Timothy R. Sullivan
Zeke
ZEKE

 

Entlang der Route 31, von der Grenze Georgias nach Key West, ist viel vom alten Florida erhalten. Hier kann man immer noch die Nacht in einem mit Küchenschaben verseuchten „Motorhof“ verbringen, einem Spiritisten am Straßenrand einen Besuch abstatten oder die lethargischen Bewohner einer Alligatorfarm bestaunen. Das ist das Florida von indianerkopfgroßen Kokosnüssen, geborstenen Swimmingpools und einbetonierten Quellen, von denen ihre Besitzer behaupten, es seien ganz genau jene, nach denen Ponce de Leon suchte.

Es war das dritte Mal gewesen, daß ich den alten Highway 31 befahren hatte, obwohl ich vorher noch nie allein gefahren war. Nachdem ich meine Kindheit in jämmerlicher Einsamkeit verbracht hatte, hatte ich während meiner Teenagerzeit entdeckt, daß ich mir meine Entstelltheit zunutze machen, sie sogar anwenden konnte, um an Mädchen ranzukommen. Auf dieser schwülen Straße fuhr ich in den rauchigen Tagen des Herbstes 1968 mit einem ganzen Bus voller ausgenippter Hippie-Freaks. Die „Familie“ war auf meiner zweiten Reise auf der Route 31,1974, viel kleiner; ein blauer Toyota trug mich und Joannie, ein Mädchen, das in mir all die verrückten und wunderbaren Dinge sah, die selbst zu tun ihm nie erlaubt gewesen waren. Die Resultate dieses romantischen Intermezzos waren Schwangerschaft, Heirat und ein Junge, den wir Danny nannten. Eine echte Familie.

Daher steuerte ich nun des Masochismus willen ein drittes Mal – ganz allein, als wäre ich wieder ein Junge – diese wenig befahrene Straße hinunter, bevor das Langstreckenfahren zu teuer wurde. Nebenbei bemerkt, verfügte ich über ein Spesenkonto; ich hatte einer Versammlung von Exporteuren in Atlanta beigewohnt und war einen Tag früher, an einem Donnerstagmorgen, losgefahren. Auf diese Weise konnte ich mir eine gemütliche, bittersüße Fahrt auf dem Pfad der Erinnerung leisten. Ich plante, nicht vor Montagmorgen zur Arbeit zu erscheinen, deshalb hatte ich angerufen, um das mit meinem Chef zu besprechen. Okay, hatte er gesagt, lassen Sie sich Zeit, George. Er war kein schlechter Mensch, der Mr. Noloff, aber fünfundzwanzig Jahre im Verkauf von schwerer Straßenausrüstung an Bananenrepubliken hatten ihm ein gewisses diktatorisches Fluidum auferlegt. Wenn er wieder einmal besonders gebieterisch gewesen war, träumte ich oft davon, ihm adieu zu sagen und eine Arbeit bei der Coastal Trading aufzunehmen, aber es blieben immer noch die Miete, die Abzahlung meines ein Jahr alten Plymouth Horizon, die Alimente und natürlich die Versorgung für das Kind zu bezahlen, und das zu einer Zeit, wo sich der Preis für einen Laib Brot einem Dollar näherte.

Durch den lockeren Lautsprecher vibrierte die quälende weiße Blues-Gitarre von Johnny Winter. Ich drehte trotzdem lauter, während ich durch die Hügel im Herzen Floridas kreuzte. Orangenplantagen glitten an jeder Seite der zweispurigen, von Schlaglöchern durchzogenen Fahrbahn vorbei. Ein gebogener, rosaroter Streifen späten Nachmittagssonnenlichtes schmolz in den Baumwipfeln, als ich an einem zerfetzten Schild vorüberfuhr, auf dem in Pastellfarben, die einmal leuchtend gewesen waren, zu lesen war: Monster, Bestien, Freaks der Natur, direkt geradeaus, SR 74.

„Das“, sagte ich über Johnnys melodisches Grölen hinweg, „muß der Welt magerste Straßenrandattraktion sein.“

Mein Tank war fast leer, und es waren keine offenen Tankstellen in Sicht, aber ich machte mir deshalb keine Sorgen. Seit Jahren hatte es kein erleuchtetes Neonschild mit Geschlossen vor irgendeinem dieser Flohnester gegeben; sie brannten alle darauf, Umsatz zu machen. Ich würde die Nacht in der nächsten Stadt verbringen – was für eine Stadt es auch sein mochte – und mich am Morgen auf die Suche nach Benzin machen.

Der Horizon fuhr mit Leichtigkeit auf den Parkplatz des Azalea Motels, ein niedriges, rosafarbenes Gebäude mit Rostflecken, die durch die Wände auf den verstärkten Stahlträgern unter dem Beton sichtbar wurden.

Derlei Etablissements haben selten ein Foyer, und das Azalea bildete keine Ausnahme. In dem engen Büro saß eine dicke Frau vor der arktischen Brise eines Fedders-Ventilators und sah sich Hee-Haw an. Sie konnte mich über die unaufhörlichen Beifallsausbrüche und das Gelächter nicht hören, aber bald ersetzten die gedämpften Klänge süßer Country-Musik die aufgezeichneten Witze, was fast eine Unterhaltung ermöglichte. Ich verhandelte wegen des Zimmerschlüssels, aber sie beließ es nicht dabei.

„Sie seh’n wie’n Typ aus, der die Freak-Show seh’n will“, sagte sie.

Es war lange Zeit her, seit ein Erwachsener zuletzt eine Bemerkung über meine Albinokrankheit gemacht hatte. Kindern erkläre ich immer, daß es ein Pigmentmangel ist, der meine Haut so weiß erscheinen läßt, aber diese Frau war kein Kind. Ich starrte sie an – und sie starrte zurück, bis ich meine Augen über das Gästebuch senkte.

„Ich bin Mrs. Nickerson“, sagte sie, während ich meinen Namen schrieb. „Bump – das is’ mein Mann – is’ gerade nich’ hier.“ Sie betrachtete meinen Koffer, als sei er ein gefährliches Tier.

„Oh.“ Ich nahm an, sie versuchte, mir klarzumachen, daß sie mir meine Tasche nicht aufs Zimmer tragen würde. „Zeigen Sie mir nur die genaue Richtung.“

„’s gibt nur eine Richtung.“ Sie deutete zu ihrer Linken.

„Äh … ich danke Ihnen, Mrs. Nickerson.“ Ich nahm meine Tasche, der Schlüssel baumelte an der freien Hand, und ging wie ein guter Junge wieder in die immer noch drückende Hitze hinaus. Der Sonnenuntergang hatte jetzt eine pfirsichfarbene Welt geschaffen, abgesehen von blutfarbenen Ixora, gelbem Hibiskus und purpurfarbenen Bougainvillea, deren Wurzeln sich im geborstenen, am Motel entlangführenden Pfad dahinschlängelten. Azaleen sah ich keine.

Das Zimmer war nicht so schlecht, wie ich erwartete: Sperrholzwände, eine akzeptable, nicht zerlumpte Matratze, in sauberes Leinen gehüllt, ein mit einem Pferdekopf verzierter Lampenschirm, wobei die gefühlvollen Augen des Tieres sehnsüchtig auf den Alkoven starrten, der das Waschbecken beinhaltete – warum haben Motels niemals Waschbecken im Badezimmer? –, saubere weiße Handtücher, ein Farbfernseher mit einer kaputten Röhre, die die Schauspieler ein bißchen verschwommen erscheinen ließ, ein leicht staubiger Geruch und eine Dusche, die ich sofort ausprobierte.

Nachdem ich geduscht hatte, beschloß ich, einen Spaziergang zu machen. Es standen drei Wagen neben meinem auf dem Parkplatz. Der eine war ein grüner Ford, der bis obenhin mit Säcken voller Torfmoos beladen war. Ein großer Mann, dick, um die Fünfzig und sonnenverbrannt, beendete das Aufladen. Er trug ein weißes Unterhemd, und sein spärliches Haar war mit Pomade auf seinem breiten Schädel festgeklebt. Plötzlich bemerkte er mich und nickte. Ich fragte ihn, ob er zufälligerweise Bump Nickerson sei.

„Kein anderer“, entgegnete er und wischte sich den Schweiß von den Brauen. Er schüttelte meine Hand und lehnte sich dann gegen die Hecktür, während ich ihn fragte, was hier in der Gegend los sei.

„Florabellas Taverne ist wegen Renovierung geschlossen. In Apopka läuft ein Film, aber das sind fünfundzwanzig Meilen, ’s heutzutage nich’ mehr viel los in Boca Bianca.“

„Ich glaube, da wird auch künftig nicht mehr viel los sein.“ Das war also der Name dieser Stadt: Boca Bianca oder der Weiße Schlund, falls mich mein bruchstückhaftes Spanisch nicht im Stich ließ. Lustig, dachte ich, Boca oder „Schlund“ wies immer auf eine Bay hin, aber dieses Boca ist weder nahe am Atlantik noch an der Golfküste …

„Nein, Sir“, stimmte Bump zu. „Nein, Sir.“

„Apopka bietet wohl die nächste Unterhaltung, was?“ Kein Ort, um mich selbst zu verlieren, wie in Miami, als meine Einsamkeit unerträglich wurde. „Wie steht es mit der Freak-Show?“

„Das is’ das einzige, bis das Florabella wieder aufmacht.“ Bump zuckte die Achseln, „’türlich liegt es etwas abseits vom Weg.“

„Oh, tatsächlich?“ Ich hatte schon immer einen Hang zum Bizarren, und dies schien eine ausreichend geheimnisvolle Ablenkung zu sein, um meine Melancholie zu heilen. „Wie komme ich da hin?“

„Zwei Meilen nach Süden, nach der Kanalbrücke dann links. Sie befindet sich am Ende des Feldwegs, etwa nach einer Meile.“

Ich dankte Bump, stieg in den Horizon und fuhr los, um die dicke Dame, den Jungen mit dem Hundegesicht oder was auch immer für exotische Kreaturen zu bestaunen, die der Version von Boca Biancas absoluter Spitzenklasse entsprechen mochten. Merkwürdig, daß es abseits der Hauptstraße lag, dachte ich. Als die Sterne über den dunkler werdenden Orangenplantagen blinkten, erwartete ich die Pizzikato-Gitarre zu hören, die die Twilight-Zone{1} einleitet.

„George Hallahan“, intonierte die körnige Stimme Rod Serlings in meinem Schädel, „zweiunddreißig Jahre alt. Ein recht seltsam aussehender Idealist, der einmal törichterweise der Meinung war, er könnte durch den Rauch von Cannabis aus dieser ungemütlichen in eine bessere Welt schlüpfen. George fand heraus, daß er nicht einmal sein eigenes Leben zusammenhalten konnte und noch weniger eine kränkelnde Gesellschaft. Jetzt, auf einer abgelegenen Straße in Florida fahrend, ist der desillusionierte albinöse Ex-Hippie-Exporteur direkt auf …“ Direkt auf dem Weg zu einer armseligen Freak-Show. Passend.

Das Stigma der Albinokrankheit war in der neuenglischen Stadt, wo ich meine ersten acht Lebensjahre verbrachte, nicht so schlimm gewesen. Ein Anfall rheumatischen Fiebers machte es mir jedoch unmöglich, das kalte Wetter zu ertragen, und mein Vater, ein Verwaltungsangestellter, nahm auf Drängen meiner Mutter einen Job in Miami an. Deshalb ging die Familie meinetwegen nach Süden, und ich wuchs als geisterhaft Verbannter unter den bronzenen Göttern und Göttinnen auf.

Dann kam der Sommer der Liebe, ich ließ meine weißen Haare lang wachsen, und die Ausgenippten hielten mich für total abgefahren. Als ich zum erstenmal bei einem Rockfestival nahe Orlando Acid warf, gab es noch keinen einzigen zynischen Knochen in meinem Körper – auch nicht, nachdem ich mich von einem ernsthaften Fall von Sonnenbrand erholt hatte, den ich mir beim Nackttanzen unter der brennenden Sonne zugezogen hatte –, doch die Realität hatte bald, während meiner radikalen Collegetage, ihren häßlichen Kopf erhoben. Das Tränengas und die Gummiknüppel, die die Bullen auf der politischen Versammlung in Miami Beach anno ’72 einsetzten, hatten mir eine wertvolle Lektion darüber erteilt, daß die Dinge genau andersherum lagen, als ich angenommen hatte.

Dann war da die Freundschaft mit Joannie gewesen, die ihren Höhepunkt während der Saturn Motor Lodge auf der guten alten Route 31 fand. Liebe? Ich weiß es nicht – zurückblickend glaube ich, daß ich sie nur haben wollte, weil sie ein so hübsches Mädchen war. Klug, brünett, obere Mittelklasse – was wollte ich mehr? Nicht daß sie schuldlos an dieser bizarren Mesalliance von Frau und Freak war. Wie treffend muß es für ihr düsteres, sich gerade entfaltendes soziales Bewußtsein erschienen sein, sich mit einem Eigenbrötler einzulassen. Dannys Geburt hatte diesen speziellen Tagtraum kurz danach zermalmt und erzwang dadurch zwecks Bargeld meine Kapitulation vor dem Menschenfresser Kapitalismus. Jedes einzelne dieser Mißgeschicke war auf eine schmerzvolle, essentielle Art und Weise ein Fehler gewesen, und jedes nahm einen noch größeren Teil meiner Seele mit sich als das Vorangegangene.

Währenddessen war ich an der Kanalbrücke angelangt, konnte aber nicht aufhören, an Danny zu denken. Ich hatte kein Kind gewollt, denn ich hielt uns beide für nicht reif genug, solch eine Verantwortung zu tragen, aber Joannie hatte sich geweigert, eine Abtreibung in Erwägung zu ziehen. Ich habe ihr nie gesagt, wie ängstlich ich war, daß das Kind genauso ein Freak sein würde wie ich. Aber als ich das normale, schöne Baby sah, war ich das erste und einzige Mal in meinem Leben glücklich. Zuerst war Danny etwas Ungewöhnliches, aber als er ein bißchen älter war und wir begannen, einander kennenzulernen, glaubte ich, daß wir mehr als Vater und Sohn waren. Wir waren Freunde.

Dennoch wurde das Gezänk zwischen Joannie und mir schlimmer – und, oh, sie hatte schon immer eine spitze Zunge gehabt. Als wir schließlich beschlossen auseinanderzugehen, gab es keinerlei Zweifel daran, wer besser geeignet war, Danny großzuziehen. Ich war ein alternder Albino-Hippie, der ein zweifelhaftes Einkommen aus dem Exporthandel erzielte. Andererseits war sie fest etabliert; sie hatte nie Drogen berührt, nicht einmal eine Zigarette geraucht. Ich wußte, daß es richtig war, und dennoch nahm ich ihr die Art und Weise übel, wie die Dinge ihren Lauf nahmen.

Ein Jahr war vergangen, seit sie mir meinen Sohn weggenommen hatte. Er war erst fünf, als sein Heim zusammenbrach. Am Sonntag wird er seinen sechsten Geburtstag feiern, und sein Vater hatte zu sehr Angst vor einem verbalen Peitschenhieb („Warum nimmst du keinen Job an, damit du genug Geld verdienst, um Danny mit den Dingen zu versorgen, die er braucht?“), um dort zu sein, wo er Danny helfen konnte, die Kerzen auszublasen. Morgen muß ich ihm mit der Post ein Geschenk schicken. Wird es rechtzeitig in Miami ankommen?

Der Feldweg war staubig und uneben, als die Nacht hereinbrach. Auf der anderen Seite des Kanals gab es keine Orangenplantagen, nur Palmenhaine und Floridapinien. Weiter unten am Weg stand ein Haus aus Schlackeblöcken, einstöckig, ohne Fenster an der Vorderseite, wie ein Pornoschuppen. Das Haus wurde von zwei Sagopalmen flankiert, die sich im Endstadium der „tödlichen gelben Krankheit“ befanden, ihre welken Wedel hingen in der sich vertiefenden Dunkelheit wie schwarze Spinnenbeine herab.

Ich parkte vor dem Haus, und der Horizon blieb im zuckerähnlichen Sand stecken. Ich überlegte, ob seine Räder imstande sein würden, sich freizudrehen, und falls nicht, ob es in Boca Bianca einen Abschleppwagen gab. Während ich zum Haus ging, dachte ich daran, daß ich nicht immer eine derart defätistische Haltung eingenommen hatte.

„Was geschah mit der Woodstock-Generation?“ murmelte ich und rief mir eine unschuldigere Zeit ins Gedächtnis zurück, als ich noch daran gedacht hatte, einen vernichtenden Feldzug gegen Krieg, Rassismus und Ungerechtigkeit zu führen. Besonders litt ich an der Ungerechtigkeit, denn ich wurde als „a whiter shade of pale“{2} geboren, um einmal eine Phrase aus dem alten Procul Harum-Song zu gebrauchen.

Ein Licht an der Seitenfassade des kleinen Hauses warf einen bernsteinfarbenen Fleck auf den Sand. Die Tür hatte ein Fliegengitter, und dahinter sah es aus, als befände sich dort die Küche. Ich bemerkte einen Hauch jasmingeschwängerter Luft und klopfte.

Von drinnen hörte man eine Bewegung, das Rascheln von Papier, das Knarren eines Stuhls, der über den Boden geschoben wird, Schritte. Es gab kein Fernsehen oder Radio, die diese vertrauten Geräusche schwächten, nur das Zirpen von Grillen. Ein Schatten näherte sich dem Fliegengitter, gefolgt von einem dünnen, gebeugten alten Mann, der ausgebeulte Hosen trug und lächelte.

„Ich bin … äh … gekommen, um die Freak-Show zu sehen“, sagte ich.

Er nickte und enthakte die Tür mit dem Fliegengitter. „Hier entlang“, antwortete er und führte mich durch einen Raum, der mit Büchern und Magazinen sowie mit literarischen und wissenschaftlichen Journalen angefüllt war, die unordentlich auf Tischen, Sofa und Boden verteilt waren. Das wurde ja immer seltsamer.

Die Hintertür öffnete sich in eine dunkle Scheune, und der alte Mann zog an einer herabbaumelnden Schnur, wodurch eine nackte Hundert-Watt-Birne erleuchtet wurde, die tanzende Schatten auf vier kleine Käfige und etwas, das mit einem schmierigen Tuch bedeckt war, fallen ließ. Die Käfige waren aus Pinienholz und Hühnerdraht zusammengebaut. Darin befanden sich vier unglückliche Tiere – nicht die gewöhnlichen Zirkus-Freaks, doch jedes auf seine Art merkwürdig genug.

Trotz allem, wie definiert man einen Freak? Das Wort wird oftmals eher verletzend angewendet als informierend oder amüsierend. Wenigstens würden diese Kreaturen niemals erfahren, wie die Menschen sie nannten.

Am auffälligsten unter den Tieren war ein Kalb mit zwei Köpfen.

Einer der Köpfe war ein verschrumpeltes, herabhängendes Anhängsel mit toten Augen und schlaffen Lippen, aber der Rest des Kalbes schien recht gesund zu sein.

Trotz des üblen Gestanks trat ich näher an die Käfige heran. Neben dem Kalb, so wahr mir Gott helfe, befand sich eine Schlange mit Beinen. Spindeldürre, winzige, nutzlose Dinge, aber nichtsdestotrotz vier Glieder. Sie schlief auf einem Heuhaufen in ihrem einen halben Quadratmeter umfassenden Gefängnis.

Dann war da noch eine „Rieseneidechse“, wie sie der alte Mann nannte – nichts anderes als ein Leguan.

Der vierte Käfig beherbergte ein federloses Huhn – sein abscheulich pockennarbiges Fleisch bot einen abstoßenden Anblick. In seiner Nacktheit ähnelte das Huhn einem runzligen alten Mann. Es starrte mich so blutdürstig an, als beschuldigte es mich, es eigenhändig gerupft zu haben.

„Gaben werden dankbar entgegengenommen“, sagte mein freundlicher Hausherr, während er zur Tür schlurfte.

„Oh, gut. Aber ich glaube nicht, daß ich schon alles gesehen habe, oder?“ Ich wandte mich dem Ding zu, das sich unter dem schmierigen Tuch über einem Käfig verbarg, der, anders als die anderen, an der Spitze kreisförmig zu sein schien.

Seine Hose hochziehend, sah der alte Mann von mir zu dem bedeckten Objekt und wieder zurück. „Nun …“

Ich wartete. Der alte Mann wollte mir offensichtlich das, was sich unter dem Tuch befand, nicht zeigen, was natürlich in mir um so stärker das Verlangen weckte, es trotzdem zu sehen.

„Er schläft, glaube ich.“

„Er?“

Der alte Mann schien mich nicht zu hören. Er hob ein Stückchen von dem Tuch an und starrte darunter. „Nein, geht in Ordnung … falls Sie sicher sind, daß Sie ihn sehen wollen.“

„Ja.“

Ohne Zeremonie enthüllte er ein großes Glasterrarium und trat mit dem schmierigen Tuch in den knorrigen Farmerhänden zurück.

Ich weiß nicht, wie lange ich mit offenem Mund dagestanden und auf diesen unglaublichen Anblick gestarrt habe. Ich erinnere mich, daß der alte Mann wie in einem Traum zu mir sprach: „Genauso handeln die meisten Menschen, wenn sie ihn sehen.“

Das Ding war ein Albino-Affe … nein … der weiße Pelz war Fleisch … kahl, wie das Huhn … Arme und Beine in lächerlichen Winkeln gebeugt … gebeugt wie der alte Mann …

Nein, nicht gebeugt. Das unmögliche Ding stand aufrecht auf einem Bett aus dunklen Spänen. Seine Bewegungen erinnerten in ihrer Vielfalt an einen Zeichentrickfilm von Rübe Goldberg. Mit seinen zierlichen, aufklappbaren Händen, die für seinen vierzig Zentimeter langen Körper viel zu groß waren, griff es an den Rand des Terrariums und starrte mich zwischen seinen röhrenförmigen Armen mit karmesinroten Augen an.

Es war ein Gegenstand des Spottes, ein Zerrbild aus einem alptraumhaften Spiegelkabinett. Als ob es mein Keuchen imitieren wollte, öffnete das Geschöpf den Mund und entblößte damit ein geripptes Weiß, ein pelziges Schneefeld hier, im erstickenden Sommer Floridas. Nicht das leiseste Geräusch drang aus dieser jungfräulichen Öffnung.

Die Henne gackerte, und das Geräusch brachte mich ein bißchen näher an die Wirklichkeit. Ohne die Augen von der Kreatur abzuwenden, flüsterte ich: „Was ist das?“

„Er“, korrigierte mich der Mann. „Er ist eine Person. Könnte ein bißchen anders aussehen und handeln, aber er ist ein Mensch. So wie ich … so wie Sie.“

„Was?“ Ich starrte ihn an, um zu sehen, ob er mich verspottete wie Mrs. Nickerson im Motel. Aber es war keine Bosheit in seinem wettergegerbten Gesicht. Er nickte der merkwürdigen Kreatur zu.

„Isser nich’ ausgefallen?“

„Wo haben Sie ihn her?“

„Nun, er lebt bei mir seit ich, Moment mal … sechsundzwanzig war. Vorher war er bei dem alten Bo Wadley, bis dieser starb, und Bo selbst sagte mir, daß ihn sein Vater schon vor Bos Geburt im Besitz hatte. Er behauptete, daß er schon hier lebte, bevor weiße Menschen überhaupt nach Florida kamen.“

„Boca Bianca“, sagte ich. Eine Offenbarung. Die Spanier müssen ihre Niederlassung vor etwa vier Jahrhunderten nach dieser Kreatur benannt haben. „Aber wie konnte er so lange überleben?“

Der alte Mann saugte an seinen falschen Zähnen. „Der lebt länger als wir, nehme ich an.“

„Was ißt er denn?“

„Abgestorbene Pflanzen, verrottetes Holz und Torfmoos. Dazu trinkt er etwas Wasser.“

Ich konnte das barocke Muster seiner Rippen erkennen, eine surrealistische Struktur neben gestreiften Bändern aus Muskeln und glattem, seidigem Fleisch. Die Physiognomie glich vage einem Menschen, und die glänzenden, roten Augen waren unergründlich. Diese Züge waren grotesk genug, aber der Mund verbog den zerfurchten Schädel zu einem schmerzvollen prognathischen Ausdruck, öffnete ihn zu einem Trichter, zu einem lautlosen Schrei, der eine empathische Saite in mir anschlug.

„Warum halten Sie ihn hier in dieser Scheune, bei all diesen deformierten Tieren?“ fragte ich.

„Tja, das war seine Idee“, antwortete der alte Mann vorwurfsvoll. „Wir brauchten Geld, um leben zu können, und so kam er vor ein paar Jahren auf die Idee mit der Freak-Show. Nach kurzer Zeit gewöhnte er sich an, hier draußen zu schlafen, um alles im Auge behalten zu können.“

„Seine Idee? Habe ich Sie richtig verstanden?“

„Ja. Er hat einen messerscharfen Verstand. Er zeigte mir, wo ich diese Krüppel finden konnte – abgesehen von der Eidechse. Die haben wir in einer Tierhandlung in Orlando gekauft.“

„Das ist ja kaum zu glauben.“ Ich schüttelte den Kopf. „Er ist …“

„Ausgefallen, nich’ wahr?“ sagte Bump, der einen Sack voll Torfmoos durch die Scheunentür trug.

„Sind Sie auch mit von der Partie?“ fragte ich.

„Mit wovon?“ antwortete Bump. „Ich habe schon eine Gärtnerei, seit der Interstate Highway und Disneyworld dem Hotelgewerbe den Boden unter den Füßen weggezogen haben. Einmal die Woche bringe ich Zeke ein bißchen Torfmoos.“

„Zeke!“ Ich lachte, denn ich erinnerte mich an den alten Gospelsong über Ezekiels „dry bones“{3}, ein Bild, das genau die Kreatur im Terrarium widerspiegelte.

„Ein ausgefallener Name war schon angebracht“, sagte Bump und lachte ebenfalls. „Er hat uns nie gesagt, wie sein richtiger Name lautet.“

„Wahrscheinlich haben die dort, wo er herkommt, keine Namen, wie wir sie haben“, meinte der alte Mann.

„Wo er herkommt …“ Der Gedanke inspirierte Ehrfurcht und Verwunderung.

„Ziemlich weit weg“, sagte Bump leise. „Ziemlich weit.“

„Eine andere Welt“, entgegnete ich fast noch leiser.

Der alte Mann war ernst, und keiner von uns sprach, während wir über die Bedeutung dessen nachdachten, was wir gerade gesagt hatten.

Nach kurzer Zeit riß Bump den Sack auf, löste mit seiner fleischigen Hand etwas Torfmoos und warf es in das halbkugelförmige Terrarium. Zekes zweigähnliche Finger, die das Dargebotene auffingen, waren fast so lang wie die von Bump. Anstatt vor uns zu essen, legte Zeke die Torfmoosteile unter diejenigen, die bereits auf dem Boden des Terrariums ausgebreitet waren.

„Nicht jeder weiß, was er sieht, wenn er hier reinkommt“, sagte der alte Mann stirnrunzelnd. „Bumps Frau zum Beispiel kümmert sich nicht um Dinge, die … anders sind.“

„Das habe ich gemerkt“, antwortete ich.

„Sie ist bis heute der Meinung, daß er eine Art haarloser Affe ist.“

„Verdammt, Levon“, erwiderte Bump, „sie war nie lange genug hier, um ihn lesen und schreiben zu sehen, und sie würde mir nie glauben. Rayette kann selbst kaum lesen und will’s auch gar nich’ lernen. Alles, was sie kann, ist, den ganzen Tag vor diesem verdammten Fernseher sitzen.“

Nachdem er solchermaßen seinem Unmut Luft gemacht hatte, steckte Bump seine Hand ins Terrarium. Zeke ergriff zwei Finger und ließ es zu, daß er aus dem Terrarium gehoben und auf den strohbedeckten Scheunenboden gesetzt wurde. Er trug ein winziges Paar beigefarbiger Shorts.

Zeke schien hier völlig fehl am Platze zu sein. Mein unbeständiges Gefühl sozialer Moral erwachte kurz, als ich unsere Pflicht der Menschheit gegenüber bedachte. „Das Kennedy-Raumfahrtzentrum ist nicht weit von hier“, sagte ich. „Warum bitten Sie nicht jemanden her, der sich Zeke mal ansieht.“

„Lassen’se ihn das selbst erklär’n“, antwortete Levon.

Der winzige Außerirdische führte uns mit ruckartigen Schritten ins Haus. Das Kalb legte sich nieder, als Levon die Scheunentür schloß. Das angrenzende Zimmer war mit Lektüre aller Art angefüllt. Direkt neben einem zerschlissenen alten Sofa lehnte eine Schiefertafel gegen eine der Wände aus Schlackeblöcken. Zeke nahm ein Stückchen Kreide und schrieb: „Ich habe nicht den Wunsch, irgendwohin zu gehen.“

„Vielleicht kann man dich eines Tages wieder nach Hause bringen“, sagte ich.

„Bis eure Raumfahrt soweit ist“, schrieb Zeke in sorgfältigen Druckbuchstaben, „werde ich nicht mehr leben.“

„Aber all die Dinge, die du wissen mußt!“ protestierte ich. „Willst du sie nicht mit uns teilen? Uns damit helfen?“

Zeke beugte sich vor und zeigte damit zwei stecknadelkopfgroße Öffnungen an der Spitze seines schneeweißen Schädels, die ich für seine Ohren hielt. Die Kreide kreischte in dem stillen Raum, während er schrieb: „Mein technologisches Wissen ist begrenzt, aber falls dem nicht so wäre, bestünden andere Schwierigkeiten.“

„Schwierigkeiten?“

„So viele Ebenen des fortgeschrittenen technologischen Intellektualismus zu überwinden.“

„Ich verstehe.“ Ich hatte den dritten Grad geschafft. Sich dem Leben im vierten Grad anzupassen, bedeutete die Hölle, intellektuell wie emotionell. Aber wenigstens die Kinder in meinem Alter hatten sich an „Whitey“ gewöhnt, wie ich genannt wurde. Die größeren Kinder drehten mich dafür durch den Fleischwolf, und außerdem hatte ich auch Schwierigkeiten mit Mathematik. Deshalb könnte man sagen, daß ich es als schwierig empfunden hatte, nur eine Ebene des Intellektualismus zu überwinden.

Zeke wischte die Schiefertafel mit einem kreidestaubigen Schwamm ab und schrieb dann: „Wie gut versteht ein menschliches Wesen das Prinzip einer Maschine, die er oder sie jeden Tag bedient?“

„Wie beispielsweise das Fernsehen?“ Ich war amüsiert, als ich an Rayette Nickersons voraussichtlichen Beitrag zu unserer Diskussion dachte.

„Ja, das Fernsehen“, schrieb Zeke, „oder nur ein Automobil? Unsere Maschinen waren autonom. Sie erbauten sich selbst und hielten sich selbst instand, waren aber dennoch Sklaven, die unseren Anordnungen gehorchen mußten. Ich könnte nicht einmal anfangen, Ihnen zu zeigen, wie man auch nur die einfachste davon herstellt.“

Soviel also zu Erlösern von anderen Sternen. Doch auch ohne richtige Wunder gab es hier viel zu bestaunen. „Aber wie bist du auf die Erde gelangt?“ fragte ich. „Woher kommst du?“

Statt mir zu antworten, deutete mir Zeke an, ihm durch die Küche zu folgen. Mit beiden Händen drückte er die quietschende Tür mit dem Fliegengitter auf und ging nach draußen. Die Sterne schimmerten wie Eis, die Nachtbrise war kühl und trocknete den Schweiß auf meiner Stirn rasch. Es dauerte einen Augenblick, bis ich einen stechenden Geruch über dem des Jasmins als den von Zeke identifizieren konnte. Ich hatte seine exotische Ausdünstung wegen der anderen Tiere im Haus nicht bemerkt, deren Geruch sogar bis ins Wohnzimmer reichte. Sein Aroma überraschte mich, weil ich ihn bereits als menschlich betrachtete, mir selbst vielleicht ähnlicher als alle, die ich jemals kennengelernt habe. Es war nicht unangenehm, es war nur … anders.

Zeke deutete ein wenig geziert zum Himmel. Über uns waren Venus und Mars, und im Westen stand der leuchtende Jupiter. Die Pleiaden waren ebenfalls sichtbar, aber kaum zu erkennen, wenn ich sie direkt anstarrte. Genau im Norden befanden sich Perseus und Kassiopeia, in einem ewigen, endlosen Ehedilemma erstarrt, genau wie Joannie und ich. Glückseligkeit schien genauso unerreichbar wie Zekes Planet.

„Er hat nie erzählt, wie er hierherkam“, sagte Levon, „oder warum. Und Sie können ihn fragen, bis Sie schwarz werden. Wenn er über was Ausgefallenes nich’ reden will, dann tut er’s auch nich’.“

Wir standen im Mondenschein bei zwei kränklichen Palmen. Zekes unerklärlicherweise grazile Gestalt war so unbeweglich, wie seine karmesinroten Augen gelassen waren. War mein anfänglicher Eindruck von Qual nichts weiter als eine verzerrte Projektion meines eigenen Schmerzes gewesen?

Dann sprang Zekes Mund hervor und öffnete sich wieder zu diesem schrecklichen stillen Schrei. Wie in freundschaftlicher Reaktion verstummten die nächtlichen Geräusche der Insekten und Schleiereulen. Zeke hob eine Hand und spreizte die Finger, als wolle er die Sterne ergreifen und auf die Erde herabziehen. Sein kleiner Körper zitterte, während er sich auf die Spitzen seiner breiten Füße reckte. Und dann sank er so tief dem Sand entgegen, daß ich annahm, er würde fallen. Er brachte es aber fertig, auf den Füßen stehenzubleiben, und starrte auf das Krabbengras hinunter.

Mein Gesicht rötete sich, und ein Schweißtropfen rollte trotz der kühlen Brise meine Stirn hinab. Ich war verlegen – diese Schmerzvision glich einer verzerrten Reflexion meiner eigenen Seele – und mußte wegsehen.

Deshalb sagte ich Bump und Levon, deren heimelige Gesichter die Tiefe ihrer Gefühle angesichts der Pein ihres Freundes ausdrückten, Lebewohl. Ich nahm fünf Dollar aus meiner Brieftasche und gab sie Levon als kleine Spende.

„Er wird müde“, sagte Levon.

Ich nickte, und ohne mich noch einmal umzuwenden, legte ich die paar Meter bis zu meinem Wagen zurück.

Ich spürte Zeke hinter mir, noch bevor ich ihn hörte. Die Hand an der offenen Wagentür, drehte ich mich zu ihm um. Ich ging in die Hocke, so daß wir uns mehr oder minder in die Augen sehen konnten.

Im diffusen Lichtpegel des Abblendlichts hob Zeke seine fragilen Hände, um meine zu berühren. Ich streckte meine Finger aus, und ihre Spitzen trafen auf die seinen. Seine Finger waren warm, und Gefühle schienen von ihnen auszugehen und auf mich überzuwechseln. Etwas ging auch aus mir heraus. Etwas Saures und Häßliches, das ich viel zu lange mit mir herumgetragen hatte. Zeke absorbierte es, wie ein Schwamm schmutziges Wasser aufsaugt.

Ich möchte nicht sagen, daß ich plötzlich geheilt war, eine Wirkung, die dem Auflegen von Händen zugeschrieben wird – ich war nur erleichtert. Keine Offenbarung oder Reinigung, sondern ein Wechsel, ein Teilen. Zeke teilte meinen Schmerz … und ich den seinen.

Das dauerte nur einen Augenblick, dann trennten sich unsere Fingerspitzen. Ich stand da, immer noch gefesselt von Zekes rubinroten Augen. Sie sahen nicht länger gelassen aus; ich hatte in gewissem Sinne mit ihnen gesehen. Es gab kein plötzliches Fuji-Farbfoto von einer außerirdischen Welt, nur das Gefühl eines Verlusts, der so groß war, daß ein Akzeptieren die einzige Alternative zum Tod gewesen war. Meine Probleme schienen neben denen Zekes so bedeutungslos, daß ich mich für mein Versinken im Selbstmitleid schämte.

„Leb wohl, Zeke“, sagte ich, „und danke.“ Als ich mich ins Auto setzte und die Tür schloß, ging das Licht aus und hinterließ einen vagen, blassen Umriß anstelle von Zeke. Ich startete den Motor und kam ohne Probleme aus dem Sand heraus. Als ich zur Route 31 zurückfuhr, bemerkte ich im Rückspiegel drei schrumpfende Gestalten, zwei Männer und die kleine Gestalt eines Wesens von einer anderen Welt. War er ein Verbannter, ein Flüchtling, ein verirrter Reisender? Er würde auf diesem Planeten sterben, doch auch mit diesem Wissen hatte er das Beste aus seiner Lage gemacht.

Als ich am nächsten Morgen ins Büro hinunterging, um meine Rechnung zu bezahlen, bemerkte ich, daß Bumps Lastwagen nicht auf dem Parkplatz stand. Vielleicht hatte er die Nacht bei Levon verbracht, oder vielleicht war er frühzeitig losgefahren, um einem seiner konventionelleren Kunden ein paar Gartenartikel zu liefern.

Mrs. Nickersons Verhalten hatte sich nicht geändert. Sie sah sich gerade Bowling for Dollars an, wandte sich aber widerwillig ab, um mein Geld entgegenzunehmen. Während ich meinen Scheck unterschrieb, fragte sie: „Haben Sie die Freaks gesehen?“

Ich sah sie direkt an und verbarg meine Feindseligkeit. „Ja, das habe ich. Glauben Sie nicht, daß wir ihnen sehr ähnlich sehen?“

Das Grinsen verschwand aus ihrem aufgedunsenen Gesicht, und sie wandte sich steif wieder ihrem Fernsehprogramm zu. Ich lächelte. Die Frage hatte sie aus der Fassung gebracht, aber es war kein guter Witz. Am wenigsten für Zeke. Er kam von so weit her und lebte schon so lange ohne die Chance, wieder nach Hause zu kommen, daß er der Welt größter Experte in Sachen Entfremdung sein mußte.

Um halb acht kam ich vor Hitze schier um und verschmachtete fast, aber ich ging pfeifend aus dem klimatisierten Büro hinaus. Schließlich hatte ich immer noch genug Zeit, um bei Dannys Geburtstagsparty dabeizusein.