Beim Verkaufen und Verhandeln
Beispiel: Der bedrängte Kunde
Herr Möller ist Vertriebsmitarbeiter einer Softwarefirma und präsentiert einem neuen Kunden sein Produkt. Der Kunde ist ein introvertierter, ruhiger Mensch. Er spricht leise, verwendet sparsame und kleine Gesten. Herr Möller gibt sich enthusiastisch und selbstsicher. Mit großen und ausladenden Gesten unterstreicht er den Erfolg seiner Firma und die Qualität seiner Lösung: Der Kunde fühlt sich sichtlich unwohl, von Kaufen ist nicht die Rede.
Was ist passiert? Herr Möller hat die körpersprachlichen Signale des Gegenübers ignoriert und damit sind ihm wichtige Informationen entgangen. Wäre ihm aufgefallen, wie sein Kunde körperlich „strukturiert“ ist, hätte er reagieren können: Herr Möller hätte sich selbst nicht so viel Raum genommen, sondern dem schüchternen Kunden Raum überlassen, indem er seine ausladende Gestik der sparsamen der Gestik des Kunden angepasst hätte.
Auf den Gesprächspartner eingehen
Bei jedem Kundenkontakt oder bei jeder Verhandlung ist es hilfreich, sich vom Gegenüber ein Bild zu machen. Bietet sich vorher nicht die Gelegenheit, mit dem Kunden persönlich zu sprechen, werden Sie spätestens beim ersten Treffen die Informationen erhalten, die Sie brauchen, um ihn und seine Bedürfnisse zu verstehen. Wenn ein Verkäufer wie Herr Möller, der leidenschaftlich und lebhaft gestikuliert, auf einen detailversessenen, gründlichen oder schüchternen Kundentyp trifft, kann es passieren, dass die beiden keine gemeinsame Sprache finden und der engagierte „Körpereinsatz“ des Verkäufers umsonst war.


Wann das „Spiegeln“ hilfreich ist
Die Körperhaltung des anderen „spiegeln“ heißt, dass Sie versuchen, eine ähnliche Körperhaltung einzunehmen und auch ähnliche Gesten ausführen. Dadurch drücken Sie Ihr Einverständnis mit dem Gesagten aus und bauen eine Beziehung auf.
Das Spiegeln bietet somit eine gute Basis, um gerade bei potenziellen Kunden in ein Verkaufsgespräch einzusteigen. Sie sollten dabei aber auch beachten, dass Spiegeln kein Zaubermittel ist. Ist Ihr Kunde scheu und verschlossen, hilft spiegeln wenig. In diesem Fall wäre eine offene Haltung, die Vertrauen und Zuversicht ausdrückt, empfehlenswerter. Die zweite Abbildung auf der vorigen Seite zeigt, wie der Verkäufer die gleiche Haltung wie der Kunde einnimmt und auf diese Weise den Kontakt fördert.
Erkennen, dass ein Kunde nichts kaufen will
Wenn Sie merken, dass der Kunde geschlossene Körpersignale sendet, versuchen Sie durch eine Frage herauszufinden, welche Vorbehalte er hat. Bevor Sie zum Abschluss kommen, überprüfen Sie nochmals genau die körpersprachlichen Signale des Gegenübers. Falls alles auf Ablehnung deutet, starten Sie einen neuen Versuch und überlegen Sie sich andere Argumente.
An folgenden Signalen erkennen Sie, dass Ihr Kunde von Ihrem Angebot nicht überzeugt ist:

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verschränkte Arme, übereinander geschlagene Beine, der Blick wendet sich ab,
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verschränkte Arme, im Stuhl zurückgelehnt,
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verschränkte Arme, Hände zu Fäusten geballt,
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die Hand ständig im Gesicht,
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ein nach unten gesenkter Kopf,
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der Kopf wird mit der Hand aufgestützt.
Kreuzt der Kunde die Fußknöchel, könnte er Bedenken zurückhalten oder sich unwohl fühlen. Fragen Sie dann dezent nach. Wenn er die Hände auf die Oberschenkel stützt, obwohl Sie mitten im Gespräch sind, möchte der Kunde das Treffen beenden. Er begibt sich in Startposition.
Die Kunst, zu verkaufen ohne zu verkaufen
Vermeiden Sie Körpersignale, die darauf hindeuten, dass Sie unter Verkaufsdruck stehen. Sonst besteht die Gefahr, dass beim Kunden die Botschaft ankommt: „Ich muss Ihnen jetzt hier etwas verkaufen, sonst dürfen Sie den Raum nicht verlassen.“ In der ersten Abbildung steht der Verkäufer unter Druck. Die Kundin lehnt sich zurück und will eigentlich weg.
Die zweite Abbildung zeigt den souveränen Verkäufer mit einem interessierten Kunden.


So bleiben Sie souverän
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Ein souveräner und ruhiger Verkäufer schafft eine angenehme und entspannte Atmosphäre. Versuchen Sie, ein Zusammenspiel zwischen Spannung und Entspannung zu erzeugen, um so das Interesse beim Kunden zu wecken. Achten Sie auf die Balance von „sprechen“ und „zuhören“. Der Kunde will von Ihren Argumenten und Ihrer Stimme nicht überschwemmt werden.
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Sprechen Sie nicht zu schnell und nehmen Sie unnötigen Druck aus Ihrer Stimme.
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Beim Zuhören nehmen Sie eine entspannte und trotzdem aufmerksame Körperhaltung ein. Hören Sie dem Kunden wirklich zu und schauen Sie ihn wirklich an, er schenkt Ihnen in jeder Sekunde viele Informationen.
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Achten Sie auf den Wechsel der Körperhaltung Ihres Kunden. Diese können auf positive oder negative Änderungen der inneren Haltung dem Produkt oder Ihnen gegenüber hindeuten. Fragen Sie nach, wenn Sie einen deutlichen Wendepunkt in der Körperhaltung wahrgenommen haben, ob der Kunde sich z. B. noch mehr Informationen wünscht.
Berücksichtigen Sie die unterschiedlichen Körpertypen
Bevor Sie Ihre Kunden in die unterschiedlichen Körpertypen aufteilen, sollten Sie sich selbst überlegen, welchem Körpertyp Sie eher entsprechen. Die Beschreibung der Körpertypen finden Sie im Kapitel „Körpersprachliche Signale verstehen“.
Wichtig
Die Körpertypen sind eine erste Orientierungshilfe, wie Sie mit Kunden umgehen können, die Ihnen nicht vertraut sind.
Wer auf verschiedene Kunden eingeht und entsprechend reagiert, entwickelt mit der Zeit ein Feingefühl für die Unterschiede – bald wird es dann Spaß machen, den jeweiligen Kundentyp herauszufinden.
Der Dominante
Ein dominanter Kunde weiß meistens, was er möchte – warum braucht er dann eigentlich einen Verkäufer? Um ihn in seiner Wahl zu bestätigen. Nur, wenn der Verkäufer einen unsicheren Eindruck vermittelt, sein Wissen oder seine Position anzweifelt, kann er auch jederzeit abspringen. Einem dominanten Kunden gegenüber sollten Sie deshalb vor allem darauf achten, dass Sie
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eine aufgeschlossene und souveräne Haltung einnehmen, die Sicherheit und Überzeugung ausstrahlt,
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höflich sind,
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den Kunden aussprechen lassen, sein Wissen respektieren und ihn gelegentlich loben,
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nicht versuchen, einen höheren Status einzunehmen,
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ihn nicht belehren.
Der Genaue
Ein genauer Kunde legt großen Wert auf höfliches und korrektes Auftreten und ist oft an vielen Details interessiert, die Ihnen vielleicht gar nicht so wichtig erscheinen. Einem genauen Kunden gegenüber achten Sie deshalb vor allem darauf, dass Sie
Der Macher
Der Macher-Kunde möchte im Verkäufer einen Partner finden, der bereit ist, gemeinsam mit ihm neue Lösungen zu finden. Er wird sich gerne auf eine neue und schwierige Verhandlung einlassen. Einem Macher-Kunden gegenüber achten Sie vor allem darauf, dass Sie
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durch vitale Gesten Ihre Aussagen unterstützen,
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sich körpersprachlich auch seinem Habitus anpassen,
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nicht am Stuhl kleben oder in einer Körperhaltung verharren,
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laut und lebhaft sprechen. Sie dürfen einen Macher zwischendurch während seiner Aussage laut bestätigen, sogar je nach Situation ins Wort fallen; er wird es Ihnen nicht übel nehmen, weil er dies von sich selbst kennt.
Der Zwischenmenschliche
Ein zwischenmenschlicher Kunde erwartet vom Verkäufer vor allem, dass er ihn nicht enttäuscht. Das Vertrauen ist manchmal wichtiger als die Information, z. B. über das Produkt, eine gute zwischenmenschliche Beziehungen manchmal wichtiger als Rabatt oder Kostensenkung. Dieser Kunde ist ein treuer Kunde, aber wer sein Vertrauen strapaziert, wird es schwer haben, ihn wiederzugewinnen. Einem zwischenmenschlichen Kunden gegenüber achten Sie vor allem darauf, dass Sie
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ihn nicht zu steif und reserviert begrüßen, sondern herzlich und warm,
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sich genug Zeit für Small Talk nehmen, um eine persönliche Atmosphäre zu schaffen,
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sich in Ihrem Körper wohl fühlen, indem Sie eine entspannte und aufgeschlossene Haltung einnehmen,
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durch Ihre Körperhaltung und Gestik Offenheit und Aufrichtigkeit vermitteln,
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ihm auch einmal ein zusätzliches Lächeln schenken oder mit ihm gemeinsam in der Betriebskantine essen oder eine Tasse Kaffee trinken.
Der Schüchterne
Ein schüchterner Kunde mag eigentlich keine Verkäufer. Er ist misstrauisch, kritisch und verschlossen. Er ist eine richtige Herausforderung für jeden Verkäufer, doch hat man sein Vertrauen erst gewonnen, bleibt er trotz mancher Schwierigkeiten oft unerschütterlich in seiner Treue. Einem schüchternen Kunden gegenüber achten Sie vor allem darauf, dass Sie
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ihn freundlich, aber nicht zu herzlich begrüßen,
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ihm körperlich nicht zu nahe kommen (denn für ihn bedeutet das schnell „Bedrängnis“),
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Sicherheit und Ruhe durch Ihre Körpersignale vermitteln und keine nervösen oder legeren Bewegungen machen,
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mit einer warmen, nicht zu lauten Stimme sprechen.