Holzlieferung

Die drei ??? bezahlten ihre Milchshakes und verließen dann, so schnell wie möglich, den Ocean Kletterpark. Lange Zeit sprachen sie kein Wort. Erst, als sie wieder bei den Rädern standen, brach Bob das Schweigen. »Der Reporter hätte aber auf jeden Fall ein Motiv gehabt. Jeder gute Detektiv kann sich mal irren. Oder, Just?«

»Das stimmt. Aber in diesem Fall haben wir uns schon zum zweiten Mal geirrt. Erst war es Ed Roney, jetzt Paul Mandock. Wir hätten noch mehr Beweise sammeln müssen, bevor wir es dem Reporter ins Gesicht sagen. Jemanden zu verdächtigen ist eine Sache. Es ihm aber direkt vorzuwerfen eine andere. Jeder ist unschuldig, bis man ihm das Gegenteil bewiesen hat. Ich schlage vor, wir handeln beim nächsten Mal nicht so voreilig.«

Plötzlich wurde er von einer lauten Hupe unterbrochen. Ein riesiger Holztransporter kam langsam auf sie zu. Der Fahrer kurbelte das Seitenfenster herunter und steckte seinen Kopf heraus. »He! Ihr da! Nehmt eure Räder aus dem Weg, sonst fahr ich sie platt!« Peter schob sein Rad beiseite. »Wie höflich«, schimpfte er. »Das kann man auch netter sagen.«

Mit hohem Tempo fuhr der riesige Lastwagen durch den Seiteneingang des Ocean Kletterpark. Kurz dahinter blieb der Transporter stehen, und Ed Roney lief auf den Wagen zu. »Hallo, Mister Carter. Sie kommen spät. Ich habe das Holz schon viel früher erwartet.«

Der Fahrer stieg aus dem Truck und reichte dem Besitzer des Kletterparks die Hand. »Immer mit der Ruhe, Roney. Lieber spät als gar nicht. Wo soll ich die Baumstämme abladen? Das sind riesige Dinger. Größere Bäume findet man nur oben in den Rocky Hills. Da wo Ihr Konkurrent seinen Klettergarten aufgebaut hat.«

Ed Roney sah ihn verärgert an. »Kletterpark, nicht Klettergarten. Klettern ist eine ernstzunehmende Sportart. Es gibt sogar Meisterschaften.«

Carter putzte sich die Nase mit einem dreckigen Taschentuch. »Nun regen Sie sich nicht auf. Mir soll es egal sein. Von mir aus können sie den ganzen Tag wie die Affen hier rumklettern. Ich bin Holzhändler und fertig. Also, wo soll ich die Stämme abladen?«

»Gleich hier vorn. Ich will mit den Stämmen meinen Kletterpark erweitern. Es wird noch höher, noch anspruchsvoller und noch abenteuerlicher. Aber bitte Vorsicht beim Abladen. Ich möchte nicht, dass die Stämme beschädigt werden.«

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»Sollen wir die vielleicht in Watte packen? Das sind doch keine Zuckerstangen. Wissen Sie, was so ein Baumstamm wiegt? Da können wir nicht drauf achten, dass kein Kratzer reinkommt. So, und nun alle Abstand halten! Das wird hier gleich ganz schön rumpeln.«

Carter legte einen Hebel am Lastwagen um. Dann hob sich an einer Seite langsam die Ladefläche, und ein Stamm nach dem anderen krachte zu Boden. »So, das war’s. Hier ist die Rechnung. Ich nehm nur Bargeld.«

Ed Roney gab dem Holzhändler einen kleinen Stapel Scheine. »Mister Carter, Sie sagten, in den Rocky Hills gibt es tatsächlich noch längere Baumstämme. Kann man die eigentlich auch fällen? Für mich können die Kletterstangen gar nicht hoch genug sein.«

Carter spuckte auf den Boden. »Können schon, aber ich darf nicht. Ich hab’s schon mal versucht. Aber das ganze Gebiet gehört diesem Kletterheini Steve Landers. Er hat das Gelände von seinem Opa geerbt. Ich hab ihm schon eine Menge Kohle für die Fällgenehmigung geboten, aber der Trottel will einfach nichts verkaufen. Er sagt, dass er niemals einen Baum absägen würde. So ein Quatsch! Als ob die Bäume laut Aua schreien würden. Idiot. Außerdem liebt er seinen Kletterpark über alles. Aber irgendwann hab ich ihn soweit, und ich kriege meine Bäume. So, genug gequatscht. Ich muss los. Drüben in Santa Monica brauchen die eine Ladung Kiefern für eine Möbelfabrik. In meinem Sägewerk werden die gerade fertig gemacht. Schönen Tag noch.« Mit diesen Worten öffnete er die Fahrertür und setzte sich wieder ans Steuer des Holzlasters.

Die drei ??? hatten während des Gespräches dicht bei ihm gestanden und jedes Wort mitbekommen. Plötzlich ging Justus auf den Wagen zu und klopfte an die Tür. »Mister Carter, kann ich Sie für eine Sekunde sprechen?« Peter und Bob sahen ihren Freund verwundert an. Ed Roney war schon damit beschäftigt, die langen Holzstämme mit einem Zollstock zu vermessen.

»Du willst mich sprechen«, lachte Carter. »Was bist du denn für ein Clown? Was willst du?«

Justus schluckte. »Äh, ich wollte fragen, ob wir uns einmal Ihr Sägewerk ansehen dürfen. Wir müssen nämlich in den Ferien einen Aufsatz über Sägewerke schreiben.«

Carter startete den Motor. »Damit beschäftigt ihr euch in der Schule heutzutage? Ich war froh, als man mir Lesen und Schreiben beigebracht hat damals. Mehr braucht man nicht zum Leben. Und selbst das hab ich schon fast wieder vergessen. Außer das Rechnen. Das ist wichtig, damit die Kunden einen beim Bezahlen nicht übers Ohr hauen. Aber von mir aus. Schaut euch das Sägewerk an. Einfach die Küstenstraße Richtung Norden fahren. Es ist mitten im Industriegebiet. So, und jetzt Füße einziehen, sonst fahr ich sie euch mit dem Wagen platt. Dann habt ihr Schwimmflossen.« Carter lachte über seinen Witz so laut, dass man kaum noch den Motor seines Lastwagens hörte. Wenig später war er verschwunden.

»Just, hast du einen Knall?«, schimpfte Peter sofort. »Was erzählst du für einen Blödsinn? Was ist das für eine Geschichte mit dem Aufsatz?«

Bob begriff genauso wenig, was Justus damit bezweckte. »Nun sag schon? War dein Milchshake schlecht? Was soll das? Ich bin froh, wenn ich den schmierigen Typen nie wieder sehen muss. Der ist doch genauso blöd wie seine Holzstämme.«

Justus knetete wieder einmal seine Unterlippe. »Habt ihr denn nicht zugehört, was Carter gesagt hat? Er würde liebend gern die Bäume bei Steve Landers absägen. Aber der will ihm keine Genehmigung dafür geben.«

Nun ahnte Bob, worauf Justus hinauswollte. »He, jetzt verstehe ich langsam. Carter hätte auch ein Motiv für die Sabotage im Kletterpark. Denn wenn der Park pleitegeht, dann muss Landers vielleicht doch auf sein Angebot eingehen.« Peter setzte den Gedanken fort. »Logisch. Und pleite geht man, wenn keine Besucher mehr kommen. Und die kommen nicht, wenn sie Angst haben, dass etwas Schlimmes passieren könnte. Du hast recht, Just. Dieser Carter hat ein Motiv. Aber warum sollen wir uns sein Sägewerk angucken?«

Justus schwang sich auf sein Fahrrad. »Ganz einfach. Ich will nicht wieder den Falschen beschuldigen. Diesmal brauchen wir für unseren Verdacht mehr Beweise. Und da kam mir die Idee mit dem Aufsatz über das Sägewerk. Vielleicht finden wir dort irgendetwas heraus. Los!«

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