Eingesperrt!

Eine Alarmsirene heulte auf. Der lang gezogene Laut erfüllte die Korridore und Kammern der KARTHAGO und schmerzte in den Ohren.

Gleich darauf drang Bischofs Stimme aus den Lautsprechern.

»Achtung! Kinder, ihr müsst jetzt genau zuhören! Verschließt alle Schotts, verbarrikadiert euch, wo ihr gerade seid! Sofort!«

Chris schaute von den Monitoren auf. Der wütende Riesenhai zog noch immer seine Bahnen um die Station. Das grelle Licht der Scheinwerfer, verbunden mit der allgegenwärtigen Helligkeit des Hexenstrahls, verwirrte ihn. Er streifte immer wieder um den Turm der KARTHAGO und behielt die beiden Kapseln an seiner Spitze im Blick.

»Was ist denn jetzt wieder los?«, fragte Nils erschrocken, als die aufgeregte Stimme des Forschers aus den Lautsprechern peitschte.

»Keine Ahnung«, gab Chris zurück.

»Schließt sofort alle Türen!«, wiederholte Bischof. »Hier sind –«

Er brach ab, und statt seiner meldete sich der Professor zu Wort. Seine Stimme drohte, sich zu überschlagen. »Hexenfische!«, brüllte er ins Mikrofon. »Das Arkanum hat uns reingelegt! Die Kapsel war voller Hexenfische. Zehn, zwanzig von ihnen. Verschließt die Türen, ganz egal, wo ihr steckt! Schnell!«

Nils eilte zum Eingang der Zentrale. Er warf einen Blick hinaus auf den Korridor.

»Was siehst du?« Chris sprang aus dem Kommandosessel, fiel vor Aufregung über seine eigenen Füße und klatschte der Länge nach auf den Boden; dabei verfehlte seine Stirn nur um Haaresbreite die Kante des Radartischs.

»Nichts«, gab Nils zurück. Seine Stimme war nur ein Hauch.

»Mach die Tür zu!« Chris rappelte sich auf.

Nils starrte angespannt den Korridor hinunter. Die nächste Gangbiegung war etwa fünf Meter entfernt. Dahinter erklang jetzt ein geisterhaftes Rauschen. »Oh nein!«, flüsterte er.

»Mensch, die Tür!«, schrie Chris, sprang neben Nils und hieb mit der Faust auf den Knopf, mit dem sich das Schott schließen ließ.

Um die Gangbiegung sausten Hexenfische – eine Kette glitzernder, schnappender Leiber, silberne Blitze aus Schuppen und Zähnen.

Das Schott schloss sich mit einem metallischen Klicken.

Von außen hieb etwas dagegen wie die Faust eines Riesen. Noch einmal. Und noch einmal. Immer mehr Hexenfische krachten gegen das Schott, versuchten, sich in ihrer maßlosen Wut Einlass zu verschaffen.

Doch der Stahl hielt ihren Angriffen stand. Nicht einmal die tödlichen Fänge der Bestien vermochten den Titanverkleidungen der Tür etwas anzuhaben.

Nils erwachte wie aus einer Trance. »Tut … tut mir Leid«, stöhnte er. »Ich war wie … wie gelähmt …«

»Schon gut«, gab Chris zurück und klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. »Ist ja gut gegangen.«

Nils nickte und atmete tief durch. Dann aber weiteten sich seine Augen plötzlich in heilloser Panik.

»Und die Mädchen?«, fragte er leise.

 

Kyra und Lisa hatten gerade den Medizinraum verlassen, als der Alarmruf der beiden Männer aus den Lautsprechern der Station schallte.

»Verschließt die Türen, ganz egal, wo ihr steckt!«, brüllte der Professor. »Schnell!«

»Hexenfische?«, flüsterte Lisa benommen.

»Komm, hier rein!«, rief Kyra, die sich rascher fasste als ihre Freundin. Sie zog Lisa am Arm durch den Eingang der Hauptschleuse in die Halle, in deren Zentrum das Shuttle ruhte. Beide ließen die Kisten und Verbandsrollen fallen, die sie gerade erst im Medizinraum zusammengesucht hatten.

»Wo ist der Knopf für die Tür?« Kyra schaute sich aufgeregt um. »Kannst du ihn irgendwo sehen?«

»Vielleicht auf der anderen Seite«, meinte Lisa.

So schnell sie konnten, stürmten sie durch die Halle. Am gegenüberliegenden Ende blinkten mehrere Lampen in der Wand, aber eine Schaltkonsole war nirgends zu finden.

»Na großartig!« Kyra begriff, dass sie sich selbst in eine Falle manövriert hatten. Die Hauptschleuse ließ sich nur von der Zentrale aus steuern – kein Wunder, dem Wasserdruck der gefluteten Halle hätte kein Schaltpult standhalten können. Die stählernen Wände waren, von ein paar Lichtsignalen abgesehen, vollkommen kahl.

»Zurück in den Medizinraum«, schlug Lisa vor.

Kyra nickte und rannte los.

Gemeinsam passierten sie das Shuttle gerade in jenem Augenblick, als in der offenen Tür der Schleuse ein silberner Schemen verharrte. Der Hexenfisch war mit solchem Tempo herangeflogen, dass es ihm schwer fiel stillzustehen – seine eigene Kraft trieb ihn noch ein, zwei Meter weiter in die Halle hinein.

»Mist!«, fluchte Kyra.

Hinter dem ersten Fisch tauchten drei weitere auf. Die teuflischen Kreaturen waren vom verschlossenen Schott der Zentrale aus geradewegs hierher weitergeflogen. Sie konnten ihre menschlichen Opfer auch auf große Entfernungen wittern.

»Was jetzt?«, rief Lisa.

»Ins Shuttle!«

Kyra sprang behände durch das offen stehende Schott des Tauchfahrzeugs. Lisa war direkt hinter ihr. Mit einem Knopfdruck verschloss Kyra das Schott, ein zweiter ließ die Monitore aufflammen. Die Bilder der Shuttlekameras wurden auf die Schirme im Inneren übertragen.

»Sie kommen!«

Auf dem Hauptmonitor war deutlich zu sehen, wie immer mehr Fische in die Schleusenhalle strömten. Der Professor hatte Recht gehabt: Kyra zählte mindestens zweiundzwanzig. Das war der größte Schwarm Hexenfische, den sie jemals gesehen hatte. Wahrscheinlich war kein Mensch je einer höheren Zahl davon begegnet – oder keiner hatte überlebt, um davon zu berichten.

Von draußen hagelten zornige Fische auf die Titanhaut des Shuttles ein, aber keiner von ihnen konnte dem Gefährt auch nur eine Delle beibringen. Gewöhnliches Metall mochten die Fische durchbrechen, nicht aber den härtesten Stahl der Welt.

Kyra drückte blindwütig auf den Knöpfen des Funkgeräts herum, bis ein grelles Pfeifen aus den Lautsprechern kreischte. Einen Moment lang hielten sich beide Mädchen die Ohren zu.

Dann brüllte Kyra ins Mikrofon: »Papa? Kannst du mich hören?«

Das Funkgerät krächzte und zischte, dann meldete sich der Professor zu Wort. »Ja, Kyra, wir hören dich. Wo steckst du?«

»Lisa und ich sitzen im Shuttle in der Schleusenhalle. Draußen sind eine Menge Hexenfische – aber hier drin scheinen wir vor ihnen geschützt zu sein. Und was ist mit dir? Bist du in Sicherheit?«

»Mir und Doktor Bischof geht es gut – den Umständen entsprechend. Wir sind in unsere Kapsel geflüchtet, als die Fische aus der Schleuse kamen. Wir sitzen hier fest, aber sie kommen nicht durch den Stahl des Schleusentunnels.«

Er zögerte, dann fügte er hinzu: »Wir hoffen nur, dass der Hai sich nicht in den Kopf setzt, die Kapseln an der Turmspitze anzugreifen.«

Der Hai! Den hatten sie in der ganzen Aufregung völlig vergessen!

Lisa beugte sich an Kyra vorbei zum Mikrofon. »Chris? Nils? Hört ihr uns?«

»Laut und deutlich«, kam Chris’ Stimme aus den Lautsprechern. »Wir sind in der Kommandozentrale.«

»Schließ das Tor der Hauptschleuse!« verlangte Lisa. »Du musst dich beeilen. Es ist wichtig.«

Kyra sah ihre Freundin von der Seite an und begriff plötzlich, was sie vorhatte. Natürlich, das Tor! Wenn alle Hexenfische in der Schleusenhalle eingesperrt waren, konnten die vier anderen sich wieder frei in der Station bewegen.

»Und wie soll ich das anstellen?«, gab Chris zurück.

Bischof meldete sich. »Du sitzt an der Steuerkonsole, oder?«

»Ja.«

»Rechts vor dir ist ein kleines Display, ziemlich schmal. Darunter befinden sich einige Knöpfe.«

»Ich hab’s gefunden.«

»Gut. Gib über die Knöpfe die Zahl Fünfunddreißig ein. Sie müsste jetzt im Display erscheinen.«

»Genau«, erwiderte Chris. »Fünfunddreißig.«

»Das ist der Code für das Tor der Hauptschleuse. Drück jetzt auf Enter.«

Zwei Sekunden später beobachteten die Mädchen, wie sich das Schott der Schleusenhalle schloss. Die Fische wirbelten verwirrt herum. Dann erkannten die ersten, dass sie eingesperrt waren. Sie flogen einige heftige Attacken auf das Stahltor, scheiterten jedoch kläglich bei dem Versuch, es zu durchbrechen.

»Sind noch Hexenfische bei euch oben im Turm?«, fragte Kyra ins Mikrofon.

»Wir können nicht sehen, was da draußen vor sich geht«, antwortete ihr Vater. »Aber ich glaube nicht, dass noch welche da sind. Zumindest fliegen keine mehr gegen die Tür.«

»Vor der Zentrale sind auch keine Fische«, sagte Chris. »Ich kann’s auf dem Monitor sehen. Der Korridor ist leer.«

»Gut«, meinte Kyra grimmig. »Dann sind tatsächlich alle bei uns in der Hauptschleuse.« Sie wechselte einen Blick mit Lisa, den diese entschlossen erwiderte. »Chris?«, sagte Kyra.

»Ja?«

»Meinst du, du könntest von der Zentrale aus die Schleuse fluten?«

Er schwieg einen Moment, dann sagte er unsicher: »Du meinst, ich soll einen Druckausgleich machen, Wasser reinlassen und das Außentor öffnen?«

»Ganz genau.«

Bischof ergriff das Wort. »Ich kann dir sagen, was du tun musst, Junge. Ich glaube, deine kleine Freundin hat eine ziemlich gute Idee.«

»Ich bin nicht Chris’ kleine Freundin«, empörte sich Kyra.

»Nein. Natürlich nicht.« Alle konnten sich das Grinsen auf Bischofs Gesicht lebhaft vorstellen.

Der Forscher erklärte Chris, welche Knöpfe er drücken musste und welche Hebel zu bedienen waren.

Nach ein paar Minuten sagte Chris: »Okay, ich glaube, das könnte klappen. Ich versuch’s. Alles klar bei euch, Kyra?«

»Alles klar.«

»Lisa?«

Lisa lächelte und beugte sich ans Mikrofon.

»Bei mir auch, Chris.«

»Gut.« Ein Wummern wurde laut, und die Leuchtanzeigen in den Wänden der Schleusenhalle begannen aufgeregt zu blinken. »Druck wird ausgeglichen«, sagte Chris.

Kyra und Lisa beobachteten den Hauptmonitor des Shuttles. Die Fische schwärmten ungehindert um das Gefährt herum, erkundeten jeden Winkel der Halle. Sie schienen nicht zu spüren, dass der Druck sich änderte. Die Verwandlung durch die böse Aura des Wracks hatte sie immun gemacht gegen solche äußeren Einflüsse. Jedes andere Lebewesen wäre zerquetscht worden. Die Dienerkreaturen des Arkanums aber konnten ebenso in den Fluten der Tiefsee manövrieren wie in der Luft oberhalb der Wasseroberfläche.

»Auf die Fische hat das keine Wirkung«, sagte Kyra.

»Mal sehen, was passiert, wenn ich die Halle flute«, gab Chris zurück.

Lisa zog Kyra an der Schulter vom Mikrofon zurück. »Was ist mit dem Hai?«, flüsterte sie. »Meinst du, er wird durchs offene Tor hereinkommen?«

Kyra schüttelte den Kopf. »Wenn er so hungrig ist, wie wir annehmen, wird er sich auf die Hexenfische stürzen. Oder sie sich auf ihn. Aber hier drin sind wir bestimmt in Sicherheit.«

»Das klingt, als würdest du dir das selbst einreden.«

Kyra zuckte nur mit den Schultern und wandte sich wieder zum Funkgerät. »Du kannst die Halle jetzt fluten, Chris.«

Durch Öffnungen, die rundherum in die Wände der Schleusenhalle eingelassen waren, sprudelte Meerwasser herein. Der Wasserspiegel stieg so schnell, dass die Halle innerhalb weniger Minuten bis zur Decke geflutet war. Die Fische zuckten aufgeregt umher, schwammen mal zu einem engen Knäuel zusammen und drifteten dann wieder auseinander. Offenbar begriffen sie nicht, was geschah.

Als die Schleusenhalle völlig unter Wasser stand, öffnete Chris das Außentor. Eine komplette Wand versank im Boden. Das künstliche Zwielicht fiel herein und steigerte die Verwirrung der Hexenfische.

Ein Großteil der Kreaturen schoss sofort davon, hinaus in die Freiheit. Kyra vermutete, dass sie versuchen würden, zu ihren Herrinnen aufzusteigen. Sie war nicht sicher, ob es ihnen gelingen würde. Ihr war aufgefallen, dass die Fische alt waren. Einige hatten kaum noch Schuppen und waren überzogen mit Narben – Zeichen dafür, dass sie schon lange im Dienst der Hexen standen. Das Arkanum war davon ausgegangen, dass die Fische nicht zurückkehren würden. Offensichtlich hatten sie die ältesten und schwächsten ausgesucht, um sie wie Kamikazepiloten hinab zur KARTHAGO zu schicken. Vermutlich hatte die Besatzung der Station nur diesem Umstand ihr Leben zu verdanken. Wären die Fische jung und ausgeruht gewesen, hätten Kyra und die anderen keine Chance gehabt.

Vier der hässlichen Biester blieben zurück und umkreisten weiterhin das Shuttle. Sie waren klüger als ihre Artgenossen, und sie wussten, dass die Mädchen in dem Gefährt eingesperrt bleiben würden, solange sie sie belauerten.

»Da draußen!«, rief plötzlich Lisa und zeigte auf einen Seitenmonitor.

Kyra sah, was sie meinte.

Ein kolossaler Umriss glitt lautlos am offenen Tor der Schleuse vorüber, ein weißgrauer Leib, so groß wie ein U-Boot. Noch kümmerte er sich nicht um die Halle und das Shuttle darin, schwamm einfach vorbei auf einer seiner endlosen Schleifen rund um die Station. Aber wie lange waren sie vor ihm sicher?

»Kyra?« Die Stimme des Professors wurde von Interferenzen verzerrt. »Kyra, wie geht es euch?«

»Alles klar bei uns«, gab Kyra zurück. »Die meisten Fische sind weg, aber vier schwimmen immer noch in der Halle herum.«

»So ’n Mist«, schimpfte Chris. »Und was jetzt? Solange die Viecher noch da sind, kann ich das Wasser nicht aus der Halle pumpen und euch rauslassen.«

Kyra gab keine Antwort. Stattdessen stellte sie das Funkgerät ab.

»Was machst du?«, fragte Lisa verwundert.

»Wir müssen was bereden«, sagte Kyra. »Und ich will nicht, dass mein Vater uns hört.«

Lisa lächelte schief. »Du hast irgendwas Verrücktes vor, oder?«

»Ein bisschen verrückt«, erwiderte Kyra mit einem Grinsen. »Ich hab da eine Idee. Nach unserer Theorie ist es doch so: Alle Fische, die in den Ring der Schwarzen Raucher schwimmen, werden dämonisiert, nicht wahr?«

Lisa nickte.

»Wenn nun der Hai in den Ring geriete«, fuhr Kyra fort, »müsste er demnach zum größten Hexenfisch aller Zeiten werden, oder?«

»Er würde uns und das Shuttle wahrscheinlich am Stück verspeisen!«, sagte Lisa erschrocken.

Kyra grinste noch breiter. »Oder den Hexenkreuzer da oben.«

»Wie meinst du das?«

»Nehmen wir mal an, Nils hat Recht, und die Lichtsäule über dem Ring ist tatsächlich ein Traktorstrahl – dann würde doch alles, was da hineingeriete, in das Schiff hochgesaugt werden! Die Hexen haben mit Sicherheit so eine Art Auffangkammer irgendwo im Kreuzer, in der die dämonisierten Fische landen. Wenn es uns nun gelingen würde, den Hai in den Ring der Schwarzen Raucher zu locken, solange die Verbindung zum Schiff noch besteht …«

Lisa begriff, was Kyra meinte – und es gefiel ihr ganz und gar nicht. »Wir sollen den Hai mit dem Shuttle in den Ring locken, damit er sich in einen Dämon verwandelt und hinauf ins Hexenschiff gezogen wird?«

»Ganz genau. Wenn er dort nicht gleich alles zu Hackfleisch verarbeitet, wird er vor Wut mit Sicherheit ein ganz schönes Loch in den Rumpf beißen.«

»Du willst den Hexenkreuzer versenken! Mithilfe des Hais!« Lisa drehte sich aufgeregt einmal um sich selbst. Alles an ihr zitterte, von den Knien bis zur Nasenspitze. »Das ist doch Wahnsinn! Wenn wir überhaupt bis zum Ring kommen, wird uns der Strahl zusammen mit dem Fisch hochziehen. Und ich will nicht in dem Hexenschiff sein, wenn der Hai dort ankommt!«

»Das will ich natürlich auch nicht«, gab Kyra zu. »Wir müssen es wohl so drehen, dass der Hai in den Ring schwimmt, wir aber vorher eine Kehrtwende machen.«

»Klar«, erwiderte Lisa zynisch. »Ist ja auch gar kein Problem – vor allem, weil wir beide keine Ahnung haben, wie man dieses Ding hier überhaupt steuert.«

»Bischof muss uns über Funk helfen. Und ein bisschen hab ich auch meinem Vater zugeschaut, als wir runtergetaucht sind.«

»Das ist alles total wahnsinnig, und das weißt du ganz genau.«

»Hast du denn einen besseren Vorschlag?«

Mit einem Stoßseufzer schüttelte Lisa den Kopf.

Kyra schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln. »Also?«

»Einverstanden«, flüsterte Lisa. »Dafür machst du eine Woche lang meine Hausaufgaben, wenn wir wieder daheim sind.«

Kyra lachte. »Eine ganze Woche?«

»Zwei, wenn du handeln willst.«

Impulsiv nahm Kyra ihre Freundin in den Arm und drückte sie fest an sich. »Wir schaffen das schon, hm?«

»Na sicher«, erwiderte Lisa ohne rechte Überzeugung.

Kyra setzte sich wieder ans Funkgerät und schaltete es ein.

Sofort erklang die Stimme ihres Vaters: »… ist passiert? Wir haben keinen Empfang mehr. Meldet euch, wenn ihr könnt!«

»Da sind wir wieder«, sagte Kyra ins Mikrofon.

Ihr Vater war außer Atem. »Doktor Bischof und ich sind jetzt bei den Jungs in der Zentrale. Alle Fische sind fort. Was war mit dem Funk los?«

»Ich hab ihn abgeschaltet. Lisa und ich mussten was besprechen.«

Schweigen am anderen Ende der Leitung. Wahrscheinlich ahnten alle in der Zentrale, dass die beiden im Shuttle irgendetwas ausgeheckt hatten.

»Und?«, fragte der Professor schließlich.

Die Mädchen schauten sich kurz an, dann begann Kyra, ihren Plan zu erläutern.

Die Reaktion war wie vorhergesehen. Kyras Vater erklärte sie für verrückt, und auch Chris und Nils versuchten, ihnen ihr Vorhaben auszureden. Nur Doktor Bischof hielt sich merklich zurück – er schien ihren Plan als Einziger für durchführbar zu halten. Der Wissenschaftler mochte nicht alles verstehen, was hier vorging, aber er hatte aus den Ereignissen gelernt. Er vertraute Kyra, und es interessierte ihn nicht mehr, dass sie keine Erwachsene war.

Nachdem Kyra alle Einwände ihres Vaters und der beiden Jungen abgeschmettert hatte, meldete sich zuletzt Bischof zu Wort. »Das Shuttle hat einen Autopiloten«, sagte er. »Ich kann die nötigen Positionsdaten von hier aus eingeben. Das Einzige, um was ihr euch selbst kümmern müsst, ist, kurz vor dem Ring die Kurve zu kriegen. Ich werde euch erklären, wie das geht. Meint ihr, ihr bekommt es hin?«

»Klar«, antwortete Kyra und zwinkerte Lisa zu. Irgendwie würden sie schon aus diesem Schlamassel herauskommen.

»Dann hört mir jetzt genau zu«, sagte Bischof.

»Machen wir«, erwiderte Kyra mit fester Stimme. »Schießen Sie los, Doktor!«