5. KAPITEL

 

»Hier.« Shanna stellte einen Teller voll Geburtstagskuchen und einen Becher Punsch auf die Anrichte und setzte sich neben Caitlyn auf einen Hocker. »Mutter Naturs beste Medizin gegen Stress: Schokolade.«

Caitlyn steckte sich ein kleines Stück Schokoladenkuchen in den Mund.

»Besser?«, fragte Shanna mit angespanntem Lächeln.

Caitlyn nickte. Kein Zweifel, ihre Schwester sorgte sich um sie. Sie hatte fünf Minuten lang vor Schock wie erstarrt auf ihrem Hocker gesessen und keinen Laut von sich gegeben. Sie aß noch ein wenig Kuchen. Die mächtige, klebrige Textur schmolz in ihrem Mund und löschte den Geschmack nach Blut, der dort immer noch hing. Sein Blut. Von seinem Kuss.

Ein Werpanther. Sie hatte einen Werpanther geküsst. Einen brasilianischen Werpanther.

Sie nippte an dem Punsch. Überzuckerung war wahrscheinlich das Letzte, was sie jetzt brauchte. Ihr Herz raste ohnehin schon. »Ich hab mich in einen riesigen Mr Foofikins verknallt«, flüsterte sie.

»Bitte?« Shanna sah sie zweifelnd an.

Sie denkt, ich drehe durch. »Als ich kleiner war und du von zu Hause fortgegangen bist, war ich... wirklich einsam. Dylan hat immer irgendwo Fußball gespielt und hatte keine Zeit für seine kleine Schwester. Mom war immer lieb, aber auch abwesend, als wäre sie nicht ganz bei uns.«

Shanna nickte. »Ich weiß. Es tut mir leid.«

Warum hast du mich dann verlassen? Die Antwort darauf wollte Caitlyn hören, seit sie neun Jahre alt war, doch sie stellte die Frage nicht. Sie hatte Angst, dass sie bestätigt bekommen würde, was sie immer vermutet hatte. Du bist nicht gut genug.

»Etwa einen Monat, nachdem du gegangen warst«, fuhr sie fort, »ist eine kleine schwarze Katze zur Hintertür hereingekommen. Ich habe sie auf den ersten Blick geliebt, aber Dad hat wie üblich darauf bestanden, dass wir sie ins Tierheim bringen. Es stellte sich heraus, dass das Kätzchen Katzenleukämie hatte, und das Heim wollte es einschläfern lassen.«

»Wie schrecklich«, murmelte Shanna.

Caitlyn stiegen Tränen in die Augen. »Ich habe Dad angefleht, es behalten zu dürfen. Ich habe ihm gesagt, dass sonst niemand mehr zum Liebhaben da ist. Also hat er nachgegeben. Ich habe Mr Foofikins angebetet, ihm alle Liebe geschenkt, die ich zu geben hatte, aber etwa ein Jahr später ist er gestorben.«

Shanna berührte ihre Schulter. »Das tut mir so leid.«

Caitlyn wischte sich einige Tränen von den Wangen. »Warum weißt du nichts von ihm? Hast du meine Briefe nicht gelesen? Ich habe dir monatelang alles von ihm geschrieben. Ich habe dir sogar Bilder geschickt.«

Shanna lehnte sich zurück. »Du hast mir geschrieben?«

»Ja. Jede Woche, monatelang. Ich... Irgendwann hab ich aufgehört, weil du nie geantwortet hast.«

»Oh mein Gott.« Shanna presste eine Hand auf ihre Brust. In ihren Augen glänzten Tränen. »Ich habe nie einen Brief von zu Hause bekommen.«

Caitlyn blinzelte. »Du hast meine Briefe nicht bekommen?«

»Nein.« Sie schüttelte den Kopf. Ihr Gesicht war leichenblass. »Ich... ich dachte, ihr hättet mich alle im Stich gelassen.«

»Ich dachte, du hättest mich im Stich gelassen.«

Shanna schloss kurz die Augen und schaute sie voller Schmerzen an. »Wie konnte er...«

»Was? Wer?«

Shanna nahm Caitlyns Hand. »Wichtig ist, dass wir jetzt zusammen sind. Niemand kann uns mehr trennen.«

Caitlyn drückte die Hand ihrer Schwester. »Einverstanden.«

»Gut.« Shanna trank einen Schluck Punsch aus dem Becher. »Ich glaube, du hast fürs Erste genug durchgemacht, wenn du also mehr Informationen über den Job willst, kannst du dann morgen Nacht wiederkommen und mit Emma reden?«

»Sicher.«

»Ich bringe dir noch einen Schlüssel für das Stadthaus, damit du gleich morgen einziehen kannst.«

»Das wäre super. Danke.« Caitlyn aß noch einen Bissen Kuchen.

»Ein paar Freunde von uns wohnen dort, während sie in der Stadt sind. Jack und Lara und Robby und Olivia. Sie arbeiten für MacKay S & I.« Shanna sah sie neugierig an. »Du weißt doch, dass Carlos auch für MacKay arbeitet?«

»Ich habe mir schon so etwas gedacht.«

»Ich hoffe, das ist nicht der Grund, aus dem du den Job in Betracht ziehst.«

Caitlyn schüttelte den Kopf. »Nein.«

»Gut.« Shanna sah erleichtert aus. »Ich weiß, du hast deine kleine schwarze Katze sehr lieb gehabt, aber Carlos ist kein ›riesiger Mr Foofikins‹. Mein Mann hat schon in einigen Schlachten gegen die Malcontents gekämpft, und er hat die Wer-Kreaturen dabei gesehen. Sie sind nicht niedlich und kuschelig. Sie sind tödlich und wild.«

Und höllisch sexy. Caitlyn seufzte. Wer hätte gedacht, dass eine Dschungelkatze so gut küssen konnte? »Glaubst du, man kann ihnen vertrauen?«

»Ich vertraue ihnen vollkommen«, gab Shanna zu, »aber nur, wenn sie in menschlicher Gestalt sind. Wenn sie sich verwandelt haben, bin ich mir nie sicher, wie viel Kontrolle sie wirklich über das Biest haben.«

Caitlyn erschauerte. Sie wusste, dass ihre Schwester versuchte, ihr Carlos auszureden. Aber der Lockruf des Exotischen hatte sie schon immer angezogen. Gott steh ihr bei, sie wusste jetzt, was Carlos wirklich war, und das machte ihn nur noch aufregender.

»Toni, heb ab, ich weiß, dass du da bist.« Das war Carlos' dritter Versuch, bei Toni MacPhie anzurufen.

Sie war nach der Party letzte Nacht zur Dragon Nest Academy zurückgekehrt. Eine Gruppe Vampire hatte die Sterblichen und Gestaltwandler, die in der Schule lebten, zurück in die Schlafsäle teleportiert. Seine Adoptivkinder waren mit ihnen gegangen.

Carlos war bei Romatech geblieben und hatte die Nacht in einem der Schlafzimmer im Keller verbracht. Er hatte nicht gut geschlafen, und das war ihre Schuld. Erst machte er sich selbst Vorwürfe, sie geküsst zu haben, und im nächsten Augenblick durchlebte er den Kuss in Gedanken erneut und wollte mehr. Als er endlich einschlief, träumte er von ihr. Und sich selbst. Wie sie sich nackt im Dschungel wälzten. Dann war er mit einer Erektion aufgewacht und hatte den ganzen Prozess von vorn begonnen, angefangen mit den Selbstvorwürfen.

Tagsüber war er als Wache bei Romatech eingeteilt und beschützte die Vampire, die im Keller ihren Todesschlaf hielten. Howard, der andere Tagwächter, war normalerweise im Haus der Draganestis in White Plains, um Roman und seinen Vampir-Bodyguard Connor zu beschützen. Also war Carlos den ganzen Tag allein, langweilte sich und gähnte vor Müdigkeit, die ihre Schuld war.

Er konnte es sich nicht erlauben, sich mit ihr einzulassen. Er musste fort. Die letzten Stunden hatte er damit verbracht, seine Reise zu planen, damit er am nächsten Morgen gleich aufbrechen konnte. Aber ehe er ging, musste er sich noch um seine Pflegekinder kümmern. Und sich mit seiner Freundin Toni vertragen.

» Menina », sprach Carlos weiter auf Tonis Anrufbeantworter, »wie lange willst du wütend bleiben? Möchtest du mich noch einmal ohrfeigen?«

Es klickte, als jemand den Hörer abnahm.

»Ich sollte dich zusammenschlagen«, sagte Toni. »Du hättest es verdient.«

»Ach komm schon, du wusstest immer, wie ungezogen ich bin.« Er senkte seine Stimme. »Möchtest du mir nicht lieber den Hintern versohlen?«

Sie schnaubte. »Böser Kater. Ich habe dir noch nicht verziehen.«

»Was, wenn ich dir sage, dass du von allen Mädchen, denen ich beim Anziehen geholfen habe, die Schönste warst?«

»Na danke«, murmelte sie. »Und was ist mit denen, die du ausgezogen hast?«

»Die habe ich zum Schnurren gebracht.«

Sie schnaubte wieder. »Ist dir klar, wie angepisst Sabrina sein wird, wenn ich ihr das erzähle?«

»Sabrina ist immer angepisst.«

Toni lachte. »Ja, aber wenigstens ist sie es dann wegen dir und nicht wegen mir.«

Er zuckte mit den Schultern. Tonis ehemalige Mitbewohnerin hatte immer noch Probleme damit, dass ihre beste Freundin einen Vampir geheiratet hatte und die Leitung einer Schule für Gestaltwandler und Mischlingskinder übernommen hatte. »Wie kommt sie mit ihrem Waisenhaus voran?«

»Es läuft hervorragend«, antwortete Toni, »aber sie ist immer noch sauer, dass ich hier arbeite und nicht mit ihr. Also, warum hast du uns so getäuscht, Carlos?«

»Ich habe mir Sorgen um euch gemacht, weil ihr allein gelebt habt, besonders weil Sabrina eine reiche Erbin ist. Ich hatte Angst, dass jemand versucht, euch auszunutzen, deshalb wollte ich ein Auge auf euch haben. Gleichzeitig wollte ich nicht, dass ihr meine Sorge als irgendetwas Romantisches missversteht.

Ich muss allein bleiben, bis ich eine passende Werpantherin als Partnerin finde.«

Ein Augenblick des Schweigens folgte, in dem Toni über seine Worte nachdachte. »Du hast uns sehr überzeugend vorgespielt, schwul zu sein.«

»Ich kann ziemlich gut schauspielern.« Fünf Jahre lang hatte er so getan, als wäre alles in Ordnung und das Leben ein einziger Karneval. Die täglich angestauten Gefühle drohten jetzt aus ihm herauszubrechen. Merda. Konnte nicht ein einziger Tag vergehen, ohne dass er den Sommer des Todes noch einmal durchlebte? »Mein... Zwillingsbruder war schwul.«

Toni schnappte nach Luft. »Du hast einen Zwillingsbruder? Davon hast du nie erzählt.«

»Hatte.« Carlos rieb sich die Stirn. »Wir werden häufig in Würfen von zwei oder drei geboren.«

»Du... hast ihn verloren?«, fragte Toni sanft.

Der Schmerz überwältigte ihn und erfüllte seine Sinne. Sein Bruder. Seine Eltern. Sein Dorf. Alle fort. Alle tot.

»Carlos?«

Er schob den Schmerz von sich, aber vor Anstrengung bekam er Kopfweh. »Ja?«

»Es tut mir leid. Ich weiß nicht, was du und deine Kinder durchgemacht haben, aber ich weiß, dass es traumatisch gewesen sein muss. Die Kinder leiden wirklich.«

»Ich weiß. Wenn ich noch mehr von unserer Art finden kann, müssen sie sich nicht mehr so allein fühlen. Und wenn ich eine Partnerin finde, haben sie auch eine Mutter. Jemand, der ihnen... Trost spenden kann.«

»Ich glaube, sie brauchen dich, Carlos.«

Er runzelte die Stirn, als das Pochen hinter seinen Schläfen sich verstärkte. Wie sollte er ihnen dabei helfen, mit etwas fertigzuwerden, das er selbst nicht verwinden konnte? »Ich habe Fernando angerufen. Er kann viel besser mit ihnen umgehen als ich. Er hat sich einverstanden erklärt, sie in der Schule zu besuchen, während ich auf Reisen bin. Ich hatte gehofft, dass du ihn im Schlafsaal übernachten lässt.«

»Hat er sich um die Kinder gekümmert, während du an der NYU studiert hast?«

»Ja. In Rio.«

»Hmm. Ich frage mich, ob er etwas unterrichten könnte, damit wir ihn einstellen können«, murmelte Toni. »Ist er ein Werpanther?«

»Nein. Er ist ein Nerd. Er weiß alles über Computer und moderne Technologie. Er hat mir alles beigebracht, was ich weiß.«

»Das klingt vielversprechend«, sagte Toni. »Wir können einen Computerspezialisten gebrauchen. Und wenn er den Kindern helfen kann, bin ich unbedingt dafür.«

»Super. Danke.« Carlos strich eine der größten Sorgen von seiner Liste. Jetzt, da die Kinder versorgt waren, konnte er zu seiner Reise aufbrechen.

»Wann geht es los?«, fragte Toni.

»Morgen, hoffe ich.« Er musste nur noch von Angus das Okay einholen. »Ich rufe Fernando noch einmal an, und er nimmt den nächstmöglichen Flug.«

»In Ordnung. Viel Glück, Carlos. Ich hoffe, du findest deine Partnerin.«

»Ich auch.« Carlos legte auf. Er rieb sich die Schläfen, um den Schmerz zu lindern. Denk positiv. Bald würde er im Gebirge im Norden Thailands unterwegs sein und Jagd auf Werpanther machen. Und dieses Mal würde er sie finden. Er würde seine Partnerin finden, und sie würde alles sein, was er sich je erhofft hatte. Alles, was er sich vorgestellt hatte.

Das Bild, das vor seinem inneren Auge erschien, war das von Caitlyn Whelan.

»Nein!« Er sprang auf und ging in seinem Büro auf und ab. Nein, nein, nein. Sie war nicht die Richtige.

Der Wecker auf dem Schreibtisch klingelte. Er stellte ihn immer auf Sonnenuntergang. Im Keller würden Angus und Emma gerade aufwachen. Phineas ebenfalls. Andere Vampire, Jack und Robby zum Beispiel, hatten sich entschlossen, im Stadthaus auf der Upper East Side zu schlafen. Ihre sterblichen Frauen waren bei ihnen, um sie am Tag zu bewachen.

Carlos trat an den Schreibtisch, um den Wecker abzuschalten. Er rückte die Papiere zurecht, auf denen seine Reisepläne zusammengefasst standen. Dann trat er wieder an die Überwachungsmonitore. Bald würde er sehen, wie die Vampire aus ihren Zimmern kamen.

Sein Interesse wurde von einem Monitor geweckt, der das Eingangstor und die Auffahrt zeigte. Ein Wagen kam an. Das war ungewöhnlich. Es war zu früh für die Vampir-Nachtschicht von Romatech.

Das Telefon klingelte, und das Geräusch, verstärkte seine Kopfschmerzen noch. Er eilte an den Schreibtisch, um abzunehmen.

»Eingangstor«, meldete sich der Wachmann. »Caitlyn Whelan ist angekommen.«

Carlos Herz machte in seiner Brust einen Sprung. »In Ordnung. Danke.« Er legte auf.

Zurück an den Monitoren sah er dabei zu, wie sie auf den Parkplatz fuhr. Die Eingangstür von Romatech war verschlossen. Der letzte der sterblichen Angestellten war vor einer Stunde gegangen. Er musste Caitlyn Whelan selbst reinlassen. Und dabei musste er sie sehen.

Auf einem anderen Monitor entdeckte er Angus und Emma. Sie betraten gerade den Aufzug. Phineas kam gerannt, um sich ihnen anzuschließen.

In der Zwischenzeit hatte Caitlyn ihren Wagen geparkt. Die Fahrertür öffnete sich, und ein Paar langer nackter Beine streckte sich heraus. Er atmete tief ein. Heilige Maria, Mutter Gottes. Wie kurz war ihr Rock? Er beugte sich näher, bis sein Atem den Monitor beschlagen ließ.

»Mist.« Er zog den Saum seines Polohemds hoch, um den Bildschirm abzuwischen.

Auf einem anderen Monitor stiegen Angus, Emma und Phineas gerade aus dem Fahrstuhl. Carlos rannte zum Telefon und rief Phineas auf dem Handy an.

»Yo, Catman, was geht?«, fragte Phineas.

»Caitlyn Whelan nähert sich der Eingangstür«, berichtete Carlos.

»Shannas Schwester? Die habe ich letzte Nacht gar nicht kennengelernt.« Es folgte eine Pause, ehe Phineas fortfuhr. »Emma sagt, sie macht ihr auf.«

»Gut.« Carlos atmete erleichtert aus, während er den Hörer auflegte. Er würde ihr heute Abend aus dem Weg gehen und am nächsten Tag nach Thailand aufbrechen. Das Pochen in seinem Kopf schwächte sich ab.

Er öffnete die Tür, um Angus und Phineas reinzulassen.

»Tagsüber irgendetwas passiert?«, fragte Angus.

»Nein.« Carlos nahm seinen Bericht vom Schreibtisch. »Ich konnte einen Zeitplan für die Reise zusammenstellen. Wie du siehst, geht morgen Nacht ein Flug.«

Angus schüttelte den Kopf und runzelte die Stirn. »Tut mir leid, Lad, aber wir können dich noch nicht gehen lassen.«

Carlos schluckte. »Ich dachte, wir hatten uns geeinigt, dass ich so schnell wie möglich aufbreche.«

»Aye, haben wir. Aber es gibt noch einige Angelegenheiten, die wir vorher regeln müssen. Wir müssen einen Ersatz für dich finden, und wir...«

»Alter, die Braut ist heiß!« Phineas stand vor den Monitoren und beobachtete Caitlyn und Emma im Foyer.

Carlos ballte die Hand, die seine Papiere hielt, zur Faust.

Angus sah den jungen Vampir aus der Bronx an. »Ich hoffe, du sprichst nicht von meiner Frau.«

Phineas schnaubte. »Ich bin nicht lebensmüde. Nein, ich rede von der Blonden. Zum Anbeißen. Kochend heißes Weib, Güteklasse A.«

Carlos verspürte den plötzlichen Drang, Phineas die Kehle herauszureißen. Was merkwürdig war, denn er mochte ihn wirklich.

Angus lachte in sich hinein. »Och, ich bin sicher, Shanna freut sich zu hören, wie du über ihre Schwester redest.« Er wand sich wieder an Carlos. »Zurück zum Geschäftlichen.«

Carlos sah zu seinen Papieren hinab. Merda! Sie waren halb zerfetzt, von Rissen übersät. Er dachte, er hätte nur die Fäuste geballt, aber irgendwie hatte er wohl auch seine Krallen ausgefahren. Normalerweise tat er das nur, wenn er in Gefahr war. Oder wenn jemand, der ihm nahestand, in Gefahr war.

Verdammt noch mal, nein. Er wollte nicht darüber nachdenken. Er zwang seine Krallen zurück und steckte das zerfetzte Papier in einen Ordner.

»Wir haben eventuell noch einen Auftrag für dich, ehe du aufbrichst«, fuhr Angus fort und sah ihn neugierig an. »Eine neue Angestellte, die eine Ausbildung in Selbstverteidigung braucht. Du bist der beste Kämpfer, den wir haben, deswegen wäre es gut, wenn du das übernimmst.«

Sie? Carlos' Kopfschmerzen kehrten mit voller Kraft zurück. Er sah auf den Monitor, der Emma und Caitlyn dabei zeigte, wie sie auf das Sicherheitsbüro zugingen. »Du willst, dass ich sie ausbilde?«

»Aye«, Angus nickte. »Wenn wir Caitlyn Whelan davon überzeugen können, für uns zu arbeiten, bist du ihr Ausbilder.«