Kapitel Dreizehn

»Sie werden nicht in die Kolonie zurückkehren.«

Ama’Ru stand vor dem Pad, das Mney’Saak in ein Regal gestellt hatte, und betrachtete Browns hartes, strenges Gesicht. Je länger sie ihn kannte, desto weniger erinnerte er sie an Auckland.

»Bestimmte Entwicklungen haben diese Planänderung erzwungen. Ihnen wird nichts geschehen. Ofee’Tas wird sich um Ihr Wohl und Ihre Sicherheit kümmern.«

Ama’Ru und die Andere waren allein im Labor. Die beiden Skorpione hatten sich auf den Gang zurückgezogen. Mit keinem Wort hatten sie auf Ama’Rus Behauptung, sie seien mit dem Virus infiziert, reagiert.

»Falls Sie eine Flucht in Erwägung ziehen, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass es allein im Stadtgebiet von Orlando geschätzte einhundertfünfzigtausend Untote gibt. Die Batterien der Fahrzeuge, die Sie auf den Parkplätzen sehen, haben sich längst entladen, der Transporter ist auf Mney’Saak und Ofee’Tas verschlüsselt.«

»Was werden Sie Kipling über mich erzählen?«, fragte Ama’Ru.

Brown ignorierte sie. Einen Moment lang dachte sie, es handele sich bei seiner Rede um eine Aufzeichnung, aber sein Blick folgte ihr, während sie langsam vor dem Pad auf und ab ging. So wie die Skorpione antwortete er nur, wenn er es wollte.

»Nun zu Ihrer Mission«, fuhr er fort. »Sie bleibt zum Großteil bestehen. Sie werden sich weiterhin um eine Heilung des Omega-Virus bemühen und können sich dabei auf die Forschungen von Better Life Solutions und Ihren eigenen Kollegen stützen. Doch es kommt noch etwas anderes hinzu, das Sie mit der gleichen Priorität zu behandeln haben. Sie werden nach einer Möglichkeit suchen, Ihresgleichen mit dem Omega-Virus zu infizieren. Das ist nicht verhandelbar. Sollte ich den Eindruck bekommen, dass Sie sich nicht bemühen, diese Mission zu erfüllen, werde ich Ihnen weh tun. Und ich kann Ihnen weh tun.«

Er machte eine Pause und musterte sie aus grauen Augen. »Verstehen wir uns?«

Ama’Ru erwiderte seinen Blick. »Sie werden mir nicht weh tun müssen. Wir sind schon längst infiziert.«

Browns Mundwinkel zuckten. Er blinzelte. Und dann lachte er so laut und anhaltend, dass sich sein Gesicht rötete und die Adern in seinen Schläfen hervortraten. Nur seine Augen blieben hart. Sein Gelächter endete abrupt. Das Pad wurde dunkel. Er hatte die Übertragung abgebrochen.

Ama’Ru wandte sich ab und trat ans Fenster. Der Himmel war voller Sterne. Sie sah hinauf und wünschte sich nichts sehnlicher, als weit weg von Brown, den Skorpionen, den Zombies und dieser zerstörten Welt zu sein. Der Virus würde sie zerfressen, früher oder später, so wie er die Skorpione auf ihre und Mak’Uryl auf seine Weise zerfraß. Die Andere würde ihn nicht mehr lange aufhalten können, das spürte sie.

Ich wünschte, ich könnte dort oben sterben, dachte Ama’Ru, nicht hier unten.

Ein Licht blitzte zwischen den Sternen auf. Einen Lidschlag später schossen Sternschnuppen durch den Himmel. Irgendetwas musste in der Atmosphäre auseinandergebrochen und verglüht sein, ein Asteroid vielleicht oder eines der Geisterschiffe, die um die Erde kreisten.

Hatte Kipling nicht einmal gesagt, die Menschen würden sich etwas wünschen, wenn sie eine Sternschnuppe sahen? Oder war das Rin gewesen? Ama’Ru wusste es nicht mehr. Einen Moment lang dachte sie über ihren Wunsch nach, doch dann wurde ihr klar, dass sie ihn bereits gedacht hatte.

Die Andere seufzte leise. Sie waren beide müde.

Am Himmel erlosch die letzte Sternschnuppe. Die Nacht wurde schwarz.

ENDE

Fortsetzung folgt in Band 19
»Verdammter Verräter«