Kapitel 6

Auf dem Weg nach Hause dachte ich über meinen Tag in Shreveport nach. Ich hatte Alcide gebeten, per Handy auch noch bei der Polizei in Bon Temps anzurufen, und eine weitere schlechte Nachricht erhalten. Nein, sie hatten nichts Neues erfahren über Jason, und es hatte auch keiner angerufen, der ihn gesehen hätte. Also fuhr ich auf meinem Heimweg gar nicht mehr bei der Polizei vorbei. Ich musste allerdings in den Lebensmittelladen, weil ich Brot und Margarine brauchte, und ich musste im Spirituosenladen synthetisches Blut besorgen.

Als ich die Tür zum Supersparmarkt aufstieß, fiel mir als Erstes ein kleines Regal mit Blut in Flaschen ins Auge, was mir schon mal den Weg in den Schnapsladen ersparte. Dann sah ich das Plakat mit Erics Gesicht darauf. Vermutlich war es das Foto, das Eric zur Eröffnung des Fangtasia hatte machen lassen, da es so ganz und gar nicht bedrohlich wirkte. Das Bild hatte eine überaus charmante, gewinnende Ausstrahlung, und kein Mensch im weiten Universum wäre je auf die Idee verfallen, dass der Abgebildete beißen könnte. Oben drüber stand in großen Lettern: »HABEN SIE DIESEN VAMPIR GESEHEN?«

Aufmerksam las ich den Text durch. Alles, was Jason erzählt hatte, stimmte. Fünfzigtausend Dollar ist eine Menge Geld. Diese Hallow musste wirklich absolut verrückt sein nach Eric, wenn sie für eine solche Summe tatsächlich nichts weiter als Sex von ihm wollte. Es war kaum vorstellbar, dass die Übernahme des Fangtasia (sobald sie Erics habhaft geworden war) für sie viel Profit abwerfen würde, wenn sie vorher eine so hohe Belohnung ausgezahlt hatte. Mir schien es zunehmend zweifelhaft, dass ich die ganze Geschichte kannte, und ich war mir zunehmend sicher, dass ich meine Nase da in etwas hineinsteckte, was mich schließlich den Kopf kosten könnte.

Hoyt Fortenberry, ein guter Kumpel von Jason, lud in der Tiefkühlecke Pizzas in seinen Einkaufswagen. »Hey, Sookie, was meinst du, wo Jason abgeblieben ist?«, rief er, sobald er mich sah. Hoyt, groß und massig und nicht gerade ein Intellektueller, sah aufrichtig besorgt drein.

»Wenn ich das nur wüsste«, erwiderte ich und ging zu ihm hinüber, damit nicht jeder im Laden jedes einzelne Wort unseres Gesprächs mitbekam. »Ich mache mir ziemliche Sorgen.«

»Meinst du nicht, dass er einfach mit 'ner neuen Freundin abgehauen ist? Die Kleine vom Silvesterabend war doch ziemlich süß.«

»Wie hieß die eigentlich?«

»Crystal. Crystal Norris.«

»Und wo wohnt sie?«

»In Hotshot unten.« Er nickte in Richtung Süden.

Hotshot war noch kleiner als Bon Temps. Es lag ungefähr zehn Meilen entfernt und stand in dem Ruf, eine höchst seltsame kleine Gemeinde zu sein. Die Kinder aus Hotshot, die in Bon Temps zur Schule gingen, steckten immer zusammen, und sie waren alle ein klein wenig ... na ja, anders. Es überraschte mich überhaupt nicht, dass Crystal aus Hotshot kam.

»Also«, sagte Hoyt, der unbedingt seine Idee weiterverfolgen wollte, »vielleicht ist er bei dieser Crystal.« Doch seine Gedanken verrieten mir, dass er daran gar nicht glaubte. Er wollte nur mich und sich selbst beruhigen. Wir wussten beide, dass Jason längst angerufen hätte, ganz egal wie sehr er sich mit welcher Frau auch immer amüsierte.

Ich beschloss, Crystal auf jeden Fall anzurufen, sobald ich mal zehn Minuten den Kopf dafür frei hätte - was heute Abend aber wohl schwierig werden könnte. Also bat ich Hoyt, Crystals Namen an den Sheriff weiterzugeben, und er versprach es mir, obwohl er nicht allzu erfreut über diese Idee war. Er hätte sich glatt geweigert, wenn der Vermisste nicht gerade Jason gewesen wäre. Jason war Hoyts Kumpel und für ihn ein nie versiegender Quell für Freizeitvergnügen und Amüsements aller Art, denn Jason war viel cleverer und einfallsreicher als der schwerfällige, bedächtige Hoyt. Sollte Jason nie wieder auftauchen, wäre Hoyts Leben sehr viel langweiliger.

Auf dem Parkplatz des Supersparmarkts verabschiedeten wir uns voneinander, und ich war erleichtert, dass Hoyt mich nicht auf das »TrueBlood« in meinem Einkaufswagen angesprochen hatte. Auch die Kassiererin hatte kein Wort darüber verloren, die Flaschen jedoch nur widerwillig angefasst. Beim Zahlen wurde mir klar, dass meine Gastfreundschaft Eric gegenüber ganz schön ins Geld ging. Erst die Kleider, jetzt das synthetische Blut, das summierte sich.

Es war schon dunkel, als ich zu Hause ankam und die Plastiktüten mit meinen Einkäufen aus dem Auto hievte. Ich schloss die Hintertür auf, ging hinein und rief nach Eric, während ich die Küchenlampe anschaltete. Ich bekam keine Antwort, also packte ich erst mal die Lebensmittel weg. Eine Flasche »TrueBlood« ließ ich neben dem Kühlschrank stehen, damit er sie gleich zur Hand hatte, wenn er hungrig war. Ich holte die Schrotflinte aus dem Kofferraum meines Autos, lud sie und versteckte sie im Schatten des Heißwasserboilers. Dann rief ich bei der Polizei an. Nichts Neues über Jason, sagte die Polizistin, die Telefondienst hatte.

Niedergeschlagen sank ich gegen die Küchenwand und rührte mich eine Weile nicht. Deprimiert in der Gegend herumhängen war allerdings auch keine besonders gute Idee. Ich sollte besser ins Wohnzimmer gehen und für Eric einen Film in den Videorecorder einlegen. Mittlerweile hatte er wohl alle Folgen von >Buffy< gesehen, und >Angel< besaß ich nicht. Ich fragte mich, ob ihm >Vom Winde verweht< gefallen würde. Vielleicht hatte er den Film auch schon x-mal gesehen. Andererseits, er litt ja an Gedächtnisverlust. Ihm sollte also alles neu vorkommen.

Als ich die Diele hinunterging, vernahm ich das leise Rascheln einer Bewegung. Vorsichtig öffnete ich die Tür zu meinem alten Zimmer, um kein zu lautes Geräusch zu verursachen, falls mein Gast noch nicht aufgestanden sein sollte. Doch, er war aufgestanden. Eric zog gerade seine Jeans hoch, mit dem Rücken zur Tür. An Unterwäsche hatte er keinen Gedanken verschwendet, er trug nicht mal dieses knallenge rote Ding. Mir blieb die Luft weg. Ich gab einen erstickten Laut von mir, zwang mich, meine Augen ganz fest zu schließen, und ballte die Fäuste.

Falls es so etwas wie einen internationalen Wettbewerb um den schönsten Hintern der Welt gab, würde Eric ihn gewinnen - ganz sicher, jede Wette. Er würde die größte Trophäe weit und breit bekommen. Mir war bislang nicht klar gewesen, dass auch Frauen manchmal dagegen ankämpfen müssen, einen Mann unbedingt berühren zu wollen - doch hier stand ich jetzt: die Fingernägel in die Handflächen gegraben und den Blick starr auf die Innenseite meiner Augenlider gerichtet, als könnte ich vielleicht doch durch sie hindurchspähen, wenn ich mich nur stark genug anstrengte.

Es war irgendwie erniedrigend, jemanden so ... so wollüstig - na, wenn das kein »Wort des Tages« für meinen Kalender war - zu begehren, nur weil er körperlich wunderschön war. Ich hätte nie geglaubt, dass Frauen so was auch passierte.

»Sookie, ist alles in Ordnung?«, fragte Eric. Durch einen Sumpf der Lust bahnte ich mir einen Weg zurück zur Vernunft. Er stand direkt vor mir, die Hände auf meinen Schultern. Ich sah hinauf in seine blauen Augen, deren Blick sich ganz auf mich konzentrierte und von nichts anderem als Sorge um mich sprach. Ich war genau auf Augenhöhe mit seinen Brustwarzen. Ich biss auf die Innenseite meiner Lippe. Nein, ich würde mich nicht diese paar Zentimeter hinüberlehnen.

»Entschuldige«, sagte ich sehr leise. Ich traute mich nicht, laut zu sprechen oder mich auch nur zu bewegen. Sonst hätte ich mich wohl direkt auf ihn gestürzt. »Ich wollte hier nicht einfach so reinplatzen. Ich hätte anklopfen sollen.«

»Du hattest doch sowieso schon alles von mir gesehen.«

Ja, aber nicht die nackte Hinterseite. »Trotzdem, das war nicht höflich.«

»Das macht doch nichts. Du siehst ziemlich mitgenommen aus.«

Ach, wirklich? »Na ja, mein Tag war ziemlich miserabel«, sagte ich angespannt. »Mein Bruder ist verschwunden, und die Werwolf-Hexen in Shreveport haben die - die Vizepräsidentin des dortigen Werwolfrudels ermordet, ihre Hand lag im Blumenbeet. Oder irgendjemandes Hand zumindest. Belinda ist im Krankenhaus. Ginger ist tot. Ich brauche jetzt erst mal eine Dusche.« Ich drehte mich auf dem Absatz um und ging in mein Zimmer. Im Bad riss ich mir die Kleider vom Leib und feuerte sie in den Wäschekorb. Ich atmete tief ein und aus, bis ich lächeln konnte über meinen Anfall von Wildheit, und dann stellte ich mich unter den heißen Strahl.

Ich weiß, dass in solchen Fällen eine kalte Dusche üblich ist, aber ich genoss die Wärme und die Entspannung, die sie mir brachte. Ich machte meine Haare nass und griff nach der Seife.

»Lass mich das machen«, sagte Eric. Er zog den Duschvorhang zur Seite und kam zu mir unter die Brause.

Ich schnappte nach Luft, es klang fast wie ein kurzer Aufschrei. Er hatte sich seiner Jeans entledigt, und er war in der gleichen Stimmung wie ich. Das war wirklich nicht zu übersehen bei Eric. Seine Fangzähne traten ebenfalls ein wenig hervor. Ich war verlegen, entsetzt, und doch hätte ich ihn am liebsten angesprungen. Während ich stocksteif und wie gelähmt von meinen widerstreitenden Gefühlen dastand, nahm Eric mir die Seife aus der Hand, schäumte sie auf, legte sie zurück in die kleine Ablage und begann, meine Arme zu waschen, hob jeden einzeln an und strich langsam mit der Hand bis zu den Achseln hinauf und seitlich am Körper entlang, ohne dabei meine Brüste zu berühren, die inzwischen geradezu darum bettelten, gestreichelt zu werden.

»Haben wir je miteinander geschlafen?«, fragte er.

Ich schüttelte den Kopf, immer noch unfähig zu irgendeinem Wort.

»Was war ich für ein Dummkopf«, sagte er und streichelte mit kreisenden Bewegungen über meinen Bauch. »Dreh dich um, Geliebte.«

Ich wandte ihm meinen Rücken zu, und dort setzte er seine Arbeit fort. Seine Finger waren sehr stark und sehr geschickt, und ich dürfte wohl die entspanntesten und saubersten Schulterblätter in ganz Louisiana gehabt haben, als Eric fertig war.

Meine Schulterblätter waren allerdings auch das einzig Entspannte an mir. Meine Libido hüpfte nur so auf und ab. Würde ich das wirklich tun? Es wurde von Sekunde zu Sekunde wahrscheinlicher, dachte ich nervös. Wenn der Mann unter meiner Dusche der echte Eric gewesen wäre, hätte ich die Kraft aufgebracht, mich zusammenzureißen. Ich hätte ihn schon in dem Augenblick wieder hinausgeworfen, in dem er hereinkam. Der echte Eric steckte voller Machtbewusstsein und politischer Intrigen, wofür ich nur begrenztes Verständnis und Interesse aufbrachte. Dies hier war ein anderer Eric - ohne jene schwierige Persönlichkeit, die ich ja auf verquere Weise auch wieder mochte -, aber es war dieser wunderschöne Eric, der mich wollte, mich begehrte, in einer Welt, die mich oft genug wissen ließ, dass sie ganz gut ohne mich klarkam. Mein Verstand war drauf und dran, sich komplett abzuschalten und alles weitere meinem Körper zu überlassen. Ich spürte, wie ein Teil von Eric gegen meinen Rücken drückte, und so nahe bei mir stand er nun auch wieder nicht. Oooh.

Als Nächstes wusch er mir die Haare.

»Zitterst du, weil du dich vor mir fürchtest?«, fragte er.

Ich dachte darüber nach. Ja und nein. Aber jetzt war mir wirklich nicht nach einer langen Diskussion über das Pro und Contra zumute. Der innere Kampf, den ich ausfocht, war hart genug. Oh, ja, sicher, es hätte keinen besseren Anlass geben können, mit Eric ausführlich über die moralischen Aspekte einer rein sexuellen Affäre zu reden. Und vielleicht würde sich nie wieder so eine Gelegenheit bieten, die Grundregeln für einen liebevollen und sanften Umgang festzulegen, damit ich körperlich unversehrt blieb. Nicht dass ich fürchtete, Eric sei gewalttätig, aber seine Männlichkeit (wie meine Liebesromane es nannten - in diesem speziellen Fall könnten vielleicht beliebte Adjektive wie »schwellend« oder »pulsierend« eingefügt werden) erschütterte eine relativ unerfahrene Frau wie mich doch ein wenig.

Ach, zur Hölle mit dieser Grübelei.

Ich nahm die Seife aus der Ablage und schäumte mir die Hände ein. Als ich ganz nah an ihn herantrat, drückte ich Mr Happy irgendwie gegen seinen Bauch hoch, so dass ich die Arme um ihn legen konnte und diesen göttlichen Hintern zu fassen bekam. Ich konnte ihm nicht ins Gesicht sehen, doch er ließ mich wissen, wie entzückt er über meine Initiative war und spreizte liebenswürdigerweise gleich die Beine. Ich wusch ihn sehr gründlich und sehr sorgfältig. Er stöhnte leise auf und begann, sich hin und her zu bewegen. Nun nahm ich mir seine Brust vor. Ich schloss meine Lippen um seine rechte Brustwarze und sog daran. Das gefiel ihm sehr gut. Seine Hände waren fest an meinen Hinterkopf gepresst. »Beiß mich, ganz sachte«, flüsterte er, und ich benutzte meine Zähne. Jetzt wanderten seine Hände rastlos über jede Stelle meines Körpers, die sie finden konnten, und streichelten mich verführerisch. Sein Mund schloss sich um meine Brustwarze und seine Hand glitt zwischen meine Schenkel. Ich stöhnte laut auf und bewegte mich selbst ein wenig. Er hatte sehr lange Finger.

Als Nächstes erinnere ich mich daran, dass das Wasser abgedreht war und Eric mich mit einem flauschigen weißen Handtuch und ich ihn mit einem anderen abtrocknete. Danach küssten wir uns einfach sehr lange, immer und immer wieder.

»Ins Bett«, sagte er etwas atemlos, und ich nickte. Er hob mich hoch, und dann verhedderten wir uns ein wenig ineinander, weil ich die Bettdecke zurückschlagen, er dagegen mich einfach aufs Bett fallen lassen und gleich weitermachen wollte. Aber ich setzte mich durch, es war viel zu kalt ohne Decke. Als wir uns schließlich arrangiert hatten, drehte ich mich zu ihm, und wir machten genau dort weiter, wo wir aufgehört hatten - in stetig steigendem Tempo. Seine Finger und sein Mund erkundeten die gesamte Topographie meines Körpers, und er presste sich immer stärker gegen meinen Unterleib.

Ich war so entbrannt, dass ich mich wunderte, warum aus meinen Fingerspitzen keine Flammen züngelten. Ich krümmte meine Finger und streichelte ihn.

Plötzlich lag Eric auf mir, bereit, in mich einzudringen. Ich war sehr erregt und absolut bereit. Mit der Hand fuhr ich zwischen uns, um ihn an die richtige Stelle zu dirigieren, und rieb dabei seine Eichel an meinem Kitzler.

»Meine Geliebte«, sagte er heiser und drang in mich ein.

Obwohl ich hätte schwören können, auf alles vorbereitet zu sein, und mich vor Lust nach ihm verzehrte, schrie ich unter der Wucht auf.

Nach einer Weile flüsterte er: »Nicht die Augen schließen. Sieh mich an, Geliebte.« So wie er »Geliebte« sagte, klang es wie eine einzige Liebkosung; als würde er mich bei einem Namen nennen, den kein Mann vor oder nach ihm jemals wieder benutzte. Seine Fangzähne waren jetzt vollständig entblößt, und ich streckte mich, um mit der Zunge darüber zu lecken. Ich erwartete, dass er mich in den Hals beißen würde, so wie Bill es fast immer getan hatte.

»Sieh mich an«, flüsterte er mir ins Ohr und zog sich aus mir zurück. Ich versuchte, ihn festzuhalten, doch er begann, sich küssend über meinen Körper nach unten zu bewegen, verweilte an strategischen Punkten, und ich war kurz vor den höchsten Wonnen, als er schließlich an seinem Ziel anlangte. Sein Mund erwies sich als hoch talentiert, seine Finger nahmen die Stelle seines Penis ein. Dann plötzlich hob er den Kopf, um zu sehen, ob ich ihn auch wirklich anschaute - was ich tat -, und wandte sein Gesicht der Innenseite meines Schenkels zu, während seine Finger sich ständig weiterbewegten, schneller und schneller, und biss zu.

Ich mag einen Laut ausgestoßen haben, ganz sicher sogar, doch im nächsten Augenblick erfasste mich die gewaltigste Welle der Lust, die ich je empfunden hatte. Und in der Sekunde, in der diese betörende Welle abebbte, küsste Eric mich auch schon wieder auf den Mund, und ich konnte mich selbst auf seinen Lippen schmecken. Danach drang er wieder in mich ein, und alles begann noch einmal von vorn. Einen Moment später war auch er so weit, und ich verspürte immer noch weitere Nachbeben. Er schrie etwas in einer Sprache, die ich noch nie gehört hatte, schloss die Augen und sank schließlich auf mir in sich zusammen. Nach zwei Minuten hob er den Kopf und sah mich an. Ich wünschte, er würde wenigstens so tun, als atme er, so wie Bill es beim Sex immer getan hatte. (Ich hatte nie darum gebeten, er hatte es einfach getan; das war sehr beruhigend gewesen für mich.) Aber ich verdrängte den Gedanken sofort wieder. Bisher hatte ich mit niemandem außer Bill Sex gehabt, und wahrscheinlich war es ganz natürlich, an ihn zu denken. Allerdings muss ich ehrlicherweise zugeben, mich schmerzte auch der Gedanke, dass mein vormaliger Ein-Mann-Status nun auf immer verloren war.

Ich zog mich selbst wieder in die Gegenwart zurück, die ja wirklich angenehm genug war, strich Eric übers Haar und schob ein paar Strähnen hinter sein Ohr. Sein Blick ruhte forschend auf mir, er wartete darauf, dass ich etwas sagte. »Ich wünschte«, sagte ich, »ich könnte Orgasmen für Notzeiten in Gläser abfüllen, denn heute hatte ich sicher ein paar Extraportionen.«

Erics Augen weiteten sich, und plötzlich brach er in schallendes Gelächter aus. Das klang gut, das klang ganz nach dem echten Eric. Ich fühlte mich wohl mit diesem hinreißenden, aber mir letztlich unbekannten Fremden, nachdem ich dieses Lachen gehört hatte. Er rollte auf den Rücken und nahm mich mit seinem Schwung mit, so dass ich rittlings auf seiner Taille saß.

»Wenn ich geahnt hätte, dass du ohne deine Kleider so großartig aussiehst, hätte ich das schon früher versucht«, sagte er.

»Du hast es schon früher versucht, so ungefähr zwanzigmal«, erwiderte ich lächelnd.

»Dann habe ich wenigstens guten Geschmack bewiesen.« Er zögerte einen Moment, und die Freude wich ein wenig aus seinem Gesicht. »Erzähl mir von uns. Wie lange kenne ich dich schon?«

Das Licht aus dem Badezimmer fiel auf sein Gesicht. Sein Haar lag golden glänzend auf dem Kissen ausgebreitet.

»Mir ist kalt«, sagte ich sanft, legte mich neben ihn, und er zog die Bettdecke über uns. Ich stützte mich auf einen Ellenbogen und er lag auf der Seite, so dass wir uns ansahen. »Lass mich nachdenken. Ich habe dich letztes Jahr im Fangtasia kennen gelernt, in der Vampir-Bar in Shreveport, die dir gehört. Ach, übrigens, die Bar wurde heute überfallen. Das heißt, letzte Nacht. Tut mir leid, das hätte ich dir sofort erzählen sollen. Aber ich mache mir solche Sorgen um meinen Bruder.«

»Ich möchte alles über den heutigen Tag wissen, doch erzähl erst mal von uns. Das interessiert mich sehr.«

Wieder ein Schock: Der echte Eric dachte immer zuerst an sich selbst, Beziehungen kamen erst an - oh, keine Ahnung, etwa zehnter Stelle. Diese Bemerkung war höchst sonderbar. »Du bist der Sheriff von Bezirk Fünf, und mein Exfreund Bill war dein Untergebener. Jetzt ist er weg, außer Landes. Ich glaube, von Bill habe ich dir schon erzählt.«

»Dein treuloser Exfreund? Dessen Schöpfer die Vampirin Lorena war?«

»Genau der«, sagte ich knapp. »Jedenfalls, als ich dich im Fangtasia traf...«

Es dauerte alles länger als erwartet, und als ich die Geschichte beendet hatte, waren Erics Hände schon wieder beschäftigt. Er biss mit ausgefahrenen Fangzähnen in eine meiner Brüste und sog ein bisschen Blut - ich musste tief Luft holen, denn er sog sehr kräftig. Es war ein seltsames Gefühl, weil er gleichzeitig mein Blut und an meiner Brustwarze sog. Schmerzhaft und sehr aufregend. Es fühlte sich an, als sauge er den Körpersaft viel weiter unten. Ich keuchte und zuckte vor Erregung, und plötzlich hob er mein Bein an und drang in mich ein.

Diesmal war die Wucht nicht ganz so groß, und es ging alles langsamer. Eric wollte, dass ich ihm in die Augen sah. Das machte offenbar alles noch aufregender für ihn.

Ich war völlig erledigt, als es vorbei war, auch wenn es mir enorme Lust bereitet hatte. Ich hatte viel gehört über Männer, denen es egal war, ob die Frau zu ihrem Vergnügen kam. Oder vielleicht meinten solche Männer, das Glück ihrer Partnerin bestünde darin, dass sie selbst glücklich sind. Keiner meiner beiden Liebhaber war so gewesen. Keine Ahnung, ob es daran lag, dass sie Vampire waren, oder ob ich einfach Glück gehabt hatte oder beides.

Eric hatte mir sehr viele Komplimente gemacht, und mir fiel ein, dass ich meine Bewunderung für ihn noch gar nicht in Worte gefasst hatte. Das schien nicht fair. Er hielt mich in den Armen und mein Kopf lag an seiner Schulter. »Du bist wunderschön«, murmelte ich.

»Was?« Er war eindeutig verblüfft.

»Du hast mir gesagt, dass du meinen Körper hübsch findest.« Natürlich hatte er nicht genau dieses Adjektiv benutzt, aber es war mir peinlich, seine Worte zu wiederholen. »Du sollst nur wissen, dass ich dasselbe über dich denke.«

Ich spürte die Bewegung seiner Brust, als er, ganz leicht nur, lachte. »Welcher Teil gefällt dir am besten?«, fragte er in neckendem Ton.

»Oh, dein Hintern«, sagte ich prompt.

»Mein... Gesäß?«

»Ja.«

»Ich hätte da an ein anderes Teil gedacht.«

»Nun, das ist natürlich auch... angemessen«, erwiderte ich und vergrub mein Gesicht an seiner Brust. Ich wusste sofort, dass ich das falsche Wort erwischt hatte.

»Angemessen?« Er nahm meine Hand und platzierte sie auf dem in Frage stehenden Teil. Es begann umgehend, sich zu rühren. Er bewegte meine Hand, und so strich ich mit kreisenden Fingern darüber. »Das ist angemessen

»Hätte ich lieber sagen sollen, ungeheuer?«

Er war wieder bereit, und ehrlich gesagt, ich hatte keine Ahnung, ob ich noch mal konnte. Ich war so erledigt, dass ich mich schon fragte, ob ich am nächsten Tag wohl einen komischen Gang haben würde.

Ich tauchte unter die Bettdecke ab und gab ihm zu verstehen, dass ich für eine Alternative zu haben wäre - was er begeistert aufnahm. Nach einem weiteren Höhepunkt schien sich jeder Muskel meines Körpers in Götterspeise verwandelt zu haben. Ich sprach nicht mehr über die Sorgen, die ich mir um meinen Bruder machte; nicht über die schrecklichen Dinge, die in Shreveport geschehen waren, oder über irgendetwas anderes Unerfreuliches. Wir flüsterten uns ein paar aufrichtig empfundene (galt jedenfalls für mich) Liebenswürdigkeiten zu, und dann war ich einfach weg. Ich weiß nicht, womit Eric den Rest der Nacht zugebracht hat, weil ich sofort einschlief.

Es warteten viele Sorgen auf mich am nächsten Tag, doch dank Eric war mir das ein paar kostbare Stunden lang egal gewesen.