Kapitel 5

Carla Rodriguez, meine vielversprechendste Spur, kam zuerst dran. Ich hatte einfach die alte Adresse von Dovie nachgeschlagen, mit der ich zeitweilig Weihnachtskarten ausgetauscht hatte. Allerdings dauerte es eine ganze Weile, bis ich das Haus fand. Es stand ziemlich abseits von den Einkaufsstraßen, die sonst meine üblichen Anlaufstellen in Shreveport waren. Dort, wo Dovie lebte, waren die Häuser klein und standen dicht gedrängt, und einige von ihnen waren zudem in einem erbärmlichen Zustand.

Ich empfand ein deutliches Triumphgefühl, als Carla selbst die Tür öffnete. Sie hatte ein blaues Auge und einen ziemlichen Kater, beides Anzeichen dafür, dass sie letzte Nacht ordentlich einen losgemacht hatte.

»Hey, Sookie«, sagte sie, als sie mich nach kurzem Zögern erkannte. »Was machst du denn hier? Ich war gestern Abend im Merlotte's, hab' dich aber nirgends entdeckt. Arbeitest du da nicht mehr?«

»Doch. Gestern war bloß mein freier Abend.« Jetzt, da ich Carla tatsächlich gegenüberstand, wusste ich nicht mehr, wie ich erklären sollte, was ich von ihr wollte. Ich beschloss, es einfach geradeheraus auszusprechen. »Hör zu, Jason ist heute Morgen nicht zur Arbeit erschienen, und da habe ich mich gefragt, ob er vielleicht hier bei dir ist.«

»Schätzchen, nichts gegen dich, aber Jason ist der letzte Typ auf Erden, mit dem ich ins Bett gehen würde«, sagte Carla rundweg. Ich starrte sie an und konnte hören, dass sie die Wahrheit sprach. »Ich halte doch nicht ein zweites Mal die Hand ins Feuer, wenn ich mich schon beim ersten Mal verbrannt hab'. Klar hab' ich in der Bar so ein bisschen nach ihm Ausschau gehalten. Ich wäre aber auf dem Absatz umgekehrt, wenn ich ihn entdeckt hätte.«

Ich nickte. Mehr gab es zu diesem Thema nicht zu sagen. Wir tauschten ein paar Höflichkeiten aus, und ich plauderte noch etwas mit Dovie, die ein Kleinkind auf dem Arm hatte. Und dann war es Zeit, wieder zu gehen. Meine vielversprechendste Spur hatte sich nach nur zwei Sätzen einfach in Luft aufgelöst.

Um meine aufsteigende Verzweiflung zu bezwingen, hielt ich an der nächsten Ecke bei einer gut besuchten Tankstelle an, parkte und warf einen Blick auf meinen Stadtplan von Shreveport. Es dauerte nicht lange, bis ich den Weg von Dovies Vorort zur Vampir-Bar gefunden hatte.

Das Fangtasia befand sich in einer Ladenzeile, in der Nähe von Toys »R« Us. Es öffnete das ganze Jahr über um sechs Uhr abends, aber die Vampire tauchten natürlich erst nach Einbruch der Dunkelheit auf, was wiederum von der Jahreszeit abhängig war. Die Vorderseite des Fangtasia war in einem matten Grau gestrichen, und der Neonschriftzug des Namens leuchtete grellrot. »Shreveports führende Vampir-Bar« lautete die neu hinzugefügte, kleinere Zeile unter dem exotisch, kursiv geschriebenen Namen der Bar. Mich durchfuhr ein leichter Schauder, und ich sah weg.

Zwei Sommer zuvor hatte eine kleine Truppe Vampire aus Oklahoma versucht, dem Fangtasia im angrenzenden Bossier City mit einem neuen Club Konkurrenz zu machen. Nach einer ganz bestimmten heißen, kurzen Nacht im August waren sie nie wieder gesehen worden, und das Gebäude, das sie renoviert hatten, war bis auf die Grundmauern niedergebrannt.

Touristen hielten Geschichten wie diese für amüsant und pittoresk. Das erhöhte noch den erregenden Kick, überteuerte Drinks zu bestellen (bei menschlichen Kellnerinnen in langen, wehenden schwarzen Vampir-Outfits), während sie waschechte untote Blutsauger anstarrten. Eric hatte allen Vampiren im Bezirk Fünf für diese unangenehme Pflicht eine feste Anzahl Stunden pro Woche aufgebrummt, in denen sie sich im Fangtasia sehen lassen mussten. Die meisten seiner Untergebenen waren nicht gerade begeistert über diese Zurschaustellung. Doch so hatten sie zumindest Gelegenheit, Vampirsüchtige abzuschleppen, Groupies, die geradezu darum bettelten, gebissen zu werden. Solche Sachen fanden allerdings nicht in der Bar selbst statt: Da hatte Eric strenge Prinzipien. Ebenso wie die Polizei. Ein Vampirbiss war nur dann legal, wenn er im gegenseitigen Einverständnis von Mensch und Vampir stattfand, und zwar unter Erwachsenen und in Privaträumen.

Ganz automatisch fuhr ich zur Rückseite des Gebäudes. Bill und ich hatten fast immer den Angestellteneingang benutzt. Das war einfach eine graue Tür in einer grauen Wand, mit dem Namen der Bar in selbstklebenden Lettern von Wal-Mart. Darunter verkündete ein schwarzer Schablonenschriftzug NUR FÜR MITARBEITER. Ich hob die Hand, um zu klopfen. Da erkannte ich, dass der Riegel von innen nicht vorgeschoben war.

Die Tür war nicht abgeschlossen.

Ein sehr, sehr schlechtes Zeichen.

Obwohl es heller Tag war, stellten sich mir die Nackenhaare auf. Ganz unvermittelt wünschte ich, ich hätte Bill an meiner Seite. Und das nicht, weil ich mich nach seiner zärtlichen Liebe sehnte. Wahrscheinlich sagt es nichts Gutes über deinen Lebensstil aus, wenn du deinen Exfreund nur deshalb vermisst, weil er eine absolut tödliche Gefahr darstellt.

An der Geschäftsseite der Ladenzeile ging es ziemlich lebhaft zu, doch die Rückseite lag verlassen da. Die Stille dröhnte nur so von Möglichkeiten, und keine von ihnen war wirklich erfreulich. Ich lehnte die Stirn an die kühle graue Tür. Und ich beschloss, sofort zu meinem alten Auto zurückzukehren und wie der Teufel von hier abzuhauen - was überaus klug gewesen wäre.

Und ich wäre auch abgehauen, wenn ich nicht dieses Stöhnen gehört hätte.

Doch selbst dann hätte ich, wäre mir in dem Moment irgendwo eine Telefonsäule aufgefallen, einfach die Notrufnummer gewählt und gewartet, bis irgendeine behördliche Hilfe aufgekreuzt wäre. Aber es war weit und breit kein Telefon zu sehen, und ich konnte es einfach nicht ertragen, dass da vielleicht irgendjemand dringend meine Hilfe benötigte und ich diese versagte, bloß weil ich ein solcher Feigling war.

Gleich neben dem Hintereingang stand eine schwere Mülltonne, und nachdem ich die Tür aufgerissen hatte - und schnell zur Seite gesprungen war für den Fall, dass jemand oder etwas herausschoss -, bugsierte ich die Tonne so in den Eingang, dass sie die Tür einen Spalt offen hielt. Meine Arme waren von Gänsehaut überzogen, als ich schließlich hineinging.

In dem fensterlosen Fangtasia wurde rund um die Uhr elektrisches Licht benötigt. Da keine der Lampen brannte, glich das Innere jetzt einfach nur einem dunklen schwarzen Loch. Ein schwacher Strahl fahlen Winterlichts fiel durch die Tür in den Flur, der direkt zur eigentlichen Bar hin führte. Die Türen rechts gingen in Erics Büro und in das des Buchhalters. Links war die Tür zum großen Lagerraum, wo sich außerdem eine Toilette für die Angestellten befand. Der Flur endete an einer massiven schweren Tür, die allen Spaßvögeln in der Bar sofort die Idee austrieb, die hinteren Gefilde erkunden zu wollen. Und auch diese Tür stand offen, zum ersten Mal, soweit ich mich erinnern konnte. Dahinter breitete sich schweigend und schwarz die Bar aus. Ich fragte mich, ob wohl irgendein Wesen an einem der Tische saß oder in einer der Nischen kauerte.

Ich hielt den Atem an, damit ich auch noch den geringsten Hauch eines Geräuschs vernahm. Nach ein paar Sekunden hörte ich eine scharrende Bewegung und erneut ein Stöhnen. Beides kam aus dem Lagerraum, dessen Tür einen Spaltbreit offen stand. Ich tat vier lautlose Schritte bis zu dieser Tür hin. Das Herz schlug mir bis zum Hals, als ich in die Dunkelheit griff und den Lichtschalter anknipste.

Der grelle Lichtschein ließ mich blinzeln.

Belinda, die einzige halbwegs intelligente Vampirsüchtige, die ich je kennen gelernt hatte, lag in einer seltsam verrenkten Haltung auf dem Boden des Lagerraums. Ihre Beine waren zusammengeklappt wie ein Taschenmesser, die Fersen lagen fest an die Hüften gepresst. Nirgends an ihr war Blut zu sehen - oder ein anderes sichtbares Mal zu erkennen. Offensichtlich litt sie unter einem enormen und fortwährenden Krampf in den Beinen.

Ich kniete neben Belinda nieder, während meine Blicke in alle Richtungen schossen. Es war keine andere Bewegung in dem Raum wahrzunehmen, allerdings waren die Ecken verdeckt von Stapeln von Getränkekartons und einem Sarg, den die Vampire für eine Show benutzten, die sie manchmal zu speziellen Partys aufführten. Die Tür zur Angestelltentoilette war geschlossen.

»Belinda«, flüsterte ich. »Belinda, sieh mich an.«

Belindas Augen hinter den Brillengläsern waren rot und geschwollen, und ihre Wangen waren nass von Tränen. Sie blinzelte und konzentrierte ihren Blick auf mein Gesicht.

»Sind sie noch hier?«, fragte ich. Sie würde schon verstehen, dass ich meinte, »die Leute, die dir das angetan haben«.

»Sookie«, sagte sie heiser. Ihre Stimme klang schwach, und ich fragte mich, wie lange sie wohl schon so hier gelegen und auf Hilfe gewartet hatte. »Oh, Gott sei Dank. Sag Eric dem Meister, wir haben versucht, sie aufzuhalten.« Sie spielte immer noch eine Rolle, merkt ihr's? Selbst in dieser qualvollen Situation. So à la »Sagt unserem verehrten König, wir haben bis auf den Tod gekämpft« - na, ihr kennt so was ja sicherlich.

»Wen habt ihr versucht aufzuhalten?«, fragte ich scharf.

»Die Hexen. Sie kamen gestern Abend, kurz nachdem wir geschlossen hatten, als Pam und Chow schon gegangen waren. Nur Ginger und ich...«

»Was wollten sie?« Ich sah, dass Belinda immer noch ihr hauchdünnes Kellnerinnen-Outfit mit dem hohen Schlitz im langen Rock trug. Und auf ihrem Nacken waren noch die aufgemalten Bissspuren.

»Sie wollten wissen, wo wir den Meister versteckt haben. Sie glauben anscheinend, dass sie ihm ... irgendwas angetan haben und dass wir ihn verstecken.« Sie machte eine lange Pause, und ihr Gesicht verzerrte sich. Ich konnte sehen, dass sie höllische Schmerzen litt - doch ich wusste nicht, was eigentlich los war mit ihr. »Meine Beine«, stöhnte sie. »Oh...«

»Aber du wusstest es nicht und konntest ihnen also auch nichts erzählen.«

»Ich würde unseren Meister niemals verraten.«

Und wohlgemerkt, Belinda war diejenige, die immerhin noch etwas Verstand besaß.

»War außer Ginger noch jemand hier, Belinda?« Doch sie wurde so stark von einem krampfartigen Anfall geschüttelt, dass sie nicht antworten konnte. Ihr ganzer Körper versteifte sich vor Schmerz, und wieder drang dieses tiefe Stöhnen aus ihrer Kehle.

Ich wählte die Notrufnummer von Erics Büro aus. Wo dort das Telefon stand, wusste ich wenigstens. Der Raum war komplett verwüstet worden, und irgendeine verspielte Hexe hatte ein großes rotes Pentagramm an eine der Wände gemalt. Eric würde entzückt sein.

Ich ging zu Belinda zurück und sagte ihr, dass der Krankenwagen gleich kommen würde. »Was ist mit deinen Beinen los?«, fragte ich und fürchtete mich zugleich vor der Antwort.

»Sie haben mir die Muskeln hinten in den Beinen verkürzt, jetzt sind sie nur noch halb so lang ...« Und wieder begann sie zu stöhnen. »Das ist wie einer dieser gigantischen Krämpfe, wenn du schwanger bist.«

Es war mir neu, dass Belinda je schwanger gewesen war.

»Wo ist Ginger?«, fragte ich, als ihre Schmerzen ein wenig abzuebben schienen.

»Sie war in der Toilette.«

Und dort war Ginger, eine hübsche Rotblonde und nun stumm wie ein Stein, immer noch. Ich glaube nicht, dass sie sie wirklich umbringen wollten. Aber so wie es aussah, hatten sie ihre Beine genauso verhext wie Belindas; jedenfalls waren sie auf die gleiche seltsame und schmerzhafte Weise zusammengeklappt, selbst noch im Tod. Ginger hatte vor dem Waschbecken gestanden, als sie in sich zusammensackte, und war auf ihrem Weg nach unten mit dem Kopf gegen den Rand des Waschbeckens geschlagen. Ihre Augen waren blicklos und ihr Haar war mit geronnenem Blut verkrustet, das aus der Wunde an ihrer Schläfe gesickert war.

Da war nichts mehr zu machen. Ich musste Ginger gar nicht berühren, so offensichtlich tot war sie. Belinda erzählte ich nichts davon. Sie litt ohnehin viel zu starke Schmerzen, um es richtig zu begreifen. Doch sie hatte noch ein paar klare Momente, ehe ich mich wieder auf den Weg machte. Ich fragte sie, wo ich Pam und Chow finden könnte, um sie zu warnen, und Belinda sagte, sie wüsste es nicht, sie würden einfach in der Bar auftauchen, sobald es dunkel war.

Außerdem erzählte sie, die Frau, die sie verhext hatte, sei eine Hexe namens Hallow gewesen, sehr groß, mit kurzem braunem Haar und einem Gesicht, auf das ein schwarzes Muster gemalt war.

Das sollte es leicht machen, sie zu erkennen.

»Und stark wie ein Vampir wäre sie außerdem, sagte sie«, stieß Belinda hervor. »Da...« Belinda deutete hinter mich. Ich fuhr herum, auf einen Angriff gefasst. Doch nichts passierte. Allerdings war das, was ich sah, fast genauso beunruhigend wie das, womit ich gerechnet hatte. Es war der Griff des Rollwagens, mit dem die Angestellten Getränkekisten hin und her fuhren. Der lange, massive metallene Stielgriff war zu einem U verbogen worden.

»Der Meister wird sie umbringen, wenn er wiederkommt«, sagte Belinda einen Augenblick später stockend. Wegen ihrer Schmerzen platzten die Wörter nur noch in einem abgehackten Stakkato aus ihr heraus.

»Ganz sicher«, erwiderte ich beruhigend. Ich zögerte. Es war nicht zu beschreiben, wie mies ich mich fühlte. »Belinda, ich muss gehen, ich will nicht, dass die Polizei mich hier mit ihren Fragen festhält. Erwähne bitte meinen Namen nicht. Sag einfach, ein Passant hätte dich gehört, okay?«

»Wo ist der Meister? Ist er wirklich verschwunden?«

»Keine Ahnung«, log ich gezwungenermaßen. »Ich muss jetzt hier raus.«

»Geh«, sagte Belinda mit versiegender Stimme. »Wir können von Glück sagen, dass du überhaupt vorbeigekommen bist.«

Ich musste unbedingt weg. Ich wusste nichts über das, was im Fangtasia passiert war. Und wenn mir trotzdem stundenlang Fragen gestellt würden, kostete mich das Zeit, die ich nicht mehr hatte - schließlich war mein Bruder verschwunden.

Als ich wieder in meinem Auto saß und vom Parkplatz fuhr, kamen mir die Polizei und der Krankenwagen schon entgegen. Ich hatte noch meine Fingerabdrücke vom Türknauf abgewischt. Was ich außerdem angefasst hatte oder nicht, daran konnte ich mich nicht mehr erinnern, ganz egal wie gründlich ich versuchte, mir mein Vorgehen noch einmal in Erinnerung zu rufen. Es waren sowieso Millionen von Fingerabdrücken dort zu finden - herrje, es war schließlich eine Bar.

Erst eine Weile später fiel mir auf, dass ich einfach drauflosfuhr, ohne jedes Ziel. Ich war unglaublich durcheinander. Also steuerte ich eine weitere Tankstelle an, fuhr dort auf den Parkplatz und sah sehnsüchtig zu den Telefonsäulen hinüber. Ich konnte Alcide anrufen und ihn fragen, ob er wusste, wo Pam und Chow die Stunden des Tages verbrachten. Und dann konnte ich dorthin fahren, eine Nachricht hinterlassen und sie warnen.

Ich zwang mich, ein paar Mal tief Atem zu holen und mir genau zu überlegen, was ich tun wollte. Es war höchst unwahrscheinlich, dass Vampire einem Werwolf die Adresse ihres Tagesruheorts geben würden. Das war keine Information, die Vampire jedem gaben, der danach fragte. Zudem waren Alcide gerade die Vampire von Shreveport nicht besonders sympathisch, da sie ihn seinerzeit mit den Spielschulden seines Vaters erpresst hatten, bis er sich schließlich ihren Wünschen gefügt hatte. Wenn ich ihn anrief, das wusste ich, würde er auf jeden Fall kommen, einfach weil er ein netter Typ war. Doch seine Verwicklung in diese Sache konnte ernsthafte Auswirkungen auf seine Familie und seine Geschäfte haben. Andererseits, wenn diese Hallow tatsächlich eine dreifache Bedrohung darstellte - eine Hexe, die sich zum Werwolf wandeln konnte und Vampirblut trank -, dann war sie ungeheuer gefährlich und die Werwölfe von Shreveport sollten unbedingt von ihr wissen. Erleichtert, endlich eine Entscheidung getroffen zu haben, suchte ich nach einem funktionierenden Telefon und kramte Alcides Visitenkarte aus meiner Brieftasche.

Alcide war in seinem Büro, was einem Wunder glich. Ich beschrieb ihm meinen Standort, und er erklärte mir, wie ich zu seinem Büro kam. Er bot mir sogar an, mich abzuholen, aber als komplette Idiotin wollte ich auch nicht dastehen.

Dann rief ich noch in Bud Dearborns Büro an und erfuhr nur, dass es nichts Neues von Jason gab.

Ich folgte Alcides Wegbeschreibung sehr gewissenhaft und kam nach etwa zwanzig Minuten bei Herveaux & Sohn an. Es lag nicht allzu weit abseits, am östlichen Rand von Shreveport und damit sogar auf meinem Weg nach Hause nach Bon Temps.

Das niedrige Backsteingebäude, in dem die Baufirma untergebracht war, befand sich im Besitz der Familie Herveaux. An der Rückseite sah ich Alcides Pick-up auf dem großen Parkplatz für Angestellte stehen. Der an der Vorderseite für Besucher war viel kleiner. Es war klar zu erkennen, dass die Herveaux-Leute meist selbst zu ihren Kunden fuhren und diese eher selten zu ihnen kamen.

Ein wenig nervös öffnete ich die Eingangstür und blickte mich um. Gleich hinter der Tür war ein Empfangstisch mit einem Wartebereich gegenüber. Hinter einer halbhohen Trennwand konnte ich fünf oder sechs Arbeitsplätze sehen, an dreien von ihnen wurde gearbeitet. Die Frau am Empfang hatte kurzes dunkles Haar, das sorgfältig geschnitten und frisiert war, trug einen schönen Pullover und war wunderbar geschminkt. Sie war wohl in den Vierzigern, aber ihre eindrucksvolle Erscheinung hatte darunter kein bisschen gelitten.

»Ich möchte zu Alcide«, sagte ich befangen.

»Ihr Name?« Sie lächelte mich an, wirkte aber leicht verkniffen um die Mundwinkel, so als ob es ihr gar nicht passte, dass eine junge und nicht gerade modisch gekleidete Frau an Alcides Arbeitsplatz aufkreuzte. Ich trug einen langärmligen, hellblau-gelb gemusterten Strickpulli unter meinem kurzen blauen Mantel, alte Bluejeans und Reeboks. Als ich mich heute Morgen anzog, hatte ich mir Gedanken gemacht, ob ich meinen Bruder wiederfinden würde, und nicht darüber, ob ich wohl der Mode-Polizei auffallen würde.

»Stackhouse«, sagte ich.

»Eine Miss Stackhouse ist hier für Sie«, sprach die verkniffene Dame in die Gegensprechanlage.

»Prima!« Alcide klang sehr erfreut, was mich enorm erleichterte.

Die verkniffene Dame sagte noch in die Gegensprechanlage: »Soll ich sie zu Ihnen schicken?«, als Alcide auch schon durch eine der Türen im Hintergrund gestürzt kam.

»Sookie!«, rief er und lachte mich an. Er hielt einen Moment inne, als wüsste er nicht genau, was er tun sollte, und dann umarmte er mich einfach.

Ich glaube, ich strahlte wie ein Honigkuchenpferd. Und dann umarmte auch ich ihn. Ich war so glücklich, ihn zu sehen! Er sah einfach großartig aus. Alcide ist ein großer Mann, mit schwarzem Haar, das von keinem Kamm je zu bändigen war, einem breiten Gesicht und grünen Augen.

Wir hatten gemeinsam eine Leiche beseitigt, das verbindet.

Sanft zog er an meinem Zopf. »Komm mit«, flüsterte er mir ins Ohr, während Miss Verkniffen uns mit einem nachsichtigen Lächeln ansah, das sie zweifellos nur für Alcide aufgesetzt hatte. Ich wusste, dass sie mich nicht schick und gewandt genug fand, um als Verabredung eines Herveaux durchzugehen, und sie war überzeugt, dass Alcides Vater (mit dem sie zwei Jahre lang ins Bett gegangen war) es nicht gutheißen würde, wenn sein Sohn sich mit einer Niete wie mir traf. Oops, wieder so eine Sache, von der ich eigentlich gar nichts wissen wollte. Offensichtlich schottete ich mich einfach nicht gut genug ab. Bill hatte mich immer dazu angehalten, doch jetzt, da ich ihn nicht mehr traf, wurde ich nachlässig. Das war allerdings nicht allein meine Schuld, Miss Verkniffen war eine sehr deutlich zu vernehmende Senderin.

Alcide dagegen nicht, aber er war ja auch ein Werwolf.

Er führte mich einen Gang hinunter, der mit einem hübschen Teppich ausgelegt und mit nichtssagenden Bildern - faden Landschaften und Gartenszenerien - dekoriert war, die wohl irgendein Innenarchitekt (oder Miss Verkniffen) ausgesucht hatte. Er geleitete mich in sein Büro, an dessen Tür sein Name stand. Es war ein großer Raum, jedoch kein prachtvoller oder eleganter, da er gerammelt voll war mit Arbeitsunterlagen - Plänen und Papieren und jeder Menge Bürokram. Alles sehr nüchtern und praktisch eingerichtet. Ein Faxgerät brummte vor sich hin, und neben einem Stapel Formulare war ein Rechner mit Zahlenkolonnen.

»Du hast viel zu tun. Ich hätte dich nicht anrufen sollen«, sagte ich, sofort eingeschüchtert.

»Machst du Witze? Dein Anruf war das Beste, das mir heute passiert ist!« Er klang so ernsthaft, dass ich lächeln musste. »Außerdem muss ich dir unbedingt etwas sagen. Ich habe dir das damals nicht erzählt, als ich dir deine Sachen brachte. Du weißt schon, nachdem du verletzt worden warst.« Nachdem ich von angeheuerten Schlägertypen zusammengeschlagen worden war. »Ich habe mich so miserabel gefühlt deswegen, dass ich es immer wieder hinausgeschoben habe, nach Bon Temps zu fahren, um von Angesicht zu Angesicht mit dir zu reden.«

O mein Gott, er war wieder mit seiner hinterhältigen, gemeinen Verlobten Debbie Pelt zusammen. Debbies Namen hatte ich gerade eben direkt aus seinen Gedanken aufgeschnappt.

»Ach ja?«, sagte ich und versuchte, ruhig und offen zu wirken.

Er beugte sich vor und nahm meine Hand zwischen seine großen Hände. »Ich schulde dir eine Riesenentschuldigung.«

Okay, damit hatte ich nicht gerechnet. »Wie das?«, fragte ich und sah mit zusammengekniffenen Augen zu ihm auf. Ich war hierher gekommen, um Alcide mein Herz auszuschütten, und stattdessen schüttete er mir jetzt seins aus.

»In dieser letzten Nacht, im Vampir-Club«, begann er, »als du meine Hilfe und meinen Schutz am dringendsten nötig hattest und ich...«

Was nun kommen würde, wusste ich. Alcide hatte sich in einen Wolf verwandelt, statt Mensch zu bleiben und mir aus dem Club herauszuhelfen, nachdem ich gepfählt worden war. Ich legte ihm meine freie Hand auf den Mund. Seine Haut war so schön warm. Wer es gewöhnt ist, Vampire zu berühren, der weiß, wie heiß schon ein normaler Mensch sich dagegen anfühlen kann, und noch mehr ein Werwolf, dessen Körpertemperatur ohnehin ein paar Grad höher ist.

Ich fühlte, wie mein Puls sich beschleunigte, und ich wusste, er fühlte es ebenfalls. Tiere haben ein sehr gutes Gespür für Erregung. »Alcide«, sagte ich, »sprich nie wieder davon. Du konntest nichts dafür, und ich bin ja schließlich auch heil davongekommen.« Tja, mehr oder weniger - und mal abgesehen von meinem Herzen, das an Bills Treulosigkeit zerbrach.

»Danke, dass du so viel Verständnis zeigst«, sagte er nach einer Pause, in der er mich eindringlich angesehen hatte. »Obwohl ich wahrscheinlich besser damit klarkäme, wenn du ausgerastet wärst.« Er fragte sich, ob ich bloß eine tapfere Miene aufsetzte oder ob ich es tatsächlich ernst meinte. Und ich war sicher, dass er mich am liebsten geküsst hätte, aber nicht wusste, ob mir das gefallen oder ich es ihm auch nur erlauben würde.

Nun, das wusste ich selbst nicht genau. Also ließ ich es gar nicht erst darauf ankommen.

»Okay, ich bin stinksauer auf dich und kann es nur ziemlich gut verbergen«, sagte ich. Seine Anspannung löste sich, als er sah, dass ich lächelte - auch wenn es vielleicht das letzte Lächeln dieses Tages zwischen uns sein sollte. »Hör mal, dein Büro am helllichten Tag ist nicht gerade der geeignete Ort oder Zeitpunkt, um dir die Dinge zu erzählen, die ich dir erzählen muss«, sagte ich. Ich sprach sehr ruhig, damit er begriff, dass ich ihn nicht anmachen wollte. Es war ja nicht so, dass ich Alcide einfach nur mochte. Ich hielt ihn immer noch für einen wirklich tollen Typen - aber solange ich nicht sicher war, dass er mit Debbie Pelt Schluss gemacht hatte, stand er nicht auf der Liste von Männern, die ich gern um mich haben wollte. Über Debbie hatte ich zuletzt gehört, dass sie jetzt mit einem anderen Gestaltwandler verlobt war, doch dass selbst das ihre Beziehung mit Alcide nicht gänzlich beendet hatte.

Ich hatte nicht vor, mich da mitten hineinzubegeben - und erst recht nicht, solange mein Kummer über Bills Untreue mir noch so schwer auf der Seele lag.

»Lass uns zu Applebee's unten an der Straße gehen und dort einen Kaffee trinken«, schlug er vor. Über die Gegensprechanlage teilte er Miss Verkniffen mit, dass er außer Haus ginge. Wir verließen das Gebäude durch den Hintereingang.

Es war jetzt ungefähr zwei Uhr und das Restaurant war fast leer. Alcide bat den jungen Mann, der die Plätze anwies, uns einen Tisch in einer Nische zu geben und so weit weg von allen anderen wie irgend möglich. Ich rutschte auf die Sitzbank an der einen Seite des Tisches und erwartete, dass Alcide die andere Seite nehmen würde. Doch er setzte sich neben mich. »Wenn du mir ein Geheimnis erzählen willst, sollten wir eng zusammenrücken«, meinte er.

Wir bestellten beide Kaffee, und Alcide bat den Kellner, uns gleich eine ganze Kanne zu bringen. Ich erkundigte mich nach seinem Vater, während der Kellner um uns herum hantierte, und Alcide erkundigte sich nach Jason. Ich antwortete ihm nicht. Allein dass er den Namen meines Bruders erwähnte, brachte mich schon an den Rand eines Tränenausbruchs. Als unser Kaffee gekommen und der junge Mann verschwunden war, fragte Alcide: »Was ist los?«

Ich holte tief Luft und versuchte zu entscheiden, womit ich beginnen sollte. »In Shreveport gibt es eine Gruppe übler Hexen«, sagte ich geradeheraus. »Sie trinken Vampirblut, und zumindest einige von ihnen können ihre Gestalt wandeln.«

Jetzt war es an Alcide, tief Luft zu holen.

Ich hob die Hand und gab ihm so zu verstehen, dass da noch mehr war. »Sie sind nach Shreveport gekommen, um die Macht über das finanzielle Imperium der Vampire an sich zu reißen. Sie haben Eric mit einem Fluch oder Hexenzauber oder was auch immer belegt, jedenfalls hat er sein Gedächtnis dadurch verloren. Sie sind ins Fangtasia eingedrungen, weil sie hofften, dort den Tagesruheort der Vampire zu finden. Sie haben zwei der Kellnerinnen verhext, und eine von ihnen liegt jetzt im Krankenhaus. Die andere ist tot.«

Alcide zog bereits sein Handy aus der Tasche.

»Pam und Chow haben Eric bei mir zu Hause versteckt, und ich muss zurück sein, ehe es dunkel wird, und mich um ihn kümmern. Und Jason ist verschwunden. Ich weiß nicht, wer ihn verschleppt hat oder wo er ist oder ob er überhaupt noch ...« Lebt. Aber das Wort konnte ich nicht aussprechen.

Mit einem lauten Zischen atmete Alcide wieder aus und starrte mich, das Handy in der Hand, nur noch an. Er wusste nicht, wen er zuerst anrufen sollte. Das konnte ich ihm nachfühlen.

»Eric bei dir zu Hause, das gefällt mir gar nicht. Das bringt dich in Gefahr.«

Es berührte mich, dass sein erster Gedanke meiner Sicherheit galt. »Jason hat eine ganze Menge Geld dafür herausgehandelt, und Pam und Chow waren einverstanden«, gestand ich verlegen.

»Aber nicht Jason ist da und nimmt das Risiko auf sich, sondern du.«

Fraglos richtig. Aber zu Jasons Ehrenrettung musste festgehalten werden, dass er das so sicher nicht geplant hatte. Ich erzählte Alcide von dem Blut auf dem Steg. »Vielleicht eine falsche Fährte«, entgegnete er. »Wenn die Blutgruppe mit der von Jason übereinstimmt, kannst du dir immer noch Sorgen machen.« Er trank einen Schluck Kaffee, den Blick nach innen gewandt. »Ich muss ein paar Leute anrufen«, sagte er.

»Alcide, bist du der Anführer des Werwolfrudels von Shreveport?«

»Nein, nein, dafür bin ich nicht annähernd wichtig genug.«

Das hielt ich für ganz und gar unwahrscheinlich und sagte es ihm auch. Er griff nach meiner Hand.

»Rudelführer sind gewöhnlich älter als ich«, sagte er. »Und man muss ein harter Typ sein. So richtig knallhart.«

»Müsst ihr miteinander kämpfen, um Rudelführer werden zu können?«

»Nein, der Rudelführer wird gewählt, aber die Kandidaten müssen sehr stark und äußerst clever sein. Es gibt da so eine Art - nun, man muss eine Art Test bestehen.«

»Schriftlich? Mündlich?« Alcide wirkte erleichtert, als er mein Grinsen sah. »Wohl eher ein Ausdauertest, wie?«, fragte ich.

Er nickte. »Eher so was in der Art.«

»Meinst du nicht, der Rudelführer sollte von all dem erfahren?«

»Ja. Was noch?«

»Aus welchem Grund tun sie das? Warum gerade Shreveport? Wenn sie solche Möglichkeiten haben, Vampirblut trinken und den Willen besitzen, richtig böse Dinge zu tun, warum suchen sie sich dann nicht eine wohlhabendere Stadt aus?«

»Eine wirklich gute Frage.« Alcide dachte angestrengt nach. Seine grünen Augen bekamen einen leichten Silberblick, wenn er nachdachte. »Ich habe noch nie von einer Hexe gehört, die so viel Macht besitzt. Und ich habe noch nie von einer Hexe gehört, die ihre Gestalt wandeln kann. Vermutlich passiert so was überhaupt zum ersten Mal.«

»Was passiert zum ersten Mal?«

»Dass eine Hexe versucht, eine ganze Stadt in ihre Gewalt zu bringen und die Besitztümer der übernatürlichen Einwohner an sich zu reißen«, antwortete er.

»An welcher Stelle in der Supra-Hackordnung stehen die Hexen eigentlich?«

»Nun ja, sie sind Menschen und sie bleiben Menschen.« Er zuckte die Achseln. »Normalerweise halten Supras Hexen bloß für Möchtegern-Übernatürliche. Von der Sorte, die man im Auge behalten muss, weil sie Magie praktizieren und wir nun mal magische Geschöpfe sind ...«

»Also sind sie keine große Bedrohung?«

»Genau. Sieht allerdings aus, als müssten wir darüber noch mal neu nachdenken. Ihre Anführerin trinkt Vampirblut. Blutet sie sie selbst aus?« Er tippte eine Nummer ein und hielt sich das Handy ans Ohr.

»Keine Ahnung.«

»Und welche Gestalt nimmt sie an?«

Jeder Gestaltwandler hatte eine Vorliebe für ein ganz bestimmtes Tier, quasi sein Lieblingstier. Und Gestaltwandler konnten sich auch jederzeit als »Werluchs« oder als »Werfledermaus« bezeichnen, solange das außer Hörweite eines Werwolfs geschah. Werwölfe besaßen nämlich eine ganz entschiedene Abneigung gegen alle anderen zweigestaltigen Geschöpfe, die sich selbst die Bezeichnung »Wer« gaben.

»Nun ja, sie ist... so wie du«, sagte ich. Die Werwölfe betrachteten sich als die Könige der zweigestaltigen Wesen. Sie verwandelten sich nur in ein einziges Tier, und natürlich in das beste. Im Gegenzug nannten die anderen Gestaltwandler die Werwölfe »die Schlägertypen«.

»Oh, nein.« Alcide war entsetzt. Dann hatte er seinen Anführer am Telefon.

»Hallo, hier ist Alcide.« Schweigen. »Es tut mir leid, wenn ich Sie bei der Gartenarbeit störe. Ich habe etwas sehr Wichtiges erfahren und müsste mich so bald wie möglich mit Ihnen treffen.« Erneutes Schweigen. »Ja, Sir. Wenn Sie erlauben, bringe ich jemanden mit.«

Einige Sekunden darauf beendete Alcide das Gespräch. »Bill weiß doch sicher, wo Pam und Chow wohnen, oder?«, fragte er mich.

»Bestimmt. Aber er ist nicht da und kann es mir nicht sagen.« Wenn er es denn überhaupt getan hätte.

»Und wo ist er?« Alcides Tonfall klang trügerisch ruhig.

»In Peru.«

Ich hatte auf meine Serviette hinabgesehen, die ich zu einem Fächer faltete. Als ich wieder aufblickte zu dem Mann neben mir, sah ich, wie dieser mit ungläubiger Miene auf mich herabstarrte.

»Er ist weg? Er hat dich damit ganz allein gelassen?« »Na, er wusste ja nicht, was passieren würde«, sagte ich, bemüht, es nicht wie eine Rechtfertigung klingen zu lassen. Dann erst dachte ich: Was sage ich da eigentlich? »Alcide, ich habe Bill, seit ich aus Jackson zurück bin, nicht mehr gesehen. Nur noch ein einziges Mal, als er kam, um mir zu sagen, dass er das Land verlässt.«

»Aber sie hat mir erzählt, du wärst wieder mit Bill zusammen«, sagte Alcide in einem sehr seltsamen Ton.

»Wer hat dir das erzählt?«

»Debbie. Wer sonst?«

Meine Reaktion war vermutlich nicht sehr schmeichelhaft. »Und du hast Debbie geglaubt?«

»Sie hat mir erzählt, auf dem Weg zu mir hätte sie bei Merlotte's reingeschaut und dich und Bill dort sehr, äh, vertraulich miteinander umgehen sehen.«

»Und du hast Debbie geglaubt?«, fragte ich erneut. Wer weiß, vielleicht würde er, wenn ich nur oft genug die Betonung wechselte, mir sagen, dass er bloß Witze machte.

Jetzt sah Alcide wirklich wie ein Schaf drein oder jedenfalls so schafsähnlich, wie es einem Werwolf möglich ist.

»Okay, das war dämlich«, gab er zu. »Die knöpf' ich mir vor.«

»Tu das.« Tja, tat mir echt leid, wenn das nicht allzu überzeugt klang. Aber das hatte ich schon einmal gehört.

»Und Bill ist wirklich in Peru?«

»Soweit ich weiß, ja.«

»Und du bist allein zu Hause mit Eric?«

»Eric weiß nicht, dass er Eric ist.«

»Er erinnert sich nicht daran, wer er ist?«

»Nein. Und an seinen Charakter erinnert er sich ganz offensichtlich auch nicht.«

»Sehr gut«, sagte Alcide düster. Er hatte Eric nie mit der nötigen Portion Humor sehen können, so wie ich. Ich war Eric gegenüber immer auf der Hut gewesen, aber seinen Sinn für Unsinn, seine Energie und seinen Charme hatte ich geschätzt.

Wenn bei einem Vampir überhaupt von Lebensfreude die Rede sein konnte, dann hatte Eric massenhaft davon.

»Machen wir uns auf den Weg zum Rudelführer«, sagte Alcide plötzlich sehr viel schlechter gelaunt. Wir standen von unserer Sitzbank in der Nische auf, nachdem er den Kaffee gezahlt hatte, und gingen ohne einen Anruf im Büro (»Wozu bin ich der Chef, wenn ich nicht einfach mal verschwinden kann?«). Dann half er mir in seinen Pick-up, und wir fuhren Richtung Innenstadt. Sicher glaubte Miss Verkniffen jetzt, dass wir in ein Motel oder in Alcides Wohnung verschwunden waren. Doch das war immer noch besser, als wenn sie herausgefunden hätte, dass ihr Chef ein Werwolf war.

Auf der Fahrt erzählte Alcide mir vom Rudelführer der Werwölfe, der ein Colonel der Luftwaffe im Ruhestand war, ehemals stationiert auf dem Luftwaffenstützpunkt Barksdale in Bossier City, das gleich neben Shreveport lag. Colonel Floods einziges Kind, eine Tochter, hatte einen Mann aus Shreveport geheiratet, und so war auch der Colonel hierher gezogen, um in der Nähe seiner Enkel zu sein.

»Ist seine Frau auch ein Werwolf?«, fragte ich. Wenn Mrs Flood ebenfalls ein Werwolf war, wäre auch ihre Tochter einer. Falls Werwölfe die ersten paar Monate überstehen, können sie recht lange leben, solange ihnen kein Unglück zustößt.

»Sie war einer, sie ist vor ein paar Monaten gestorben.«

Alcides Leitwolf wohnte in einem gutbürgerlichen Viertel mit lauter Häusern im Ranchstil auf kleinen Grundstücken. Colonel Flood sammelte gerade Kiefernzapfen in seinem Vorgarten auf. Eine sehr häusliche und friedvolle Tätigkeit für einen wichtigen Werwolf, wie mir schien. In meiner Vorstellung hatte ich ihn in der Uniform der Luftwaffe vor mir gesehen, aber er trug natürlich ganz normale zivile Freizeitkleidung. Sein volles Haar war weiß und sehr kurz geschnitten, und er trug einen Schnurrbart, der mit dem Lineal gezogen sein musste, so gerade, wie er war.

Der Colonel war nach Alcides Anruf sicher neugierig, doch er bat uns ganz entspannt ins Haus. Er klopfte Alcide auf die Schulter und war ausgesprochen höflich zu mir.

Das Haus war ebenso ordentlich gepflegt wie sein Schnurrbart und hätte jeder Inspektion standgehalten.

»Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Kaffee? Heiße Schokolade? Limonade?« Der Colonel wies in Richtung Küche, als ob dort ein Diener parat stünde und nur auf unsere Befehle wartete.

»Nein, danke«, sagte ich, mir schwappte noch der Kaffee von Applebee's im Magen. Colonel Flood bestand darauf, dass wir uns in den Salon setzten, einen ungemütlich schmalen, rechteckigen Raum mit einem Essbereich an dem einen Ende. Mrs Flood hatte anscheinend Porzellanvögel geliebt. Und zwar sehr. Ich fragte mich, wie die Enkel in diesem Wohnzimmer zurechtkamen, und legte meine Hände in den Schoß aus lauter Angst, dass ich sonst etwas umstoßen könnte.

»Was kann ich also für Sie tun?«, fragte Colonel Flood Alcide. »Wünschen Sie meine Erlaubnis, um zu heiraten?«

»Heute nicht«, erwiderte Alcide mit einem Lächeln. »Meine Freundin Sookie hat mir einige wichtige Informationen mitgeteilt. Sehr wichtige Informationen.« Das Lächeln auf seinen Lippen erstarb. »Und sie sollte auch Ihnen unbedingt erzählen, was sie weiß.«

»Und warum sollte ich mir das anhören?«

Mir war klar, dass er Alcide damit fragte, wer ich eigentlich war - wenn er mir zuhören musste, wollte er zumindest wissen, ob ich vertrauenswürdig war. Doch Alcide fühlte sich an meiner Stelle angegriffen.

»Ich hätte sie nicht mitgebracht, wenn es nicht wirklich wichtig wäre. Und ich hätte sie Ihnen nicht vorgestellt, wenn ich nicht mit meinem Blut für sie einstehen würde.«

Ich war nicht ganz sicher, was das bedeutete, interpretierte es aber so, dass Alcide für meine Aufrichtigkeit bürgte und anbot, dafür geradezustehen, wenn ich mich als nicht vertrauenswürdig erwies. Nichts war einfach in der Welt der übernatürlichen Geschöpfe.

»Lassen Sie Ihre Geschichte hören, junge Frau«, sagte der Colonel plötzlich geschäftsmäßig.

Ich erzählte alles, was ich schon Alcide erzählt hatte, nur ohne die persönlichen Angelegenheiten.

»Wo wohnt dieser Hexenzirkel?«, fragte er mich, als ich fertig war. Ich sagte ihm, was ich in Hollys Gedanken gelesen hatte.

»Das reicht nicht«, erwiderte Flood knapp. »Alcide, wir brauchen die Spurenleser.«

»Ja, Sir.« Alcides Augen funkelten.

»Ich werde sie anrufen. Was ich hier gehört habe, lässt mich etwas Merkwürdiges, das letzte Nacht passierte, noch einmal überdenken. Adabelle ist nicht zum Treffen des Planungskomitees erschienen.«

Alcide wirkte bestürzt. »Das bedeutet nichts Gutes.«

Sie versuchten sich vor mir verschlüsselt zu verständigen, doch ich konnte ohne größere Schwierigkeiten lesen, was sich da zwischen den beiden Werwölfen abspielte. Flood und Alcide fragten sich, ob ihre - hmm, Vizepräsidentin? - Adabelle das Treffen aus irgendeinem harmlosen Grund verpasst hatte oder ob der neue Hexenzirkel sie verleiten konnte, sich ihm anzuschließen und sich gegen das eigene Rudel zu wenden.

»Adabelle war schon eine Weile über die Rudelführung verärgert«, erzählte Colonel Flood Alcide mit dem Anflug eines Lächelns auf den Lippen. »Ich hatte gehofft, dass sie ihre Wahl zu meiner Stellvertreterin als ausreichend großes Entgegenkommen betrachtet.«

Den einzelnen Informationsfetzen aus den Gedanken des Leitwolfs entnahm ich, dass das Shreveport-Rudel wohl stark patriarchalisch organisiert war. Und Adabelle, eine moderne Frau, empfand Colonel Floods Rudelführung als erdrückend.

»Neue Machtverhältnisse... das könnte ihr gefallen«, sagte Colonel Flood nach einer deutlich wahrnehmbaren Pause. »Wenn die Eindringlinge schon irgendetwas über unser Rudel wissen, würden sie es sicher zuerst bei Adabelle versuchen.«

»Ich glaube nicht, dass Adabelle das Rudel je verraten würde, ganz egal wie unzufrieden sie mit dem Status quo sein mag«, sagte Alcide, und er klang sehr überzeugt. »Aber wenn sie gestern Abend nicht zu dem Treffen gekommen ist und Sie sie heute Morgen telefonisch nicht erreichen konnten, dann mache ich mir wirklich Sorgen.«

»Vielleicht schauen Sie nach Adabelle, während ich das Rudel in Alarmbereitschaft versetze«, schlug Colonel Flood vor. »Das heißt, wenn Ihre Freundin nichts dagegen hat.«

Besagte Freundin sollte vielleicht besser ihren Hintern wieder nach Bon Temps bewegen und nach ihrem zahlenden Gast schauen. Besagte Freundin sollte vielleicht endlich weiter nach ihrem Bruder suchen. Obwohl mir, ehrlich gesagt, nicht das Geringste einfiel, was meine Suche nach Jason voranbringen würde, und es blieben noch zwei Stunden, bis Eric aufstand.

»Colonel, Sookie ist kein Rudelmitglied«, sagte Alcide, »und daher sollte sie auch keine Rudelpflichten übernehmen. Sie hat eigene Probleme genug, und die hat sie zurückgestellt, nur um uns über ein Riesenproblem zu informieren, von dem wir noch nicht einmal etwas ahnten. Wir hätten davon wissen müssen. Irgendjemand in unserem Rudel ist nicht aufrichtig zu uns.«

Colonel Floods Miene verzog sich, als hätte er einen lebenden Aal verschluckt. »Sie haben Recht«, sagte er. »Vielen Dank, Miss Stackhouse, dass Sie sich die Zeit genommen haben und nach Shreveport gekommen sind, um Alcide von unserem Problem zu berichten... von dem wir hätten wissen müssen.«

Ich nickte ihm zu.

»Ja, Sie haben ganz Recht, Alcide. Einer von uns hat von der Anwesenheit eines weiteren Rudels in der Stadt gewusst.«

»Wegen Adabelle rufe ich Sie an«, sagte Alcide.

Der Colonel nahm den Hörer vom Telefon und sah in einem in rotes Leder gebundenen Buch nach, ehe er wählte. Er blickte seitwärts zu Alcide hinüber. »In ihrer Boutique hebt keiner ab.« Er strahlte so viel Wärme aus wie ein Heizlüfter. Da die Temperatur in Colonel Floods Haus der Kälte draußen in nichts nachstand, war mir das ganz recht.

»Sookie sollte zu einer Freundin des Rudels ernannt werden.«

Das war mehr als bloße Anerkennung, da war ich sicher. Alcide hatte hier etwas sehr Bedeutsames ausgesprochen, aber er würde es nicht erklären. So langsam ermüdeten mich diese ständigen rätselhaften Gespräche voller Andeutungen um mich herum.

»Entschuldigung, Alcide, Colonel«, sagte ich so höflich wie möglich. »Könnte Alcide mich wohl zu meinem Auto zurückfahren? Sie scheinen ja nun einiges vorzuhaben.«

»Natürlich«, sagte der Colonel, und ich spürte, dass er froh war, mich aus dem Weg zu haben. »Alcide, ich sehe Sie hier wieder in... einer Dreiviertelstunde etwa? Wir sprechen dann darüber.«

Alcide sah auf seine Uhr und stimmte widerstrebend zu. »Ich könnte vielleicht gleich bei Adabelle zu Hause vorbeifahren, wenn ich Sookie zu ihrem Auto fahre«, sagte er, und der Colonel nickte.

»Keine Ahnung, warum Adabelle in ihrer Boutique nicht ans Telefon geht. Aber ich glaube einfach nicht, dass sie zu diesem Hexenzirkel übergelaufen ist«, erklärte Alcide mir, als wir wieder in seinem Pick-up saßen. »Adabelle wohnt mit ihrer Mutter zusammen, und sie verstehen sich nicht allzu gut. Dort werden wir zuerst vorbeifahren. Adabelle ist Floods Stellvertreterin und außerdem unsere beste Spurenleserin.«

»Was können die Spurenleser denn tun?«

»Zum Beispiel ins Fangtasia gehen und von dort aus der Duftspur folgen, die die Hexen zurückgelassen haben. Das könnte sie zur Behausung der Hexen führen. Und wenn sie den Duft verlieren, bleibt uns immer noch, die anderen Hexen von Shreveport um Hilfe zu bitten. Die müssen sich doch genauso große Sorgen machen wie wir.«

»Im Fangtasia, fürchte ich, wurden alle Duftspuren bereits von den Leuten vom Notdienst verwischt«, sagte ich bedauernd. Das wäre doch mal ein Bild gewesen, ein Werwolf auf Spurensuche quer durch die Stadt. »Und Hallow ist schon mit allen anderen Hexen der Umgebung in Kontakt getreten. Ich habe mit einer Wicca in Bon Temps gesprochen, die nach Shreveport eingeladen war zu einem Treffen mit Hallows Bande.«

»Das hat größere Ausmaße, als ich dachte. Aber ich bin sicher, das Rudel wird damit fertig.« Alcide klang ziemlich zuversichtlich.

Er fuhr aus der Auffahrt des Colonels heraus, und schon waren wir wieder auf dem Weg durch Shreveport. An diesem einen Tag sah ich mehr von der Stadt als in meinem ganzen bisherigen Leben.

»Wessen Idee war es eigentlich, dass Bill nach Peru geht?«, fragte Alcide plötzlich.

»Keine Ahnung.« Ich war verblüfft über den Themenwechsel. »Ich glaube, die seiner Königin.«

»Hat er das dir gegenüber so gesagt?«

»Nein.«

»Es wurde ihm vielleicht befohlen, dorthin zu gehen.«

»Anzunehmen.«

»Wer hat die Macht, so etwas zu befehlen?«, fragte Alcide, als würde mir mit der Antwort ein Licht aufgehen.

»Eric, natürlich.« Eric war immerhin Sheriff von Bezirk Fünf. »Und die Königin.« Das war Erics Boss, die Königin von Louisiana. Ja, ja, ich weiß, das klingt ziemlich albern. Aber die Vampire hielten ihre Machtstrukturen für ein Wunder an moderner Organisation.

»Und jetzt ist Bill weg, und Eric wohnt bei dir zu Hause.« Alcides Tonfall forderte mich geradezu heraus, eine nur allzu offensichtliche Schlussfolgerung zu ziehen.

»Du meinst, Eric hat diese ganze Sache inszeniert? Du meinst, er hat Bill außer Landes geschickt, hat Hexen in Shreveport einfallen und sich mit einem Fluch belegen lassen, ist halbnackt durch die eisige Kälte gerannt, als er mich in der Nähe vermutete, und hoffte dann einfach, ich würde ihn mitnehmen und Pam, Chow und mein Bruder würden die Bedingungen aushandeln, unter denen er bei mir wohnen kann?«

Alcide wirkte absolut geplättet. »Soll das heißen, du hast selbst schon an so was gedacht?«

»Alcide, ich mag nicht sonderlich gebildet sein, aber blöd bin ich nicht.« Versucht es mal mit höherer Bildung, wenn ihr die Gedanken sämtlicher Klassenkameraden lesen könnt und natürlich auch die des Lehrers. Doch Bücher habe ich geradezu verschlungen, darunter sogar jede Menge richtig anspruchsvolle. Inzwischen lese ich natürlich meist Krimis und Liebesromane. So habe ich mir ziemlich viel ausgefallenes Wissen angeeignet und einen großen Wortschatz auch. »Klar ist doch wohl, dass Eric sich kaum freiwillig in solche Schwierigkeiten bringen würde, nur um mich ins Bett zu kriegen. Oder glaubst du das etwa?« Natürlich tat er das, ich wusste es. Werwolf oder nicht, so viel konnte ich ohne weiteres erkennen.

»So gesehen ...« Alcide wirkte immer noch nicht überzeugt. Dies war schließlich der Mann, der Debbie Pelt geglaubt hatte, als sie erzählte, ich wäre wieder fest mit Bill zusammen.

Ich überlegte, ob ich nicht irgendeine Hexe finden könnte, die einen Wahrheitsfluch über Debbie Pelt aussprach. Ich verachtete sie - sie war grausam zu Alcide gewesen, hatte mich schwer verletzt, ein Loch in mein Lieblingskleid gebrannt und - o ja - versucht, mich umbringen zu lassen. Außerdem hatte sie eine alberne Frisur.

Wäre Alcide, wenn er von meiner Trennung von Bill gewusst hätte, bei mir vorbeigekommen? Hätte da eins zum anderen geführt?

Na, sicher hätte es das. Und ich wäre jetzt mit ihm zusammen, mit einem Typen, der Debbie Pelt jedes Wort glaubte.

Ich blickte zu Alcide hinüber und seufzte. Dieser Mann war in vielerlei Hinsicht nahezu perfekt. Mir gefiel, wie er aussah, ich verstand, wie er dachte, und er verhielt sich mir gegenüber äußerst aufmerksam und rücksichtsvoll. Okay, er war ein Werwolf, aber auf die ein, zwei Nächte pro Monat konnte ich gut verzichten. Und stimmt, laut Alcide könnte ich Schwierigkeiten haben, ein Kind von ihm bis zur Geburt auszutragen. Aber es wäre immerhin möglich. Von einem Vampir schwanger zu werden war total ausgeschlossen.

Moment. Alcide hatte nie den Wunsch geäußert, der Vater meiner Kinder zu werden, und er traf sich immer noch mit Debbie. Was war eigentlich aus ihrer Verlobung mit diesem anderen Typen geworden?

Die weniger großmütige Seite meiner Persönlichkeit - mal vorausgesetzt, meine Persönlichkeit besaß überhaupt eine großmütige Seite - hoffte, dass Alcide schon sehr bald Debbie als das Biest erkennen möge, das sie war, und schließlich dieser Einsicht Taten folgen lassen würde. Egal, ob sich Alcide danach mir zuwandte oder nicht, etwas Besseres als Debbie Pelt hatte er allemal verdient.

Adabelle Yancy und ihre Mutter wohnten in einer Sackgasse in einem Stadtviertel der gehobenen Mittelschicht, das nicht allzu weit vom Fangtasia entfernt war. Ihr Haus lag auf einem leicht hügeligen grünen Grundstück und höher als die Straße, so dass die Auffahrt eine kleine Steigung aufwies, bevor sie zur Rückseite des Gebäudes führte. Ich dachte, Alcide würde an der Straße parken und wir würden den gepflasterten Weg zum Vordereingang hinaufgehen. Doch er schien seinen Pick-up nicht für jedermann sichtbar stehen lassen zu wollen. Ich warf einen prüfenden Blick die Sackgasse hinunter, sah aber niemanden, schon gar nicht jemanden, der das Haus beobachtete.

An der Rückseite des Hauses war im rechten Winkel eine offene Garage mit Stellplätzen für drei Autos angebaut, die so sauber wie aus dem Ei gepellt wirkte. Man hätte meinen können, dass hier noch nie ein Auto geparkt hatte und der glänzende Subaru sich zufällig in diese Gegend verirrt haben musste. Wir kletterten aus dem Pick-up.

»Das ist der Wagen von Adabelles Mutter.« Alcide runzelte die Stirn. »Sie hat eine Boutique für Brautmoden. Ich wette, von der hast du schon gehört - Verena Rose. Verena hat sich allerdings aus dem Geschäft zurückgezogen und zur Ruhe gesetzt, kommt aber noch oft genug dort vorbei, um Adabelle ganz verrückt zu machen.«

Ich war noch nie in der Boutique gewesen, aber jede Braut aus besseren Kreisen wollte unbedingt dort einkaufen. Es musste ein wirklich einträgliches Geschäft sein. Das Backsteinhaus hier war jedenfalls in fabelhaftem Zustand und nicht älter als zwanzig Jahre. Das Grundstück war eingezäunt, der Rasen äußerst gepflegt und der Garten schön angelegt.

Als Alcide an die Hintertür klopfte, flog sie sofort auf. Die Frau, die im Türrahmen auftauchte, sah ebenso sauber und adrett aus wie das Haus und das Grundstück. Ihr stahlgraues Haar war ordentlich am Hinterkopf aufgesteckt, und sie trug ein gedecktes olivgrünes Kostüm zu braunen Pumps mit flachen Absätzen. Ihr Blick wanderte von Alcide zu mir, fand aber nicht, wonach er suchte. Sie drückte die Tür des gläsernen Windfangs auf.

»Alcide, wie schön, Sie zu sehen«, log sie verzweifelt. Diese Frau war vollkommen durcheinander.

Alcide warf ihr einen langen Blick zu. »Es gibt Schwierigkeiten, Verena.«

Wenn ihre Tochter ein Mitglied des Rudels war, dann war auch Verena selbst ein Werwolf. Neugierig musterte ich die Frau, sie erschien mir wie eine jener Freundinnen meiner Großmutter, die mehr Glück im Leben gehabt hatten. Verena Rose Yancy war eine attraktive Frau Ende sechzig, die mit einem gesicherten Einkommen und einem eigenen Haus gesegnet war. Ich konnte mir ganz und gar nicht vorstellen, wie diese Frau auf allen vieren mit großen Sätzen über ein Feld rannte.

Ganz offensichtlich war es Verena völlig egal, welche Schwierigkeiten Alcide hatte. »Haben Sie meine Tochter gesehen?«, fragte sie, und panische Angst stand in ihren Augen, während sie auf seine Antwort wartete.

»Nein«, sagte Alcide. »Aber der Rudelführer hat uns auf die Suche nach ihr geschickt. Gestern Abend ist sie zu einem Treffen der Rudelführung nicht erschienen.«

»Sie hat mich gestern Abend von der Boutique aus angerufen. Sie sagte, sie hätte noch überraschend einen Termin mit einer Kundin, die kurz vor Ladenschluss angerufen hat.« Die Frau rang buchstäblich die Hände. »Ich mache mir solche Sorgen.«

»Haben Sie seitdem wieder etwas von ihr gehört?«, fragte ich so sanft, wie es mir möglich war.

»Als ich gestern Abend zu Bett ging, war ich sehr wütend auf sie«, sagte Verena und sah mich zum ersten Mal direkt an. »Ich dachte, sie würde die Nacht mit einer ihrer Freundinnen verbringen.« Sie zog die Augenbrauen hoch, damit ich ihre Anspielung auch verstand. Ich nickte. »Sie hat mir nie im Voraus Bescheid gesagt, immer hieß es nur: >Du siehst ja, wann ich zurück bin< oder >Wir sehen uns dann morgen früh in der Boutique< oder irgendwas in der Art.« Ein Schauder durchfuhr Verenas schlanken Körper. »Aber sie ist nicht nach Hause gekommen, und in der Boutique geht sie auch nicht ans Telefon.«

»Ist die Boutique denn heute geöffnet?«, fragte Alcide.

»Nein, Mittwoch ist unser Ruhetag. Aber sie geht trotzdem immer hin, um die Buchhaltung zu machen oder anderen Papierkram zu erledigen. Das tut sie immer«, wiederholte Verena.

»Alcide und ich könnten ja für Sie bei der Boutique vorbeifahren und mal nachsehen«, schlug ich vorsichtig vor. »Vielleicht hat sie eine Nachricht hinterlassen.« Sie war nicht die Sorte Frau, der man begütigend den Arm tätschelte, daher unterließ ich diese ganz natürliche Geste und schloss einfach die Glastür des Windfangs, damit klar für sie war, dass sie zu Hause bleiben und nicht mit uns kommen sollte. Sie verstand es nur zu gut.

»Verena Roses Boutique für Brautmoden« lag in einem gediegenen alten Haus inmitten eines Blocks ähnlich umgebauter zweistöckiger Gebäude. Das Haus war wunderschön renoviert und genauso sorgfältig gepflegt wie das Wohnhaus der Yancys, und es wunderte mich gar nicht, dass die Boutique ein solches Ansehen genoss. Die weißgestrichenen Backsteinmauern, die dunkelgrünen Fensterläden, das schwarz glänzende schmiedeeiserne Geländer der Treppe und die Messingbeschläge an der Tür, all das kündete von Eleganz und Aufmerksamkeit für jedes Detail. Ich verstand sofort, wieso jede Frau, die auf gesellschaftliches Ansehen hoffte, hier ihr Hochzeitskleid kaufen wollte.

Das Haus stand etwas zurückgesetzt von der Straße, der Parkplatz lag an der rückwärtigen Seite, und in die Vorderfront war ein sehr großes Schaufenster eingebaut. In diesem Fenster stand eine Schaufensterpuppe ohne Gesicht, die eine schimmernde braune Perücke trug. Anmutig hielt sie einen atemberaubend schönen Blumenstrauß in den Armen. Und selbst vom Pick-up aus konnte ich bereits erkennen, dass das Brautkleid mit der reich bestickten Schleppe einfach sensationell war.

Wir parkten in der Auffahrt und gingen den gepflasterten Weg hinauf. Dann begann Alcide plötzlich zu fluchen. Einen Moment lang glaubte ich, eine Invasion von Ungeziefer hätte das Schaufenster heimgesucht und sich auf dem schneeweißen Kleid ausgebreitet. Doch nach dieser Schrecksekunde merkte ich, dass diese Flecken Blutspritzer waren.

Das Blut war auf den weißen Brokat gespritzt und dort getrocknet. Es sah aus, als wäre die Schaufensterpuppe verwundet, und für einen Augenblick zog ich diesen verrückten Gedanken tatsächlich in Erwägung. In den letzten paar Monaten waren mir eine ganze Menge unglaubliche Sachen untergekommen.

»Adabelle«, sagte Alcide flehend.

Wir standen am Fuß der Stufen, die zum Eingang hinaufführten, und starrten in das Schaufenster. Im Glaseinsatz der Tür hing ein Schild mit der Aufschrift geschlossen und dahinter war die Jalousie heruntergelassen. Aus diesem Haus strömten mir keine Gedankenwellen eines lebenden Wesens entgegen. Das hatte ich bereits überprüft. So eine Überprüfung war eine gute Sache, das hatte ich auf schmerzliche Weise lernen müssen.

»Alles tot«, sagte Alcide und hielt sein Gesicht in den leichten, kühlen Wind, die Augen geschlossen, um sich besser konzentrieren zu können. »Alles tot, drinnen und draußen.«

Ich hielt mich an dem geschwungenen schmiedeeisernen Treppengeländer fest und erklomm die erste Stufe. Ich sah mich um. Mein Blick blieb schließlich an etwas im Blumenbeet unterhalb des Schaufensters hängen, an etwas Blassem, das sich deutlich gegen die krümelige Kiefernrinde auf dem Beet abhob. Ich stupste Alcide an und zeigte wortlos darauf.

Dort lag neben einer gestutzten und zurückgebundenen Azalee eine Hand - ganz unbefestigt. Ich spürte, wie ein Schauder durch Alcides Körper ging, als er begriff, was er dort sah. In solchen Situationen gibt es ja diesen Augenblick, in dem man versucht, alles Mögliche in dem zu erkennen, was man sieht, nur das nicht, was es ist.

»Warte hier«, murmelte Alcide mit heiserer Stimme.

Das war mir nur recht.

Doch als er die unverschlossene Eingangstür öffnete, um die Boutique zu betreten, sah ich sofort, was gleich dahinter auf dem Boden lag. Ich musste einen lauten Aufschrei unterdrücken.

Zum Glück besaß Alcide ein Handy. Er rief Colonel Flood an, erzählte ihm, was passiert war, und bat ihn, zu Mrs Yancy zu fahren. Dann rief er die Polizei an. Darum kamen wir einfach nicht herum. In diesem Teil der Stadt war viel los, und es war gut möglich, dass uns jemand auf den Stufen zur Eingangstür der Boutique gesehen hatte.

Das war wirklich ein Tag wie gemacht dafür, Leichen zu finden - für mich und auch für die Polizei von Shreveport. Soweit ich wusste, gab es unter den Einsatzkräften auch einige Vampire, aber die übernahmen natürlich immer die Nachtschichten, also sprachen wir mit den guten alten menschlichen Polizisten. Es war kein einziger Werwolf oder Gestaltwandler unter ihnen, nicht mal irgendein Mensch, der Gedanken lesen konnte. All diese Polizisten waren ganz normale Leute, die uns für tendenziell verdächtig hielten.

»Was wollten Sie eigentlich hier?«, fragte Detective Coughlin, der braunes Haar, ein wettergegerbtes Gesicht und einen Bierbauch hatte, der der Stolz eines jeden Brauereipferds gewesen wäre.

Alcide wirkte überrascht. So weit hatte er gar nicht gedacht, was nicht weiter verwunderlich war. Ich hatte Adabelle, als sie noch am Leben gewesen war, nicht gekannt, und ich hatte auch, im Gegensatz zu ihm, keinen Fuß in diese Boutique für Brautmoden gesetzt. Nicht ich hatte den schlimmsten Schock erlebt. Also war es an mir, den Faden aufzunehmen.

»Das war meine Idee, Detective«, sagte ich prompt. »Meine Großmutter, die letztes Jahr starb, sagte mir immer: >Wenn du ein Hochzeitskleid brauchst, Sookie, geh zu Verena Rose.< Ich habe gar nicht daran gedacht, vorher anzurufen und zu fragen, ob heute geöffnet ist.«

»Sie und Mr Herveaux wollen also heiraten?«

»Ja«, antwortete Alcide, zog mich an sich und legte einen Arm um mich. »Wir sind praktisch schon auf dem Weg zum Altar.«

Ich lächelte, aber natürlich auf angemessen zurückhaltende Weise.

»Nun, da gratuliere ich.« Detective Coughlin beäugte uns nachdenklich. »Miss Stackhouse, Sie haben Adabelle Yancy also nie persönlich getroffen?«

»Ich habe wohl mal die ältere Mrs Yancy getroffen, als ich noch ein kleines Mädchen war«, sagte ich vorsichtig. »Aber ich erinnere mich nicht an sie. Alcides Familie kennt die Yancys natürlich. Er wohnt schließlich schon sein ganzes Leben hier.« Und sie sind ja alle Werwölfe.

Coughlin konzentrierte sein Interesse immer noch auf mich. »Und Sie haben die Boutique nicht betreten? Nur Mr Herveaux?«

»Alcide ist reingegangen, während ich hier draußen gewartet habe.« Ich versuchte, zart und zerbrechlich zu wirken, was mir nicht ganz leicht fällt. Ich bin gesund und athletisch, und wenn ich auch keine Kugelstoßerin bin, so doch sicher auch nicht Kate Moss. »Ich habe diese - diese Hand gesehen. Da bin ich lieber draußen geblieben.«

»Eine gute Idee«, erwiderte Detective Coughlin. »Das da drinnen ist nicht für jedermanns Augen geeignet.« Er wirkte um zwanzig Jahre gealtert, als er das aussprach. Es tat mir leid, dass sein Beruf so hart war. Er dachte, dass die beiden wüst zugerichteten Leichen dort in dem Haus eine Vernichtung von zwei guten Leben waren und die Tat von jemandem, den er nur zu gern verhaften würde. »Hat einer von Ihnen eine Ahnung, warum jemand zwei Ladys wie diese derart zerfetzen wollte?«

»Zwei?«, sagte Alcide langsam und benommen.

»Zwei?«, sagte auch ich, weniger zurückhaltend.

»Ja, zwei«, sagte der Detective schleppend. Er wollte unsere Reaktionen sehen, und nun hatte er sie gesehen. Was er darüber dachte, würde ich noch herausbekommen.

»Die Armen«, sagte ich, und die Tränen, die meine Augen füllten, waren echt. Es war wohltuend, dass ich mich an Alcides Brust lehnen konnte; und als hätte er meine Gedanken gelesen, zog er den Reißverschluss seiner Lederjacke herunter und schlang die offenen Seiten um mich, damit mir wärmer wurde. »Wenn eine von ihnen Adabelle Yancy ist, wer ist dann die andere?«

»Es ist nicht viel übrig von der anderen«, erwiderte Coughlin, ehe er sich selbst ermahnte, den Mund zu halten.

»Sie lagen irgendwie durcheinander da«, sagte Alcide leise. Er war erschüttert. »Ich wusste nicht... wenn ich analysiert hätte, was ich sah...«

Obwohl ich Alcides Gedanken nicht sehr deutlich lesen konnte, erkannte ich seine Überlegung, dass Adabelle wohl eine ihrer Angreiferinnen erledigt haben musste. Und als der Rest der Gruppe verschwand, hatten sie nicht alle entsprechenden Teile erwischt.

»Und Sie sind aus Bon Temps, Miss Stackhouse?«, fragte der Detective, fast wie in Gedanken.

»Ja, Sir«, sagte ich und versuchte, meine Gedanken davon loszureißen, wie die letzten Momente von Adabelle ausgesehen haben mochten.

»Wo arbeiten Sie?«

»In Merlotte's Bar & Grill«, sagte ich. »Als Kellnerin.«

Während ihm der unterschiedliche soziale Status von Alcide und mir dämmerte, schloss ich die Augen und lehnte meinen Kopf gegen Alcides Brust. Detective Coughlin fragte sich, ob ich schwanger war; ob Alcides Vater, ein bekannter und wohlhabender Bürger Shreveports, einer solchen Heirat zustimmen würde. Und er konnte verstehen, warum ich ein teures Hochzeitskleid wollte, wenn ich einen Herveaux heiratete.

»Tragen Sie gar keinen Verlobungsring, Miss Stackhouse?«

»Ach, wir halten nicht viel von einer langen Verlobungszeit«, sagte Alcide. Ich hörte seine Stimme in seinem Brustkorb dröhnen. »Sie bekommt ihren Diamanten am Hochzeitstag.«

»Du Schuft«, neckte ich ihn liebevoll und stieß ihn in die Rippen, so fest ich konnte, ohne dass es zu sehr auffiel.

»Autsch«, protestierte er.

Irgendwie hatte diese kleine Einlage Detective Coughlin davon überzeugt, dass wir wirklich verlobt waren. Er notierte sich unsere Telefonnummern und Adressen und ließ uns gehen. Alcide war genauso erleichtert wie ich.

Bei der nächsten Gelegenheit, die ein wenig Abgeschiedenheit bot, hielten wir am Straßenrand - neben einem kleinen Park, der zu dieser kalten Jahreszeit weitgehend verlassen dalag -, und Alcide rief erneut Colonel Flood an. Ich wartete im Pick-up, während Alcide auf dem toten Rasen auf und ab ging, gestikulierte, seine Stimme erhob und so sein Entsetzen und seine Wut wenigstens etwas abreagieren konnte. Ich hatte gespürt, wie sich diese Emotionen in ihm aufbauten. Wie so vielen Männern fiel es Alcide nicht leicht, Gefühle auszudrücken. Das machte ihn irgendwie vertrauter und liebenswerter.

Liebenswerter? Ich sollte besser gleich wieder aufhören, so zu denken. Die Verlobung hatte ausschließlich für Detective Coughlin stattgefunden. Wenn Alcide für irgendjemand »liebenswert« war, dann war das die hinterhältige Debbie.

Als Alcide wieder in den Pick-up kletterte, machte er ein finsteres Gesicht.

»Ich fahre jetzt besser zurück ins Büro und setze dich bei deinem Auto ab«, sagte er. »Das alles tut mir furchtbar leid.«

»Das sollte wohl eher ich zu dir sagen.«

»An dieser Situation ist keiner von uns schuld«, sagte er bestimmt. »Keiner von uns wäre darin verwickelt, wenn wir es hätten vermeiden können.«

»Das ist weiß Gott wahr.« Nachdem ich eine Minute über die komplizierte übernatürliche Welt nachgedacht hatte, fragte ich Alcide nach Colonel Floods Plänen.

»Wir kümmern uns um die Sache«, sagte Alcide. »Tut mir leid, Sook, ich kann dir nicht erzählen, was wir vorhaben.«

»Wird es gefährlich für dich werden?«, fragte ich. Es rutschte mir einfach heraus.

Inzwischen waren wir beim Firmengebäude der Herveaux angekommen, und Alcide parkte seinen Pick-up neben meinem alten Auto. Er wandte sich mir zu und griff nach meiner Hand. »Mir wird nichts passieren. Mach dir keine Sorgen«, sagte er sanft. »Ich rufe dich an.«

»Vergiss es nicht«, erwiderte ich. »Ich muss dir noch erzählen, was die Hexen unternommen haben, um Eric zu finden.« Alcide wusste noch nichts von den überall aufgehängten Plakaten und der Belohnung. Er runzelte die Stirn, als ihm klar wurde, wie clever dieser Trick war.

»Debbie wollte eigentlich heute Abend hier vorbeikommen, so gegen sechs«, sagte er und sah auf seine Uhr. »Zu spät, um ihr noch abzusagen.«

»Wenn ihr eine große Aktion plant, könnte sie euch doch helfen«, schlug ich vor.

Er warf mir einen scharfen Blick zu. Ein Blick wie ein spitzer Stock, den er mir geradewegs ins Auge stechen wollte. »Sie ist eine Gestaltwandlerin und kein Werwolf«, erinnerte er mich abwehrend.

Vielleicht verwandelte sie sich ja in ein Wiesel oder in eine Ratte.

»Natürlich«, sagte ich ernsthaft. Ich biss mir buchstäblich auf die Lippen, damit keine der Bemerkungen entschlüpfte, die mir auf der Zunge lagen. »Alcide, glaubst du, dass die andere Leiche Adabelles Freundin gewesen ist? Oder irgendjemand, der zufällig gerade in der Boutique bei Adabelle war, als die Hexen kamen?«

»Da die zweite Leiche zu großen Teilen unvollständig war, ist es hoffentlich eine der Hexen gewesen. Und ich hoffe, Adabelle hat sich gewehrt.«

»Das hoffe ich auch.« Ich nickte. »Ich fahre jetzt besser nach Bon Temps zurück. Eric wird bald aufwachen. Und vergiss nicht, deinem Vater zu erzählen, dass wir verlobt sind.«

Sein Gesichtsausdruck war das einzig Lustige an diesem Tag.