 Milliarden Euro. Insgesamt kamen so in den letzten Jahren über 200 Milliarden Euro zusammen, ein Großteil davon ging auf Schweizer und zypriotische Bankkonten. 2011 sind nach Schätzungen der Immobiliengesellschaft Knight Frank allein 295 Millionen Euro aus Griechenland in den Londoner Immobilienmarkt geflossen.

Nur 63 Griechen geben ein Jahreseinkommen von mehr als 900.000 Euro an. 380.000 Unternehmer weisen weniger als den Grundfreibetrag von 10.000 Euro Gewinn aus. Sie zahlen keinen Cent Steuern. Mithilfe von Satellitenbildern entdeckten die Steuerfahnder 2011 über 1.700 steuerpflichtige Swimmingpools. Nur 121 waren bei den Behörden registriert. Doch statt künftig die Steuern dafür zu zahlen, werden die Pools mit grasgrünen Planen getarnt oder als Zisterne ausgewiesen. 60 Milliarden Euro Steuern sind offen.

Die Steuerflucht in Griechenland erreicht zwölf bis 15 Prozent des Bruttosozialprodukts, das sind 40 bis 45 Milliarden Euro im Jahr. Wenn davon auch nur die Hälfte eingetrieben werden könnte, wäre Griechenlands Schuldenproblem nach Meinung von Nikos Lekkas, dem Leiter der griechischen Steuerfahndungsbehörde, gelöst. „Griechenland kann seine wirtschaftlichen Probleme selber lösen, indem die Bürger ihre Steuern zahlen“ („Süddeutsche Zeitung“, 9.6.2012).

Im Kampf gegen Steuerhinterziehung hat Griechenland Anfang 2012 unter der Ägide der OECD ein internationales Informationsaustauschabkommen mit 14 EU-Staaten sowie Japan, Russland und den USA unterzeichnet.

In Großbritannien neigen die Menschen zur Denunziation. Zu den Behörden, die diese Vorliebe fürs Petzen nutzen, gehört das Finanzamt. Ob Hotline oder online – die Steuerbehörden bieten den Untertanen Ihrer Majestät zahlreiche Möglichkeiten, Nachbarn oder Kollegen, die sich verdächtig machen, dem Staat Steuern verweigern, anzuzeigen. „Keine Information, wie trivial sie auch erscheinen mag, ist zu klein“, wirbt Her Majesty’s Revenue and Customs in Rundfunk und Fernsehen um die Mithilfe der Bürger. Auch anonymen Hinweisen gehe man gern nach. 70 bis 100 Millionen Pfund an hinterzogenen Steuern werden so eingetrieben. Nicht eben viel, wenn man bedenkt, dass britische Investoren schätzungsweise zehn Milliarden Pfund auf ausländischen Konten in Sicherheit gebracht haben.

Die Bereitschaft der Briten zum Steuerbetrug ist nach Ansicht von Experten im selben Maß gewachsen, wie sich die Steuerbelastung erhöht hat. Was redliche britische Steuerzahler jedoch mehr aufbringt, ist die Tatsache, dass ihr Land ein Steuerparadies für reiche Ausländer geworden ist. Ausländer sind nur verpflichtet, ihr eingeführtes Vermögen zu versteuern. Milliarden, die im Ausland lagern, interessieren den britischen Fiskus nicht (siehe Seite 138). Hinzu kommt, dass das Offshore-Finanzzentrum Großbritannien mit den Channel Islands oder der Isle of Man weitere Paradiese für undurchsichtige Finanzmanöver im Angebot hat.

In Italien ist es Volkssport Nummer eins, den Fiskus zu prellen. Dem Staat gehen dadurch jährlich etwa 100 Milliarden Euro durch die Lappen, vor allem aufgrund der Schwarzarbeit. Handwerker, Juweliere und Freiberufler rechnen sich arm. Restaurantbesitzer deklarieren im Schnitt ein Jahreseinkommen von nur 15.000 bis 20.000 Euro. Hausbesitzer haben die Wahl: Entweder sie zahlen Reparaturen schwarz mit Bargeld – oder es regnet weiter rein. Mit Schwarzgeld hochgezogen wurden in der Vergangenheit auch über eine Million Immobilien, wie die italienischen Finanzbehörden bei ihrer Suche nach Schwarzgeld 2011 herausgefunden haben.

In Italien finden sich immer mehr Inhaber von Luxusjachten als Spitzenverdiener. Immer öfter filzen daher Steuerfahnder in Nobel-Urlaubsorten die Halter von Jachten und Luxusautos. Deren Lebensstil passt in den meisten Fällen kaum zur Steuererklärung. In vielen Fällen stoßen die Steuerfahnder dabei auf Gesellschaften, mit denen wie so oft in Italien nur die tatsächlichen Eigentümer der Luxuskarossen und Jachten verschleiert werden. Dazu wird etwa eine italienische Leasing- oder Vermietungsgesellschaft gegründet, als deren Besitzer wiederum eine Gesellschaft in einem Steuerparadies fungiert, ohne dass die Hintermänner festgestellt werden können. Aber auch Geschäftsinhaber sehen sich in den Nobelorten Kontrollen ausgesetzt.

Wie beispielsweise Ende Dezember 2011 im Skiort Cortina d’Ampezzo: Zwar wurden hier nur 35 der 1.000 Betriebe gefilzt, doch die Fahndungsaktion, die sich sofort herumsprach, führte zu überraschenden Verhaltensänderungen: Niemand traute sich am 30. Dezember, Kunden ohne offizielle Rechnung oder Kassenzettel ziehen zu lassen. Der Umsatz der Restaurants stieg an jenem Tag im Vergleich zum Vorjahr um 300 Prozent, der von Juwelieren sogar um 400 Prozent. Solche Fangzüge wurden und werden 2012 auch in anderen Ferienorten durchgeführt.

Die Suche nach Steuerflüchtlingen in Italien und Griechenland wirkt sich im Frühjahr 2012 europaweit aus. Da Vermögende in beiden Länder ihre Luxusautos abstoßen, um von den Fahndern bei Razzien nicht enttarnt zu werden, ist der Gebrauchtwagenmarkt für Edelkarossen wie etwa Porsche um 15 bis 20 Prozent eingebrochen.

Auch in Japan betreiben viele Steuerpflichtige Steuerhinterziehung als Volkssport. Und in einer Wirtschaft, in der noch vorwiegend bar bezahlt wird, bleiben viele Einkünfte ganz ohne Papierspur. Das Geld wird im Kopfkissen aufgehoben statt auf der Bank. Irgendwann macht man dann einen Ausflug nach Hongkong. Mit einer prallen Geldbörse. Die Konten bei den Hongkonger Finanzinstituten nutzen die Japaner als sicheren Hafen. Die Steuerbehörden sichern jährlich zwar rund 200 Millionen Euro unbezahlter Steuern, hinterzogen wird aber ein Vielfaches. Allein die vielen Hausfrauen und Rentner, die übers Internet mit Währungen spekulieren, verbergen Milliarden. Für einfache Angestellte führt der Arbeitgeber die Einkommensteuer ab, alle anderen Bürger schätzen sich gegenüber dem Finanzamt selbst ein. Nur einige Tausend Fälle nehmen die Ämter genauer unter die Lupe. Noch ist Japan für steuerpflichtige Japaner eine Oase.

In Österreich sind die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen vergleichsweise brave Steuerzahler. Die Umsätze der Schattenwirtschaft werden auf etwa zehn Prozent des BIP geschätzt, das ist im europäischen Vergleich wenig. Die Profiteure des österreichischen Steuersystems sind die Reichen. Vor allem, weil es für sie eine Reihe legaler Tricks gibt, um Steuern zu sparen. Das Vermögen in Privatstiftungen etwa unterliegt nicht der Erbschaftsteuer. Wenn größere Stiftungen den Besitzer wechseln, kommen die Erben also in der Regel steuerfrei davon, während das Sparbuch der verstorbenen Tante vom Normalverdiener voll versteuert werden muss. Auch dass es in der Alpenrepublik eine 25-prozentige Quellensteuer auf Kapitalerträge gibt, ist ein Zugeständnis an die Reichen: Im Gegenzug verteidigte Österreich auch nach dem Beitritt zur EU weite Teile seines strengen Bankgeheimnisses.

In Russland schaffen Unternehmen Jahr für Jahr kleinere Vermögen außer Landes und auch für Nicht-Oligarchen war Steuerhinterziehung lange Jahre eine lässliche Sünde. Der einheitliche Einkommensteuersatz von 13 Prozent für natürliche und 20 Prozent für juristische Personen, der 2001 eingeführt wurde, hat zwar ein kleines Wunder bewirkt, denn seitdem sind die Steuereinnahmen geradezu explodiert. Aber Russland ist damit nicht zum Steuerstreber geworden. Wer kann, versucht Vermögenswerte außer Landes zu schaffen.

Allein 2008 und 2009 wurden jeweils rund 100 Milliarden Euro in Steueroasen verlagert. Die Russen in Kitzbühel, London, Monaco oder in der Schweiz sind Beispiel dafür. Im Kampf gegen Steuerhinterziehung schloss Russland rund 60 neue Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit einer Vereinbarung zum Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten gemäß OECD-Standards ab, darunter mit Luxemburg, Österreich, der Schweiz und Zypern.

In Schweden, aber auch in Dänemark und Norwegen hat das Streben nach Gleichheit bei der Besteuerung positive Auswirkungen, etwa auf die Steuermoral. Die ist trotz hoher Steuersätze, im Vergleich zu vielen anderen Ländern, sehr gut. Sich aus der Gemeinschaft der Steuerzahler zu verabschieden ist nur schwer möglich, weil das Steuerrecht kaum Schlupflöcher bietet. Bei Steuervergehen wird daher nicht lange gefackelt. Wer als Steuerhinterzieher erwischt wird, muss mit schlimmen Konsequenzen rechnen. Nicht nur vonseiten der Behörden, der Ruf eines Steuersünders ist nachhaltig zerstört.

Wer in der Schweiz dem Fiskus etwas verschweigt, der ist zwar kein Krimineller, er wird von den Mitbürgern aber verachtet.

In Spanien will die Regierung im Kampf gegen Steuerflucht über acht Milliarden Euro versteckter Gelder aufspüren.

Tunesien hat ein ähnlich funktionstüchtiges Steuersystem wie europäische Länder. Die Steuerfahnder greifen dort hart durch, sodass die Lust am Hinterziehen eher gering ist. Ägypten geht einen anderen Weg: Es hat den Einkommensteuersatz deutlich gesenkt (gestaffelt von zehn bis 20 Prozent) und damit mehr Steuerpflichtige dazu gebracht, ihre Schuld zu begleichen. Einige Staaten in Afrika erzielen einen großen Anteil der Einnahmen mit indirekten Steuern, etwa über die Umsatzsteuer. Weil diese Abgaben gleich beim Kauf bezahlt werden, sind die Möglichkeiten zur Steuerhinterziehung beschränkt.

In den USA ist der Spitzensteuersatz in den letzten 25 Jahren zwar von über 70 auf 35 Prozent gesunken. Dennoch wird das Steuersystem von den Amerikanern als extrem ungerecht empfunden. Denn viele Superreiche zahlen zwischen 15 und 20 Prozentpunkte weniger als Normalsterbliche. Die nationale Steuerbehörde Internal Revenue Service (IRS) ist verhasst. Die Amerikaner misstrauen den Steuereinnehmern und erwarten, dass sich der Staat möglichst aus den Angelegenheiten der Bürger heraushält. Viele Amerikaner sind bekennende „Tax Denier“, Steuerverweigerer, die grundsätzlich gar nichts an den Staat zahlen wollen. Ihre Argumentation: Ja, der Staat hat das Recht, Steuern zu erheben. Nur darf er keinen Bürger dazu zwingen, diese auch zu zahlen. In den USA wächst die Zahl der Steuerrebellen.

DER KAMPF GEGEN STEUERFLUCHT ZAHLT SICH AUS

Das verstärkte internationale Engagement gegen Steuerflucht zeigt Wirkung. Laut Erhebungen der OECD von Ende 2011 hat dies den G-20-Ländern fast 14 Milliarden Euro zusätzlich in die leeren Staatskassen gespült. Drei Staaten haben am meisten profitiert: Deutschland mit 1,8 Milliarden Euro, die USA mit 1,4 Milliarden und Frankreich mit einer Milliarde. Die OECD geht davon aus, dass dieser Betrag in den kommenden Jahren vervielfacht wird. Das Geld werde einen „substantiellen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung vieler Länder leisten“.