ANHANG
Interner Bericht »Das
Phänomen der Gen-Mutation E19q4.1« von Prof. Dr. Lance Warden an
Franco Baresi, Originaltitel: »Phenomenon of E19q4.1 gene
mutation«, auszugsweise aus dem Amerikanischen
übersetzt
Während meiner Forschungen an der Gen-Mutation E19q4.1, auch »Schattenträger-Mutation« genannt, ist es meinem Team und mir gelungen, interessante Erkenntnisse über den Organismus der Probanden zu gewinnen. Aufgrund der nur schwer zu erkennenden äußerlichen Merkmale sind verlässliche Daten zur Zahl der von der Mutation betroffenen Menschen nicht vorhanden, Schätzungen zufolge leben weltweit etwa 500 bis 1000 von ihnen. Die Wahrscheinlichkeit, mit E19q4.1 geboren zu werden, liegt bei etwa 1 : 10.000.000. Die Vermutung, dass Männer häufiger betroffen sind als Frauen, konnte während meiner Recherchen nicht bestätigt werden. […]
Eine Ursache für die Abweichung im genetischen Bauplan konnte bislang nicht ausgemacht werden. Alle Versuche, die Mutation künstlich hervorzurufen, schlugen fehl. […] Bemerkenswert ist, dass die Anomalie nach derzeitigem Kenntnisstand nur bei der Familie des Homo sapiens auftritt, ein Auftreten im Tierreich ist nicht belegt. Selbst in den dem Menschen genetisch sehr ähnlichen Arten des Pan troglodytes (Anm. d. Übers.: Gemeiner Schimpanse) und Pan paniscus (Anm. d. Übers.: Bonobo oder Zwergschimpanse) scheint es keine Vorkommen der Mutation zu geben. […]
Entgegen der unter Kollegen verbreiteten Meinung ist es durchaus möglich, einen Hinweis auf das Vorhandensein der Anomalie auch ohne genetischen Test zu erkennen. […] Es zeigte sich wiederholt, dass der Schatten eines von der Mutation Betroffenen sichtbar intensiver wirkt. Zudem wurde berichtet, dass die Ränder des unnatürlichen Schattens flirren. Diese Beobachtung konnte nicht in jedem Fall bestätigt werden. […]
Abhängig von den Umständen, unter denen ein Betroffener seine genetische Besonderheit entdeckt, ist es möglich, dass er davon ausgeht, unsterblich zu sein. Diese Vermutung ist nicht korrekt. […] So gibt es zahllose Möglichkeiten, durch die es bei einem »Schattenträger« zum definitiven Exitus kommen kann. Verbrennen und Ertrinken sind nur zwei hiervon. (Anm. d. Übers.: Prof. Dr. Warden zeigt beim Thema Ertrinken auch Ausnahmen auf) […]
Der genaue Hergang einer Resurrectio (Anm. d. Übers.: lat. Auferstehung) konnte trotz intensiver Forschungen nicht ermittelt werden. […] wurde beobachtet, wie sich der zweite, den natürlichen bis dahin überlagernde Schatten nach klinischem Tod des Probanden löst und nach einiger Zeit zurückkehrt. Unmittelbar hierauf setzt eine Selbstheilung, genauer eine Regeneration der beschädigten Areale anhand des genetischen Bauplans des Körpers ein, die sich innerhalb weniger Sekunden vollzieht. Selbst schwerste Verletzungen bildeten sich in einigen Fällen zurück, die Grenze des Möglichen scheint hierbei fließend und nicht bei allen Betroffenen identisch zu sein. […] wird dabei die benötigte Energie durch Entzug der Lebenskraft eines anderen Homo sapiens bereitgestellt. Je nach Schwere der Verletzungen und der somit notwendigen Energie, ist der jeweilige Vitalitätszustand der Quelle von essenzieller Bedeutung. […]
Aufgrund der Risiken für Beteiligte oder Unbeteiligte ist anzuraten, das Unterbewusstsein eines Trägers vor dem herbeigeführten Tod zu manipulieren. So kann sichergestellt werden, dass für die notwendige Regenerationsenergie nur ausgesuchte Quellen verwendet werden. Ein Rätsel stellt nach aktuellem Stand der Forschung die Überbrückung räumlicher Distanz dar. Es scheint nur unwesentliche zeitliche Unterschiede entsprechend der Entfernung zur Quelle zu geben. Um den »Transfer-Schatten« an Ort und Stelle zu halten, ist es lediglich von Relevanz, den Standort des Probanden licht- und luftdicht zu verschließen. Die Beobachtung, dass ein Fortbewegen durch feste Materie nicht möglich ist, legt den Schluss nahe, dass es sich um ein stoffliches Phänomen handelt. Die These konnte noch nicht abschließend bewiesen werden. […]
Berichten Betroffener zufolge nimmt die Fähigkeit, sich an die Übertragungsphase zu erinnern, mit jeder Resurrectio zu. Ein Grund für diese Beobachtung scheint zu sein, dass sich das Gehirn nach und nach an die Integration der »Schattenerinnerung« gewöhnt. Die Dauer bis zur vollständigen Erinnerungsfähigkeit ist bei jedem Träger unterschiedlich. […]
Es ist derzeit noch nicht hinreichend geklärt, ab welchem Lebensjahr die genetische Veränderung nachweisbar und eine Resurrectio möglich ist. Die Forschung in dieser Frage ist aufgrund ethischer Bedenken nicht mit Nachdruck vorangetrieben worden. Zudem ist es für zukünftige Forschungen höchst interessant, ob die Wahrscheinlichkeit einer E19q4.1-Geburt durch die Verbindung zweier Mutationsträger erhöht werden kann. Ich empfehle daher […] die Suche nach einer weiblichen Versuchsperson zu intensivieren.