11.

16.5.2079

Ich sah Gesichter, hörte Stimmen  … So hatte es begonnen. So ging es weiter. Einen Atemzug lang glaubte ich, wieder die baumlangen Militärpolizisten vor mir zu haben, wie sie mich aus der Gosse hievten – an einem Vormittag in Metropolis.

Es war das gleiche verzweifelte Gefühl. Ich war dem, was mit mir geschah, hilflos, ohnmächtig ausgeliefert – unfähig, mich zu rühren. Diesmal jedoch lag ich nicht in der Gosse, diesmal jedoch war ich nicht betrunken. Und die Gesichter, in die ich wie hypnotisiert starrte, waren nicht die der Militärpolizisten. Die Bilder der Erinnerung verblaßten, und ich kehrte mit meinem Bewußtsein in die Gegenwart zurück.

Ich entsann mich des weißen, augenlosen Albino-Hais, der vor meinem Sumo hergeschwommen war. Ich entsann mich meiner vergeblichen Versuche, die unterbrochene Verbindung zu Captain Romens Sumo wiederherzustellen.

Ich entsann mich des Umstandes, daß ich für ihn am Eingang zur Schlucht eine Markierungsboje hinterlassen hatte – mit einer gesprochenen Botschaft. Ich entsann mich des Wracks der Tornado, das auf mich anfangs so fremd und bizarr gewirkt hatte wie ein ägyptischer Obelisk in der Wüste. Ich entsann mich des plötzlich aufflammenden gleißenden Lichts, das meine Augen geblendet hatte. Ich entsann mich des landenden Raumschiffs, das lautlos an mir vorübergezogen war, dem Meeresboden entgegen, um darin zu verschwinden. Ich entsann mich meiner Jäger: einer langen Kette glimmender Lichter.

Und plötzlich wußte ich wieder, wo ich mich befand, nämlich mehr als 4000 Meter unter dem Meer – nicht weit entfernt von einer submarinen Station, die ich für einen Felsen gehalten hatte. Nur eins wußte ich noch immer nicht: Was wirklich mit mir geschehen war.

Ich lag in meinem Sumo, war hellwach, war bei Bewußtsein, aber aus irgendeinem Grund war ich, seitdem die Kampfschwimmer mich umringt hatten, von Kopf bis Fuß gelähmt, und das Sumo selbst war zu einem Objekt geworden, das diese sonderbaren Menschen handhabten, wie sie wollten. Ich nahm zur Kenntnis, daß sie es irgendwohin abtransportierten – mit Hilfe des vorgespannten Albino-Hais.

Das Sumo glitt auf eine sandige Erhebung zu, und ich dachte schon, sie würden es dort absetzen, um es dann in aller Seelenruhe zu öffnen wie eine Konservendose, aber bevor das Sumo den Grund berührte, tat sich die Düne plötzlich auf, und ich blickte in einen erleuchteten Schleusenschlund. Der Hai wurde von seinem Geschirr befreit, erhielt einen Klaps auf die Flanke und jagte davon. 

Das Sumo wurde durch die Schleuse bugsiert und in ein längliches betoniertes Becken geschoben, das zu einem geräumigen Wach- oder Kontrollraum gehörte, in dem ein rundes Dutzend Soldaten ihren Dienst versah. Es wurde von außen geöffnet, und kräftige Hände schlossen sich um meine Fußgelenke und zerrten mich hinaus.

Die Kampfschwimmer hoben mich auf die Mauer, trugen mich hinüber zur Wand, lehnten mich dagegen und übergaben mich einem Offizier von hünenhafter Statur, den ich für einen Koreaner hielt. Seine Uniform war die eines Hauptmanns der Marineinfanterie der VOR. Zwischen ihm und den Kampfschwimmern – die, wie ich nunmehr mit aller Deutlichkeit sah, kein Atemgerät trugen – entspann sich ein kurzer, lebhafter Dialog, von dem ich kein Wort verstand.

Ich registrierte einen zum Nachdenken zwingenden Sachverhalt. Der Hauptmann sprach wie ein normaler Mensch, wenngleich er sich einer mir fremden Sprache bediente. Die Stimmen der Kampfschwimmer hingegen klangen schrill und heiser. Der koreanische Hauptmann beendete die Auseinandersetzung mit einer brüsken Handbewegung. Die Kampfschwimmer grüßten militärisch und stürzten sich zurück in das Becken. Der Hauptmann gab seinen Soldaten einen Wink, und diese machten sich über mich her. Nachdem sie mich einer gründlichen Durchsuchung unterzogen hatten, besaß ich nur noch das, was ich am Leibe trug. Aber unter ihren Händen hatte ich gespürt, daß die Lähmung, in der ich mich befand, allmählich zu weichen begann. Ich versuchte, die Finger zu bewegen, und es gelang.

Der Hauptmann zog einen Stuhl heran, setzte sich vor mich hin und eröffnete das Verhör. Ein Soldat stand daneben und beobachtete jede meiner Bewegungen.

Ich mußte annehmen, daß es sich um ein Verhör handelte. Ich verstand kein Wort. Der Koreaner fluchte, schlug mir die Faust ins Gesicht und wiederholte seine Fragen. Wieder verstand ich ihn nicht. Der Hauptmann bellte einen Befehl, und einer der Soldaten stürzte zum Telefon.

Der Hauptmann zündete sich eine Zigarette an, blies mir den Rauch ins Gesicht und wartete ab. Ich versuchte, die Beine zu bewegen. Es gelang. Ich war sogar in der Lage, den rechten Arm zu heben und mir das Blut aus dem Gesicht zu wischen. Ich begriff: Ich befand mich als Gefangener auf einer submarinen Station der VOR. Aber wie um Himmels willen konnte diese 4000 Meter unter dem Meer liegen, wenn die Kampfschwimmer keine Atemgeräte trugen?

Ein alter, weißhaariger Zivilist betrat den Raum, dem Typ nach ein Chinese. Der Hauptmann sprang auf und ratterte ein paar rasche Sätze herunter. Der Zivilist nickte und wandte sich an mich. Er betrachtete mich eingehend und, wie mir schien, mit Wohlwollen. Dann nickte er. 

»Guten Tag, Commander Brandis. Ich hoffe, Sie haben sich von Ihrem Schreck erholt.«

Er wußte meinen Namen. Ich war überrascht. Und er sprach Metro – ohne eine Spur von Akzent. Zugleich lächelte er. Seine Augen blickten freundlich. Aus irgendeinem Grunde schien er mir wohlgesonnen zu sein. Aber warum? Ich zerbrach mir den Kopf.

»Sie kennen mich?«

Der alte Herr verneigte sich.

»Ich kenne Sie, Sir. Und Sie, Sir, kennen mich auch, selbst wenn es Ihnen vielleicht nicht sofort einfällt. Es ist jetzt ein gutes Jahr her, daß Sie mich im Raum auflasen, aus einem von Meteoriten zerschmetterten Schiff. Und Sie taten noch mehr für mich! Sie hinderten diesen Colonel Chemnitzer daran, mich zu mißhandeln. Seit diesem Tag haben Sie einen Platz in meinem Herzen. Mein Name ist Tao Lin.«

Ich erinnerte mich. Wir hatten eine havarierte VOR-Dschunke gesichtet und einen Mann hinübergeschickt. Der einzige Überlebende an Bord der Dschunke war dieser weißhaarige Herr gewesen.

»Ich weiß jetzt Bescheid.«

Der koreanische Hauptmann mischte sich ein. Tao Lin besänftigte ihn. Danach wandte er sich erneut an mich. 

»So leid es mir tut, Commander Brandis – ich muß Ihnen jetzt eine Frage stellen, auf deren Beantwortung der Hauptmann größten Wert legt. Er sagt, seine Leute seien sicher, daß sie es mit zwei Sumos zu tun gehabt hätten. Wo ist das andere?«

Ich beherrschte mich. Ich vermied es, tief Luft zu holen. Ich bemühte mich, ein ausdrucksloses Gesicht zu machen. Die Frage des Hauptmanns bedeutete, daß es Captain Romen gelungen war, sich der Verfolgung zu entziehen. Damit fand auch sein Schweigen eine Erklärung.

»Es gibt kein zweites Sumo«, sagte ich. Der Hauptmann ließ seine Zigarette fallen und ballte die Faust.

Tao Lin herrschte ihn an, und der Hauptmann trat zurück.

»Nun«, sagte Tao Lin zu mir, »über diese Frage wird man sich noch mit Ihnen unterhalten – und über einiges andere auch. Bis dahin betrachten Sie sich, bitte, als mein Gast. Ich habe mich für Sie verbürgt.«

Der koreanische Hauptmann machte ein mürrisches Gesicht – aber ganz offensichtlich bekleidete der weißhaarige Chinese eine Position, die er wohl oder übel respektieren mußte.

»Können Sie gehen, Commander?«

Ich versuchte es. Die Beine ließen sich bewegen. Ich nickte.

»Ich werd's schaffen.«

Tao Lin ging voraus. Ich folgte ihm. Wir verließen den Wachraum, gingen einen Gang entlang und traten durch eine automatisch auffahrende Tür hinaus in einen japanischen Garten. Darüber wölbte sich ein künstlicher Himmel von verblüffender Realistik. Nicht einmal die ziehenden Wolken fehlten. Verwirrt blieb ich stehen. Tao Lin berührte meinen Arm.

»Sie wollen wissen, wo Sie sind, Commander. Nun, ich will es Ihnen verraten. Diese Stadt trägt den Namen Shinkoku. Ursprünglich war sie nichts als eine submarine Bastion, in die sich im Jahre 2054 der Rest der japanischen Armee, im Verein mit Frauen und Kindern, nach der Niederlage gegen die Chinesen zurückzog.«

Ich hatte das Gefühl zu träumen. Wir standen auf einer gewölbten hölzernen Brücke, und unter uns, im kristallklaren Wasser, tummelten sich silbrige Forellen. Von irgendwoher glaubte ich Vogelgezwitscher zu hören.

Tao Lin fuhr fort: »Alles, was Sie hier sehen, Commander, ist das Werk dieser überlebenden Japaner. Sie schufen sich, tief unter dem Meer, eine neue Heimat. Die erforderlichen Techniken brachten sie mit. Erdwärme sorgt für Licht, Energie und Beheizung; der Sauerstoff für die Atmosphäre wird direkt dem Ozean entnommen; das Wasser, das hier fließt, ist entsalztes Meerwasser.«

Wenn ich das alles nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, wäre es mir schwergefallen, daran zu glauben. Aber die Stadt existierte, und sie war ein Wunderwerk aus Wohnkultur und Technik. 

»Shinkoku«, sagte Tao Lin, zählt mittlerweile zehntausend Einwohner und ist neuerdings angeschlossen an das astrale Verkehrsnetz.«

»Und die Einwohner«, fragte ich, »sind immer noch Japaner?«

Er lächelte und schüttelte den Kopf. 

»Die Zeiten haben sich geändert. Die Japaner haben sich mit uns Chinesen längst ausgesöhnt. Shinkoku ist heute Teil der VOR.«

Ich wagte, eine Frage auszusprechen, die mich beschäftigte.

»Die Männer, die mein Sumo einschleppten, trugen kein Atemgerät. Wie ist das möglich?«

Tao Lin lächelte noch immer.

»Ich dachte mir schon, daß Sie sich dafür interessieren würden, Commander. Nun, warum soll ich Ihnen die Frage nicht beantworten? Sie werden Shinkoku ohnehin so bald nicht wieder verlassen. Die Männer, von denen Sie sprechen, sind unsere Kampfschwimmer. Vorwiegend handelt es sich dabei um Papuas – und daß sie sich unter Wasser aufhalten können, auch in größten Tiefen, ohne sich abhängig machen zu müssen von einem Atemgerät, ist auf eine relativ einfache Operation zurückzuführen. Ich nehme doch an, daß Ihnen die schrillen Stimmen dieser Männer aufgefallen sind. Das liegt daran, daß sie mittels künstlicher Kiemen atmen – ungefähr so, wie es im vergangenen Jahrhundert von einem französischen Ozeanologen vorausgesagt worden ist. Sein Name ist Jacques Cousteau. Die Papuas übrigens, mit denen Sie es heute zu tun bekommen haben, sind schon unsere zweite Generation. Sie wurden im Wasser geboren.«

Mein Interesse war zwar nach wie vor vorhanden – doch es wurde beeinträchtigt durch Tao Lins beiläufig eingeflochtene Eröffnung, daß mir in Shinkoku eine längere Gefangenschaft bevorstand. 

Erneut dachte ich an Grischa Romen. Einstweilen befand er sich auf freiem Fuß. Aber wußte er überhaupt, was mir zugestoßen war? Tao Lin setzte sich wieder in Bewegung. Ich folgte ihm quer durch den Garten zu einem entzückenden Pavillon im altchinesischen Stil. Tao Lin blieb davor stehen und streifte die Schuhe ab und bedeutete mir, es ihm nachzutun. Barfuß betraten wir das Haus. Ich blickte in das anmutige Gesicht eines jungen Mädchens.

Das Mädchen war damit beschäftigt gewesen, Blumen in einer Vase zu ordnen: nun hielt es mitten in der Bewegung inne und starrte mich verwundert aus seinen großen, mandelförmigen Augen an. 

»Das, Commander«, sagte Tao Lin, »ist meine Enkelin Lo Tai. Ich habe ihr von Ihnen und von dem, was Sie für mich getan haben, erzählt – schon damit sie aufhört, in jedem Europäer einen Barbaren zu sehen. Sie wird Ihnen helfen, sich bei uns einzugewöhnen.«

Tao Lin legte einen Arm um das Mädchen und schob es sanft auf mich zu.

»Lo Tai« sagte er, »vor dir steht Commander Brandis – der Mann, dem ich mein Leben verdanke. Begrüße ihn.«

Das Mädchen errötete und gehorchte. Es legte die Hände vor der Brust zusammen und verbeugte sich. 

»Willkommen in Shinkoku, Commander.«

Lo Tai sagte es in meiner Sprache. Ihre Stimme hatte den Klang einer silbernen Glocke. Tao Lin sah meine Verwirrung, lachte und schickte seine Enkelin hinaus.

»Geh, Lo Tai, und bereite Commander Brandis etwas zu essen. Nach so viel Aufregung, wie ihm heute zugemutet worden ist, dürfte er einen Bärenhunger haben.«

Lo Tai streifte mich mit einem aufregenden Blick und verließ den Raum. Selten in meinem Leben hatte ich ein Mädchen gesehen, das ihr an Schönheit gleichkam.

Tao Lin seufzte.

»Leider, Commander, kann ich Sie nicht einfach zu den Ihren zurückschicken. Aber immerhin stehen Sie jetzt unter meinem Schutz und brauchen sich um Ihre körperliche Unversehrtheit nicht zu sorgen. Was weiter mit Ihnen werden wird, müssen die vorgesetzten Instanzen entscheiden. Ich bin nur der Bürgermeister.«

Ich wußte, daß ich dem alten Mann zu Dank verpflichtet war. Nur mit Schrecken dachte ich an den koreanischen Hauptmann zurück. Dennoch war mir miserabel zumute. Ich beschloß, den Stier bei den Hörnern zu packen. 

»Soll das heißen, daß ich nicht zurückkehren darf?«

Tao Lin blickte bedauernd. 

»Shinkoku ist eine geheime Stadt. Das müssen Sie verstehen, Commander. Für uns Asiaten hat sie die gleiche Bedeutung wie für die EAAU die Venus. Sie ist ein neuer Meilenstein unserer Zivilisation. Aus dem Wasser kommt alles Leben, ins Wasser kehrt es zurück. Was betrifft uns hier beispielsweise die afrikanische Katastrophe, unter der Ihre Landsleute noch immer leiden? Der Ozean ist eine einzige Schatzkammer – vorausgesetzt, man versteht es, sich ihm anzupassen.«

Ich wollte Tao Lin ins Wort fallen. Er bemerkte es und hob abwehrend eine Hand. 

»Ich verstehe durchaus Ihre Gefühle, Commander. Aber glauben Sie mir – auch in Shinkoku läßt es sich leben.«

Fast tat es mir leid, seinen Traum zu zerstören. 

»Tao Lin«, sagte ich, »wenn Sie hier der Bürgermeister sind und wenn Sie vorhaben, mit Ihren vorgesetzten Behörden über mich zu sprechen, dann vergessen Sie nicht zu erwähnen, daß für Shinkoku die Tage gezählt sind.«

Tao Lin hob ein wenig die Brauen. 

»Wie darf ich das verstehen, Commander?«

Mir blieb keine andere Wahl, als ihm die Wahrheit zu sagen – wenn auch nur zum Teil. Er hatte ein Anrecht darauf, zu erfahren, in welcher Gefahr seine Stadt mit ihren zehntausend Einwohnern schwebte, und ich benötigte einen Anlaß, um Bewegungsfreiheit fordern zu können.

»Auf dem Grund dieses Ozeans«, sagte ich, »tickt eine biologische Bombe – und die kann jederzeit losgehen.«

Tao Lins Blick wurde trübe.

»Drücken Sie sich klarer aus, Commander. Ist diese  … biologische Bombe der Grund Ihres Eindringens in unsere Gewässer?«

Ich nickte. 

»Ja, Sir.«

Ich spürte, daß der alte Mann nur äußerlich gelassen erschien, als er nach einigen Sekunden des Nachdenkens wieder das Wort an mich richtete.

»Ich muß mehr darüber hören.«

»Es handelt sich um den sogenannten Goodman-Bazillus«, sagte ich. »Er wurde gezüchtet in einem unserer astralen Labors. Etwas ging bei der Züchtung schief. Der Bazillus wurde aggressiv. Wenn er auf die Menschheit losgelassen wird, dürfte es kaum Überlebende geben. Er ist schlimmer als alles, was die Welt bisher gesehen hat, einschließlich der Schwarzen Pest im Mittelalter.«

Tao Lins Miene verfinsterte sich. 

»Und wie, Commander, gelangt der Bazillus in unsere Gewässer?«

»Es muß Ihnen genügen, was ich Ihnen darauf antworte: Der Bazillus wurde zum Zwecke der Erpressung geraubt. Aber der Erpresser kam nicht weit. Und nun befindet sich der Bazillus in Ihrer unmittelbaren Nachbarschaft. Meine Aufgabe war es, ihn aufzuspüren und unschädlich zu machen.«

Tao Lin wiegte den Kopf.

»Das Wrack einer Tornado befindet sich in unserer Nachbarschaft, Commander. Es wurde von unseren Leuten bereits durchsucht.«

Er wußte mithin über die Tornado Bescheid: da konnte ich ihm nichts vormachen. Andererseits mochten seine Leute das Wrack nur oberflächlich durchsucht haben – ahnungslos, daß sich darin eine biologische Bombe verbarg, an der sie, falls sie ungeborgen blieb, rettungslos zugrunde gehen würden. Ich sagte: »Sie haben recht, Tao Lin. Der Bazillus befindet sich in der Tornado, aber nur jemand wie ich, der sich mit einer solchen Maschine auskennt, ist imstande, das Versteck zu finden. Ich war gerade im Begriff, das Wrack zu untersuchen, als ich von diesen Kampfschwimmern aufgegriffen wurde.«

»Das Wrack ist leer!« sagte Tao Lin. 

»Für Sie vielleicht«, antwortete ich, »nicht aber für mich. Ich weiß, wo der Behälter steckt. Geben Sie mir Bewegungsfreiheit, und ich werde ihn holen.«

Ein anderer hätte mir vielleicht nicht geglaubt. Aber Tao Lin kannte mich. Ich hatte ihm das Leben gerettet, und wir waren als Freunde geschieden. Nun senkte er den Kopf.

»Also gut, Commander. Ich werde mit Peking darüber reden. Ich werde mich dafür einsetzen, daß man Ihnen die Freiheit zurückgibt.«

Der alte Mann schickte sich an, mich zu verlassen. Ich hielt ihn zurück.

»Noch eins!« sagte ich. »Können Sie mir wohl eine Liste all der Gegenstände besorgen, die Ihre Leute aus der Tornado geborgen haben?«

»Das müßte rasch zu machen sein.«

Tao Lin verließ mich, und ich setzte mich und dachte über meine Lage nach. Ich blieb nicht lange allein. Lo Tai trat ein und gesellte sich zu mir. 

»Großvater hat angedeutet«, sagte sie mit ihrer silberglockenhellen Stimme, »daß Sie vorhaben, in Shinkoku zu bleiben. Ich möchte Ihnen sagen, wie sehr ich mich darüber freue.«

Ich wollte ihr sagen, daß ich ganz und gar nicht diese Absicht hatte, aber sie hob ihre Hand und legte sie mir auf die Stirn.

»Nicht grübeln, Commander!« sagte sie. »Alles wird gut werden.«

Es war, als hätte ich Opium zu mir genommen. Mein Wille schmolz. Ich dachte an die Einsamkeit, die auf mich wartete, sobald ich nach Metropolis zurückkehrte, an all die bitteren Gedanken und tragischen Erinnerungen, die kein Alkohol der Welt je hinwegspülen konnte, weil sie auf dem Grund der Flasche immer wieder auftauchten. Lo Tais Augen blickten warm. Lo Tai war jung und reizvoll.