Körpersprache – der Schlüssel zum Verständnis
Durch unseren Körper drücken wir aus, wer wir sind, was wir denken und fühlen – meist mehr noch als über unsere Worte. Im Umgang mit anderen Menschen ist es also sehr hilfreich, auch diese Sprache zu verstehen. Wenn wir offen und interessiert hinschauen, gibt sie uns Aufschluss über die Persönlichkeit des anderen sowie über seine aktuelle Verfassung.
Situative Einflüsse
Was uns innerlich gerade bewegt, wird über unsere Haltung, Mimik, Gestik nach außen transportiert. In der Regel passiert dies unbewusst. Unser Körper setzt unmittelbar um, was in uns abläuft. Sind wir verärgert oder erstaunt, wird unser nonverbaler Ausdruck dies genauso zeigen, wie er auch unsere Entspannt- und Zufriedenheit spiegelt. Körpersprache ist somit weitestgehend unverfälscht.
Andererseits können bestimmte Körperhaltungen und Gesichtszüge auch bewusst eingenommen werden, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Wenn Sie Ihren Verhandlungspartner mit Ihren Argumenten oder Ihren potenziellen Arbeitgeber von Ihren Qualitäten überzeugen wollen, werden Sie sich vorher gut überlegen, wie Sie sich hinsetzen, wie viel Gestik Sie verwenden, wann Sie lächeln und wann Sie Ihrem Gesprächspartner ernst in die Augen schauen. Und in einer Wettbewerbssituation werden Sie sich körpersprachlich anders verhalten aus bei einem Essen mit Freunden.
Wichtig
Bei der Einschätzung anderer Menschen ist es unumgänglich, die aktuellen Rahmenbedingungen der Situation und mögliche Motive des anderen zu berücksichtigen.
Darüber hinaus dürfen nicht nur einzelne Signale interpretiert werden. Es genügt z. B. nicht, Körperhaltung und Gestik zu studieren, ohne dabei Mimik und Stimme einzubeziehen. Die verschiedenen Aspekte der Körpersprache müssen miteinander verknüpft und ganzheitlich gedeutet werden, um der wahren Verfassung eines anderen näher zu kommen.
Beispiel: Verschränkte Arme
Claudia sitzt in der Besprechung mit übereinandergeschlagenen Beinen und verschränkten Armen. Bei einer schnellen Interpretation könnte man zum Ergebnis kommen, dass sich Claudia ablehnend verhält. Betrachtet man aber zusätzlich ihre Mimik und Kopfhaltung, so entsteht eher der Eindruck von Interesse und Konzentriertheit. Sie verfolgt die Themen aufmerksam und bringt sich hin und wieder ein. Die ganzheitliche, etwas längere Betrachtung ergibt nun folgende Erklärung: Claudia fröstelt es womöglich, da das Fenster im Besprechungsraum die ganze Nacht offen geblieben war. Ihre Körperhaltung bedeutet daher maximal einen Schutz vor Kälte.
Ausdruck unserer Persönlichkeit
Wenn Sie Ihre Mitmenschen länger und in verschiedenen Situationen beobachten, werden Sie feststellen, dass jeder einzelne seine eigene Körpersprache ausgebildet hat. Sie werden immer wieder gleiche Haltungen, Gesten und mimische Ausdrücke erkennen. Diese gehen mit den Einstellungen, Motiven und Werten einher.
Beispiel: Selbstsicher – selbstunsicher
Ein von sich selbst überzeugter Mensch mit klaren Meinungen und Vorstellungen wird eher eine aufrechte Körperhaltung, einen festen Schritt und eine unterstützende Gestik an den Tag legen. Ein selbstunsicherer Mensch wird uns eher mit gesenkten Kopf und ausweichendem Blick begegnen.
Im Folgenden werden einzelne Aspekte der Körpersprache herausgegriffen, die Ihnen helfen, die Persönlichkeit anderer besser einschätzen zu können.
Die Körperhaltung
Unsere Körperhaltung ist zum Teil von der Persönlichkeit abhängig, zum Teil situativ bedingt. Sie wird im Wesentlichen von unserer Muskulatur gesteuert. Bei einer unterspannten Haltung ist die Muskulatur schlaff, die Schultern hängen nach unten, sämtliche Bewegungen wirken desinteressiert und antriebslos. Beobachten Sie diese Haltung bei einem Menschen oft, kann es sich um jemanden handeln, dem es an Durchsetzungskraft und Energie mangelt. Er erscheint gleichgültig, passiv oder gar unterwürfig.
In einer überspannten Haltung sind die Muskeln dagegen angespannt. Oberkörper und Kopf sind nach hinten, das Becken nach vorne geschoben; die Knie sind durchgestreckt, Mimik und Blick sind eher starr. Eine derartige Haltung vermittelt der Umwelt, dass diese Person auf Distanz bleiben möchte oder gerade unter Druck steht. Die Anspannung kann auch mit dem Wunsch nach Kontrolle in Verbindung gebracht werden.
Befindet sich der Körper in einer aufrechten, entspannten Haltung, die dem Gesprächspartner zugewandt ist und von einem aufmerksam-freundlichen Blick begleitet wird, vermittelt die Person Aufgeschlossenheit und Selbstsicherheit. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich hierbei um einen Menschen, der sich für andere interessiert, dabei aber auch seine eigene Meinung vertritt.
Die Gangart
Noch bevor Sie jemanden sehen, hören Sie seine Schritte und wissen, da hat es jemand eilig. Vielleicht will diese Person nur den nächsten Zug erreichen, vielleicht ist sie aufgebracht und deswegen energisch unterwegs. Unsere Gangart wechselt wie unsere Haltung situationsspezifisch, ist gleichzeitig aber auch ein Persönlichkeitsmerkmal. So legen aktive, entschlossene Persönlichkeiten grundsätzlich ein energischeres Schritttempo mit eher großen Schritten vor. Sie wissen, wohin sie wollen, und treiben Dinge voran. Langsame und kleinere Schritte deuten dagegen auf einen introvertierten Menschen hin. Dieser macht lieber einen Schritt nach dem anderen und vor allem nicht überstürzt. Ein schleppender Gang zeugt von Bedenken und wenig Kraft. Er kann Zeichen einer Stresssituation oder auch eine grundsätzliche Eigenart eines sehr vorsichtigen, passiven Menschen sein.
Beispiel: Nicht täuschen lassen
Klaus Berger schleicht mit gesenktem Kopf aus dem Besprechungsraum. Sein Kunde hat gerade ein wichtiges Projekt platzen lassen, wochenlange Bemühungen um diesen Folgeauftrag waren vergebens. Der sonst so engagierte und zielorientierte Projektleiter ist frustriert und ausgepowert. Sein normalerweise kraftvoller Gang wird Opfer seiner negativen Stimmung.
Je nachdem, in welcher Verfassung wir sind, ist unsere Gangart mal schleppender, mal energischer. Grundsätzlich haben wir jedoch eine bevorzugte, typische Art zu gehen.
Die Gestik
Gesten unterstützen das gesprochene Wort, indem sie Inhalte und Emotionen unterstreichen. Unsere Kommunikation wird dadurch lebendiger. Vergleichen wir die Gestik von uns Deutschen (oder auch anderer Mitteleuropäischer) mit südländischer Gestik, werden wir Deutschen insgesamt weniger lebhaft erscheinen. Dennoch gibt es auch bei uns Unterschiede: Manche reden mit Händen und Füßen, manchen würde man dagegen gerne etwas unterstützend unter die Arme greifen. Gestik ist also individuell und eng gekoppelt mit unserer Persönlichkeit. Extravertierte zeigen mehr, Introvertierte weniger Gestik.
Wie viel Gestik wir verwenden, ist aber genauso situativ beeinflusst. So kann ein extrem bewegendes Ereignis auch einen Introvertierten mehr gestikulieren lassen, während er normalerweise weniger Gestik zeigt.
Der Händedruck
Der Händedruck ist oft der erste Kontakt mit einem fremden Menschen. Da er kaum variieren wird, kann man auch ihn als Indiz für eine grobe Einschätzung nutzen. Ein selbstbewusster Mensch wird einem fest die Hand drücken, ohne es zu übertreiben, während eine dominante Person schon mal kräftig zudrückt. Ein kritisch-misstrauischer Mensch wird Ihnen meist einen durchgedrückten Arm entgegenstrecken, der zeigt, dass er Sie auf Abstand halten möchte. Ein sehr schüchterner Mensch wird es ganz vermeiden, Sie zu berühren. Wenn es doch zum Händedruck kommt, wird seine Hand vielleicht etwas feucht sein und kaum Druck ausüben. Sie spüren, dass sich dieser Mensch möglichst schnell der Situation entziehen möchte. Auch sein Blickkontakt ist flüchtig.
Mimik und Blickkontakt
Der Gesichtsausdruck eines Menschen spricht oft Bände. Wir erkennen aus dem Zusammenspiel von Augen, Stirn, Mund und Lippen, was der andere gerade denkt bzw. fühlt. Der Grund: Die emotionale Befindlichkeit drückt sich in unserer Mimik aus. Natürlich gibt es auch hier wieder individuelle Unterschiede. Die Introvertierten halten das, was in ihnen vorgeht, eher zurück, so dass ihr Gesichtsausdruck auch über längere Zeit fast unverändert bleiben kann und man ihnen so manche Gefühlsregung nicht anmerkt. Extravertierte scheuen dagegen weniger davor zurück, anderen ihre Befindlichkeiten auf diese Art mitzuteilen.
Eine wichtige Orientierungshilfe bei der Interpretation des nonverbalen Ausdrucks bieten auch die Augen und der Blick: Ein offener wacher Blick spricht für eine interessierte Person, während ein Mensch mit matten Augen und suchendem Blick orientierungslos und unzufrieden wirkt. Ein Blick von unten wirkt verunsichert, der Blick von oben eher dominant. Blickrichtung und Ausdruck der Augen ändern sich jedoch meist sehr schnell und liefern daher keine allzu eindeutigen Hinweise auf eine bestimmte Persönlichkeit.
Ein wertvolleres Indiz ist aber die Dauer des Blickkontakts. Ein selbstsicherer, beziehungsorientierter Mensch wird ganz natürlich – ohne zu bohren – den Augenkontakt zu anderen halten. Ein dominanter Mensch wird ihn suchen, weil er seine Botschaft zielsicher platzieren will. Selbstunsichere Persönlichkeiten haben dagegen Schwierigkeiten mit dem Aufrechterhalten des Blickkontakts. Sie zweifeln an sich selbst und sind vorsichtig-zurückhaltend. Ihr Blick ist ausweichend und instabil – wie auch deren Persönlichkeit.