Kapitel 16

Quinn übernahm die Leitung der Aufräumarbeiten mit der Autorität einer Person, die so etwas bereits häufiger gemacht hatte. Auch wenn ich vor Schreck noch ganz stumpf und benommen war, bemerkte ich doch, dass er sehr klare und deutliche Anweisungen gab, etwa, wie die Streben der Prüfungsarenen abzubauen waren. Einige Rudelmitglieder nahmen den Drahtkäfig auseinander und bauten sachkundig und flott den Geschicklichkeitsparcours ab. Ein Reinigungstrupp kümmerte sich darum, dass alles Blut und andere Körperflüssigkeiten restlos aufgewischt wurden.

Sehr bald schon war der große Raum wieder leer, abgesehen von den Leuten darin. Patrick Furnan hatte sich in seine menschliche Gestalt zurückverwandelt, und Dr. Ludwig versorgte seine zahlreichen Wunden. Ich war froh über jede Einzelne, die er davongetragen hatte. Schade nur, dass sie nicht noch schlimmer waren. Doch das Rudel hatte Furnans entscheidende Tat akzeptiert. Wenn die Werwölfe gegen solch unnötige Brutalität nicht protestierten, konnte ich es schlecht tun.

Alcide wurde bereits von Maria-Star Cooper getröstet, einer jungen Werwölfin, die ich flüchtig kannte.

Maria-Star hielt ihn im Arm und strich ihm über den Rücken, allein ihre Nähe tat ihm schon gut. Er musste mir nicht erst erklären, dass er in einem solchen Fall die Unterstützung einer Werwölfin meiner vorzog. Ich hatte ihn auch in den Arm nehmen wollen, doch als ich mich ihm genähert und in seine Augen gesehen hatte, da hatte ich es gewusst. Das tat weh, das tat verdammt weh; aber heute ging es nicht um mich und meine Gefühle.

Claudine lag weinend in den Armen ihres Bruders. »Sie ist ja so weichherzig«, flüsterte ich Claude zu und war etwas beschämt, dass ich selbst gar nicht weinte. Meine Gedanken galten Alcide, Jackson Herveaux hatte ich kaum gekannt.

»Sie hat am Zweiten Elfenkrieg in Iowa teilgenommen und dort die Besten besiegt«, sagte Claude und schüttelte den Kopf. »Ich habe einen geköpften Kobold gesehen, der ihr noch im Todeskampf die Zunge herausgestreckt hat, und sie hat nur darüber gelacht. Doch je näher sie dem Licht kommt, desto sensibler wird sie.«

Das brachte mich zum Schweigen. Ich hatte nicht vor, um irgendeine Erklärung weiterer geheimnisvoller Rituale der übernatürlichen Welt zu bitten. Für heute hatte ich bereits mehr als genug.

Jetzt, da all der Schlamassel beseitigt war (und zu diesem Schlamassel gehörte auch Jacksons Leiche, die Dr. Ludwig für die Rückverwandlung an irgendeinen anderen Ort hatte bringen lassen, damit die Umstände seines Todes plausibler wirkten), versammelten sich alle anwesenden Rudelmitglieder vor Patrick Furnan, der sich noch nicht wieder angezogen hatte. Seinen körperlichen Reaktionen nach zu urteilen hatte sein Sieg seiner Männlichkeit einen beachtlichen Aufschwung beschert. Iiihh.

Er stand auf einer Wolldecke, auf einer dieser rotkarierten Wolldecken, wie Zuschauer sie bei Kälte mit ins Footballstadion nehmen. Meine Lippen zuckten, und ich war mit einem Schlag vollkommen ernüchtert, als die Ehefrau des neuen Leitwolfs ihm eine junge Frau zuführte, ein braunhaariges Mädchen, das offensichtlich noch nicht mal zwanzig war. Das Mädchen war ebenso nackt wie der Leitwolf, allerdings sah sie in diesem Zustand um einiges besser aus als er.

Was, zum Teufel, sollte das?

Und dann erinnerte ich mich an den letzten Teil der Zeremonie, und ich begriff, dass Patrick Furnan dieses junge Mädchen vor unser aller Augen vögeln würde. Nein. Auf keinen Fall. Das würde ich mir nicht anschauen. Ich drehte mich um. Ich wollte gehen. Doch Claude zischte: »Du kannst nicht gehen.« Er hielt mir den Mund zu und hob mich einfach hoch, um mich ans hintere Ende der Menge zu tragen. Claudine folgte uns und stellte sich vor mich, mit dem Rücken zu mir, so dass ich mir das nicht anzusehen brauchte. Ich versuchte wütend, Claudes Hand von meinem Gesicht zu ziehen.

»Mund halten«, befahl der Elf grimmig und hatte all den Ernst in seine Stimme gelegt, zu dem er fähig war. »Du bringst uns alle in Schwierigkeiten. Falls dir das die Sache irgendwie erträglicher macht: Das hier ist eine Tradition. Das Mädchen tut es freiwillig. Und Patrick wird danach wieder ganz der brave Ehemann sein. Aber mit seiner Frau hat er nun schon mal einen Erstgeborenen gezeugt, und daher muss er in der Zeremonie mit einer anderen Frau einen Werwolf zeugen. Kann klappen oder auch nicht, aber es muss getan werden.«

Ich hielt die Augen fest geschlossen und war Claudine dankbar, als sie sich umdrehte und mir mit tränenfeuchten Händen die Ohren zuhielt. Ein Schrei ging durch die Menge, als die Angelegenheit vollbracht war. Die beiden Elfen entspannten sich und machten wieder etwas Platz für mich. Ich konnte nicht sehen, was mit dem Mädchen geschah. Furnan war immer noch nackt, aber solange er in ruhigem Zustand war, kam ich damit klar.

Zur Besiegelung seiner neuen Position nahm der Leitwolf nun die Treueschwüre seiner Werwölfe entgegen. Es ging der Reihe nach, von den Ältesten zu den Jüngsten, wie ich nach einem Moment begriffen hatte. Jeder Werwolf leckte Patrick Furnans Handrücken und präsentierte ihm einen rituellen Augenblick lang sein oder ihr Genick. Als Alcide an die Reihe kam, wurde mir schlagartig klar, dass es möglicherweise zu weiteren Katastrophen kommen konnte.

Unwillkürlich hielt ich den Atem an.

Und das lastende Schweigen verriet, dass ich nicht die Einzige war.

Nach einem langen Zögern beugte sich Furnan vor und legte seine Zähne an Alcides Genick. Ich öffnete schon die Lippen, um zu protestieren, aber Claudine hielt mir den Mund zu. Furnan nahm die Zähne wieder von Alcides Fleisch, das unversehrt geblieben war.

Der Leitwolf Furnan hatte ein deutliches Zeichen gesetzt.

Als schließlich auch der letzte Werwolf das Ritual vollzogen hatte, war ich ganz erschöpft. Ob es jetzt endlich vorbei war? Ja, das Rudel ging auseinander, einige gratulierten dem Ehepaar Furnan noch einmal, andere verschwanden wortlos.

Ich machte auch einen Bogen um sie und ging auf dem kürzesten Weg auf die Tür zu. Wenn mir das nächste Mal jemand sagte, ich müsse ein Ritual der übernatürlichen Welt mit ansehen, würde ich einfach behaupten, dass ich dringend meine Haare waschen müsse.

Als ich endlich draußen an der frischen Luft war, verlangsamte ich meine Schritte. Ich dachte an die Dinge, die ich bislang einfach beiseite geschoben hatte, an das, was ich in Alcides Gedanken lesen musste, nachdem das Debakel vorüber war. Alcide dachte, dass ich es vermasselt hatte. Er hatte mir gesagt, ich müsse kommen, und ich war gekommen. Ich hätte wissen müssen, dass er einen bestimmten Zweck verfolgte, als er so sehr auf meine Anwesenheit bestand.

Jetzt wusste ich, dass er Furnan irgendwelcher Betrügereien verdächtigt hatte. Schon frühzeitig hatte er Christine, die Verbündete seines Vaters, eingeweiht. Sie sollte dafür sorgen, dass ich meine telepathischen Fähigkeiten auf Patrick Furnan anwende. Und natürlich hatte ich herausgefunden, das Jacksons Gegenspieler zu betrügen versuchte. Diese Enthüllung hätte Jacksons Sieg sicherstellen sollen.

Stattdessen hatte sich der Wille des Rudels gegen Jackson gewendet, und der Wettkampf war mit noch höherem Einsatz fortgeführt worden. Mit dieser Entscheidung des Rudels hatte ich zwar nichts zu tun. Aber jetzt, in seiner Trauer und Wut, gab Alcide mir die Schuld.

Ich versuchte, mich wenigstens darüber zu ärgern, aber ich war einfach zu traurig.

Claude und Claudine verabschiedeten sich, sprangen in Claudines Cadillac und düsten mit einer Geschwindigkeit vom Parkplatz, als könnten sie gar nicht schnell genug zurück nach Monroe kommen. Nach Hause wollte ich auch, aber ich war nicht so unverwüstlich wie die Elfen. Fünf oder zehn Minuten lang saß ich hinter dem Steuer des geliehenen Malibu und sagte mir immer wieder, dass ich jetzt losfahren sollte.

Unwillkürlich musste ich an Quinn denken. Eine wunderbare Abwechslung nach all dem zerfetzten Fleisch, Blut und Tod. Als ich seine Gedanken las, hatte ich einen Mann gesehen, der wusste, wer er war. Und ich hatte immer noch keine Ahnung, was er war.

Die Heimfahrt war trostlos.

Ich hätte an diesem Spätnachmittag natürlich auch im Merlotte's anrufen und absagen können. Ach, ich tat stattdessen lieber, was getan werden musste: nahm Bestellungen auf, brachte sie an die richtigen Tische, füllte Bierkrüge nach, warf meine Trinkgelder in das Trinkgeldglas, wischte Verschüttetes weg und passte auf, ob sich der Aushilfskoch (ein Vampir namens Anthony Bolivar, der bei uns früher schon mal eingesprungen war) auch daran hielt, dass der Küchenjunge für ihn tabu war. Aber mit Freude und Begeisterung war ich nicht bei der Sache.

Sam schien es bereits viel besser zu gehen. Ganz rastlos saß er in seiner Ecke und sah Charles beim Arbeiten zu. Vielleicht war Sam auch nur ein bisschen sauer, da Charles bei den Gästen immer beliebter wurde. Der Vampir war ein Charmeur, so viel war klar. Heute Abend trug er eine rote, mit Pailletten besetzte Augenklappe und sein übliches poetisches Rüschenhemd unter einer schwarzen, mit Pailletten besetzten Weste - schrill, aber irgendwie auch witzig.

»Du siehst unglücklich aus, meine Schöne«, sagte er, als ich einen Tom Collins und eine Cola-Rum abholte.

»War ein langer Tag«, erwiderte ich und bemühte mich zu lächeln. Ich hatte so viele Dinge zu verdauen, dass es mir nicht mal etwas ausmachte, als Bill schon wieder in Begleitung von Selah Pumphrey auftauchte. Es war mir sogar egal, dass sie sich in meinen Bereich setzten. Doch als ich ihre Drinks holen gehen wollte und Bill mich an der Hand festhielt, entriss ich sie ihm, als hätte er sie unter Feuer setzen wollen.

»Ich will nur wissen, was los ist«, sagte er.

Einen Moment lang dachte ich daran, wie gut es mir getan hatte, dass Bill sich in jener Nacht im Krankenhaus zu mir gelegt hatte. Ich wollte schon den Mund öffnen, als mir Selahs ungehaltene Miene auffiel, und da regelte ich den Pegel meiner Gefühlsaufwallung wieder herunter.

»Ich bringe dir gleich das Blut«, erwiderte ich fröhlich und zeigte ein so breites Lächeln, dass auch wirklich alle meine Zähne zu sehen waren.

Zum Teufel mit ihm, dachte ich verkniffen. Mit ihm und dieser blöden Zicke.

Danach erledigte ich nur noch meine Aufgaben. Ich lächelte und arbeitete und arbeitete und lächelte. Von Sam hielt ich mich fern, denn an diesem Tag hatte ich keinen Bedarf mehr an weiteren Gesprächen mit irgendwelchen Gestaltwandlern. Und außerdem fürchtete ich, ich würde Sam - auf den ich ja nicht sauer war - alles erzählen, wenn er mich nur fragen würde. Und ich wollte einfach nicht darüber reden. Habt ihr euch auch schon mal so gefühlt, als müsstet ihr unbedingt eine Weile in der Gegend herumstapfen und euch elend fühlen? Genau so eine Laune hatte ich im Moment.

Und dann musste ich doch zu Sam gehen, weil Catfish mit einem Scheck für die Lustbarkeiten seines Abends bezahlen wollte. Denn Sam hatte es sich zur Regel gemacht, dass er alle Schecks persönlich kontrollierte. Und ich musste mich ganz dicht neben ihn stellen, weil es in der Bar so laut war.

Ich dachte an nichts weiter, nur daran, dass ich Sam nicht in meine schlechte Laune hineinziehen wollte. Als ich mich zu ihm hinunterbeugte, um ihm Catfishs Bargeldproblem zu erklären, riss Sam die Augen auf.

»Mein Gott, Sookie«, sagte er. »Wo hast du dich denn herumgetrieben?«

Ich wich zurück, sprachlos. Er war gleichermaßen schockiert und abgestoßen von dem Geruch, von dem ich nicht mal gewusst hatte, dass er an mir haftete. Ich hatte es so satt, dass die Supras immer so an mir klebten.

»Wo bist du denn auf einen Tiger getroffen?«, fragte er.

»Einen Tiger«, wiederholte ich ganz benommen.

Jetzt wusste ich also, in was sich mein neuer Bekannter Quinn bei Vollmond verwandelte.

»Sag schon«, forderte Sam.

»Nein«, gab ich schroff zurück. »Tu ich nicht. Was ist jetzt mit Catfish?«

»Er kann diesen Scheck ausstellen. Wenn er nicht gedeckt ist, war's das letzte Mal für ihn.«

Diesen letzten Satz gab ich natürlich nicht weiter. Ich akzeptierte Catfishs Scheck, ließ seine alkoholgeschwängerte Dankbarkeit über mich ergehen - und tat beides dorthin, wo es hingehörte.

Und um auf meine schlechte Laune noch eins draufzusetzen, blieb ich mit meiner silbernen Halskette an einer Ecke des Bartresens hängen, als ich eine Serviette aufheben wollte, die irgendein Trottel fallen gelassen hatte. Die Kette riss. Ich nahm sie hoch und versenkte sie in meiner Hosentasche. Verdammt. Was war das nur für ein mieser Tag, gefolgt von einem ebenso miesen Abend.

Ich vergaß nicht, Selah extra zuzuwinken, als sie und Bill gingen. Er hatte mir ein gutes Trinkgeld gegeben, und ich stopfte es so vehement in meine andere Hosentasche, dass beinahe der Stoff einriss. Ein paar Mal an diesem Abend hatte ich das Telefon klingeln hören, und als ich einige schmutzige Gläser zur Küchendurchreiche trug, sagte Charles: »Irgendeiner ruft hier dauernd an und legt wieder auf. Sehr merkwürdig.«

»Das wird den auf Dauer schon langweilen und dann hört er wieder auf«, sagte ich beschwichtigend.

Etwa eine Stunde später, als ich gerade eine Coke vor Sam hinstellte, kam der Junge, der bei uns in der Küche half, zu mir und sagte, dass draußen jemand nach mir gefragt habe.

»Was hast du draußen zu suchen?«, fragte Sam scharf.

Der Teenager wirkte verlegen. »Ich habe geraucht, Mr Merlotte. In meiner Pause, draußen, weil der Vampir gesagt hat, er saugt mir alles Blut aus, wenn ich mir in der Küche eine anstecke. Und dann stand da plötzlich dieser Mann, wie aus dem Nichts.«

»Wie sieht er denn aus?«, fragte ich.

»Och, ziemlich alt, mit schwarzen Haaren«, sagte der Junge und zuckte die Achseln. Nicht gerade ein begnadetes Talent, wenn es um Beschreibungen ging.

»Okay.« Ich war froh, meine Pause machen zu können. Ich konnte mir schon denken, wer der Besucher war, und wenn er in die Bar hereinkäme, würde es einen regelrechten Tumult geben. Sam sagte, er müsse mal für kleine Jungs, und hatte so einen Vorwand, mit mir mitzukommen. Er griff nach seinem Stock und humpelte hinter mir den Flur entlang. Gleich bei seinem Büro hatte er seine eigene winzige Toilette, und er verschwand tatsächlich darin, während ich vorbei an den Gästetoiletten auf die Hintertür zuging. Vorsichtig öffnete ich sie und spähte hinaus. Und dann musste ich lächeln. Der Mann, der dort auf mich wartete, hatte eines der berühmtesten Gesichter der Welt - nur heranwachsenden Teenagern war es offenbar nicht mehr so geläufig.

»Bubba«, rief ich und freute mich, den Vampir zu sehen. Ich konnte ihn nicht bei seinem richtigen Namen nennen, denn das verwirrte ihn und regte ihn auf. Bubba war früher bekannt unter dem Namen ... Tja, lasst es mich so ausdrücken: Habt ihr euch schon mal gefragt, warum er auch nach seinem Tod noch so oft mit schwarzer Haartolle und im strassbesetzten Glitzeroverall gesichtet wurde? Voilà, das war die Erklärung.

Sein Übergang war nicht ganz erfolgreich verlaufen, weil sein Körper so mit Tabletten vollgepumpt gewesen war. Doch abgesehen von seiner Vorliebe für Katzenblut kam Bubba ziemlich gut klar. Die Vampir-Gemeinde kümmerte sich rührend um ihn. Eric hatte Bubba als Boten für alle Gelegenheiten eingestellt. Bubbas glänzend schwarzes Haar war immer sorgfältig gestylt und seine langen Koteletten waren stets akkurat gestutzt. Heute Abend trug er eine schwarze Lederjacke, neue Jeans und ein schwarz-silbern kariertes Hemd.

»Klasse siehst du aus, Bubba«, sagte ich bewundernd.

»Sie aber auch, Miss Sookie.« Er strahlte mich an.

»Wolltest du mir irgendwas sagen?«

»Ja, Ma'am. Mr Eric schickt mich und lässt ausrichten, dass er nicht ist, was er zu sein scheint.«

»Wer, Bubba?«, fragte ich und bemühte mich, in behutsamem Ton zu sprechen.

»Er hat einen Mann getötet.«

Ich starrte Bubbas Gesicht an, nicht weil ich dachte, durch Anstarren irgendwas zu erreichen, sondern weil ich hoffte, so der Nachricht auf die Spur zu kommen. Das war ein Fehler gewesen. Bubbas Augen schossen plötzlich von einer Seite zur anderen und das Lächeln verschwand aus seinem Gesicht. Ich hätte besser die Wand angestarrt - das wäre genauso nützlich gewesen und hätte Bubba nicht so in Angst und Schrecken versetzt.

»Danke, Bubba«, sagte ich und klopfte ihm auf seine dickliche Schulter. »Gut gemacht.« »Kann ich wieder gehen? Zurück nach Shreveport?«

»Klar.« Ich würde Eric einfach anrufen. Warum hatte er bloß nicht selbst zum Telefon gegriffen, wenn die Nachricht offenbar so wichtig war?

»Ich habe da einen Schleichweg ins Tierheim gefunden«, vertraute Bubba mir stolz an.

Ich schluckte. »Oh, äh, großartig.« Tja, vielleicht nicht für die Katzen. Ich hoffte nur, dass mir nicht gleich übel wurde.

»See ya later, alligator«, rief Bubba vom anderen Ende des Parkplatzes. Gerade wenn ihr denkt, Bubba ist wirklich der Welt unfähigster Vampir, tut er etwas geradezu Verblüffendes und bewegt sich mit so rasanter Geschwindigkeit, dass ein Auge ihm kaum folgen kann.

»After a while, crocodile«, antwortete ich pflichtschuldig.

»War das der, für den ich ihn halte?« Jemand stand direkt hinter mir.

Ich zuckte zusammen und fuhr herum. Charles hatte seinen Posten hinter der Bar verlassen.

»Hast du mich erschreckt«, sagte ich, als hätte er das nicht selbst bemerkt.

»Tut mir leid.«

»Ja, das war er.«

»Dacht' ich's mir doch. Ich habe ihn nie selbst singen hören. Er muss fantastisch sein.« Charles sah auf den Parkplatz hinaus, als würde er angestrengt über etwas ganz anderes nachdenken. Ich hatte den Eindruck, als habe er nicht einmal seinen eigenen Worten zugehört.

Ich machte den Mund auf, um eine Frage zu stellen, doch noch ehe die Worte mir über die Lippen kamen, dachte ich genauer über die letzten Sätze des englischen Piraten nach, und die Worte gefroren mir in der Kehle. Nachdem ich bereits lange gezögert hatte, musste ich endlich etwas sagen, sonst würde er noch merken, dass etwas schief lief.

»Tja, dann mach ich mich mal besser wieder an die Arbeit«, sagte ich und lächelte fröhlich, so wie ich es immer tat, wenn ich fürchterlich nervös war. Und, Junge, was war ich jetzt nervös. Nach dieser einen erhellenden Erkenntnis, die ich eben gehabt hatte, machte es plötzlich Klick in meinem Kopf, und eins passte zum anderen. Jedes winzige Haar auf meinen Armen und in meinem Nacken stellte sich auf. Mein Fluchtreflex war ausgeprägt wie selten zuvor. Charles stand zwischen der Durchgangstür zur Bar und mir. Ich begann den Flur entlangzugehen in Richtung Bar.

Die Durchgangstür vom Flur in den Barraum stand für gewöhnlich offen, weil dauernd Gäste über den Flur zu den Toiletten gingen. Doch jetzt war sie geschlossen. Als ich vorhin den Flur hinuntergegangen war, um mit Bubba zu sprechen, war sie noch offen gewesen.

Das sah nicht gut aus.

»Sookie«, begann Charles hinter mir, »das tut mir jetzt wirklich leid.«

»Du hast auf Sam geschossen, stimmt's?« Ich fuhr herum, griff hinter mich und tastete nach dem Knauf, mit dem ich die Tür öffnen könnte. Er würde mich doch wohl nicht vor den Augen all der Leute da drin töten? Dann erinnerte ich mich an den Abend, als Eric und Bill bei mir zu Hause ein ganzes Zimmer voller Männer erledigt hatten. Es hatte drei oder vier Minuten gedauert. Und ich erinnerte mich noch gut, wie die Männer danach ausgesehen hatten.

»Ja. Es war ein Glücksfall, als ihr die Köchin gefasst habt und sie alles gestand. Den Schuss auf Sam hat sie nicht zugegeben, oder?«

»Nein, hat sie nicht«, sagte ich benommen. »All die anderen Schüsse ja, aber nicht den auf Sam. Die Kugel passte nicht zu den anderen.«

Meine Finger hatten den Knauf gefunden. Wenn ich ihn drehte, würde ich vielleicht überleben. Vielleicht aber auch nicht. Wie sehr hing Charles eigentlich selbst am Leben?

»Du wolltest den Job hier haben«, sagte ich.

»Ich dachte, wenn Sam angeschlagen ist, wäre das doch eine passende Gelegenheit, mich ins Spiel zu bringen.«

»Woher wusstest du, dass ich Eric um Hilfe bitten würde?«

»Das habe ich nicht gewusst. Aber ich wusste, dass jemand Eric von den Schwierigkeiten im Merlotte's erzählen würde. Und da das bedeutet hätte, dir zu helfen, hätte er es sowieso getan. Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort.«

»Warum tust du das alles?«

»Eric hat noch eine offene Schuld.«

Er kam mir näher, wenn auch nicht sonderlich schnell. Vielleicht zögerte er noch, die Tat wirklich zu begehen. Vielleicht wartete er auf einen günstigeren Augenblick, damit er meine Leiche in aller Ruhe entsorgen konnte.

»Sieht aus, als hätte Eric herausgefunden, dass ich nie zu dieser Gemeinde in Jackson gehört habe.«

»Ja. Da hast du einen Fehler gemacht.«

»Wieso? Mir erschien es geradezu ideal. All die Männer dort, die hättest du gar nicht alle kennen können. Keiner kann sich an sämtliche Männer erinnern, die durch dieses Herrenhaus geschleust wurden.«

»Aber sie haben Bubba singen hören«, sagte ich leise. »Er hat mal ein Konzert für sie gegeben. Das hättest du nie vergessen. Keine Ahnung, wie Eric dahintergekommen ist. Ich wusste es, als du sagtest, dass du Bubba noch nie -«

Er machte einen Satz.

Innerhalb des Bruchteils einer Sekunde lag ich mit dem Rücken auf dem Boden, doch meine Hand hatte ich bereits in meine Hosentasche gesteckt, als er den Mund öffnete, um zuzubeißen. Er hatte sich höflicherweise auf die Arme gestützt, damit er nicht auf mir lag. Seine Fangzähne waren vollständig entblößt und funkelten im Lampenlicht. »Ich muss es tun«, sagte er. »Ich habe es geschworen. Tut mir leid.«

»Mir nicht«, erwiderte ich, stieß ihm die Silberkette in den Mund und klappte mit dem Handballen von unten seinen Kiefer zu.Charles schrie auf und schlug nach mir, und ich merkte, wie eine meiner Rippen brach, während schon Rauch aus seinem Mund aufstieg. Ich krabbelte zur Seite und jetzt schrie ich selbst. Die Tür flog auf und eine ganze Flut Bargäste strömte in den kleinen Flur. Sam schoss wie eine Kanonenkugel aus der Tür seines Büros hervor, für einen Mann mit verletztem Bein bewegte er sich ziemlich schnell, und zu meinem größten Erstaunen hielt er einen Pfahl in der Hand. Zu dem Zeitpunkt hatten sich bereits so viele dickliche Männer in Jeans auf den Vampir gestürzt, dass er kaum noch zu sehen war. Charles versuchte zu beißen, wen immer er erwischte; doch sein verletzter Mund schmerzte ihn so sehr, dass seine Angriffe keine allzu große Gefahr darstellten.

Catfish Hunter schien ganz unten in dem Haufen zu liegen, mit direktem Kontakt zu dem Vampir. »Hierher mit dem Pfahl, Junge!«, rief er Sam zu. Sam gab ihn Hoyt Fortenberry, der gab ihn Dago Guglielmi, und der legte ihn schließlich in Catfishs behaarte Hand. »Warten wir auf die Vampir-Polizei oder nehmen wir die Sache selbst in die Hand?«, fragte Catfish. »Sookie?«

Nach einer schrecklich langen Sekunde der Versuchung öffnete ich endlich den Mund. »Ruft die Polizei«, sagte ich. Die Polizei in Shreveport hatte eine Truppe Vampir-Polizisten sowie Spezialwagen zum Abtransport und Spezialzellen.

»Macht dem Ganzen ein Ende«, keuchte Charles irgendwo tief unten in dem Haufen Männer. »Ich habe versagt, und ich ertrage es nicht, im Gefängnis zu sitzen.«

»Aber klar doch«, sagte Catfish und pfählte ihn.Nachdem alles vorüber war und die Leiche zerfallen war, gingen die Männer zurück in die Bar und ließen sich wieder an den Tischen nieder, an denen sie gesessen hatten, ehe sie den Kampflärm aus dem Flur gehört hatten. Es war mehr als seltsam. Es wurde nicht viel geredet, und es wurde nicht viel gelächelt, und keiner, der in der Bar geblieben war, fragte die, die hinausgelaufen waren, was passiert war.

Stimmt schon, das wirkte wie ein Echo aus jenen schrecklichen alten Zeiten, in denen schwarze Männer in Lynchjustiz aufgehängt wurden, wenn auch nur das Gerücht umging, sie hätten einer weißen Frau zugezwinkert.

Aber der Vergleich hinkte irgendwie. Charles sah anders aus als wir, so weit stimmte es. Aber er war durch und durch schuldig gewesen, er hatte versucht, mich zu töten. Ich wäre trotz meiner Ablenkungstaktik innerhalb der nächsten dreißig Sekunden eine tote Frau gewesen, wenn die Männer von Bon Temps nicht eingeschritten wären.

Wir hatten Glück gehabt, in vielerlei Hinsicht. An diesem Abend war nicht ein einziger Gesetzeshüter in der Bar gewesen. Keine fünf Minuten, nachdem alle wieder an ihren Tischen saßen, kam der Brandexperte Dennis Pettibone herein, um Arlene zu besuchen. (Unsere Küchenhilfe wischte sogar immer noch den Flur auf.) Sam hatte im Büro meine Rippen mit einer elastischen Binde verbunden, und langsam und vorsichtig ging ich auf Dennis Pettibone zu, um seine Bestellung aufzunehmen.

Wir hatten Glück gehabt, dass keine Fremden da gewesen waren. Keine College-Typen aus Ruston, keine Müllwagenfahrer aus Shreveport, keine Verwandten, die auf ein Bier mit einem Cousin oder Onkel vorbeigekommen waren.

Wir hatten außerdem Glück gehabt, dass kaum jemandem übel wurde wegen Charles' Hinrichtung.

Und Eric hatte Glück, dass Sam keine weiteren Pfähle zur Hand hatte, als Eric etwa dreißig Minuten später in die Bar gestürmt kam. So erregt und aufgewühlt wie hier alle noch waren, hätte sich sicher irgendein tollkühner Gast freiwillig auf ihn gestürzt. Und Eric konnte von Glück sagen, dass seine ersten Worte lauteten: »Sookie, bist du okay?« Besorgt umfasste er mich, eine Hand an jeder Seite meiner Taille. Ich stöhnte auf.

»Du bist verletzt«, sagte er und sah erst in diesem Moment, dass bereits fünf oder sechs Männer aufgesprungen waren.

»Es tut nur weh«, erwiderte ich und bemühte mich, so zu tun, als ginge es mir gut. »Alles okay. Das hier ist ein Freund von mir, Eric«, sprach ich ein wenig lauter in die Runde hinein. »Er hat versucht, mit mir Kontakt aufzunehmen, und jetzt weiß ich auch, warum es so dringend gewesen ist.« Ich sah jedem der Männer in die Augen, und einer nach dem anderen setzte sich wieder.

»Komm, lass uns reden«, sagte ich sehr leise.

»Wo ist er? Den Mistkerl pfähle ich höchstpersönlich, egal, was Hot Rain gegen mich in Gang setzt«, fuhr Eric wütend auf.

»Das hat sich schon erledigt«, flüsterte ich ihm zu. »Würdest du dich mal ein bisschen entspannen?«

Mit Sams Erlaubnis zogen wir uns ins Büro zurück, den einzigen Raum im ganzen Haus, der ungestörte Ruhe bot. Jetzt stand wieder Sam hinter der Bar, oder besser gesagt, er saß auf einem hohen Barhocker und hatte sein verletztes Bein auf einem niedrigeren Stuhl abgelegt. So konnte er eine Weile als Barkeeper durchhalten.

»Bill hat seine Datenbank durchforstet«, sagte Eric stolz. »Der Mistkerl Charles hat mir erzählt, er käme aus Mississippi, deshalb habe ich ihn für einen von Russells abgelegten jungen Schönlingen gehalten. Ich habe Russell sogar angerufen und gefragt, ob Charles Twining gute Arbeit geleistet hat bei ihm. Russell sagte, er hätte so viele neue Vampire in seinem Herrenhaus, dass er sich kaum noch an Twining erinnern könne. Aber es hat sich ja schon damals in Josephine's Bar gezeigt, dass Russell einfach kein richtiger Manager ist so wie ich.«

Ich musste lachen. Das war zweifelsohne richtig.

»Als ich begann, mir wegen dieses Mistkerls Fragen zu stellen, bat ich Bill um Hilfe. Und Bill konnte Twinings Spuren von seiner Schöpfung als Vampir bis zum Treuegelöbnis gegenüber Hot Rain verfolgen.« »Dieser Hot Rain ist also derjenige, der ihn zum Vampir gemacht hat?«

»Nein, nein«, erwiderte Eric ungeduldig. »Hot Rain hat den Schöpfer des Vampir-Piraten zum Vampir gemacht. Erst nachdem Charles' Schöpfer im Französisch-Indianischen Krieg getötet wurde, legte Charles Hot Rain gegenüber den Treueschwur ab. Und weil Hot Rain über Long Shadows Tod unglücklich war, sollte Charles mit einer Gegenaktion die Schuld begleichen, die angeblich noch offen war.«

»Und wie sollte mein Tod diese Schuld begleichen?«

»Hot Rain hat durch allerlei Gerüchte und eingeholte Auskünfte erfahren, dass du mir wichtig bist und dass dein Tod mich genauso treffen würde wie ihn selbst der Tod von Long Shadow.«

»Ach.« Mehr fiel mir nicht ein.

Schließlich fragte ich: »Hot Rain und Long Shadow haben also irgendwann mal ein Verhältnis gehabt, sozusagen?«

»Ja«, sagte Eric. »Aber es ging nicht um den sexuellen Part, sondern um die... die Zuneigung. Das war es, was ihm diese Beziehung so wertvoll machte.«

»Also nur weil Hot Rain die Strafe, die du für Long Shadows Tod gezahlt hast, für nicht angemessen hielt, sollte Charles dir etwas ähnlich Schmerzvolles antun?«

»Ja.«

»Und Charles ging nach Shreveport, hielt die Augen offen, erfuhr von mir und beschloss, mein Tod würde die Rechnung begleichen?«

»Ganz offensichtlich.«

»Dann hörte er von dem Heckenschützen, und weil Sam auch ein Gestaltwandler ist, schoss er auf ihn, damit es einen guten Grund gab, ihn selbst nach Bon Temps zu schicken.«

»Ja.«

»Das ist wirklich ziemlich um die Ecke gedacht. Warum hat Charles mir nicht einfach nachts aufgelauert?«

»Weil es wie ein Unfall aussehen sollte. Es sollte keine Schuld auf irgendeinen Vampir fallen, nicht nur, weil Charles nicht gefasst werden wollte, sondern auch, damit sich Hot Rain nicht strafbar machte.«

Ich schloss die Augen. »Er hat mein Haus in Brand gesetzt, das war gar nicht dieser arme Typ, Jeff Marriot. Jede Wette, dass Charles ihn an jenem Abend getötet und zu meinem Haus gebracht hat, damit er einen Schuldigen hatte. Schließlich war Jeff Marriot ja ein Fremder in Bon Temps. Keiner würde ihn vermissen. Oh mein Gott! Charles hatte sich meine Autoschlüssel geliehen! Jede Wette, dass der Mann in meinem Kofferraum gelegen hat! Vielleicht noch nicht tot, aber ausgeknockt. Der arme Typ war genauso wenig Mitglied der Bruderschaft der Sonne wie ich.«

»Es muss Charles ziemlich frustriert haben, als er merkte, dass du von Freunden nur so umgeben bist«, sagte Eric ein wenig kühl, da gerade zwei dieser »Freunde« lautstark vorbeigestiefelt waren und den Gang aufs Klo als Vorwand benutzt hatten, um einen misstrauischen Blick auf ihn zu werfen.

»Ja, das muss es wohl.« Ich lächelte.

»Dir geht's besser, als ich erwartet hatte«, meinte Eric etwas zögerlich. »Kaum traumatisiert, wie es heutzutage heißt.«

»Eric, ich hatte einfach Glück. Heute habe ich so viele entsetzliche Dinge gesehen, du machst dir keine Vorstellung. Ich kann nur sagen, ich bin noch mal davongekommen. Übrigens, Shreveport hat einen neuen Leitwolf, und er ist ein verlogener, betrügerischer Mistkerl.«

»Dann hat Jackson Herveaux also den Wettkampf verloren.«

»Nicht nur den Wettkampf.«

Eric riss die Augen auf. »Ach, hat der Wettkampf heute stattgefunden? Ich habe gehört, dass Quinn in der Stadt war. Gewöhnlich sind Regelverstöße bei Kämpfen unter seiner Leitung auf ein Minimum reduziert.«

»Er hatte keinen Einfluss darauf«, entgegnete ich. »Eine Abstimmung hatte sich zu Jacksons Ungunsten ausgewirkt. Sie hätte ihm helfen sollen, aber... das hat sie nicht.«

»Warum warst du dort? Hat etwa dieser Alcide versucht, dich irgendwie für seine Zwecke zu benutzen?«

»Das musst du gerade sagen.«

»Ja, aber ich gebe es wenigstens offen und ehrlich zu.« Mit großen blauen Augen blickte Eric mich arglos an.

Ich musste lachen. Ich hatte erwartet, tage- oder wochenlang nicht lachen zu können; und hier saß ich nun und lachte bereits.

»Stimmt.«

»Verstehe ich das also richtig, Charles Twining existiert nicht mehr?«, fragte Eric in ziemlich sachlichem Ton.

»Ja.«

»Gut, gut. Die Leute hier sind handlungsfreudiger, als ich erwartet hätte. Welche Verletzungen hast du dir zugezogen?«

»Eine gebrochene Rippe.«

»Eine gebrochene Rippe ist fast nichts, wenn ein Vampir um sein Leben gekämpft hat.«

»O ja, ich weiß.«

»Ich habe den ganzen Abend versucht, im Merlotte's anzurufen und dich zu warnen. Aber es ist immer nur Charles rangegangen. Als Bubba zurückkam und mir klar wurde, dass er die Nachricht nicht vollständig überbracht hatte, eilte ich ganz ritterlich sofort zu deiner Rettung hierher.«

»Das war sogar überaus ritterlich von dir«, gab ich zu. »Aber wie sich herausgestellt hat, unnötig.«

»Nun, dann kehre ich jetzt in meine eigene Bar zurück und schaue mir meine eigenen Gäste von meinem eigenen Büro aus an. Wir erweitern übrigens die Palette unserer Fangtasia-Produkte.« »Oh?«»Ja. Was würdest du von einem Kalender mit Nacktfotos halten? Pam findet, wir sollten ihn >Die schärfsten Fangtasia-Vampire< nennen.« »Wirst du da auch mitmachen?«

»Oh, natürlich. Mr Januar.«

»Dann leg schon mal drei für mich zurück. Einen schenke ich Arlene, einen Tara. Und den dritten hänge ich mir selbst an die Wand.«

»Wenn du versprichst, immer nur mein Foto aufgeklappt zu lassen, kriegst du einen umsonst«, versprach Eric mir.

»Abgemacht!«

Er stand auf. »Eins noch, bevor ich gehe.«

Ich erhob mich auch, aber viel langsamer.

»Könnte sein, dass ich dich Anfang März als Aushilfe brauche.«

»Ich schaue mal in meinen Terminkalender. Wieso?«

»Es wird eine kleine Konferenz stattfinden. Ein Treffen aller Könige und Königinnen der Südstaaten. Es wäre schön, wenn du dir dann hier in der Bar freinehmen und mich und meine Leute begleiten würdest.«

»Im Augenblick plane ich noch nicht so weit voraus, Eric.« Meine gebrochene Rippe bereitete mir stechende Schmerzen, als ich aus Sams Büro hinausgehen wollte.

»Einen Moment noch«, sagte Eric plötzlich und verstellte mir den Weg.

Müde, aber irgendwie neugierig sah ich zu ihm auf.

Er beugte sich vor und gab mir einen Kuss auf den Mund, der so sanft war wie der Flügelschlag eines Schmetterlings.

»Du sagtest, ich hätte dir erzählt, dass du das Beste wärst, was ich je gehabt habe. Aber hast du auch das Gleiche zu mir gesagt?«

»Das wüsstest du wohl gern«, sagte ich lächelnd und ging wieder an die Arbeit.