Kapitel siebenundzwanzig
Vera war in dem tiefen Lehnsessel gestrandet. Er war zu niedrig, als dass sie noch mit einer gewissen Würde daraus hätte aufstehen können. Sie aß das letzte Pommes frites, leckte ihren Finger an und pickte die restlichen Krümel Panade auf, dann knüllte sie das fettige Papier zusammen und warf es mit gestrecktem Arm in Richtung des Abfalleimers, der in der Ecke stand. Dan Greenwood hob es vom Fußboden auf. Sie waren in der Alten Schmiede, in der Kammer neben seinem Büro. Nur sie und Greenwood. Ashworth hatte sie zu der Abendschule geschickt, wo Emma gearbeitet hatte, um mit Nicholas Lineham zu sprechen, der als Junge vielleicht mit Abigail Mantel geschlafen hatte. So viele Verbindungen, dachte sie. Alle Leute spazieren in den Leben aller anderen ein und aus. Sie fühlte, wie ihre Augen glasig wurden, als sie sich die Muster, die Verbindungslinien vorstellte. Die Lider wurden ihr schwer. In ihrem Alter brauchte man nachmittags ein Nickerchen.
«Ist der Kaffee so weit?», fragte sie. Manchen Versuchungen durfte man einfach nicht nachgeben.
Er zeigte mit dem Kinn auf das Tablett, das auf der umgedrehten Kiste neben ihm stand.
«Da hilft er mir nicht weiter.»
Er hob den Kaffeebecher hoch und hielt ihn ihr hin.
«Woher wusstest du, dass Mantel mit der Fletcher gevögelt hat?»
«Das wusste ich nicht.» Kleinlaut, getroffen.
«Aber du bist nicht überrascht.»
«Sie hat immer einen Mann in ihrem Leben gebraucht. Man hat es ihr zwar nicht angemerkt, aber ohne einen Mann, der sie bewunderte, hatte sie offenbar kein Selbstvertrauen.»
«Du lieber Himmel.» Vera lehnte sich in ihrem Sessel zurück, die Beine ausgestreckt, und starrte an die Decke. «Nicht noch einer.»
«Was?»
«Ashworth quatscht mich schon die ganze Zeit mit diesem Psychozeug voll.» Sie zog sich ein Stückchen in die Höhe, sodass sie Greenwood ins Gesicht sehen konnte. «Hat sie dich jemals so richtig runtergeputzt?»
«Was meinst du damit?» Er zog eine Zinndose mit Tabak hervor und fing an, sich eine Zigarette zu drehen. Seine Hände zitterten.
«Jetzt tu nicht so, Danny. Du weißt genau, worauf ich hinauswill.»
Unter dem Bart wurde sein Hals ganz rot. «Nein», sagte er. «Ich war nicht wichtig genug. So ernst hat sie mich nie genommen.»
«Hast du sie je zusammen gesehen – Fletcher und Mantel?»
Er schüttelte langsam den Kopf. «Ich habe ein Telefonat mitgehört. Sie wusste nicht, dass ich da war. Ich meine, sie hätte mit jedem sprechen können. Zu der Zeit war mein Urteilsvermögen schon am Boden, und meine Paranoia wuchs in den Himmel, jedenfalls habe ich geglaubt, dass er es war.»
«Was hat sie gesagt?»
«Es war gleich nachdem wir Jeanie verhaftet hatten. Sie sagte, dass sie noch vor Ende des Tages angeklagt würde. Das war alles. Aber es war die Art, wie sie es sagte. Wie ein kleines Mädchen. Ein artiges kleines Mädchen, das getan hat, was man ihm aufgetragen hatte.»
«Großer Gott», sagte Vera. «Das ist ja zum Kotzen.»
«Sie hat mir wirklich leidgetan.» Greenwood zwickte das Zigarettenende ab. «Wie ich schon sagte, mein Urteilsvermögen war am Boden. Ich hätte mich ihr widersetzen sollen. Ich wusste, dass wir überhastet handelten.»
Vera trank ihren Kaffee und hielt sich lieber zurück.
Er drehte die Zigarette zwischen den Fingern, zündete sie aber immer noch nicht an. «Ich habe mich letzte Woche mit ihr getroffen.»
«Du hast dich mit der Fletcher getroffen?»
«Sie hat mich angerufen und gefragt, ob wir was trinken gehen können. Ich habe gesagt, ich hätte zu viel zu tun. Nur ein Glas vor der Sperrstunde, meinte sie. Sie hat mich hier abgeholt …» Er schaute zu Vera hinüber, aber sie weigerte sich, ihm da herauszuhelfen. «Bis wir da waren, hatten die Pubs schon zu, also sind wir zurück zu mir gefahren.» Er wurde rot. «Es ist nichts passiert. Nicht so was. Wir haben nur was getrunken und miteinander geredet.»
«Was wollte sie denn?»
«Wissen, ob ich was gehört habe, ob du dich mit mir in Verbindung gesetzt hast. Sie konnte nicht verstehen, weshalb niemand Kontakt zu ihr aufgenommen hatte.»
«Und du hast es ihr gesagt. Natürlich.»
«Sie hat mir leidgetan. Ich habe es doch schon erklärt. Sie ist nicht so robust, wie sie immer tut.»
«Dir ist schon klar, dass sie eine Verdächtige in einer Mordermittlung ist? Wie sich herausstellt, wahrscheinlich sogar die Hauptverdächtige.»
«Niemals.» Schon den Gedanken daran wies er entschieden von sich.
«Sie hatte jedenfalls ein Motiv, Abigail Mantel umzubringen und Jeanie Long zu verhaften. Und wir haben nur ihre Aussage, dass sie bei den damaligen Ermittlungen nicht mit Christopher Winter gesprochen hat. Es ist immerhin möglich, dass er sie an dem Nachmittag mit Abigail zusammen gesehen hat und sie ihm weisgemacht hat, dass das nicht wichtig ist. Man sieht ihr an, wie überzeugend sie sein kann. Vor allem einem halbwüchsigen Jungen gegenüber. Vielleicht ist er ja deshalb jetzt in Elvet aufgetaucht. Er wollte die Wahrheit ans Licht bringen.»
«Niemals», sagte Greenwood wieder. Es schien, als würde er sich am liebsten die Ohren zuhalten und ihre Worte abwehren.
«An dem Abend, an dem er ums Leben kam, war sie dort», fuhr Vera unnachgiebig fort. «Sie hatte ein Motiv und die Gelegenheit. Und sie ist verschwunden, kurz bevor die Leiche entdeckt wurde. Gegen sie spricht weit mehr als gegen jeden anderen Beteiligten.»
Er hatte auf die gesprungenen, staubigen Bodenfliesen geschaut. Jetzt sah er Vera direkt an. «Du glaubst doch nicht im Ernst, dass sie eine zweifache Mörderin ist?»
«Wahrscheinlich ist sie das nicht», sagte sie. «Aber sie bedeutet Ärger. Wenn sie sich nochmal mit dir in Verbindung setzt, dann sag mir Bescheid.»
Sie saßen eine ganze Weile schweigend da und sahen sich an.
«Was weißt du über James Bennett?», fragte Vera schließlich.
«Er ist Lotse auf dem Humber.»
«Das weiß ich, Mann. Das erzählt einem hier jeder.»
«Ihn kannst du nicht für verdächtig halten. Er hat gar nicht hier gelebt, als Abigail Mantel umgebracht wurde.»
«Woher weißt du das?»
«Er ist erst ins Dorf gezogen, als er Emma geheiratet hat und sie das Haus da drüben gekauft haben.»
«Wann war das?»
«Noch nicht lange her. Zwei Jahre, wenn’s hochkommt.»
«Ihr seid miteinander befreundet, stimmt’s?»
«Schon irgendwie.» Der Gedanke schien ihm unangenehm zu sein. «Wir spielen beide Cricket für das Dorfteam. Trinken nach dem Spiel ein paar Pints zusammen.»
«Dann wird er dir ja was über seine Herkunft erzählt haben, über seine Familie. Du weißt bestimmt, wo er aufgewachsen ist.»
«Eigentlich nicht», sagte Greenwood. «Meistens reden wir darüber, wie hundsmiserabel die Schlagmänner waren oder wo wir einen vernünftigen Werfer herkriegen.»
«Er spricht gern über seine Arbeit. Den Lotsendienst.»
«Sicheres Gelände», merkte sie an. «Da kann er nicht unangenehm überrascht werden.»
«Was willst du damit sagen?»
«Mantel zufolge ist er nicht der, als der er sich ausgibt.»
«Woher will der das wissen?»
«Offenbar hat er ihn wiedererkannt.»
«Und du glaubst Mantel?»
«Ja», sagte Vera, «ich denke schon.»
Sie stand auf. Sie hatte sich mit Ashworth gegenüber in dem Bäckereicafé verabredet. Das würde fürs Erste als Büro ausreichen. Besser als das Revier in der Stadt, das sich als feindliches Territorium entpuppt hatte. Sie nahm zwar an, dass sie irgendwann noch einmal einen Auftritt dort hinlegen musste, ihr Gesicht in der Tür zeigen und lächeln, um zu signalisieren, dass sie alle an einem Strang zogen, aber zur Zeit passte es ihr noch ganz gut in den Kram, ihre Stellung im Unklaren zu lassen und Abstand zu wahren. Es war besser, wenn niemand wusste, wo sie war und was sie vorhatte. Offenbar weckte Caroline Fletcher noch immer gewisse Loyalitäten in ihren ehemaligen Kollegen. Vera sah auf Greenwood hinunter. Er saß vornübergebeugt, die Schultern angespannt.
«Kommst du zurecht?» Sie versuchte, nicht übertrieben besorgt zu klingen.
Er schaute hoch und zwang sich zu lächeln. «Aber klar. Es wird langsam Zeit, dass ich hier weiterkomme. Ende der Woche findet ein Kunsthandwerkermarkt statt. Ich muss noch einiges vorbereiten.»
«Du solltest dir eine vernünftige Frau suchen.»
Er machte eine Pause, bevor er etwas sagte, und sie dachte, es würde etwas Vertrauliches kommen, aber offensichtlich überlegte er es sich anders. «Wie auch immer, das ist leichter gesagt als getan. In der Hinsicht hatte ich noch nie viel Glück.»
Er sah ihr von unten direkt ins Gesicht. Diese dunklen Augen, die einen plötzlich an Herz-Schmerz-Romane denken ließen.
Ich wäre die richtige Frau für dich. In guten wie in schlechten Zeiten. Nur dass kein Mann mich jemals haben wollte. Die Worte schossen ihr durch den Kopf, und sie erschrak über ihre Bitterkeit. Sie wandte sich ab. Draußen war es fast schon dunkel, und die Straße lag ruhig da. Es roch nach brennendem Holz. Nicht von einem Lagerfeuer – in den großen Häusern auf der anderen Seite des Platzes gab es bestimmt Holzöfen. Das hier war ein wohlhabendes Dorf. Nicht so protzig wie die Siedlung, in der Fletcher wohnte, aber die Leute hier hatten Geld. Da kam Ashworth herangefahren. Während er parkte, beobachtete sie eine Gruppe Mädchen in Schuluniformen, die mit Coladosen und Schokoriegeln aus der Post kamen. Sie fragte sich, was sie an einem Ort wie diesem wohl unternahmen, wenn sie sich amüsieren wollten. Jugendliche machten gern mal etwas Unvernünftiges, aber bis zu den Morden hätte man Elvet für einen der sichersten Orte auf Erden gehalten. Was konnte man hier schon unternehmen? Gemeinsam rumhängen und sich die Pornoseiten im Internet anschauen? Zu viel trinken? Mit den falschen Kerlen schlafen? Ein Mädchen wie Abigail Mantel musste sich hier zu Tode gelangweilt haben. Was für Spielchen mochte sie wohl gespielt haben, um ihr Leben ein bisschen aufregender zu machen …
«Wir schließen in fünf Minuten», sagte die Frau in der Bäckerei, kaum dass sie eingetreten waren.
«Aber, Kleine, und was ist mit der wunderbaren Gastfreundschaft in Yorkshire, von der man immer so viel hört? Eine Kanne Tee und ein bisschen Gebäck, und schon sind wir zufrieden. Sie können uns ganz uns selbst überlassen und hier drinnen alles fertig machen.»
Die Frau zuckte die Achseln, bedeutete ihnen aber mit einem Nicken, durch den Laden in das kleine Nebenzimmer zu treten, bevor sie das Schild an der Tür auf Geschlossen drehte. Mittlerweile wusste sie vermutlich, wer sie waren. Davon konnte sie ihren Freundinnen erzählen. Wieder dachte Vera, dass Elvet nun mal so ein Ort war. Man musste seine Abenteuer auftreiben, wo man nur konnte.
Die Stühle waren alle schon hochgestellt worden. Vera suchte sich den Platz aus, der am weitesten vom Laden weg war, und machte es sich gemütlich. «Und?»
Ashworth setzte sich ihr gegenüber. «Lineham ist wirklich ein netter Kerl …»
Vera seufzte theatralisch auf. Ashworth dachte von jedem das Beste. Gegen ihn wirkten noch die eifrigsten Sozialarbeiter herzlos.
«Ist er wirklich! Er hatte selbst schon überlegt, zu uns zu kommen und mit uns zu reden. Dann dachte er, dass es vielleicht nicht wichtig wäre und dass wir denken könnten, er sei ein sensationslüsterner Idiot, der an einer Mordermittlung beteiligt werden will.» Ashworth brach ab, als die Frau aus dem Laden mit einem schweren Tablett hereinkam, und fuhr fort, sobald sie wieder draußen war. «Er war älter als sie, stand schon kurz vor dem Abschluss, als sie ums Leben kam.»
«Hat er mit ihr geschlafen?»
«Nur einmal, sagt er. An einem Nachmittag. Kurz nach der Party zu ihrem fünfzehnten Geburtstag. Sie haben beide die Schule geschwänzt, ein paar Flaschen Wein getrunken, die noch von der Party übrig waren, und sind dann im Bett gelandet.»
«Bei ihr zu Hause.»
«Ich dachte, da gab es so eine Art Haushälterin, die ein Auge auf sie haben sollte.»
«Offenbar gab es jede Menge Haushälterinnen. Keine ist lange geblieben. Lineham zufolge war es ihr freier Tag.»
«Sie haben es also im Voraus geplant?»
«Zumindest Abigail, ja. Es war alles ihre Idee.»
«Sagt er.»
«Er hat sich glaubwürdig angehört», sagte Ashworth. «Sein Vater war Lehrer an der Schule, und er kam nie ungestraft mit irgendwas davon. So wie er es erzählt hat, war es wohl eine Art Mutprobe. Sie hat ihn so lange getriezt, bis er eine Unterrichtsstunde sausenließ und mit ihr nach Hause ging. Danach hat er sich übergeben. Mehr die Anspannung als der Alkohol, sagt er.»
«Hatte sie Erfahrung?»
«Mehr Erfahrung als er, aber das heißt nicht viel.»
Vera versuchte, sich die Szene vorzustellen. Sie wünschte, sie wäre bei der Befragung dabei gewesen. Sie hätte gern gewusst, wie das Wetter gewesen war, wo sie gesessen hatten, als sie den Wein tranken, welche Musik sie gehört hatten. «Wie sind sie von der Schule zu ihr gekommen?»
«Mit dem Mittagsbus ins Dorf und dann zu Fuß weiter.»
«Hat sie das öfter gemacht, die Schule geschwänzt?»
«Er sagt, er hätte den Eindruck gehabt, dass es nicht das erste Mal war. Aber sie hat vielleicht nur angegeben.»
«Wie ist es möglich, dass Emma Bennett nichts davon wusste?» Vera sprach mehr zu sich selbst. «Sie muss doch gemerkt haben, dass Abigail die Schule schwänzte. Außer Abigail hat sie angelogen und eine glaubhafte Erklärung für ihr Fehlen geliefert. Oder Emma hat uns angelogen.» Sie teilte den Rest Tee aus der Kanne zwischen ihnen beiden auf. «Was meinen Sie?»
Aber Ashworth hatte nicht zugehört. «Da ist noch was», sagte er.
Etwas in seiner Stimme ließ sie abrupt aufblicken. «Spucken Sie’s aus, Mann.»
«Lineham hat danach kalte Füße bekommen. Vielleicht entsprach die …», er suchte angestrengt nach einem passenden Wort, «… die Begegnung nicht seinen Erwartungen. Oder er hatte solche Angst vor seinem Vater, dass er kein zweites nachmittägliches Rumgefummel mit dem Mädchen riskieren wollte, egal wie toll es war. Jedenfalls hat er ihr gesagt, dass es das gewesen wäre. Er wollte nicht, dass es nochmal passiert. Zumindest nicht, bis sie sechzehn wäre und er seinen Schulabschluss hätte.»
«Na, das wird ihr nicht gefallen haben», sagte Vera. «Einem so verwöhnten Mädchen wie Abigail.»
«Aber Lineham sagt, dass es ihr auf eine komische Art doch gefallen hat. Für sie war es eine Herausforderung, ein Spiel.»
Aha, dachte Vera. So hat sie sich also ihren Kick geholt.
Ashworth fuhr fort: «Wenn er weiter mitgemacht hätte, hätte sie wahrscheinlich das Interesse verloren, aber so hatte sie einen Grund, um ihn fertigzumachen.»
«Wie denn?»
«Sie hat gesagt, er hätte kein Recht, sie so zu behandeln. Wenn er ihr nicht versprechen würde, mehr Zeit mit ihr zu verbringen, würde sie zu seinem Vater gehen und ihm alles erzählen. Aber sie würde alles auf Lineham schieben. Sagen, dass er sie betrunken gemacht und dann verführt hätte.»
«Der kleine Unschuldsengel», sagte Vera. «Wurde sie damals nicht in den Schlagzeilen so genannt?»
«Der Kleinen können Sie wirklich keine Schuld geben», sagte Ashworth. «Fünfzehn Jahre alt und keine Mutter, die dafür sorgt, dass sie auf dem rechten Weg bleibt. Der Kerl hätte ja nicht mit ihr ins Bett hüpfen müssen.»
Vera sagte nichts. Vielleicht hatte Ashworth ja recht. Und vielleicht hatte sie auch Caroline falsch eingeschätzt, und sie war so verletzlich, wie Greenwood behauptete. Aber eher glaubte Vera, dass das Hirn dieser Männer zu einer Walnuss geschrumpft war. Sie konnten einfach nicht mehr klar denken. Angesichts einer schönen Frau verloren sie alle den Verstand. Mit einem Ruck brach sie ihre Überlegungen ab. Was dachte sie denn da? Dass das Mädchen es verdient hatte, an einem kalten Nachmittag im November am Rand eines windgepeitschten Feldes auf schreckliche Weise ums Leben zu kommen? Dass es darum gebeten hatte? Das war ja ungefähr das, was Jeanie in ihrer Zelle gedacht hatte, und sie war kein Deut besser.
«Was ist dann passiert?», fragte sie. «Hat Lineham sie auffliegen lassen?»
«Das brauchte er nicht. In der darauffolgenden Woche wurde sie umgebracht.»
«Großer Gott», sagte Vera. «Noch ein Verdächtiger.»
«Nein. Er war das ganze Wochenende mit seiner Familie in Sunderland. Zur Beerdigung seiner Großmutter. Das prüfe ich natürlich noch nach, aber ich bin mir sicher, dass er die Wahrheit sagt.»
«Abigail hat also jemanden erpresst, um ihr Leben ein bisschen aufregender zu machen», sagte Vera. Sie sah die Frau aus dem Laden mit Wischmopp und Eimer in der Tür stehen und erhob sich, um zu zeigen, dass sie fertig waren. «Was glauben Sie, was hat sie sonst noch angetörnt?»