Acht

Måndag, 7. Februari – Tisdag, 8. Februari

Enthauptung ist KEIN Verbrechen ohne Opfer!
Uppsala Sjukhuset Provinzkrankenhaus, Enthauptungs-Selbsthilfegruppe

 

Blomberg war in dem 15,58-Quadratmeter-Büro von Professor Dr. Crabo Sologrub angekommen. Der Arzt war 1 Meter 87 groß, blond und blauäugig. Wie markant, dachte Blomberg. Sie gaben sich zur Begrüßung die Hand, worauf sich der Professor die Hände unverzüglich dreißig Sekunden lang in einer Wolke aus antibakteriellem Schaum wusch.

Ein Reinlichkeitsfanatiker, dachte Bubbles. Oder ein Antisemit.

«Ich glaube, Sie haben schon mit meinem Kollegen Doktor Svenssen gesprochen», sagte Professor Dr. Sologrub.

«Ja, Professor Doktor Svenssen hat mir aufgrund der Strangulationsmale eine grobe Beschreibung des Angreifers geliefert.»

«Sven ist ein Fachmann, was Rentiere angeht», sagte Professor Dr. Sologrub herablassend. «Aber genau genommen ist er kein Universitätsprofessor, deshalb ist ‹Doktor› ausreichend. Und ich fürchte, er weiß sehr wenig über kleine Finger.»

Er legte den abgetrennten Finger auf einen Metalltisch. «Wie Sie sehen, ist dieser Finger riesig.»

«Doktor Svenssen hat geschätzt, dass er von einem Mann stammt, der zwei Meter dreizehn groß ist.»

Professor Dr. Sologrub schüttelte den Kopf. «Genau das habe ich gemeint. So etwas kommt heraus, wenn man einen Rentierspezialisten in Fingerangelegenheiten herumpfuschen lässt. Ihr Angreifer ist genau zwei Meter zwanzig groß.»

«Svenssen schätzt sein Gewicht auf 136 Kilo.»

«Nach meiner Analyse des Lipidgehalts und der geronnenen Fettsäuren beträgt sein Gewicht 126 Kilo.»

«Also ist mein Angreifer größer und schlanker, als Svenssen angenommen hat.»

«Ganz genau.»

«Vielleicht ein ehemaliger Basketballspieler?»

«Das wäre möglich. Allerdings zeigt das Mittelhandgewebe keine Spuren einer chronischen Schwellung oder Vergrößerung, wie es für professionelle Basketballer typisch ist. Trotzdem kann ein gelegentliches Match beim Uni-Sport nicht ausgeschlossen werden.»

Bubbles schrieb eifrig in sein Notizbuch. Er bevorzugte Stift und Papier, obwohl er einen BlackBerry 9800 Torch hatte, den er jedoch nur für SMS und zum Telefonieren benutzte.

Professor Sologrub drehte den Finger geschickt mit einer Pinzette um. «Wie Sie sehen, zeigt der Nagel Spuren einer frischen Maniküre.»

Ein gigantischer, psychopathischer Rentierwürger mit Hang zur Eitelkeit, dachte Bubbles.

«Einige Strähnen der Basisknöchelbehaarung weisen klar darauf hin, dass Ihr Killer eine natürliche Blondine ist, wenn ich es einmal so ausdrücken darf.»

«Würden Sie die Knöchelbehaarung als besonders stark bezeichnen?»

«Was meinen Sie damit?»

«Ich wollte wissen, ob Sie glauben, dass wir nach einem ungewöhnlich stark behaarten, blonden, zwei Meter zwanzig großen, 126 Kilo schweren Psychopathen suchen müssen.»

«Nein, ich würde seinen Haarwuchs als ziemlich durchschnittlich bezeichnen. Aber es gibt ein anderes Merkmal bei unserem Riesen, das höchst ungewöhnlich ist. Sehen Sie sich die Abtrennung genau an.»

Der Professor hielt den kleinen Finger hoch, damit Bubbles ihn ganz aus der Nähe mustern konnte. Es war kein schöner Anblick. Bubbles zwang sich dazu, genau hinzusehen.

«Ja?»

«Achten Sie darauf, dass der Schnitt nicht sauber ist. Oder, präziser ausgedrückt: Die Wunde deutet darauf hin, dass dieser kleine Finger nicht mit einem Schnitt abgetrennt wurde.»

«Ich glaube, ich kann Ihnen nicht ganz folgen.»

«Die meisten Fälle von Klein-Finger-Abtrennung finden auf einen Schlag statt. Der Schlachter trifft mit dem Hackmesser daneben, und der kleine Finger ist ab. In diesem Fall jedoch war der Finger erst nach mehreren Schnitten abgetrennt.»

«Wollen Sie damit sagen, dass jemand anders dem Killer den kleinen Finger abgehackt hat?»

«Das war auch meine erste Vermutung. Aber dann habe ich eine DNA-Analyse durchgeführt. Und ich habe etwas eher Ungewöhnliches festgestellt.»

Eher? Was war bloß mit diesen Wissenschaftlern vom Königlichen Institut los?

«Wissen Sie, Ihr Riese scheint nicht zu leiden.»

«Ich würde sagen, das ist bei Serienmördern ziemlich verbreitet», sagte Bubbles.

«Sie verstehen mich nicht richtig, Kommissar. Ich wollte sagen, dass der Killer physisch unfähig ist, Schmerzen zu empfinden. Das ist ein seltener, angeborener Gen-Defekt namens hereditäre sensorische und autonome Neuropathie oder HSAN.»

«Sie meinen also, dieser Riese hat blind losgehackt, ohne zu bemerken, dass er sich seinen eigenen Finger abtrennt, bis er schließlich abgefallen ist?»

«Genau.»

Mit einem Mal wurde Bubbles totenbleich. Sologrub dachte, dass der Geruch des Formaldehyds und der gruselige Anblick des Fingers den Kommissar schließlich doch noch überwältigt hätten. Daher war er völlig ratlos, als er Bubbles vor sich hin murmeln hörte: «Niemand. Ronni Niemand. Wie konnte ich bloß so beschränkt sein?»

 

Blomberg nippte an einer Schale Sierra-Madre-Gebt-den-Eseln-die-Würde-zurück-Vierfachröstung bei Elvira’s, einem neuen Kaffeklub in Modershalm, der bei den jetsettenden Prozessanwälten von Malmafjärding sehr beliebt war.

«Was darf ich Ihnen bestellen?», fragte Blomberg.

«Ich möchte einfach nur einen Kräutertee», sagte sein Begleiter, Sveet Flogbard.

Kräutertee, dachte Blomberg. Es ist wirklich weit mit ihm gekommen.

Im Nachwuchsteam der schwedischen Fußballnationalmannschaft der späten 1980er hatte Flogbard einst als kreativstes Mittelfeldtalent seiner Generation gegolten. Doch dann hatte ein Fehlschuss in einem Spiel gegen Dänemark während der Qualifizierungsrunde für die Weltmeisterschaft schlagartig seine Karriere beendet. Er war in den Augen der gesamten Nation zum Ausgestoßenen geworden und mit Hassbriefen und Todesdrohungen verfolgt worden. Zuflucht hatte er in Absolut Vodka und Nordlappland gefunden, wo er seit zwanzig Jahren anonym für das Königlich Schwedische Statistikamt arbeitete. Im Zuge der Jahrtausend-Volkszählung des Jahres 2000 hatte er Blomberg kennengelernt, der an einem Enthüllungsbericht über Erpressung, Inzest und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der schwedischen Registratur der Kirchengemeinden arbeitete. Sie hatten sich angefreundet, und Flogbard war ein wertvoller Kontakt für Blomberg geblieben.

«Konnten Sie etwas über Chamelea Salamander herausfinden?», fragte Blomberg.

«Ein bisschen was. Nach den Unterlagen des Krankenhauses wurde sie fünf Minuten nach ihrer zweieiigen Zwillingsschwester geboren, von der man öfter etwas in den Nachrichten hört.»

Blomberg fiel auf, dass Flogbards Hand merklich zitterte, als er seine Tasse Kräutertee anhob. Der Ball damals war wirklich nicht schwer zu klären. Und durch seinen Fehlschuss sind wir aus der Weltmeisterschaft geflogen, und noch schlimmer, Dänemark konnte sich qualifizieren. Trotzdem, der Mann hat schon genug gelitten.

«Die Unterlagen aus der Schule bescheinigen Chamelea, immer die bessere Schülerin gewesen zu sein. Schon im Kindergarten hat sie sich mit Fingerfarbenbildern und Ingwerkeks-Gestaltung hervorgetan. Ihre Schwester dagegen musste gemaßregelt werden, weil sie versucht hat, einer Lehrerin, die sie mit Pippi Langstrumpf verglichen hatte, die Kehle durchzubeißen.»

Eine seit langem bestehende Empfindlichkeit.

«Chamelea war auch während der gesamten Grundschulzeit eine sehr gute Schülerin, ganz besonders im Eiskunstlauf und Stricken. Bei der Feier zum Abschluss der sechsten Klasse gewann sie die beiden heißbegehrten Preise ‹Wird höchstwahrscheinlich ein Anpassungscharakter› und ‹Wird höchstwahrscheinlich Steuern zahlen, ohne zu betrügen›. Ihre Schwester hingegen brachte sich ständig in Schwierigkeiten. Sie versagte in sämtlichen Fächern außer in Mathematik und wurde vom Unterricht ausgeschlossen, weil sie die männliche Hockeymannschaft verprügelt hatte.»

Schon damals gut in Mathe.

«Was hast du denn erwartet?», hackte sich Salamander in Blombergs Gehirn.

«Nachdem ihr Vater angezündet worden war, änderte sich alles für Chamelea. Sie wurde nach Deutschland geschickt, um bei Verwandten zu leben.»

Verwandte? Was für Verwandte?

«Sie ist mehrere Jahre in Deutschland geblieben. Wo genau, ist nicht bekannt. Anscheinend hat sie einen Abschluss in Grafikdesign gemacht. Wie es aussieht, hatte sie schwer mit dem Zerfall ihrer Familie und der Ankokelung ihres Vaters zu kämpfen. Sie hatte wohl ein sehr enges Verhältnis zu Kalashnikov. Doch nun verweigerte er ihr jeden Kontakt. Wahrscheinlich wollte er nicht, dass sie ihn mit seinen grauenhaften Entstellungen sah. Und so glitt sie in sexuelle Promiskuität ab, indem sie zahlreiche unverbindliche und irgendwie selbstzerstörerische Affären mit drittklassigen deutschen Konzeptkünstlern einging.»

Diese Volkszähler in Lappland wissen wirklich allerhand.

«Kurz nach ihrem einundzwanzigsten Geburtstag kehrte sie nach Schweden zurück. Nach einem halben Jahr mit Gelegenheitssex und Modedrogen ist sie solide geworden und hat einen Posten als Industriedesignerin bei UKEA angenommen.»

«Sagten Sie UKEA?»

«Ja. Das ist der weltweit größte Produzent von Pseudo-Teakholz-Regalen zum Selbstzusammenbauen.»

«Schon klar. Wie lange hat Chamelea dort gearbeitet?»

«Etwa drei Jahre. Dann ist sie plötzlich gegangen. Anscheinend ist sie zurück nach Deutschland. Jedenfalls verliert sich dort ihre Spur.»

Und zwar bis zu dem Moment, in dem sie von einer Überwachungskamera dabei gefilmt wird, wie sie einen unveröffentlichten Krimiautor enthauptet.

 

Hauptkommissar Bubbles kam beim Morgengrauen im Polizeipräsidium an. Was, nachdem Februar war, um zwanzig nach zehn vormittags bedeutete. Er verschwendete keine Zeit mit Begrüßungsgeplauder. Er wusste, dass er kurz vor einer entscheidenden Entdeckung stand. «Wachtmeister Flunk, bringen Sie mir die Akte Ronni Niemand.»

«Ja, Hauptkommissar.»

Zwei Stunden vergingen, und noch immer hatte Bubbles nichts auf dem Schreibtisch. Er rief Flunk erneut in sein Büro. «Die Akte.»

«Entschuldigen Sie, Chef. Heute Vormittag war ich damit an der Reihe, unsere Tochter für ihre Allergiespritzen zum Arzt zu fahren. Und jetzt habe ich einen Termin bei meinem Therapeuten.» Flunk neigte nach der Entdeckung der ermordeten Rentierfamilie immer noch zu Weinkrämpfen. Die Verwaltung bezahlte Polizisten, die im Dienst oder im Umfeld des Dienstes ein Trauma erlitten, lebenslange Massagen und Psychoanalysen. «Kann ich Ihnen die Akte nach meiner Therapiesitzung bringen?»

«Wann wäre das dann?»

«In drei Stunden.»

«Können Sie mir die Akte nicht davor herholen?»

«Ich fürchte, das würde deprimierende Assoziationen in mir wachrufen.»

«Ich verstehe. Also nach Ihrer Sitzung.»

Sobald Flunk gegangen war, ließ Kommissar Bubbles Wachtmeister Snorkkle holen. «Bringen Sie mir die Niemand-Akte.»

«Wie sagt man?»

Bubbles funkelte seinen Untergebenen wütend an. «Bitte

«Sehr wohl, Chef.»

Zwei Stunden später kam Snorkkle zur Berichterstattung zurück. «Wir können die Akte nicht finden, Chef.»

«Wie kann das sein?» Sogar falls Salamander die Datei gelöscht haben sollte, lagerte eine Papierversion der Akte im Polizeiarchiv.

«Ich kann es mir auch nicht erklären, Chef.»

«Also, suchen Sie weiter … bitte

«Ja, Chef.»

Eine weitere Stunde verging, ohne dass Snorkkle etwas von sich hören ließ. Dafür tauchte Flunk an der Bürotür seines Vorgesetzten auf. «Darf ich?»

«Natürlich. Kommen Sie rein, Flunk.»

«Darf ich die Tür schließen, Chef?»

«Gewiss.»

Flunk machte die Tür zu, stellte sich vor den Schreibtisch des Hauptkommissars und fingerte nervös an seiner blaugelben Polizei-Strick-Skimütze herum.

«Und, wie war Ihre Sitzung, Flunk?»

«Ich glaube, wir haben sehr wichtige Themen bearbeitet, unter anderem meine Kindheitsängste vor den Mumins.»

«Das freut mich zu hören.»

«Chef?»

«Ja, Flunk?»

«Stimmt es, dass Sie Wachtmeister Snorkkle gebeten haben, Ihnen die Niemand-Akte zu bringen?»

«Ja, wieso?»

Flunks Unterlippe zitterte. «Chef, Sie haben ausdrücklich mich darum gebeten, Ihnen diese Akte zu bringen.»

«Flunk, Sie waren bei Ihrer Therapiesitzung.»

«Chef, Sie haben eigens gesagt, dass Sie warten können, bis ich zurück bin.»

«Es tut mir leid, Wachtmeister, aber die Zeit hat gedrängt.»

«Warum haben Sie dann gesagt, dass Sie warten können?»

«Ich weiß nicht mehr genau, was ich gesagt habe.»

«Ich glaube, ich muss eine Arbeitsplatzbeschwerde einreichen, Chef.»

Bubbles holte tief Luft. In Grönland kann es wirklich nur besser sein. «Und warum möchten Sie das tun, Wachtmeister?»

«Chef, ich habe das Gefühl, Sie bestrafen mich dafür, dass ich therapeutische Hilfe für einen seelischen Schaden in Anspruch nehme, den ich im Dienst oder im Umfeld des Dienstes erlitten habe.»

«Wie um alles in der Welt bestrafe ich Sie denn?»

«Bitte heben Sie Ihre Stimme nicht, Chef. Das ist auch strafbar.»

«Ich entschuldige mich, Wachtmeister. Wie bestrafe ich Sie?»

«Indem Sie meine Arbeit neu zuteilen, Chef. Indem Sie mir das Gefühl vermitteln, ein Außenseiter und für die Truppe nicht mehr von Wert zu sein, weil ich Hilfe aufgrund einer in Ausübung meiner Pflichten erlittenen psychischen Verletzung gesucht habe.»

«Das war ganz bestimmt nicht meine Absicht, Flunk.»

«Ob Vorsatz im Spiel war, ist nach den Statuten unmaßgeblich, Chef. Maßgeblich ist allein meine Wahrnehmung Ihres Verhaltens.»

Aus der Gesäßtasche seiner nordischen Polizei-Cordsamt-Unterhose zog Flunk eine Ausgabe des Polizei-Dienstrechts PDR 2.102 § 4(a) heraus.

 

Der Arbeitsplatz muss ein Ort größter Würde und größten Respekts für alle sein. Späße sind gestattet, solange das Gelächter keine Person (lebend oder nur vorgestellt), Gruppe oder andere Lebensform beleidigt. Der Arbeitgeber ist dafür verantwortlich, den Arbeitsplatz so zu gestalten, dass er der Gesundheit, dem Wohlergehen und der erotischen Befriedigung jeder und jedes Angestellten zuträglich ist. Jede diesbezügliche Unterlassung ist nach PDR 4.42 § (6) strafbar.

 

«Es tut mir leid, Wachtmeister. Der Fehler liegt einzig und allein bei mir.» Bubbles schlug sich in freimütiger Anerkennung seines Fehlverhaltens an die Brust. «Es ist allerdings so, dass Wachtmeister Snorkkle nicht dazu in der Lage war, die Niemand-Akte ausfindig zu machen. Daher wäre ich Ihnen überaus dankbar, wenn Sie die Suche koordinieren würden.»

«Ehrlich, Chef?»

«Ganz ehrlich, Wachtmeister.»

«Da wäre ich sehr froh, Chef.» Der Hauptkommissar und der Wachtmeister umarmten sich linkisch.

Eine Stunde später kehrte Flunk in das Büro des Hauptkommissars zurück. «Wir sind immer noch auf der Suche, Chef.»

«Danke, dass Sie mich auf den neuesten Stand gebracht haben, Flunk.»

Am nächsten Tag kurz vor der Mittagspause kam ein strahlender Flunk in Bubbles’ Büro. «Die Akte, Chef.»

«Ausgezeichnet, Flunk. Gute Arbeit.»

Minuten später steckte Wachtmeister Snorkkle den Kopf herein. «Wissen Sie, warum der Holzkopf imstande war, die Akte zu finden? Weil er es war, der sie falsch eingeordnet hat. Er hat sie unter ‹R› für Ronni abgelegt. Dieser verdammte zurückgebliebene Finne.»

«Passen Sie auf, was Sie sagen, Wachtmeister.»

Bubbles trank sein Pepto-Bismol-Fläschchen leer und schluckte vier Ibuprofen. Seine Eltern hatten gewollt, dass er Arzt wurde. Sie waren entsetzt gewesen, als er zur Polizei gegangen war. A Schande, hatte sein Vater lamentiert. Dabei war er immer so gut in Mathematik, a richtiges Genie, sagte seine Mutter. Vielleicht war es noch nicht zu spät, um in das Pharmaunternehmen seiner Familie einzusteigen.

Die Niemand-Akte bestätigte Bubbles’ Erinnerungen an den Fall. Beinahe drei Jahre zuvor hatte Niemand mit bloßen Händen drei Polizisten umgebracht und verstümmelt. Darauf wurde eine landesweite Fahndung eingeleitet. Sie endete nicht mit Niemands Festnahme, sondern mit seiner Entdeckung in einem Fabrikgebäude. Er war mit einer Hochleistungs-Nagelpistole an den Boden getackert worden. Man hatte ihm die Augen ausgestochen, die Arme abgehackt und ihm sämtliche inneren Organe aus dem Körper geholt. Die Zunge war ihm abgeschnitten und in den Anus gestopft worden, während seine Hoden im Mund steckten. Die Polizei hatte Niemand so schnell es ging ins nächste Krankenhaus gebracht, doch alle Wiederbelebungsversuche scheiterten. Der oder die Mörder waren niemals gefunden worden. Die Polizei ging davon aus, dass es sich nicht um einen Mord aus Habgier handelte.

Bubbles ging es allerdings nicht darum, den alten Fall zu lösen. Er machte sich Sorgen über den Rentier-Ripper, und jetzt musste er die unglückselige Möglichkeit ins Auge fassen, dass Niemand entweder von den Toten auferstanden oder geklont worden war. Die erste Vermutung schloss er kurzerhand ganz aus, und die zweite hielt er ebenfalls für unwahrscheinlich.

Als er die Niemand-Akte bis zum Ende durchblätterte, entdeckte Bubbles zu seiner Überraschung Dokumente, die mit «Kosmische Geheimhaltungsstufe» klassifiziert waren. Diese Dokumente waren der Akte erst kürzlich beigefügt worden und stammten von der Säpo, der schwedischen Geheimpolizei. Eine Aktennotiz des Behördenleiters, die selbst mit Geheim bezeichnet war, gab die Bereitschaft der Säpo zur Weitergabe dieser höchst sensiblen Akte an die Polizei zu verstehen, nachdem das Material nun schon seit mehreren Monaten auf Wikileaks gepostet war.

Wikileaks, schrieb Bubbles in sein Notizbuch. Muss ich überprüfen.

Die Informationen bestätigten, dass Niemand der Sohn Dmitri Kalashnikovs war, des nutzlosen KGB-Spions, dessen Überlaufen nach Schweden zur Errichtung eines ultrageheimen rassistischen Multimilliarden-Kronen-Schattenregimes im Zentrum der schwedischen Regierung geführt hatte, dessen einziger Zweck darin bestand, die Handlungen häuslicher Gewalt des Exspions zu tarnen. Den Dokumenten der Säpo zufolge war Niemands Mutter eine Stasi-Agentin/DDR-Olympiaschwimmerin gewesen, mit der Kalashnikov während eines Auftrags in Berlin eine Affäre gehabt hatte. Nach dem Fall der Mauer hatte die Mutter eine Geschlechtsumwandlung vornehmen lassen, allerdings war nicht klar, in welches Geschlecht. Inzwischen betrieb sie oder er einen Frisiersalon im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg.

Bubbles las weiter. Niemand war im Leipzig der DDR aufgewachsen, wo er im griechisch-römischen Ringkampf brilliert hatte, was möglicherweise seiner genetisch bedingten Schmerzunempfindlichkeit zuzuschreiben war. Einem Zeitungsartikel zufolge hatte er einen Kampf in der Regionalliga gewonnen, obwohl er in einer der ersten Runden einen komplizierten Bruch des rechten Unterarms davontrug, sodass er mit einem herausstehenden Knochen weiterringen musste. Es wurde darüber spekuliert, dass die Ostdeutschen, die ein solches Talent unbedingt bei internationalen Kämpfen herausbringen wollten, Niemand auf eine Diät mit Pferdewachstumshormonen gesetzt hatten, was möglicherweise zu seiner ungewöhnlichen Körpergröße beigetragen hatte. Dennoch erfüllte Niemand die Hoffnungen nicht, die der DDR-Verband für Ringkampf im griechisch-römischen Stil und der Verband Menschlicher Meerschweinchen in ihn gesetzt hatten. Seine Genmutation erwies sich eher als Hindernis denn als Vorteil, da sich seine häufigen Knochenbrüche oft entzündeten und die Heilung lange Monate dauerte. Dennoch gelang es ihm, sich beim Dresdener Derby zu «zeigen», dem bedeutendsten Vollblüterrennen in Ostdeutschland. Anschließend arbeitete er für kurze Zeit als Ringkampftrainer, wurde aber entlassen, nachdem er mehrere Schüler erwürgt hatte. Nach dem Untergang der Sowjetunion zog er nach Schweden um und arbeitete für seinen Vater, indem er ihn bei mehreren Raub-und Mordvorhaben unterstützte. In den Dokumenten der Säpo wurde seine Intelligenz als unterdurchschnittlich, seine Sprachkenntnisse mit Ausnahme des Deutschen als mangelhaft und sein Charakter als verschlossen bewertet.

 

Für einen brutalen psychopathischen Riesen neigt Niemand erstaunlich stark zu Selbstmitleid, zudem ist er launisch und leidet unter mehreren Phobien. Er ist chronischer Bettnässer, fürchtet sich im Dunkeln und schläft immer mit einem Nikolaus-Nachtlicht. Er hat nie geheiratet, hat keinerlei wichtige Beziehungen und scheut prinzipiell den Kontakt zu anderen, da er die Meinung vertritt, alle Menschen verdienten einen gewaltsamen Tod – die einzige Ausnahme dabei bildet seine tiefe, innige und offen gesagt zärtliche Verbindung zu seinem eineiigen Zwillingsbruder Reinhard.

 

Ruckhaft fuhr Bubbles auf und rief in die Gegensprechanlage: «Flunk, kontaktieren Sie unsere Freunde beim deutschen Verfassungsschutz und dem Bundesnachrichtendienst. Fragen Sie, was sie an Informationen über einen Reinhard Niemand haben … Bitte

 

«Als Sie mich engagierten, haben Sie mir verschwiegen, dass Twig dafür verurteilt worden ist, ein Verhütungsmittel fahrlässig zerstört und nur halbeinvernehmlichen Sex mit einer schlaftrunkenen Frau gehabt zu haben.»

Blomberg saß mit Twigs Vater, Nix Arssen, im Sonja’s, einer neuen Kaffebar in Slöttersol, die bei den jungen Warenterminbörsenmaklern von Pontonjärbataljonen sehr beliebt war. Sie schlürften beide peruanischen Hochoktan-Sherpas-Blend aus Keramikfarbeimern.

Arssen senkte den Blick und sagte leise: «Ja, ich muss mich bei Ihnen entschuldigen. Meine mangelnde Offenheit ist mir peinlich. Aber ich habe befürchtet, dass Sie den Auftrag nicht annehmen würden, wenn ich es Ihnen erzähle.»

Blomberg nickte. «Sie haben auch nicht erwähnt, dass Ihr Vater die längste Zeit seines beruflichen Lebens bei UKEA in der Anstalt gesessen hat.»

«Das hab ich völlig vergessen. Das müssen Sie mir glauben.»

Blomberg musterte Arssen genau. Er schien die Wahrheit zu sagen. «Ich dachte jedenfalls, ich sollte Sie auf den neuesten Stand meiner Erkenntnisse bringen. Ich nehme an, dass Sie die Entwicklungen in den Medien verfolgen.»

«Ich weiß, dass die Polizei Jessie das Cowgirl als Mörderin meines Sohn verhaftet hat.»

«Haben Sie das Video gesehen?»

«Das war ja kaum zu vermeiden. Der Anblick, wie der Kopf meines Sohnes von einer Trickfilmfigur wie ein Fußball herumgeschossen wird, war für mich schwer zu verkraften.»

«Es tut mir sehr leid, dass Sie das ertragen mussten. Sie wissen natürlich, dass die Polizei in Wahrheit Lizzy Salamander verdächtigt.»

«Das dürre psychopathische Hackergenie. Wenn ich es richtig mitbekommen habe, ist sie auch für dieses Video verantwortlich. Ich fürchte, die Polizei ist viel zu schlecht ausgerüstet, um es mit ihr aufnehmen zu können.»

«Allerdings bin ich davon überzeugt, dass Lizzy nichts mit Twigs Ermordung zu tun hat. Ehrlich gesagt glaube ich, dass sie hereingelegt wurde. Der Mord war genauestens daraufhin geplant, dass er nach einer Tat von Salamander aussah. Offenbar ist die wahre Mörderin Salamanders zweieiiger Zwilling Chamelea.»

«Chamelea? Ich wusste gar nicht, dass Salamander eine Zwillingsschwester hat.»

«Das weiß kaum jemand. Nur diejenigen, die Lizzys Lebensgeschichte sorgfältig überprüft haben.»

«Und warum sollte der Zwilling meinen Sohn ermorden und ihre Schwester verleumden?»

«Die Schwestern hatten nie eine gute Beziehung. Salamander hat versucht, ihre Schwester mit einem Dreirad zu überfahren, das Chamelea zu ihrem dritten Geburtstag bekommen hatte. Anscheinend hatte Salamander auch ein Dreirad gewollt, stattdessen aber einen Stein bekommen. Zwei Jahre danach hat sie Chamelea aus einem Baumhaus geschubst. Noch schlimmer wurde es, nachdem Chamelea mit angesehen hatte, wie Salamander auf ihrem brennenden Vater Marshmallows geröstet hat. Also kann Chamelea durchaus auf Rache aus gewesen sein. Was allerdings Chameleas Motiv dafür angeht, Twig zu ermorden, wird die Sache ziemlich unklar. Aber ich habe eine Theorie. Sie müssen wissen, Chamelea hat früher für UKEA gearbeitet.»

«Wann war das?»

«Von 2004 bis 2007. Ich habe so eine Ahnung, dass Chamelea von Dagher Ukea angeheuert wurde, um Twig umzubringen. Er hat Salamander hereingelegt, damit der Mord nach einem Akt feministischer Selbstjustiz aussieht. Aber sein eigentliches Interesse war es, an das Manuskript zu kommen. Ein Buch, das Hitlers Rolle beim Entwurf des beliebten Svengig-Wohnzimmertischs enthüllt, könnte die Firma ruinieren. Ich glaube, dass er das Manuskript an sich bringen wollte, bevor es jemand anderem in die Hände fiel, ganz einfach, um es zu vernichten. Was diesen letzten Teil des Plans angeht, war er nur allzu erfolgreich, fürchte ich. Das unfrisierte Video vom Verbrechensschauplatz zeigt, wie Chamelea mit etwas im Rucksack die Wohnung verlässt, das nach Twigs Laptop aussieht.»

Arssen schüttelte den Kopf. «Der Mörder hat sich vielleicht mit Twigs Laptop aus dem Staub gemacht, aber nicht mit dem Manuskript.»

«Wie können Sie da so sicher sein?»

«Twig hat alle seine Bücher auf einer Schreibmaschine geschrieben. Mein Sohn war ein Romantiker. Er hat einmal gelesen, dass Peter Høeg Fräulein Smillas Gespür für Schnee auf einer mechanischen Hermes-Reiseschreibmaschine geschrieben hat. Seitdem ist er Høegs Beispiel gefolgt.»

«Ich habe die Begeisterung für Fräulein Smilla nie verstanden; ich fand das Buch ganz und gar mittelmäßig.»

«Das ging mir genauso. Es hat jedes beliebige Grönland-Klischee abgefeiert. Aber Twig war abergläubisch. Er hat eine Hermes-Reiseschreibmaschine auf eBay gekauft und gehofft, damit genauso erfolgreich zu werden wie Høeg. Doch während Høeg ein internationaler Bestsellerautor wurde, hat es mein Sohn nur geschafft, ein unveröffentlichtes Opfer einer Enthauptung zu werden.» Verbittert trank Arssen den letzten Rest Kaffeesatz aus seinem Eimer. «Jedenfalls hat Twig seinen Computer nur benutzt, um seinen Blog zu schreiben – nicht, dass jemals irgendwer seine Posts gelesen hätte.»

«Wenigstens wissen wir jetzt, dass Ukea Twigs Manuskript nicht hat. Und das bedeutet, er – oder zumindest seine Handlangerin Chamelea – sucht noch immer danach. Halten Sie es für möglich, dass Chamelea irgendwann einmal Ihrem Vater begegnet ist?»

«Unmöglich. Mein Vater ist in den frühen Siebzigern in die psychiatrische Abteilung von UKEA eingewiesen und nie mehr entlassen worden.»

«Wann ist er gestorben?»

«Mein Vater lebt noch.»

«Was? Nicht zu fassen, dann muss er ja beinahe …»

«Er wird im August hundert.»

«Und hat die letzten vierzig Jahre in der Psychiatrie verbracht.»

«Eher fünfzig.»

«Kann ich mit ihm sprechen?»

«Ich fürchte, das wäre sinnlos. Er ist ziemlich hinüber. Demenz.»

«Ich verstehe.» Blomberg starrte auf die ölige Oberfläche seines Kaffees. Er war stark versucht, einen Teller Brataal zu bestellen. «Nur eins ist mir immer noch ein Rätsel: der Mord an Jerker Ekkrot.»

«Der Autor von Der Lebenszyklus des Baltischen Störs unter besonderer Berücksichtigung der Bedingungen küstennaher Vermehrung

«Genau jener. Ich gehe davon aus, dass Chamelea auch Ekkrot ermordet hat. Aber ich habe keine Ahnung, warum. Es gibt allerdings ein paar verblüffende Zusammenhänge. Chamelea hat über ihren Nacken und Rücken einen Baltischen Stör eintätowiert.»

«Sind Sie sicher, dass es kein Sibirischer Stör ist?»

«Absolut. Aber welche Verbindung könnte es zwischen ihrem Tattoo und Ekkrots Arbeit geben? Mir fällt dazu nichts ein. Außerdem habe ich aus einer Quelle erfahren, die maßgeblich an der Aufklärung des Falles beteiligt ist – ich muss seine Identität schützen, sagen wir einfach, er leitet die Ermittlungen –, dass Twig und Ekkrot in den Wochen vor ihrer Ermordung mehrere Handytelefonate geführt haben. Wissen Sie irgendetwas darüber?»

«Twig und Ekkrot waren seit Jahrzehnten unzertrennliche Freunde.»

«Ich dachte, Sie haben gesagt, Twig hätte überhaupt keine Freunde.»

«Das war die eine Ausnahme.»

«Ihr Sohn und sein bester Freund werden innerhalb von Tagen ermordet, und Sie vermeiden es, diese Verbindung zu erwähnen?»

«Das hab ich auch vergessen, ehrlich.»

«Wie dem auch sei. Was können Sie mir über Twig und Ekkrot sagen?»

«Das ist eine ziemlich lange Geschichte. Twig war ein einmalig unbegabtes Kind. Als typischer schwedischer Vater habe ich ihm die ersten Stollen-Fußballschuhe gekauft, als er noch in der Wiege lag, aber er hat überhaupt kein Interesse an diesem Sport gezeigt, nicht einmal an Eckstößen und Standardsituationen. An den nordischen Sportarten hatte er genauso wenig Interesse. Mit fünf Jahren hat er seinen ersten und letzten Sprung von der Neunzig-Meter-Schanze gemacht. Das Resultat war … nicht gut.

Twig ist immer ein schwieriger Junge geblieben, ständig war er trotzig. ‹Ich wünschte, ich wäre Holländer›, jammerte er immer. Ich muss nicht betonen, wie sehr mich das verletzte. Er hat viel gelesen, aber ausschließlich Norweger. Und am besten gefiel ihm Knut Hamsun. Stellen Sie sich das mal vor! Der Irre aus Oslo! Später war es Ibsen. Ich habe ihn zu mehreren Psychiatern gebracht, aber nichts hat geholfen. In der Schule wurde er drangsaliert und ausgegrenzt. Zwei Mal ist er durchs Staatsexamen in normgerechtem Denken und Auswendiglernen gefallen.

Das war die Zeit von Björn Borgs großen Erfolgen, und ich habe gehofft, dass Twig ein Interesse für Tennis entwickeln würde. Schließlich war das ein Sport, der mehr mit Amerika oder Australien in Verbindung gebracht wurde als mit unserer Heimat. Also habe ich in unserem Garten auf einem zugefrorenen See einen Tennisplatz gebaut und Twig bei der Königlichen Tennis-Akademie angemeldet. Aber auch das wurde ein Reinfall. Ich muss nicht erwähnen, dass sämtliche Schüler die beidhändige Rückhand im Stil von Borg beigebracht bekamen, aber Twig hat dagegen rebelliert. Er wollte einen Einhänder schlagen, wie John McEnroe. Ich habe versucht, vernünftig mit ihm zu reden, aber es war hoffnungslos. Die Akademie hat viele Top-Tennisspieler hervorgebracht – Edberg natürlich, und Wilander, dessen Kampf gegen das Nordische Dumpfheitssyndrom Sie so eindrucksvoll geschildert haben.»

«Danke.»

«Aber Twig hat es nicht einmal geschafft, einen Vorhandball sicher zu spielen. Seinem Aufschlag fehlte die Kraft, am Netz war er zaghaft, und seine Beinarbeit war schwerfällig. Kurz gesagt, die zehn Jahre Tennisunterricht waren vollkommen vergeudet. Außer Twig gab es an der Akademie nur noch einen Schüler, der beinahe genauso schwach war.»

«Jerker Ekkrot.»

«Genau. Ekkrot war genauso ein hoffnungsloser Fall. Obwohl er die beidhändige Rückhand akzeptierte, hatte er etwas gegen Topspins. Daraus folgte, dass er eine flache Vorhand spielte, und seine Bälle flogen vorhersehbarerweise immer ziemlich niedrig. Genau wie Twig war er ein ungeselliger Griesgram. In den Pausen zwischen den Smash-und Volley-Übungen hat er sich im Klo eingeschlossen und Kierkegaard gelesen. Das höchste der Gefühle war für ihn, an der Grundlinie herumzuhängen, den Schläger neben sich, und das Komitee für den Literaturnobelpreis zu verhöhnen. ‹Sehen Sie sich die Liste der Preisträger doch nur einmal an. D. H. Lawrence – nein! Kafka – nein! Joyce – nein! Proust – nein! Nabokov – nein! Borges – nein! Und wer kriegt ihn? Pearl S. Buck. Sinclair Lewis. Was für ein Witz!›

Also wurden Twig und Ekkrot sehr schnell Freunde. Sie haben zusammen ihr Händchen fürs Science-Fiction-Schreiben ausprobiert. Es waren widerwärtige, antischwedische Geschichten, die allesamt die thermonukleare Zerstörung Stockholms durch norwegischprechende Aliens enthielten. Natürlich ist Ekkrot später erwachsener geworden. Er hat sich auf sein Studium konzentriert und wurde ein bekannter Wissenschaftler, sogar einer der führenden StörSpezialisten seiner Generation. Twig dagegen hat seine Nische nie gefunden. Wie Sie wissen, hat er ziemlich desinteressiert Journalistik studiert. Im Gegensatz zu einigen seiner Kommilitonen hat er nie einen preisgekrönten Enthüllungsbericht über Behinderung der Justiz, Organentnahme und Sodomie im Schwedischen Skilanglauf-Verband geschrieben.»

Blomberg quittierte das Kompliment mit einem Nicken.

«Und aus seinen Träumen vom Schriftstellerruhm ist natürlich auch nichts geworden.» Arssen stieß einen tiefen, melancholischen Seufzer aus.

«Haben Sie irgendeine Vorstellung davon, worüber Twig und Ekkrot in den Tagen vor ihrer Ermordung gesprochen haben könnten?»

«Ich fürchte, nein», sagte Arssen bitter. «Danach müssen Sie Fröken Chamelea Salamander fragen.»

«Oder Dagher Ukea», hackte sich Salamander in Blombergs Gehirn.