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Die Immunreaktion, die unseren Körper gesund erhält, ist ein äußerst komplexes Geschehen. Dazu gehört die Aktivität der speziellen Immunzellen, der Makrophagen, Leukozyten und Lymphozyten, dazu gehören endokrine, hormonelle Reaktionen, Schwankungen der Körpertemperatur sowie psychische und geistige Faktoren. In all diesen Bereichen können Heilkräuter eingesetzt werden. Es würde jedoch den Rahmen dieses Buches sprengen, dieses Thema eingehender zu behandeln. Wir wollen nur einige dieser Aspekte, das zelluläre Immunsystem, das autonome Nervensystem und die Temperaturregulierung herausgreifen und etwas näher betrachten.

Die zweite Verteidigungslinie

Wenn Husten, Erbrechen, rapide Darmentlehrung oder heftiges Bluten eindringende pathogene Keime nicht herausbefördern können, wenn sie schon bis ins Innere der Körpergewebe eingedrungen sind, wird die zweite Verteidigungslinie aktiviert. So stellen sich Mikrobiologen und Immunologen das Szenario vor: Bei einer Infektion tritt eine ganze Armee spezialisierter Zellen in Aktion. Es sind die ständig in den Blut- und Lymphbahnen kreisenden weißen Blutkörperchen und Lymphozyten.

Die meisten Lymphozyten, die im Knochenmark geboren werden, gehen sozusagen in der inneren Brustdrüse, im Thymus, zur Schule. Dort werden sie auf ihre immunologischen Aufgaben eingestimmt, bevor sie dann ausschwärmen und in den Lymphbahnen patrouillieren. Unter diesen Spezialisten gibt es die T-Helferzellen, die jeden Eindringling als Freund oder Feind identifizieren und gleichzeitig die Immunorgane, wie die Milz und die Lymphknoten, aktivieren. Nun kommen die schweren Jungs, die T-Killerzellen zum Zuge. Wie hungrige Wölfe stürzen sie sich auf die Invasoren und vernichten die infizierten Zellen. Auch Krebszellen zerstören sie. Ist die Gefahr gebannt und sind die Antigene erledigt, stoppen die sogenannten T-Unterdrückerzellen die Abwehr. Würden sie das nicht tun, würden die T-Killerzellen weiter wüten und eventuell sogar das körpereigene Gewebe angreifen. Dann käme es zu den sogenannten »Autoimmunerkrankungen«, wie Arthritis, Neurodermitis oder Allergien. Eine weitere Gruppe von Spezialisten sind die T-Gedächtniszellen, die sich, nach dem Schlüssel/Schloß-Prinzip, die Muster der Antigene genau merken.

Eine Gefahr für dieses Immunabwehrsystem stellen vor allem Umweltgifte und Antibiotika dar, mit denen die Menschen so achtlos umgehen. Antibiotika schwächen das Immunsystem. Der Immunschwächekrankheit AIDS ist durch gedankenlose Überverschreibung von Antibiotika Vorschub geleistet worden. Vor allem in Afrika, wo die Wunderpillen überall wie Bonbons erhältlich sind und die Bevölkerung zudem durch Hunger und einseitige Ernährung geschwächt ist, trifft das zu. Antibiotika machen die Abwehr »dumm«: Die körpereigene Immunreaktion wird unterbunden, der Körper macht die notwendigen Erfahrungen mit den eindringenden Mikroben nicht. Wenn dann das nächste Mal virulente, womöglich gegen das Antibiotikum resistent gewordene Mikrobenstämme in den Körper gelangen, weiß der Körper nicht, wie er damit umgehen soll.

Zudem kann es als Folge der Antibiotikaanwendung zu einer Superinfektion kommen, wenn ein einziger Bakterienstamm die Vernichtung überlebt und sich ohne die Checks-and-Balances der normalen körpereigenen Flora verheerend schnell ausbreitet. Antibiotika, die gegen Bakterien eingesetzt werden, wurden zuerst im Schimmelpilz (Penicillin) entdeckt. Sie sind ein Pilzgift, mit dessen Hilfe Hefen und Pilze ihren Lebensraum ausweiten. Antibiotikagaben schaffen also ein pilzfreundliches Milieu im Körper und begünstigen die Ausbreitung von Candida. Eine zuckerreiche Ernährung kommt dem entgegen, da Pilze gierig auf Süßes sind.

Auch die als Mikrobengifte eingesetzten Sulfoamide schwächen die Immunabwehr. Sie schädigen das Knochenmark, wo die Lymphozyten erzeugt werden. Radioaktive Strahlung, etwa Röntgenstrahlen, hat ebenfalls eine immunschwächende Wirkung. Bei der Bestrahlung während der Zellteilung kommt es zu DNS-Fehlinformationen. Alice Steward, die für ihre Arbeit den alternativen Nobelpreis bekam, konnte zeigen, daß das Röntgen während der Schwangerschaft die Wahrscheinlichkeit von Leukämie bei Kindern merklich erhöht.

Besser wäre es, auf diese medizinischen Wundermittel so weit wie möglich zu verzichten, etwas mehr Vertrauen in die kosmische Weisheit des Körpers und des Immunsystems zu entwickeln und pflanzliche Verbündete zur Hilfe zu rufen.

Inzwischen kennt man eine Anzahl von Kräutern, die eine immunstärkende oder immunstimulierende Wirkung haben. Dazu gehören viele der traditionellen »blutreinigenden« Kräuter, etwa die Brennessel. Einige Pflanzen, die direkt auf das Immunsystem wirken, sind regelrechte »Stars« der Gesundheitsszene geworden, allen voran der Sonnenhut (Echinaceae). Schon die Indianer der Rocky Mountains wußten um seine Heilwirkung. Sie tranken eine Abkochung der Wurzel bei Schlangenbissen oder wenn die von den Weißen eingeschleppte Grippe sie niedersteckte. Der Tee aus den Wurzeln der schönen Blume stärkt die körpereigene Abwehr bei Infektionen aller Art. Er enthält ein natürliches »Interferon«, das die Vermehrung von Viren blockiert und die Immunreaktion steigert.

Ein anderer Star ist die entzündungswidrige, schleimhautschützende und immunstimulierende Teufelskralle (Harpagophytum procumbens), die wir jedoch nicht wie den Sonnenhut in unseren Gärten anbauen können, da es sich um eine südafrikanische Wüstenpflanze handelt.

Die Mistel, als Tee oder Tropfen eingenommen, regt schlagartig die Abwehrkräfte an, hemmt Tumorzellen und wirkt tonisierend auf das »Hirn des Immunsystems«, die Thymusdrüse. Die den Kelten heilige Pflanze läßt diese innere Brustdrüse, die durch Alter, Bestrahlung und Alkoholexzesse schrumpft, wieder wachsen. Der Knoblauch und der in unseren Wäldern wachsende Bärenlauch (Allium ursinum) stärken ebenfalls das Immunsystem. Zudem senken sie den Blutdruck, helfen Cholesterin abbauen und erneuern die Darmflora – die ja selbst Teil des Immunsystems ist. Zu den Kräutern, die dem Abwehrsystem helfen, gehören weiterhin schweißtreibende, wie Lindenblüten, Holunder und Kamille. Abwehrstärkend – wenn etwa die Grippe oder eine andere Infektionskrankheit umgeht – ist das einheimische Kunigundenkraut oder Wasserdost (Eu patorium cannabium), die Ringelblume, die Osterluzei, die es vermag, die Aktivität der weißen Blutkörperchen zu steigern, die Engelwurz und diverse Bitterkräuter, wie der Enzian, das Tausendgüldenkraut oder der Wermut, die zu gleich reflektorisch alle Verdauungsdrüsen anregen.

Um die immunstimulierende Wirkung zu intensivieren, kann man auch Ginsengwurzelpulver einnehmen. Ginseng, das chinesische Lebenselixier, wirkt allgemein stärkend. In der chinesischen Heilkunde wird er aber fast immer mit anderen Heilkräutern zusammen eingenommen, um deren Wirkung zu unterstützen.