Nachwort

Nachdem die Lektüre des Buches vorüber ist, möchte ich gerne ein paar Gedanken zur Entstehung von ›AmeriKKan GotiK‹ mitteilen.

Es mag sein, dass man sich die Frage stellt: Warum ausgerechnet die dunklen Seiten Amerikas als Thema? Ist Markus K. Korb etwa ein Amerika-Hasser? Nein, im Gegenteil: Ich sympathisiere sehr stark mit dem Prinzip, das Amerika für mich symbolisiert: Freiheit und Demokratie. Der vorliegende Band ›Amerikkan Gotik‹ entstand also nicht, um in literarischer Form eine prinzipielle Kritik an den USA zu äußern, wie sie vor allem von politischen Randgruppen in Deutschland gern zu jeder Gelegenheit formuliert wird. Die USA sind voller positiver Energie. Es gibt ihn noch, den ›American Dream‹. Aber es gibt auch die negativen Seiten des ›American Dream‹ und auf einige davon wollte ich mit meinen Erzählungen eingehen.

Wer sich in der Geschichte der USA umschaut, die erstaunlich knapp in die Zeit zurückreicht, wird schnell fündig: Rassismus, der Genozid an den Indianern, Neo-Nazismus, menschenverachtender Kapitalismus und Folter in Guantanamo sind nur einige Beispiele für die hässliche Fratze der Menschheit, die sich in den USA gezeigt hat.

Kein Land ist frei von negativen Auswüchsen in seiner Geschichte – und wer wüsste das nicht besser als ein Deutscher. Es geht also nicht um ein Anprangern, sondern um ein Finger-in-die-Wunde-legen und zwar da, wo es weh tut. Ich möchte zeigen, was es für die Menschen bedeutet, die Opfer von Unmenschlichkeit geworden sind – und auch, was dies mit den Tätern macht. Ich hoffe, das ist mir gelungen. Aber darüber entscheiden selbstverständlich Sie, lieber Phantastik-Leser.

Meine Erzählungen sind aus dem Blickwinkel eines Deutschen geschrieben, der über den Großen Teich blickt. Das hat u.a. persönliche Gründe, die ich gerne erläutern möchte.

In den 80er Jahren war es unter deutschen Phantastik-Schriftstellern en vogue so zu schreiben wie Stephen King: Amerikanische Orte, amerikanische Namen, amerikanische Landschaft. Dieser Mode wollte ich damals ebenfalls nacheifern, aber schon nach wenigen Versuchen gab ich es auf. Mir war klar, dass ich als deutscher Autor niemals wie ein amerikanischer Autor klingen würde. Meine Sprache war und ist das Deutsche, meine Umgebung ist Deutschland – genauer Unterfranken – und wie meine Protagonisten heißen, ist relativ egal. Die Hauptsache ist, dass die Erzählung in sich funktioniert, dass sie den Leser vom ersten Satz an mitreißt, ihn auf eine Reise mitnimmt und somit auf spannende und intellektuell ansprechende Weise unterhält. In diesem Storyband durfte ich zurückkehren in die USA, zu amerikanischen Orten, Namen und Landschaften – und dennoch einen deutschen Blick beibehalten. So erklärt sich auch der bewusst schiefe Titel ›Amerikkan Gotik‹.

Trotzdem gibt es auch Exkurse weg von den USA, um den Blick zu erweitern, um zu vertiefen und nicht einseitig zu werden. Und welcher Staat böte sich da besser an, als u.a. jener, der in den 80er Jahren als Gegenentwurf zur USA verstanden wurde? In der ehemaligen UdSSR (heute: Ukraine) ereignete sich die größte Reaktorkatastrophe der Welt und wird auf ewig mit dem Namen ›Tschernobyl‹ in Verbindung gebracht werden. Die nahe gelegene Stadt Prypjat, deren Bewohner ›für drei Tage‹ evakuiert wurden und bis heute noch nicht zurückkehren dürfen, ist als Menetekel menschlicher Hybris zu sehen.

Das alles sind literarische Verbindungen und Gedanken, die den Storys von ›Amerikkan Gotik‹ zugrunde liegen.

Wer aber die Geschichten lediglich als spannende Lektüre versteht, dem rufe ich zu: That‘s okay.

Wer die Ankerketten überliest, welche hinabführen zu den Tiefgründen von Kapitalismus-Kritik und dergleichen, dem rufe ich zu: No problem.

Wer allerdings den Geschichten keine Unterhaltung entnehmen kann, dem rufe ich zu: What a pitty - Better luck next time!

Markus K. Korb im Februar 2015